Nachdem Bing in den Verkaufskatalogen vor 1900 hochwertige, ausgereifte dampf-und uhrwerkbetriebene Blechspielwaren präsentiert, werden „Elektrische Spielwaren“ im 4. Nachtrag der Preisliste von 1898 angeboten. Elektromotore, Elektrische Appatrate auch Micro-Telephon-Apparate werden in „elegantester und solidester Ausführung als Lehrmittelgegenstände" angepriesen. ( Text ist den Bildern vorangestellt)
Interessant in diesem Zusammenhang das „Elektrische Frag-und Antwortspiel“ und unter der Nummer 8041 eine „Elektrische Eisenbahn“.
Für dieses Spiel genügt ein Trockenelement zur Betreibung der elektrischen Klingel.
Einem Trockenelement liegt zu Grunde das Prinzip eines Leclanché-Elementes ( Zink-Kohleelementes), bei dem die Elektrolytflüssigkeit durch Quellstoffe eingedickt wurde.
Die Spannung, die abgegeben wird, beträgt 1,5 Volt, bei geringer Stomstärke. (http://www.historische-messtechnik.de/pa...ch-hellesen.php). Zum Betreiben dieser Spiele sind „Elemente und Batterien“ notwendig, die von Bing in der "Spezialpreisliste für Spielwaren des Jahres 1902" aufgeführt werden.
Eine besondere Stellung nimmt das Chromsäureelement ein, ist es doch in der Lage über eine kurze Zeit eine relativ hohe Stromstärke abzugeben. Es eignet sich daher, zum Betreiben eines Gleichstrommotors, der ja, je nach Belastung, durch einen hohen Stromverbrauch auffällt. Man möge sich an seinen Physikunterricht oder seine Physikvorlesung erinnern.
Chromsäureelement:
Ein von R.W. Bunsen entwickeltes galvanisches Primärelement mit Zink-Anode, Kohle-Kathode und einem Elektrolyten aus verdünnter Chrom- und Schwefelsäure. Die Chromsäure wirkt dabei als Depolarisator. Allerdings ist das Element nur kurzzeitig belastbar, da die Depolarisation nur verhältnismässig langsam vor sich geht. Die Leerlaufspannung beträgt etwa 2V. (Bunsen-Element)
Um nicht zu langweilen, das Thema soll nun nicht vertieft werden. Lediglich Bilder von den damals gebräuchlichen „Batterien“ können vorgestellt werden, da davon auszugehen ist, dass diese der jüngeren Generation möglicherweise nicht bekannt sind.
Becher gibt in seinem Buch „Bodenläufer. Spielbahn Supermodell" auf den Seiten 134 und 135 Beispiele,
von denen im Folgenden einige in fotografischer Bildfolge vorgestellt werden sollen:
Chromsäureelemente:
Eine Batterie aus dem Labor Bereich zum Abgreifen von 20 Volt.
Zwei Chromsäureelemente in charakteristischer Ausführung:
Da diese Chromsäureelemente durch die Trockenelemente und wegen der Stromlieferung zur Haushaltsstromversorgung durch die Elektrizitätswerke verdrängt wurden, sollen hier einige Nass- und Trockenelemente im Bild vorgestellt werden. Allen ist gemeinsam der technische Aufbau:
Einfach formuliert:
In einem Gefäß, bei den nassen Elementen aus Glas oder Keramik, bei den Trockenelementen ein mit Pappe ummantelter Zinkbecher, befindet sich der Elektrolyt, eine Ammoniumchloridmasse, in die ein Kohlestab eintaucht. Bei den Trockenelementen dient der mechanisch verstärkende Zinkbecher gleich als Minuselektrode. Der Kohlestab ist häufig mit einem Braunstein oder Braunsteinpulverbeutel ummantelt, um freiwerdenden Wasserstoff zu binden.
Zinkelektrode: Minuspol, Kohleelektrode: Pluspol. Spannung Ca. 1,5 Volt.
