Ein wenig ein trockenes Thema, dennoch beeindruckend, wenn bedacht wird, wie aufwendig diese Art der Herstellung mit den verfügbaren Werkzeugen vor 100 Jahren gewesen sein muss.
Bings Gleismaterial
Eine Vorbemerkung zur Nomenklatur
Oft werden im normalen Sprachgebrauch die Begriffe Schienen und Gleise synonym verwendet. Korrekterweise sollte aber zwischen Gleisen und Schienen unterschieden werden.
Als Gleis oder Geleise wird die Fahrbahn für Schienenfahrzeuge bezeichnet. Das Gleis besteht in der Regel aus hintereinanderliegenden Schwellen, auf denen zwei parallel liegende, stählerne Schienen befestigt sind.
Schienen sind im Bahnwesen lineare Trag- und Führungselemente, die meist paarig und parallel zueinander im Abstand der Spurweite angeordnet den Fahrweg für Schienenfahrzeuge bilden
Bing verwendet bei der Beschreibung seiner Gleise durchgehend in all seinen Katalogen (1898 – 1932) für die Beschreibung der Gleise den Begriff Schiene.
In seinem Buch „Eisenbahn Spielzeug-Modell-Vorbild“ geht Max Heusser in dem Kapitel „Schienen, Geleise, Weichen“ kurz auf die frühe Produktion von Bing ein und widmet sich dann ausführlich dem Märklin-Gleismaterial.
Im Rahmen des Erwerbes von BING-Gleismaterial aus der Frühzeit für den Uhrwerks und Dampfbetrieb soll nun der Versuch gemacht werden, das, was bei der Aufarbeitung des Materials vorgefunden wurde, in Abgleich mit den verfügbaren Katalogen, zu beschreiben, einzuordnen und in Bildform vorzustellen:
In Bings Heft, „ Der kleine Eisenbahningenieur“ von 1898 wird zu Beginn das lieferbare „Schienen-Material“ nebst „Anleitung zum Zusammenstellen verschiedener Formen von Eisenbahnschienen-Anlagen“ vorgestellt.
Seite 3
Der obigen Seite 3 ist zu entnehmen, einer einzuführenden Systematik entsprechend, dass
dem Schienenmaterial ein Buchstabensystem zugeordnet wird.
Vorgreifend deutend dient das dazu, ausgedehnte Gleisanlagen nach
Vorlage im BING-Heft von 1898, " Der kleine Eisenbahn Ingenieur" aufzubauen und die entsprechenden Gleise, die nach dem Buchstabencode im Gleisplan aufgeführt sind, summarisch zu erfassen und dann in der Konsequenz sinnvoll, ohne fehlende Teile für die geplanten Anlage zu erwerben.
Letztlich ein sinnvolle Hilfestellung.
Einige Beispiele, dem BING-Heft von 1898, " Der Kleine Eisenbahn Ingenieur" entnommen, zur "Zusammenstellung verschiedener Formen von Eisenbahnschienen-Anlagen" seien im Folgenden aufgeführt, endend mit der Vorlage zum Aufbau der ausgedehnten Gotthardt-Bahn, wobei der Hinweis erlaubt sei, dass hier selbst die Telegrafenleitungen mit erfasst sind.
Es kann die Bedeutung der Buchstaben auf der oben abgebildeten Seite 3 des Kataloges von 1898
A.=Runde Schiene mit 2 Verbindungszapfen, B... usw., entnommen werden.
Diese Buchstaben-Klassifizierung wird lange beibehalten und erscheint vollständig in guter übersichtlicher Darstellung in der „Spezialliste über mechanische, optische und elektrische Spielwaren und Lehrmittel“, Ausgabe 1912, 1913, 1914, 1915, wobei bereits
1912 auf Seite 173 die „Schienen mit Wechselzapfen und Reformschienen“ vorgestellt werden.
Nun Gleismaterial im Einzelnen:
Nachdem in der Anfangszeit die Verbindungen der Schwellen mit den Schienen und die Verbindungszapfen durch Weichlötung stabilisiert wurden, folgten dann neue, technische Fertigungsweisen der Gleise, patentierte Verbindungsverfahren von Schwellen, Schienen und Verbindungszapfen mittels Prägung und Kerbung, um sich von konkurrierenden Firmen abzusetzen, um nicht mit Rechtsansprüchen Dritter wegen bereits bestehender Patente anderer Firmen juristisch in Konflikt zu geraten. ( Eisenbahn Spielzeug-Modell-Vorbild, S.238-241, Max Heusser. Riehen 2002, ISBN 86-903787-0-7).
Auf einen bestehenden Gebrauchsmusterschutz, bzw. ein bestehendes Patent weist BING in der Regel durch entsprechende Metalleinprägung hin, ebenso, wie auch die Spurweitenangabe und die Buchstabenklassifizierung mit eingeprägt wird.
Beschreibender Text den folgenden Bildern jeweils vorangestellt.
