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Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordnung um

#1 von riera , 17.01.2013 17:45

In den Signalordnungen der Länderbahn, Reichsbahn und auch noch der frühen Bundesbahnzeit galt das Knallsignal, ausgeführt durch Auflegen von einer oder mehrer Knallkapseln auf die Schiene und Auslösung derselben durch Überfahren der Lokomotive als akustischer Hinweis, die Lokomotive, bzw. den Zug sofort zum Anhalten zu bringen. So heißt es in der Dienstanweisung von 1910 für die Betriebsbeamten, Lokomotivführer und Heizer,….…..

Originale Knallkapseln (Museumsinventar) um 1890

Bing hat 1909 unter der Katalognummer 14130 eine Signalvorrichtung, „Semaphor mit Nebelsignal“ unter der Rubrik „Semaphore als automatische Bocksignale. Sobald der Zug am Semaphor vorbeifährt und dadurch den Schienenkontakt berührt.........", konstruiert.


Die restaurative Konservierung des Bing-typischen, spröden Spirituslackes eines vorliegenden Signals dieser Art ist der Anlass, diese seltene Signalausführung vorzustellen.
Um das Semaphor für den Spielbetrieb vorzubereiten, muss es zunächst aktiviert werden, d.h. es ist „Fahrt“ einzustellen. Dazu wird der Hebel mit dem runden Gewicht und der Prägung GBN nach rechts gedrückt. So wird der Stempel mit dem runden Kopf nach oben bewegt, die ihn umgebende Spiralfeder wird gespannt und bleibt in dieser Stellung durch einen nasenförmigen Vorsprung arretiert. Nun wird in eine unter dem Messing-„Stempelfuß“ montierte Pfanne ein Amorces-Zündplättchen eingelegt.


Beim Scharfmachen der Einrichtung durch Spannen des Stempels wird gleichzeitig über einen Hebelmechanismus der Schienenkontakt angehoben.

Sobald nun der Spurkranz des Lokomotivrades den Schienenkontakt überfährt, wird die Arretierung des Stempels gelöst, dieser schnellt durch die gespannte Spiralfeder nach unten und schlägt auf das Zündplättchen in der Ambospfanne auf, mit Ertönen des lautstarken Knalls.


Durch mechanische Koppelung, kommt es zum gleichzeitigen Fall des Signalarmes auf Stellung „ Halt“.

Interessant bei dem beschriebenen Semaphor ist die frühe Beleuchtungseinrichtung für Rübölbetrieb.


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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#2 von Eugen & Karl , 17.01.2013 19:09

Hallo,

nach einem ähnlichen Prinzip arbeitete auch schon das einfache Knallsignal, das Märklin von 1904 bis 1907 mit der Nummer 2188 im Programm hatte:

"2188 Schuss-Alarmsignal, für gefährdete Züge. Die mit Amorces geladene Mechanik wird
durch den fahrenden Zug automatisch zum Abfeuern gebracht."

(Märklin Hauptkatalog H 4 1904, Seiten 69)


Viele Grüße


 
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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#3 von riera , 18.01.2013 11:04

Interessant!
Stellt es doch hier mal vor.
Gruß,
Rie


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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#4 von Dampfmaschinenjoe , 18.01.2013 20:50

Was es nicht alles gibt ?! Ich habe von einem alten Dampflokführer eine Geschichte gehört, bei der Knallkapseln eine Rolle spielten, daher weiß ich, dass diese auch bei schlechter Sicht durch extrem dicken Nebel bei unplanmäßigen Halten auf freier Strecke ausgelegt wurden, nachdem der Zug ein mitten auf dem BÜ geparktes Auto zerschossen hat. Der Besitzer des Autos hatte es einfach irgendwo abgestellt und war zu Fuß nach Hause gegangen . Ausser einer krummen Pufferbohle und einem zerstörten Auto hat es keinen Schaden gegeben . Aber der Lokomotiv - Kapitän hat mir gestanden, ihm wäre die nächsten 14 Tage richtig schlecht gewesen, wenn er zum Dienst musste.

