Über die Geschwindigkeitsregulierung der Modellbahn vor 100 Jahren am Beispiel des „Widerstandes für elektrische Starkstrombahnen im Bahnwärterwellblechhaus“ der Firma Gebr. Bing.
Achtung, Nichts für elektrotechnische Laien und mentale Bedenkenträger. Wer Probleme hat mit Haushaltsspannungen, abschalten, nicht weiterlesen!!!
Im Rahmen der Aufgabe, ein regulierbares Kohlenfadenbirnenwiderstandshäuschen zu überprüfen, entstand der folgende Bericht:
Bei der Wellblechbude mit zwei Kohlenfadenbirnen und einem regulierbaren Widerstand handelt es sich um einen „Widerstand für elektrische Starkstrom-Bahnen“, wie dieser von der Firma Bing im II. Nachtrag des Jahres 1914 zum Hauptkatalog von 1912 aufgeführt ist. Dieses Modell entspricht prinzipiell der Vorläuferausführung von 1912, bei der die Anschlussklemmen blank mit der Stromleitung zu verbinden waren. Die Ausführung von 1912:
Die blanken, nicht isolierten Klammen schienen bei den frühen StarkstromWiderständen Standard gewesen zu sein, wie beim Regulierwiderstand 14298, ebenfalls von 1909:
Den Technikern war offensichtlich klar, dass auch die blanken Anschlussklemmen ein gewisses Risiko darstellten, denn auf der gleichen Seite des Kataloges von 1912, auf der die Wellblechbude mit den blanken Anschlussklemmen abgebildet ist, wird unter der Nummer 10290/2 ein „Regulierwiderstand auf Schiefer-Sockel“ mit bereits isolierten Anschlußklemmen dargestellt. Auffällig jedoch, dass nur eine Kabelphase durch die Widerstandsbirnen geleitet wird, die andere geht direkt an das Gleis. Zwei Beispiele aus dieser Zeit: -Vorschalte-Widerstand auf schellackpolierter Nußbaumholzplatte:
und -Vorschalte-Widerstand auf Schieferplatte:
Dies ist auch die Anschlusstechnik bei dem vorzustellenden Wellblechwärterhaus, das wegen der kuriosen, historischen Seltenheit besprochen werden soll. Wiederum werden die Stromphasen nicht beide durch das Gebäude geleitet, sondern nur eine Phase durch die Birnen und den Nickelinwiderstand. Also ein elektrotechnisches Vorläufermodell der Steckkontakt- Ausführung: Dazu einige Bilder (mit Ebonitisolierten Anschlußschraubklemmen) .
Skizze ist entfernt, um Ruhe einkehren zu lassen.
Um keine Unsicherheiten betreffend Kabelführung auftreten zu lassen, lieferte Bing nun „Anschlusskabel mit Steckkontakten“, wie im Katalog von 1914 aufgeführt.
Es kann festgestellt werden, dass alle Modelle bei unvorsichtiger Bedienung eine gesundheitsgefährdende Ausführung darstellen. Deshalb wohl auch der Aufdruck jeweils zweier Blitze.
Sei es wie es ist, das war der damalige Stand der Entwicklung des elektrischen Eisenbahnspielzeugs, das dem spielenden Publikum nicht nur von der Firma BING angeboten wurde. Diese Modelle hielten sich, bis dann der VDE in den 1920er Jahren seine Bedenken äußerte und es zum Verbot dieser Art der Vorschaltewiderstände für elektrische Starkstrombahnen kam. Siehe Beitrag vom 07.02.15. Bing und der elektrische Betrieb des Eisenbahnspielzeugs
Hallo Riera, ganz toller Beitrag mit lehrreicher Erklärung sowie Ermunterung für den Starkstrom-Betrieb. Auch vielen Dank für den Einblick in Deinen reichhaltigen Bing-Fundus mit unterschiedlichen Exemplaren. Wolfgang
Zitat von Wolko im Beitrag #2Hallo Riera, ganz toller Beitrag mit lehrreicher Erklärung sowie Ermunterung für den Starkstrom-Betrieb. Auch vielen Dank für den Einblick in Deinen reichhaltigen Bing-Fundus mit unterschiedlichen Exemplaren. Wolfgang
Lieber Wolfgang, bitte überdenke Deine Ermunterung, denn Forenleser könnten wegen des Betriebes mit dem Risikopotential und dessen Auswirkungen Anstoß daran nehmen. Philosophischer Gedankengang von SKL: Zitat vom 05.04.16 "Die haben doch tatsächlich auch die Netzklemmen blank gelassen! Das nenne ich Gottvertrauen in Evolution und Reproduktionsrate!" Bing Starkstromlok (2) Es gibt in Schramberg eine Ausstellung mit Betrieb zum Thema.: http://www.suedkurier.de/region/schwarzw...t416015,8823823 Last not least. Nicht alles, was die Bilder wiedergeben ist im eigenen Fundus, dankbar bin ich freundlichen Sammlerkollegen mit gleicher Richtung. Spaß beiseite,
mal wieder eine interessante Darstellung! Die Anlage von Reinhard Woltmann habe ich beim 1. Bing-Treffen erleben dürfen. Zünftig mit passenden Steckdosenadapter am Lampenschirm. Wandsteckdosen im eigentlichen Sinn gab es damals quasi nicht.