Einige Beispiele:
A I Gleis: "Runde Schiene mit 2 Verbindungszapfen",
Schienen -Schwellenverbindung geprägt, Verbindungsstifte durch "Kerbung" fixiert. Prägung "PATENT G B" auf mittlerer Schwelle, A und I Prägung auf jeweils der äußeren Schwelle.
A I Gleis: " Runde Schiene mit 2 Verbindungszapfen",
geprägte Schienen-Schwellenverbindung, Verbindungsstifte durch "Kerbung" fixiert, Prägung PATENT G.B. BAVARIA auf allen Schwellen.
Ohne Firmenprägung:
A I Halb-Schiene
A I Viertel-Schiene:
B I Gleis," Runde Schiene mit 4 Verbindungszapfen",
geprägte Schienen-Schwellenverbindung, Verbindungsstifte durch "Kerbung" fixiert Geprägt I, B, PATENT G B
C I Gleis, "Runde Schiene ohne Verbindungszapfen",
geprägte Schienen-Schwellenverbindung, geprägt I, C, PATENT G B
D I Gleis, "Gerade Schiene mit 2 Verbindungszapfen"
geprägte Schienen-Schwellenverbindung, Verbindungsstifte durch "Kerbung" fixiert Geprägt I, D, unterschiedliche Patentprägung, PATENT G B und PATENT GB BAVARIA.
D I 1/2, "Halbe Schiene",
geprägte Schienen-Schwellenverbindung, Verbindungsstifte durch "Kerbung" fixiert Geprägt I, D, kein Firmenlogo.
E I Gleise, "gerade Schiene mit 4 Verbindungszapfen" und
F I Gleise, "gerade Schiene ohne Verbindungszapfen"
von BING z.Zt. nicht verfügbar.
Lediglich F 1/2, "Halbe Schiene gerade" ist vorhanden.
Da in den Anlageheften auch Kreuzungen, Weichen usw. angegeben werden,
sollen hier einige "Anlagenbauelemente" dieser Art abgebildet werden.
Kreuzung, spitzwinklig,
2 Ausführungen:
Verbindungen gelötet, GBN-Logo in Raute geprägt Prägung I auf Schwellen.
Verbindungen geprägt und verlötet, Verbindungszapfen gekerbte Fixierung, Bodenplatte mit GBN-Firmenzeichen (GBN BAVARIA) gelötet, auf den 4 Schwellen jeweils Prägung PATENT G.B. BAVARIA
"Ausschalteschiene, gerade mit Vorrichtung zur Ausschaltung bezw. Inbetriebsetzung der Bremse an der Lokomotive",
Verbindungen geprägt, Firmenzeichen GBN BAVARIA, auf Schwellen geprägt PATENT G.B. BAVARIA
"Automatische Ausschalteschiene, die Schienen sind eingerichtet zum Anhalten und ebenso zur Umsteuerung der Lokomotive von der Schiene aus"
2 Weichen rechts, einfache Ausführung, Firmenlogo GBN in Raute, mit Schwellenprägung PATENT G.B. und Firmenlogo GBN BAVARIA mit Schwellenprägung PATENT G.B. BAVARIA.
Parallel-Symmetrische Weiche mit Stellhebel(artfremd ergänzt) und Ausstell- und Umsteuerungsvorrichtung von der Schiene aus.
"Symmetrische Doppelweiche mit 2 gebogenen Schienensträngen und drehbarer Laterne, ohne Verbindungszapfen an dem gemeinsamen Schienenende, Spurweite I"
Schienen-Schwellenverbindung geprägt und gelötet, Firma: GBN BAVARIA-Prägung, Schwellenprägung: I
"Dreiwegweiche mit2 gebogenen und 1 geraden Schienenstrang mit drehbarer Laterne mit Verbindungszapfen an den gemeinsamen Schienenende (fehlen hier) Spurweite I=48mm"
Schienen-Schwellenverbindungen gelappt-geprägt und gelötet, GBN in Rautenprägung und I-Prägung auf den abgehenden Schwellen
Parallelweichen links und rechts mit Stellhebel und drehbarer Laterne
alle Verbindungen verlötet, links-weiche: Prägung GBN in Raute
rechts-Weiche Prägung GBN BAVARIA
Links-Weiche:
Rechts-Weiche:
und abschließend die "Krönung" der Tin-Plate-Weichenmechanik.
eine "Parallel-Kreuzungsweiche, Diese Kreuzungsweichen ermöglichen die Zusammenstellung von originellen Schienenformationen auf verhältnismäßig kleinem Raum. Mit Zentral-Stellwerk."
Spurweite I, alle Verbindungen gelötet, geprägtes GBN in Raute-Firmenzeichen.
Diese Stellmechanik gab es auch in der Spurweite 0
Alle Verbindungen gelötet, Prägung: neues Bing-Logo BW "INT. REG. TRADE MARK BW MADE IN GERMANY der 1920er Jahre
Gruß,
Rie.
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