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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#5 von riera , 19.01.2013 00:10

Naja, es gibt viele Eisenbahnerlegenden.
Wie wird ein Auto durch eine Kollision „zerschossen“?
Ich gehe davon aus, dass keine scharfe Munition im Spiel war.
Der Meister (Kapitän?), sollte es beim Dampfbetrieb geschehen sein, müsste Ross und Reiter nennen können.
Aber zurück zum Thema, wir bewegen uns ja hier im Forum auf dem Territorium des Spielzeugeisenbahnwesens, wo im großen Vorbild belegte, betriebstechnisch bindende, absolut zu befolgende Vorschriften von vor gut 100 Jahren zur Umsetzung der z.B. heute fossil anmutenden Umsetzung der BÜ-Sicherungsmassnahmen mit entsprechenden Hilfsmitteln in einem Beitrag im Forum aufgeführt werden, denn nur dafür ist mein Beitrag, der betriebstechnische Zusammenhänge darlegen soll, erstellt worden. Das war die Idee. (Umsetzung der staatlichen, betriebstechnischen Vorschriften durch die Spielwarenindustrie, hier Bing Nürnberg, wie auch angemerkt, durch Märklin Göppingen). Bitte reflektieren: Knallkapseln, im heutigen Betrieb nicht mehr verwendet, bei möglicherweise entsprechend ausgelegten Modellbahnsignaleinrichtungen, sind signaltechnisch als historisch dem Vorbild entsprechend, einzustufen.
Letztendlich ging es beim damaligen, jetzt bereits historisch einzustufenden Modellbahnbetrieb eigentlich nur um den " Achtung" signalisierenden, das spielende Kind auf die Bedeutung weisenden, erschreckenden Schussknall, der pädagogisch vom erfahrenen Begleitspielpartner in seiner Bedeutung zu erklären war.


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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#6 von Dampfmaschinenjoe , 19.01.2013 09:58

Richtig, aber jedes Spiel hat halt auch seinen ernsten Hintergrund. In diesem Falle eine nicht zu unterschätzende Notfalleinrichtung, die im Ernstfall echte Hilfe geleistet hat. Natürlich hat man mit der heutigen SIFA - Technik bessere Hilfsmittel auf der Lok aber ich finde es trotzdem sehr interessant, dass die Anfang des 20. Jhd´s üblichen Notfalleinrichtungen auch im Modellbetrieb eingesetzt wurden.
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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#7 von Gelöschtes Mitglied , 19.01.2013 13:52

Hallo,

für die verwendung des Signales Sh 4 (Knallsignal) gab in den Signalbüchern der DR und der DB genaue Regelungen. Knallkapseln wurden nur auf der freien Strecke und nicht an Hauptsignalen verwendet. Seit den 1930 Jahren wurden auf Hauptstrecken die Hauptsignale mit der PZB (Punktförmige Zug Beeinflussung) auch Indusi genannt, ausgerüstet. Auf den ICE Strecken kommt heute die LZB (Linienförmige Zug Beeinflussung) zum Einsatz. Eine besondere Bauart der PZB sind die elektr. Fahrsperren der Berliner S Bahn. Die SIFA hat mit dieser Problematik nichts zu tun.
Dieses Knallsignal von BING ist ein Beleg dafür, dass man schon vor ca. 100 Jahren versucht hat, das Vorbild im Modell wieder zugeben. Das gleiche trift wol auch für den Heizkesselwagen zu. Mit ihm konnte man die Dampfheizung des Reisezuges nachbilden. Aber vor 100 Jahren war die Spielzeugeisenbahn kein Spielzeug sondern ein Lehrmittel.

MfG Lastra



RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#8 von Eugen & Karl , 19.01.2013 14:59

Hallo,

auf dem Netz der DB hatte die Knallkapsel am 06.07.1986 ausgedient, bei anderen Bahnen wie der SNCF oder der SNCB gibt es sie noch heute.


Viele Grüße


 
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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#9 von riera , 19.01.2013 16:09

Dacore, so ist es.
Spielzeug war und ist fast immer auch Lehrmittel, um die Jugend im Spiel an die technische "Wunderwelt" ( Eisenbahnfahrbetrieb, Dampfmaschine, Elektrizität, Nachrichtenübermittlung usw) heranzuführen, Interesse zu wecken. So findet man in den Bing-Katalogen aus dieser Zeit auch die "Elektrischen Lehrmittel", die "Apparate für interessante physikalische Versuche" usw.
Um das Thema etwas zu würzen erlaube ich mir, hier die entsprechende Ausführungsbestimmungbestimmung der Signalordnung von 1907/1912, Zeit der Entwicklung des Knallsignals von Bing, aufzuführen. Hab die bayerische Ausführung momentan leider nicht zur Hand.