Ich wohne in einem Altbau aus der Jahrhundertwende. Im Keller existieren noch die Porzelanisolatoren für die Aufputz-Drahtverlegung! Allerdings nicht mehr im Betrieb...
Frage: Warum gibt es Regler mit einer Glühbirne und mit zwei?
Harry, das hängt mit dem Innenwiderstand des Lokmotors zusammen. Die drei Widerstände (Lok, Lampen, Regler), die hier im Spiel sind, müssen miteinander harmonieren. Regulieren kann man das nur durch die Lampen, die parallel geschaltet sind. Hast Du nur eine, kannst Du den Lampenwiderstand nur durch Tausch der Lampe (Stärke) regulieren. Bei mehreren parallelen Lampen kannst Du zusätzlich noch Lampen (unterschiedlicher Stärke) einschrauben oder nicht. Letztlich soll ja der Regelwiderstand noch eine Wirklung haben. Und der steht ja fest - in seinem Regelbereich - und der Motorwiderstand steht auch fest.
Also ich gehe mal davon aus dass die Lampen parallel geschaltet sind und nicht wie in der Schaltung gezeigt in Reihe. Oder es gab da auch Unterschiede. Dann mag man mir das verzeihen, ich bin noch Starkstromtheoretiker. Die praktische Seite steht in den Startlöchern und noch helfe ich mir mit einem Labornetzteil.
Joha, nehme an, daß rieras Zeichnung schon stimmig erscheint. Letztlich hat man einen Spannungsteiler. Die Loks laufen typ. mit max. 40-50V. Meine Starkstromloks laufen gut schon mit ca. 20V. Vermutung liegt nahe, dass man bei größeren Loks bzw. zusätzliche Waggonbeleuchtung höhere Ströme braucht und die zweite Birne parallel zur anderen geschaltet ist.
Zitat von caepsele im Beitrag #6Joha, nehme an, daß rieras Zeichnung schon stimmig erscheint. Letztlich hat man einen Spannungsteiler. Die Loks laufen typ. mit max. 40-50V. Meine Starkstromloks laufen gut schon mit ca. 20V. Vermutung liegt nahe, dass man bei größeren Loks bzw. zusätzliche Waggonbeleuchtung höhere Ströme braucht und die zweite Birne parallel zur anderen geschaltet ist.
Gruß Harry
Hallo Harry, Hallo Harry, Deine Frage wurde ja in gewisser Schlichtheit , ( Ich habe (noch?) keine Ahnung, aber ich erklär das), gegeben. Fällt mir schwer, darauf zu antworten. Trotzdem. G.Reder nimmt in seinem Werk „Die Modelleisenbahn“ in einfacher, gut verständlicher Form Stellung zu dem Starkstrombetrieb in folgendem Sinn: „Das Ende der elektrischen Fernleittng ist die (Steck) Dose. Wir müssen ein Unterwerk einschalten, um den Strom auf die gewünschte Spannung herabzusetzen. In diesem Fall sprechen wir von Starkstrombahnen. Lampen (Birnen), und die aus besonderem Widerstandsdraht bestehenden Zusatzwiderstände sind in Reihe geschaltet. Man wählt Glühlampen als Hauptwiderstand, da sich durch Änderung der Kerzenzahl der Widerstandswert auf bequemste Weise ändern läßt. Laut Beschluß des VDE sind….……solche Widerstände nicht mehr zu liefern, wobei die Frist für Ladengeschäfte zur Räumung des Lagers bis zum 1.Januar 1929 verlängert worden ist“. Usw. Mir stellt sich das so dar, als die in Reihe geschalteten Kohlenfadenbirnen zu der grob zu erzielenden Spannungserniedrigung in Reihe eingebracht wurden, um dann mittels Nickelinwiderstand die Feinregulierung vornehmen zu können. Bei der erfolgten Diagnostik der Wellblechbude wurde die Verkabelung der Birnen und des Regulierungswiderstandes, eben wie in der frühen Zeit um 1910 praktiziert, in Reihe geschaltet vorgefunden. Da ich mich immer um Erhalt des originalen Zustandes bemühe, sah ich keinen Grund, die Verkabelung zu verändern, da diese sich ja im ursprünglichen Zustand befand. Dementsprechend wurde die Stromlaufskizze gefertigt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Vorredner über seine Unwissenheit informiert aber dennoch spekulativ die Ungültigkeit der Skizze erklärt. Naja, is halt so.
