Hallo,
wenig ist hier noch zu lesen und zu sehen vom ehemaligen Modellbahnhersteller K-Line, der ab Mitte der 80er Jahre die "anderen" auf dem amerikanischen Markt der sog. Toy Trains ins Schwitzen brachte und später durch sein eigenes Missmanagement und einer Prise Größenwahn seine Segel streichen musste. Man scheiterte an seinem eigenen Enthusiasmus.
Meine persönliche erste Begegnung mit K-Line war eine Werbeanzeige im Classic Toy Trains Magazine 1993. Dummerweise konnte ich in den Läden, die ich seinerzeit besucht hatte, kein einziges Modell dieser Firma entdecken. Spekuliert hatte ich auf eine K-Line Startpackung mit Diesellok, stattdessen wurde es dann doch ein Lionel-Set, das ich im Gepäck hatte. Meine erste K-Line Lok, eine Alco FA-2 AA-Kombination der Santa Fe, konnte ich ein Jahr später in New Orleans finden. Die blieb nicht das einzige Modell dieser Firma, dazu aber später.
Die Anfänge
Maury D. Klein aus North Carolina bekam seine erste Lionel Eisenbahn im Alter von sechs Jahren, und wie bei Vielen, löste das eine Leidenschaft fürs Leben aus. 1974, während des Studiums von Politikwissenschaften and der Universität von Chapel Hill, finanzierte Maury D. Klein sein Studium mit seinem kleinen Modellbahnversand, inserierte im Model Railroader und anderen Zeitschriften, und langsam reifte die Erkenntnis, daß es durchaus noch Platz für einen weiteren Hersteller für Spur-0 Modellbahnen im Land der vielleicht damals noch weniger begrenzten Möglichkeiten geben könnte. Maury registrierte sein kleines Unternehmen MDK im Jahre 1978 als Modellbahnhersteller und fing an, Lionel-kompatibles Spur-0 Gleismaterial aus Blech erstmals unter der Marke K-Line selbst herzustellen. Er bot dies natürlich günstiger an als der Platzhirsch Lionel. Kurz darauf konnte aus der Gilbert (American Flyer) Konkursmasse die Werkzeuge und die Rechte zur Produktion von Spur-S Gleismaterial erwerben, während die Formen zur Produktion der Modelle an Lionel gingen. So kam es zur kuriosen Situation, daß Lionel jahrelang kein eigenes Spur-S Gleis für seine Flyer-Modelle anbieten durfte.
1980, nach der finalen Demise der Fa. Louis Marx & Cie ersteigerte Maury d. Klein die Formen für die Marxville Kunststoffhäuschen und einiger Zubehörartikel. Diese wurden umgemarkt und liefen fortan formtechnisch unverändert unter dem Namen K-Lineville. 1982 konnte MDK weitere Marx-Gussformen erwerben, die in der ursprünglichen Konkursmasse nicht enthalten waren, da diese sich zum Zeitpunkt des Konkurses in einer Produktionsanlage in Mexiko befanden. Hierbei handelte es sich um Gussformen für Güterwagenmodelle in der Größe 027, also stark verkleinerte Modelle, die hauptsächlich in Anfangspackungen zu finden waren. Vermutlich war da auch noch eine Alco S-2 Rangierdiesellok enthalten. Aber noch waren nicht alle der alten Marx-Formen wieder aufgetaucht.
1984 fand Maury zusammen mit seinem Fabrikleiter Brent Chambers in New York State in einer verfallenen Fisher-Price Lagerhalle fast ohne Dach die Formen für zwei Marx-Dampflokomotiven, eine Hudson aus Kunststoff (#1829) und die legendäre #333, eine Pacific aus Gussmetall. Die Formen waren stark korrodiert und wurden in den kommenden Jahren aufgearbeitet.
1985 kamen dann die ersten Güterwagenmodelle auf den Mark, die speziell bei Sammlern von Marx Eisenbahnen großen Anklang fanden, konnte man doch von den kaum veränderten Artikeln günstig an Ersatzteile kommen. Die Drehgestelle wiederum waren Kopien entsprechender Lionel-Produkte, und zwar den im Original kaum verbreiteten Symington-Wayne Trucks.
1986 verkaufte Jerry Williams seine ungenutzten Formen für die ehemaligen Kusan K-Series Güterwagen und der Alco FA-2 an MDK.