Dank auch für den Hinweis auf die SIFA, Stichwort "Totmannknopf"
Jeder von uns Eisenbahnfreunden wird schon mal eine Zwangsbremsung, auch auf der entsprechenden Modellbahnanlage,erlebt haben.


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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#10 von Gelöschtes Mitglied , 19.01.2013 17:58

Hallo,

bei der DR wurden die Knallkapseln bis in die 1990 Jahre auf den Tfz mitgeführt.
Neben den Lokomotiven waren auch die Streckenläufer mit Knallkapseln ausgerüstet. Somit waren sie in der Lage eine Gefahrenstelle im oder am Gleis abzusichern.
Hallo riera, interssantes Signalbuch. Ich besitze auch einen ganzen Stapel alter Dienstvorschriften. Es ist interessant, wo für es bei der Eisenbahn alles eine Vorschrift gab. Von den Signalen und dem Fahrdienst, dem Fahrkartenverkauf und der Unfallverhütung bis hin zur Grösse der Rostfläche des Stubenofens in den Dienstwohnungen.

MfG Lastra



RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#11 von Eugen & Karl , 19.01.2013 18:11

Hallo,

zu #1:

Es kann noch nachgetragen werden, dass das Bing Signal 14130 bereits im Jahre 1906 erschienen ist.
(Bing Katalog Fabrik mechanischer, optischer und elektrischer Lehrmittel und Spielwaren 1906, Seite 169)

In der englischen Katalogausgabe von 1906 erscheint mit der Nummer 14129/1 ein entsprechendes Modell für das britische Weltreich.
Weiter hatte Bing damals auch ein einfaches Modell ohne Signalmast mit der Nummer 14129/0 im Programm, ähnlich dem Märklin Artikel von 1904.
(Bing Special Cataloque of Instructive Mechanical, Optical and Electrical Toys 1906, Seite 211)


Viele Grüße


 
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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#12 von riera , 20.01.2013 12:43

Dank für die Hinweise. Dank auch an die konstruktiven Kommentargeber.
Um das Thema abzurunden, hier noch die einfache, reduzierte „Fog-Ausführung“, die nur den Knall abgibt


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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#13 von caepsele , 20.01.2013 22:09

Hallo riera,

Danke für den interessanten Beitrag! So ein Ding würde ich gerne in Aktion mal sehen! Gibt es die Knallblättchen eigentlich noch? Kann mich an die Knallpapierstreifen für die Faschingspistolen und Gewehre noch erinnern. Obs die noch gibt? Bin nicht so der Karnevalist, eher narrisch das ganze Jahr ;-)

Habe zwei Fragen an Dich, die evtl. auch ein paar andere Blechbahner interessieren könnten:

Du schreibst von Lampen mit Rüböl: Kenne die Kaiseröllampen (soll gereinigtes, geruchslos verbrenndens Petroleum sein) und besitze ein paar Signale mit solchen kleinen Laternen. Habe auch mal ein Artikel hier verfasst
(siehe: Kaiseröllampen )
Denke es werde die selben Laternchen sein?
Habe mal gegoogelt, da ich mir eine Rübe nicht als Öllieferant, außer der Samen, vorstellen kann. Wiki gibt mir auf Rüböl Rapsöl als Ergebniss (wußte nicht, dass Raps Rüben bildet...).
Habe meine Laternchen mit Petroleum probiert, allerdings nach wenigen Minuten wurde die Flamme sehr groß. Weiterhin habe ich mit Olivenöl probiert, mit ähnlichem Ergebnis. Ein Mitarbeiter des Technoseums Mannheim gab mir den Tipp mit Paraffinöl, aber ebenfalls kein dauerhaftes brennen mit kleiner Flamme möglich.

Desweiteren die Frage mit dem Spirituslack:
Bing hatte nicht grundiert (es war sicherlich nicht im Lastenheft - falls es eines gab - gestanden, dass der Lack nach über 80ig Jahren noch halten soll...)
Der Lack löst sich von der Zinnschicht. Wie kann ich das verhindern?

