Bing und der elektrische Betrieb des Eisenbahnspielzeugs, Wandel und Neuerung in den 1920er Jahren unter besonderer Berücksichtigung des Einankerumformers.
Nachdem sich der Anfang des 20sten Jahrhunderts eingeführte „Starkstrombetrieb“ der Modellbahnanlagen in den Kinderzimmern als nicht ungefährlich erwies, siehe Beitrag vom 23.08.2013: "Bing und der Starkstrombetrieb mit Bildanhang Starkstromloks",und der Verband Deutscher Elektrotechniker (V.D.E. ) auf Grund der ab 1. April 1927 geltenden Vorschriften festgelegt hatte, dass die bisher gebräuchlichen Lampenwiderstände in den Ladengeschäften nicht mehr verkauft werden durften, mussten die Modellbahnhersteller reagieren. Die Bing-Werke Nürnberg geben 1927 in einer kleinen Broschüre „Was muss man von elektrischen Spielzeugen, insbesondere über ELEKTRISCHE EISENBAHNEN wissen? Ein zuverlässiger Ratgeber gewidmet von der Firma BING-WERKE Akt.-Ges. Nürnberg“, einen Überblick über die zur Verfügung stehenden Stromspannungen der Elektrizitätswerke. Interessant die unterschiedlichen Stromarten, besser Spannungen der Ortsnetzstromnetze, die den Spielzeugfirmen natürlich vorgegeben waren.
Text ist den Bildern vorangestellt
Die neuen BING-TRANSFORMATOREN für den 220 Volt Wechselstrom des Ortsstromnetzes stellen
eine, Zitat Bing, „bahnbrechende Neuerung dar, sie sind ohne Zwischenstufen von 0 bis 24 Volt
regulierbar".
Zwei Beispiele aus dem Altpapierodner:
Für den bis in die 1930er Jahre gelieferten Gleichstrom des Ortsstrombetriebsnetzes von 110 bzw. 220 Volt ist, zur Reduzierung der Spannung der, Zitat Bing: „ der zuverlässigste Anschlußapparat der Einankerumformer". Das Prinzip ist, simpel ausgedrückt, dass in einem elektromechanischem Gerät, besser Motor, ein Anker, der mit zwei Wicklungen versehen ist, rotiert, wobei die eine die Drehung im elektromagnetischen Feld durch die angelegten 220 Volt Gleichstrom bewirkt, und die andere dazu dient, eine im elektromagnetischen Feld induzierte Spannung niedrigerer Art abzugreifen zu können.
Dieses Prinzip wurde von den namhaften Spielzeugfirmen der Zeit umgesetzt und in den Verkaufslisten und Anleitungen aufgeführt.
Beispiel Märklin:
Beispiel Doll:
Nun zu Bing:
Aus Verkaufskatalog und aus „Der kleine Eisenbahningenieur“.
Händlerkatalog „Metallspielwaren“ 1930:
Eine Gebrauchsanleitung, wie diese beim Kauf des Umformers beigelegt wurde:
Bing hilft dem Verkäufer und dem Käufer einer elektrischen Eisenbahn insofern sinnvoll, als nach der Leistungsaufnahme der Lokomotive in der Gebrauchsanweisung die Zuordnung des jeweiligen Umformers in Form einer Typeneinstufung zu erfahren ist. Es sind 3 Typen verfügbar, deren Leistungsdaten folgender Übersicht entnommen werden können:
Beispiel: Nr.: 11/873/1
braucht Umformer Type III.
Im Rahmen der technischen Überprüfung eines Typus III kann dieser vorgestellt werden.
Auf einem hellen, längsverleimten, Klarlack-gefassten (Schellack?) Ahornholz-Grundbrett, 31 cm x 20 cm x 1 cm, sind die Aggregate, Einankerumformer mit Datenschildchen, Zweistufiger Ein- und Ausschalter, Geschwindigkeitsregler mit goldbronzener Aufschrift " III, Int. reg. Trade-Mark BW Bavaria und A-----E"
durch Verschraubung montiert. Gesamtgewicht 10 kg. Jeweils 2 Rändelmutterschraubkontakte mit der Beschriftung auf Metallschildchen: " Licht" und "Bahn" sind für den elektrischen Verbraucheranschluß bestimmt.
Die Gleichstromspeisung erfolgt über ein zweiadriges Stoffkabel, geführt über den Ein-Ausschalter in den Umformer-Motor. Die dünnen, blanken, nicht isolierten Abgriffkabeldrähte aus dem Motor geleitet, sind durch die Holzplatte geführt und in ausgefrästen schmalen Kanälen im Brettboden zu den Anschlussklemmen Licht und dem Geschwindigkeitsregler gezogen. Die Bodenplattenfläche mit den Kabelkanälchen ist mit schwarzem Papier, bzw. Leinentuch durch Klebung verschlossen. Die Platte steht auf 4 Gummifüßchen.
Der Geschwindigkeitsregler besteht aus einer 1-mm Kabeldraht-Wicklung mit 40 Windungen, deren Gesamtwiderstand über einen Schleifkontakt von 11 Ohm auf 1 Ohm herabgeregelt wird, bei Verschieben des Hebels von A nach E.
Der Motor trägt an den Ankerachsenden jeweils eine aufgepresste Schnurrolle, sodass er auch als motorisches Antriebsaggregat verwendet werden kann.
Bei der Überholung müssen die brüchigen Kabelisolierungen durch Überstreifen von "Schrumpfschläuchen" isolationsgesichert werden.
Der Motor muss zur Säuberung und Überprüfung zerlegt werden, die Wicklungen, Stator und Anker, sind okay. Die Kollektoren werden abgeschliffen, die Kollektorkohlebürsten erweisen sich als noch tauglich.
Der auf die Achse aufgesteckte Flügelventilator sorgt für eine gute, kühlenden Belüftung des Systems.
Die Ankerachsenenden liegen jeweils unter einem Bohrkanal im gusseisernen Führungslager, der oben durch eine Messingschraube verschlossen ist. Im Kanal liegend besorgt ein an einer Spiralfeder befestigter, ölgetränkter Filzzylinder mit sanften Kontakt zu den Achsen die Lagerschmierung.
Zum Probelauf ist eine 220 Volt Gleichstromquelle erforderlich. Eine Gleichrichter Diode soll 220 Volt Gleichstrom liefern.
Der Versuchsaufbau für den Probelauf:
Die kleine schwarze Diode richtet gleich:
Eingang 234 Volt Wechselspannung,
Ausgang 330 Volt Gleichstrom. Warum auch immer.
An der Birnenfassung liegen knapp 25 Volt Gleichspannung,
an den Bahnstromklemmen können knapp 29 Volt Gleichstrom abgegriffen werden.
Bei Fahrreglerstellung langsam:28,5 Volt,
bei Stellung schnell (E):30,2 Volt.
Eine angeschlossene Lok zur Belastungsprobe läuft sehr ordentlich und die Geschwindigkeitsregelung spricht gut an, trotz der niedrigen Spannungsdifferenz zwischen langsam und schnell.
Da Doll oben aufgeführt wurde und damit das Ganze nicht zu Bing-kopflastig wird, ein Doll-Einwurf fürs Auge, leider ohne Einankerumformer.
Ein Einankerumformer Typus I ist auch noch überholen.
So eine aufwendige Dokumentation ist da aber nicht vorgesehen.
Grüße,
R. R.