1987 war die ehemalige Kusan Alco FA-2 fertig renoviert und kam in die Läden. K-Line überraschte zusätzlich mit der ersten selbst entwickelten Diesellok, einer EMD MP-15 in maßstäblicher Größe mit zwei Motoren und freistehenden Geländern. Und auch die Kusan Boxcars waren einsatzbereit. K-Line hatte die Formen stark überarbeitet, aus einer feststehenden offenen und einer geschlossenen Tür wurden zwei bewegliche, die Wagen bekamen ein Chassis aus Metall. Damit war die legendäre 6400er Serie geboren. Diese Wagen waren geringfügig kürzer, als die Lionel 6464 Boxcars, sonst aber von den Details weitgehend identisch. Neben dem Boxcars gab es noch Schüttgutwagen, Kesselwagen etc.
1988 wurden die Güterwagen erstmals mit gefederten Metalldrehgestellen verkauft, was die Wagen stark aufwertete. Die Classic-Line war geboren. Fortan gab es Wagen mit Kunststoffdrehgestellen als "Deluxe", die Mehrzahl mit den neuen Drehgestellen als "Classic".
Maury D. Klein hatte Faible für spezielle Wagen, u.a. war er ein großer Fan von den Western Pacific Feather Boxcars. Diese Lackierung in Silber mit einer großen Feder auf der Seitenwand ist auch hierzulande durch das Märklin-Modell sehr bekannt. Das Original hatte immer eine orangefarbene Feder, Maury brachte diese Wagen auch noch immer wieder in einer ganzen Palette anderer Farben, blau, rot, lila, gelb usw.
Anfangs war die Verpackung von K-Line blau.
Für die TTOS Convention (TTOS = Toy Train Operating Society) 1989 in Dallas wurde als Fundraiser ein Kesselwagen "Ewing Oil" aufgelegt.
Dieser Wagen gefiel Maury wiederum so gut, daß er ihn auch allen anderen, nicht in der TTOS organisierten, Modellbahnern anbieten wollte, Leicht verändert kam der Wagen kurzfristig in kleiner Auflage in die Läden. Vielleicht erinnert sich ja jemand, "Ewing Oil" aus der Fernsehserie "Dallas", dem Straßenfeger der 80er Jahre.
Die 90er Jahre
Anfang der 90er Jahre konnte K-Line Lizenzverträge mit vielen namhaften Firmen abschließen, Nestle, A&P, Procter & Gamble, Anheuser Busch, Coors, Clausthaler, Hershey*s, Pepsi Cola, Black & Decker, dem Zirkus Barnum & Bailey und nicht zuletzt Coca Cola. Dabei war das Zustandekommen des Vertrages mit Coca Cola besonders kurios. K-Line bekam den Auftrag, für einen vermeintlichen Lizenznehmer Startpackungen mit Coca Cola Werbung zu produzieren. Kurz vor der Auslieferung stellte sich heraus, daß der Auftraggeber gar keine Lizenz zur Nutzung des Logos dieses Getränkeherstellers hatte. Maury hat kurzerhand eines der Sets an die Werbeabteilung von Coca Cola geschickt, war daraufhin direkt mit an Bord und konnte die Packungen legal verkaufen. Auch wurde Anfang der 90er Jahre die komplette Produktion nach China zu Sanda Kan ausgelagert.
Aufsehen erregte K-Line erstmals 1991 mit den Erscheinen von 6-achsigen Schnellzugwagen ("Heavyweights"), die hochskalierte Athearn H0-Modelle waren, damit auch nicht ganz maßstäblich. Gut genug aber, um auch von vielen Zweileiter-Nullbahnern gekauft zu werden. Auf der Basis dieser Wagen folgten direkt sehr schöne Modelle von Überlandstraßenbahnen.
1992 markiert den Start des K-Line Collector*s Club, zu dem wir aber später noch in einem eigenen Kapitel kommen werden. Im Verlauf der 90er Jahre wurden viele Modelle überarbeitet, z.Z. sogar komplett neu konstruiert. Dazu gehören die ehemalige Marx 333 Gussdampflok und auch der Boxcar 6400. Der wurde identisch, natürlich mit scharfen Gravuren konstruiert, bekam zusätzlich separate Griffstangen aus Metall und Leitern aus Blech.