Freue mich auf Deine Antwort

Harry


 
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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#14 von riera , 20.01.2013 22:50

Danke für den interessanten Beitrag! So ein Ding würde ich gerne in Aktion mal sehen! Gibt es die Knallblättchen eigentlich noch? Kann mich an die Knallpapierstreifen für die Faschingspistolen und Gewehre noch erinnern. Obs die noch gibt? Bin nicht so der Karnevalist, eher narrisch das ganze Jahr ;-)

Antw: Googlen, ebay.

Habe zwei Fragen an Dich, die evtl. auch ein paar andere Blechbahner interessieren könnten:

Du schreibst von Lampen mit Rüböl: Kenne die Kaiseröllampen (soll gereinigtes, geruchslos verbrenndens Petroleum sein) und besitze auch ein paar Signale mit solchen kleinen Laternen. Habe auch mal ein Artikel hier verfasst. Denke es werde die selben Laternchen sein?
Habe mal gegoogelt, da ich mir eine Rübe nicht als Öllieferant, außer der Samen, vorstellen kann. Wiki gibt mir auf Rüböl Rapsöl als Ergebniss (wußte nicht, dass Raps Rüben bildet...).
Habe meine Laternchen mit Petroleum probiert, allerdings nach wenigen Minuten wurde die Flamme sehr groß.Antw:
Petroleum ist zu flüchtig, durch die Erwärmung des Systems wird zu viel vergast, das Ganze wird dann instabil.
Vorsicht!!!
Weiterhin habe ich mit Olivenöl, ist zu dickflüssig, probiert, mit ähnlichem Ergebnis. Ein Mitarbeiter des Technoseums Mannheim gab mir den Tipp mit Paraffinöl, aber ebenfalls kein dauerhaftes brennen mit kleiner Flamme möglich.Ant: Mal mit Rapsöl, Biodiesel, von der Tankstelle versuchen.

Desweiteren die Frage mit dem Spirituslack:
Bing hatte nicht grundiert (es war sicherlich nicht im Lastenheft - falls es eines gab - gestanden, dass der Lack nach über 80ig Jahren noch halten soll...)
Der Lack löst sich von der Zinnschicht. Wie kann ich das verhindern?

Antw: Gibt keine allgemein gültigen Verfahrensanweisungen. Eigene Technik entwickeln! Meine: Subtil mit Fingerspitzengefühl und Lupenbrille die Rissbildungen durch Einbringen in die Risse, (fließt durch die Kapillarwirkung unter die lockeren Lackplatten) einer verbindenden, gut benetzenden Flüssigkeit. Z.B. Tiefengrund(Clou)mit Nitroverdünner,(kapillär benetzend sich ausbreitend) stabilisieren. Sonst im Museum vorstellig werden und Restauratoren befragen. Ist eine eigene Wissenschaft.


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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#15 von messingcolera , 21.01.2013 06:55

Hallo,

das Stichwort für die Knallplätchen heißt Amorces Peng!

Die Restaurierung mit dem Tiefengrund klingt gut, bei Bing schien eher im Pflichtenheft gestanden haben, dass der Lack garantiert nicht 80 Jahre hält.

Beste Grüße

Messingcolera


 
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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#16 von riera , 22.01.2013 16:36