Bei anderen Regelpulten, Bing lieferte Pulte mit 1,2 und 3 Kohlefadenbirnen, konnte ich Parallelschaltungen der Birnen nachweisen. Hier greifen dann die Kirchhoff`schen Gesetze. Messungen dazu habe ich aber noch nicht durchgeführt. Das überlasse ich kompetenten Elektrotechikern, wie swfreund Wolfgang, wo ist er eigentlich? Abschließend sei nochmal gesagt, es sollte nur über die seltene Starkstromreguliereinrichtung im Wellblechgehäuse aus der Frühzeit von Bing in Bildform mit Blick ins Innere der Einrichtung berichtet werden, eine physikalisch-technische Untersuchung wurde nicht vorgenommen. Das Thema soll auch nicht endlos vertieft werden, um nicht Anregungen mit Verführung zum Experimentieren zu geben. Dies ist und war nicht meine Absicht. Rie
Hallo Rie, es ist immer wieder beachtlich was du uns an musealen Stücken zeigst, vielen Dank dafür.
Die Reihenschaltung der Kohlefadenlampen wird wohl durch die unterschiedlichen Spannungen der damaligen Zeit entstanden sein. Spannungen wie 110V, 125V, 150V, 220V, 240V waren damals üblich. Bei den höheren Spannungen braucht man einen größeren Vorwiederstand. Um diesen höheren Widerstand zu erreichen muss man Faden entweder dünner machen, was bei Kohlefäden kaum geht, oder den Faden länger machen, wodurch dann eine zweite Lampe benötigt wird.
Zitat von Sammelwahn im Beitrag #9Hallo Rie, es ist immer wieder beachtlich was du uns an musealen Stücken zeigst, vielen Dank dafür.
Die Reihenschaltung der Kohlefadenlampen wird wohl durch die unterschiedlichen Spannungen der damaligen Zeit entstanden sein. Spannungen wie 110V, 125V, 150V, 220V, 240V waren damals üblich. Bei den höheren Spannungen braucht man einen größeren Vorwiderstand. Um diesen höheren Widerstand zu erreichen muss man Faden entweder dünner machen, was bei Kohlefäden kaum geht, oder den Faden länger machen, wodurch dann eine zweite Lampe benötigt wird.
mit bestem Gruß Arne
Ja Arne, das macht Sinn und ist nachvollziehbar. Gruß und Dank R.R.
Zitat von Sammelwahn im Beitrag #9Hallo Rie, es ist immer wieder beachtlich was du uns an musealen Stücken zeigst, vielen Dank dafür.
Die Reihenschaltung der Kohlefadenlampen wird wohl durch die unterschiedlichen Spannungen der damaligen Zeit entstanden sein. Spannungen wie 110V, 125V, 150V, 220V, 240V waren damals üblich. Bei den höheren Spannungen braucht man einen größeren Vorwiederstand. Um diesen höheren Widerstand zu erreichen muss man Faden entweder dünner machen, was bei Kohlefäden kaum geht, oder den Faden länger machen, wodurch dann eine zweite Lampe benötigt wird.
mit bestem Gruß Arne
Arne, es gab natürlich auch Kohlefadenlampen für 110 Volt und die anderen Spannungen. Muss ja auch sein, dann wen es einen "Kurzen" auf dem Gleis gibt und der Regler voll aufgedreht ist (also keinen Widerstand hat), fällt über die Lampe die volle Spannung ab und man muss dann eben die richtige Lampe haben. Die Lampe "blitzt" also auf oder brennt eben mit voller Stärke. Mehr passiert aber nicht beim Kurzschluss (anders als beim 20-Volt-System).
@ Riera, ich bitte meinen Fehler zu entschuldigen. Wollte die Fachkompetenz nicht infrage stellen und letztlich nur die Frage nach der verschiedenen Zahl der Glühlampen beantworten und dies beißt sich nunmal mit der eingestellten Skizze und meiner bisherigen Erfahrung. Es wäre nun eher interessant, warum gerade in dieser Wellblechbude die Lampen in Reihe geschaltet sind. Denn offenbar wird ja den Kunden zugemutet, sich durch Experimente der richtigen Funktion selbst zu nähern. Ist ja auch kein Problemn, man versucht es eben mit verschiedenen Lampen. Der Hinweis im Katalogtext zur Spannung ist aber eindeutig, bei Reihenschaltung aber verwirrend, dennoch unerheblich, da die Lampen in Reihenschaltung nicht überlastet werden können.