Einige Nasselemente:
Das Leclanché-Element: ( Ohne Elektrolyt)
Weitere Elemente ohne Elektrolyt:
Hier mit verflüchtigtem Lösungsmittel und auskristallisiertem Ammoniumchlorid
Elementinnenleben, links ohne Glasgefäß, rechts ohne Zinkbecher und entferntem Ammoniumchloridelektrolyt,
also jeweils der mit einem Braunsteinbeutel ummantelte Kohlestab und Elektrolytresten.
Es folgen Trockenelemente, die in großer Vielzahl gefertigt und angeboten wurden. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Verwendung im Telefon und Telegraphie Bereich als Lieferant des Sprechstromes, bei der RTV ( Reichstelegraphenverwaltung) und im Bahnbetrieb, z.B. bei den Streckenfernsprechern.
Stichwort OB-Fernsprecher, OB steht für ortsständige Batterie, d.h. die Batterie für den Sprechstrom steht am Ort des Fernsprechers.
Zunächst ein Hellessen-Trockenelement von Bing, zu finden im II. Nachtrag des Jahres 1904 zur Hauptpreisliste 1902.
Bemerkenswert die mehrsprachige Gebrauchsanleitung.
Ein weiteres Hellessen-Element von Siemens aus der Zeit:
In lockerer Folge nun eine Serie noch vorhandener 1,5 Volt Trockenelemente, von denen einige , trotz de hohen Alters, noch eine Restspannumg aufweisen.
Leider kann ich die oben aufgeführte elektrische Bahn nicht vorstellen, da das eine absolute Rarität ist.
Ich mach mir aber noch ein paar Gedanken zur weiteren Entwicklung der Schwachstromlokomotiven von Bing.
Nachdem der Uhrwerkantrieb neben dem Dampfbetrieb in der Zeit von vor WWI im Vordergrund stand stand, kann an Hand der Nr.: 13870/1 nachgewiesen werden, dass die Uhrwerk-Lokomotivenblechgehäuse einfach mit einem Schwachstrommotor bestückt wurden.
Im folgenden Beispiel liegt die bekannte Uhrwerksausführung mit drei imitierten Stirnlampen und Pufferbohle sowie dem Firmenzeichen GBN in den Ringen auf dem Führerhau vor.
Zum Aufziehen der starken Uhrwerksfeder ist im Kesseltrittbrett rechts eine rundbogige Anhebung für den Schlüssel vorhanden. ( Im abgebildeten Modell liegt, warum auch immer, die Aufziehschlüsselachse auf der linken Seite)
Die gleiche Modellgehäuseausführung wurde dann lediglich unter Entfernung der Pufferbohle und Weglassen der Lampen mit Beibehaltung der Uhrwerksschlüsselaussparung im rechten Kesseltrittbrett mit dem typischen Bing-Gleichstrommotor, (mit dem Dauermagneten) bestückt.
Offensichtlich ist das ein Zwischenstadium der Fortentwicklung der Lokomotivmotorbestückung vom Uhrwerkbetrieb über den Schwachstrombetrieb hin zum Starkstrombetrieb.
Die Beleuchtung einer Uhrwerklokomotive mittels Zitat Bing: "Element in den Tender eingebaut, mittels Kabel mit der Lokomotive verbunden" darf ebenfalls als Weg Bings hin zum elektrischen Modellbahnbetrieb gedeutet werden.
Abschließend denke ich, es ist nicht vermessen, zu behaupten, dass eine der schönsten Bing-Schwachstrommodelle die, Zitat Bing, "Elektrische Strassenbahn für Schwachstrom mit Permanentmotor Nr.: 181/37, per Stück(ohne Element und ohne Umschalter) Mk. 22.50, zulässige Spannung 3,5-5 Volt, Stromverbrauch ca. 1,2 Amp." ist.
Hier mit Element, Umschalter und und Controller:
Bis demnächt zum Einankerumformer.
Grüße,
R.R.