Einen hohen Stellenwert bei den BING-Modellbahnspielwaren räumt die Firma Bing dem Signal- Beleuchtungswesen in der Zeit des Beginns des 20sten Jahrhunderts ein. Es wird in den Katalogen aus der Zeit bei den Signalen und anderen Beleuchtungseinrichtungen vor der Elektifizierung dieser Nachtsignalgebung , die ab ca.1909 nachgewiesen werden kann, bei den Signalen bei der Beleuchtung lediglich auf „Laternen zum Brennen“ , „Bogenlaternen zum Brennen mit Öl“, und bei Bestellnummer 9956/111, 1902, „Wasserkrahn, Signallaterne für Petroleumbeleuchtung eingerichtet“ hingewiesen. Gustav Reder weist in seinem Buch „Mit Uhrwerk Dampf und Strom in dem Kapitel XI. „Romantik am Schienenstrang“ auf die kleinen Öllaternen aus Blech hin, die mit „ ihren winzigen Dochten ein kümmerliches Licht gaben und einen üblen Geruch verbreiteten.“
Verschiedene Begriffe bei den Laternen, Kandelabern und Brennstoffen dieser Zeit tauchen auf. Erklärungen:
Öllampen: Sind Vorrichtungen zur Beleuchtung mittels der bei gewöhnlicher Temperatur flüssiger Öle. Im Altertum tierische Fette und Pflanzenöle.(1)
Kaiseröl: raffiniertes Erdöl, Petroleum, aus welchen die niedrig siedenden, die Feuergefährlichkeit des Oels bedingenden Anteile vollkommener als aus der gewöhnlichen Handelsware ( Standard oil bzw. Kerosin für russische Oele) entfernt sind. (1)
Petroleum: auch Erdöl, Berg- oder Steinöl genannt, im engeren Sinn was zwischen 150 Grad und 300 Grad destilliert. (1,2)
Rüböl: Fettes Öl aus den Samen verschiedner Brassicaarten, namentlich von Brassica naptus L. (Raps-,Repsöl), und Brassica rapa (Rübsenöl)
In frischem Zustand bräunlichgelb, ohne Geruch und Geschmack, sehr dickflüssig, erstarrt zwischen -2 Grad und – 10Grad, wird bei 0 Grad wieder flüssig. Es wird durch Auspressen oder Extraktion gewonnen und dient als Brennöl und Schmiermittel zum Einfetten von Leder (Kernöl)und Wolle. (1)
Literatur:
1. Otto Lueger, Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Siebter und achter Band, Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart und Leipzig, 1904.
2. A. F. Hollemann, F.Richter, Lehrbuch der organischen Chemie, Walter de Gruyter & Co, Berlin 1961
Ein chemisch verändertes Produkt des Rapsöls ist der BIO-Dieseltreibstoff, Werbebegriff für Fettsäuremethylester, der in Deutschland vor allem aus Rapsöl durch chemische Umsetzung mit Methanol erzeugt wird (Rapsölmethylester (RME). RME ist ein Kraftstoff aus landwirtschaftlicher Produktion. (LB-Lohmann Lexikon)
Da dieses Produkt dem Rüböl sehr nahe kommt und es an der Tankstelle erworben werden kann, hab ich mal mit diesem Öl 2 Signale, eine Feine Bogenlampe und eine Straßenlaterne von Bing betrieben.
Zunächst Reinigen der Laternen, Einziehen jeweils eines dünnen Baumwolldochtes, gewonnen aus einfachem Stickgarn in das Doch führende, 2mm starke Messingröhrchen,
Auffüllen des kleinen Tanks mit 1ml Biodieselöl, Anzünden.
Während der Größenentwicklung der Flamme dann Kürzen, also Zurückschneiden der Dochtanteile bei brennender Flamme auf die tolerierte Größe der erwünschten Flammengröße.
So konnte ein Betrieb über gut 5 Minuten erzielt werden, ohne dass das System entflammte.
Ich folgere daraus, dass ein gut saugender Baumwolldocht Voraussetzung ist, die nötige Brennstoffmenge nachzutransportieren, eben so viel, wie bei der „zurechtgeschnittenen“ Flamme verbrennt. Trotz dieser Maßnahmen kam es zu einer zunehmenden Erwärmung des Systems, dass zu Folge hatte, dass die Flamme doch wieder an Größe mit Erhitzung der Umgebung, Messingröhrchen, Tank und Laternengehäuse, zunahm. Die Dochtspitze verkohlt dann, wenn mehr Brennstoff verbrennt als nach diffundieren kann. Wie bei einer Kerze, der das Paraffin ausgeht.
Einen Versuch mit Petroleum hab ich nicht gestartet, da wegen des niedrigen Siedepunktes die Flamme schnell außer Kontrolle geraten kann.
Unklar ist weiterhin, wie „die Alten“ einen längeren Betrieb verantwortungsvoll durchführen konnten.
Hänge mal die gefertigten Bilder ohne weiteren Kommentar an.
Bitte mich nicht steinigen, es war halt nur ein Versuch, der zeigt, dass ein langfristiger Betrieb der Laternen mit „Öl, Kaiseröl, Rüb- oder Rapsöl“, ohne dem System zu schaden, nicht möglich erscheint.


















































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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#17 von pete , 22.01.2013 18:07

Hallo Riera,

das wird ja immer schöner bei dir! Tolle Abhandlung und praktischer Einsatz, toll!