Neu im Programm war der schön detaillierte Pickle-Car (Vat Car = Faßwagen), der für den Transport von eingelegtem Gemüse gedacht war.
Andere Modelle bekamen neue Ladegüter, wie beispielsweise dieser Tieflader, der auch ursprünglich aus dem Fundus von Kusan stammte.
In immer schnellerer Folge kamen neue Modelle auf den Markt, Wachstum war die Devise, das Ziel war die Nummer 1 am Platz, noch vor Lionel. K-Line war immer preisgünstiger als die anderen. Manch einer munkelt, daß hier Marktanteile unter Preis eingekauft wurden. Zur Jahrtausendwende war das Programm riesig, der Schwerpunkt verlagerte sich weg vom Einsteigermarkt hin zum höherpreisigen Scale-Sektor mit wirklich exquisiten Modellen.
Das neue Jahrtausend und die Demise:
Es ging noch einige Jahre so weiter, mit perfekten Modelleisenbahnen, die auch heute noch zum Besten zählen, was in O-Gauge in Großserie produziert wurde.
2004 entdeckte Lionel "bestimmte Ähnlichkeiten" technischer Art in elektronischen Steuergeräten. Das ganze führte zu einer Klage und ein Jahr später zu einem Vergleich der beiden Hersteller. K-Line wurde zur Zahlung von 2 Mio. US$ Schadenersatz verurteilt, musste 700.000 Dollar Prozesskosten tragen, bestimmte Lizenzen Lionel zur kostenfreien Nutzung überlassen und die betroffen Geräte bis Januar 2006 vom Markt nehmen. Das war bitter, aber zumindest war das Weihnachtsgeschäft 2005 nicht betroffen und konnte so zumindest einen Teil der Kosten amortisieren. Wäre da nicht ein technischer Berater gewesen, den K-Line engagiert hatte. Der arbeitete auch für Lionel, und hatte von diesem Arbeitgeber einen Vertrag, der keinerlei zusätzliche Tätigkeiten bei Mitbewerbern gestattete. Angeblich war dieser Teil der Vereinbarung K-Line nicht bekannt. Das Ganze kam ans Licht, mit einem Mal waren alle vorherigen Vergleiche hinfällig und K-Line hatte ein neues Verfahren an der Backe. Diesmal gings dem Weihnachtsgeschäft an den Kragen, um eine Zahlung von weiteren 7 Mio. US$ an Lionel und die sofortige Rücknahme aller Artikel vom Markt, die irgendwie irgendetwas mit der technischen Beratertätigkeit zu tun haben könnten. Das betraf dann so gut wie alles, das etwas elektrisches eingebaut hatte. Jetzt brach es K-Line das Genick, K-Line ging in die Insolvenz. Für ein paar Monate gingen wilde Spekulationen über mögliche Kaufinteressenten durch die Presse, letztendlich sicherte sich Lionel die Markenrechte, obwohl selbst gerade in Insolvenz wegen gerichtlicher Streitigkeiten mit MTH.
Die Formen gingen in den Besitz von seinem Produzenten Sanda Kan über, K-Line hatte hier noch hohe Außenstände. Sanda Kan wiederum vermietete die Formen an Lionel für 5 Jahre, in dieser Zeit wurde "K-Line by Lionel" vermarktet. Nach Ablauf dieser Frist in Jahr 2010 wurde ein Teil der Formen an andere Hersteller (Atlas, RMT) verkauft oder gingen wiederum mit der Übernahme von Sanda Kan durch Kader Industries an Bachmann (Williams).
Der K-Line Collector*s Club
Den müssen wir uns nochmal näher ansehen, weil dieser Sammlerclub wirklich einmalig war. Maury D. Klein hatte immer ein Ohr für seine Kundschaft. Und auch die Händler wurden auf Händen getragen. 1992 markierte den Beginn eines Sammlerclubs für den Endverbraucher. Der Ursprüngliche Gedanke war, zahle 30 Dollar, und bekomme alle Kataloge, Flyer, eine vierteljährliche Clubzeitung mit News von K-Line, und zusätzlich einen exklusiven Güterwagen der Classic-Serie. Internationale Kundschaft zahlte 5 Dollar mehr.