Gruß,
Peter


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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#18 von Gelöschtes Mitglied , 22.01.2013 21:14

Hallo Riera,

ich suche für die blaue Straßenlampe zwei Ersatzgläser. Leider bin ich noch nicht fündig geworden. Gibt es die als Ersatzteil?



RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#19 von riera , 22.01.2013 21:54

Gibt es leider nicht, zumindest weiss ich es nicht. Das wäre zu schön. Suche auch.
Tipp: Glasbläserei suchen, Muster vorlegen, vielleicht klapp`s


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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#20 von toy-doc , 22.01.2013 23:12

Moin Ypsilon!
Ich schließe mich meinem Vorredner an, möchte aber präzisieren:

Suche Dir einen Glasbläser,
--> der Laborglas herstellt
oder einen,
--> der Lampenglas herstellt.

Beide benutzen vorgefertigtes Rohmaterial in Form von Galsstäben und -röhren mit geringem Ausdehnungskoeffizienten.
Diese Art Glas ist unempfindlicher gegen Temperaturschwankungen zB durch Erhitzen als herkömmliches Flaschen- oder ähnliches Glas.

Aus "Laborglas" sind zB Reagenzgläser, Retorten, Erlenmayerkolben usw, die über Bunsenbrennern erhitzt werden können, ohne zu platzen.

"Lampenglas" bezeichnet nicht das Endprodukt sondern die Art der Herstellung über der offenen Fllamme eines Brenners ("Lampe")

Gruß
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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#21 von Gelöschtes Mitglied , 22.01.2013 23:34

Hier in Thüringen habe ich eigentlich kein Problem mit Glasbläsern, ich sitze sozusagen an der Quelle. Ich könnte mal die Maße der Gläser gebrauchen. (Meine Lampen haben gefummelte Streben und der untere Deckel fehlt, daher habe ich die Hauptmaße nicht).

- Gesamtlänge
- Abstand der Biegung (Länge des unteren, kurzen Stücks)
- Durchmesser oben
- Durchmesser unten
- Glasdicke

Wäre super, dann kann ich mich kümmern.



RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#22 von riera , 23.01.2013 23:59

Siehe PN, müßte angekommen sein.


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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#23 von Gelöschtes Mitglied , 24.01.2013 07:59

Ja, Danke!



RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#24 von riera , 24.01.2013 12:16

Wenn bessere Qualität gewünscht, bitte e-mailadresse durchgeben


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RE: Das Knallsignal, Bing setzt die Signalordung um

#25 von caepsele , 24.01.2013 13:15

Das ist mal wieder eine interessante Diskussion!

@riera: meine Versuchen decken sich mit Deinen Beobachtungen. Das Parafinöl zeigte bei mir die besten Ergebnisse, es verkokt auch den Docht nicht. Sind aber in dem angegeben älteren Link noch nicht aufgeführt. Zweite "Stellschraube" ist der Docht und wie "stramm" er in dem Röhrchen sitzen soll.
In einer meiner Laternen war noch ein orignaler (Baumwoll? Flachs?) Docht der mir als Referenz dient. Probiert habe ich Glasfaserbündel und Keramikfasern (Asbestersatz).

Ein Frage zu den farbigen Scheibchen der Signale: teilweise sind sie aus dünnem Glas, teilweise aus Celluoid (nehme ich mal an, theoretisch könnte man die Feuerprobe machen). Welchen Ersatz nimmst Du?

Zum Thema Ersatzgläser: hatte während des Studiums Zugang zu einem begnateten Laborglasbläser der aus den Rohrhalbzeugen einem so ziemlich alles an Formen zaubern konnte. Die heutigen Hitze- und Schockfesten Gläser währen hierfür toll geeignet.
Kann mich erinnern, dass die Glasbläser in gewässerten Birnbaumformen die Glasrohlinge aufblasen.

In der Bucht bietet einer nachgefertigte Ersatzgläser für Laternen an. Einfach mal ansprechen?

Grüße aus dem sonnigen (aber kalten) Mannheim
Harry


 
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