Das erste Jahr war ein voller Erfolg, und Maury war so begeistert von seinen Modellbahnfreunden und Clubmitgliedern, daß er am Jahresende einen zweiten Güterwagen oben drauf legte. Den zweiten Wagen gab es dann auch in allen folgenden Jahren als Bonus. 1992 und 1993 waren die Clubwagen ohne Vorbild, ab 1994 hatten sie authentische Beschriftungen von richtigen Bahngesellschaften.
Zusätzlich bekam man mit der KCC-Clubkarte immer noch einen kostenkosen Wagen auf der Spielwarenmesse in New York, wenn man persönlich im Showroom vorbeischauen konnte. Auch auf vielen anderen Veranstaltungen wurden spezielle Wagen an Clubmitglieder kostenlos abgegeben.
Hier noch ein paar weitere KCC-Wagen. Die Wagennummern (Betriebsnummern) begannen mit 90001 im ersten Jahr und stiegen pro Modell um eine Stelle.
Mit der Zeit kam da einiges zusammen. Ich war für viele Jahre Mitglied, allein die Frachtkosten nach Europa dürften den Mitgliedspreis mehr oder weniger aufgewogen haben. 1997 stieg dann der Preis auf 45 US$ + 15 US$ Frachtkosten, aus gutem Grund.
Da gab es nämlich eine Lok. Im Katalog stand die mit 147,50 US$ drin. Kennecott Copper Corporation (KCC), der Clou waren die Initialen (K-Line Collector*s Club). Die Lok hatte zwei Motoren, und war nicht vereinfacht. 20.000 Stück soll K-Line damals gebaut haben. Zu dieser Lok konnten Clubmitglieder noch einige ergänzende Modelle käuflich erwerben. Passend zu dieser Serie war eins der Clubmodelle eine Handhebeldraisine mit Figuren aus Gummi, die sich bei der Fahrt entsprechend bewegten.
1998 hatte man die Möglichkeit, die Mitgliedschaft 4 Jahre im Voraus zu buchen, das hieß seinerzeit Millenium Club. Dafür gab es vier Schnellzugwagen "Golden State Limited" wahlweise in Aluminium (Scale Size 18 inch) oder Semi Scale (Plastik), jeweils einen pro Jahr. Dazu noch vier Güterwagen, Und als Vierjahresmilleniumbonusmodell einen Aluminiumpersonenwagen "Millenium", der die Jahrtausendwende entsprechend zelebrieren sollte. Das Modell war (ist es immer noch....) eine Augenweide.
So kann man sich auch selbst Konkurrenz machen, indem man über den hauseigenen Club Modelle weit unter Straßenpreis verhökert. Den Modellbahner hat es damals natürlich gefreut. K-Line hatte neben den regulären Modellen noch jede Menge anderer zusätzlicher Sachen exklusiv für Mitglieder.
2001 war das z.B. eine GG1 Elektrolok im klassischen Design aus Gussmetall mit zwei Motoren für gerade mal 90 Dollar. Und dazu nochmal für etwas wenig mehr einen Satz 15-Inch Personenwagen....
Leider sind diese wilden Zeiten vorbei. K-Line Modelle findet man überraschender Weise noch neu im Handel. Und gebraucht natürlich auch auf den einschlägigen Plattformen. Wirklich falsch machen kann man nicht, allerdings gibt es bei einzelnen Modellen Probleme mit Zinkpest.
Was gabs so alles über die Jahre? Da muss man in die Kataloge schauen, denn es gab viel. 1999 kam ein von K-Line selbst herausgegebenes Buch auf den Markt, das die Geschichte und das Modellprogramm bis 1998 behandelt, damals waren es noch wolkenlose Zeiten. Allerdings werden für dieses Buch oft horrende Preise aufgerufen. Wer es kauft oder schon hat, kleiner Hinweis, die ersten ungefähr 50 Seiten dürften so gut wie immer lose sein.
Kataloge und K-Line Connection (die Clubzeitschrift) dürften etwas günstiger sein.
Und es gibt die Legacy-Seite im Netz, die da angreift, wo das Buch aufhört:
http://www.mojomark.com/ords/otmapps/kli...keyword=welcome
Das wars von mir erstmal, zum Abschluß noch ein kleines Bild von meiner GG1, die vor vielen Jahren durch die Bucht weggeschwommen ist. Schade, hätt sie gern wieder!
Schönen Gruß,
Martin