wenn man das Märklineum besucht, trifft man noch ziemlich zu Beginn der Ausstellung auf einen Sandzug, der für mich in seiner Einfachheit manchen Prachtzug aus der Kaiserzeit in den Schatten stellt. Aus dem frühen Märklin-Programm faszinieren mich die Bodenläufer Züge ganz besonders. Während die elektrische Eisenbahn nur an Weihnachten aufgebaut und immer sorgfältig verwahrt wurde, durfte mit dem Sandzug auch im Sand gespielt werden. Deshalb sind Funde heute leider selten.
Um mir den Wunsch von einer Bodenläufer-Lokomotive zu erfüllen, habe ich in den vergangenen 1,5 Jahren meine erste Lok gebaut. Sie ist nach einem Vorbild aus dem Märklin-Programm (ursprünglich Spur II), aber auch nach meinen eigenen Vorstellungen entstanden. Weil zum Thema Bodenläufer nur wenig geschrieben wird, möchte ich nun ein paar Bilder zeigen und hoffe, sie gefallen.
Für meinen Selbstbau standen mir nur ein paar Fotos aus dem Internet zur Verfügung. Ich habe eine Seitenansicht einer Lokomotive aus der Spur II in Spur 0 umgerechnet und daraus eine einfache Skizze für meine Lokomotive erstellt. Es handelt sich nicht um einen exakten Nachbau, sondern ich habe die Proportionen und einige Details nach eigenem Geschmack angepasst, so dass alles für mich in der Spur 0 stimmig wirkte. Auch wollte ich nicht einfach einen anderen Spur 0 Bodenläufer aus dem Märklin Programm nachbauen. Anschließend habe ich mit den Blecharbeiten begonnen. Da ich über praktisch keine Erfahrung auf diesem Gebiet verfüge und ich mich im Wesentlichen an diesem Workshop von Klaus (Eisenbahn-Manufaktur) orientiert habe, war der Ausgang völlig offen und ich habe auf einen Baubericht verzichtet und auch nur einige wenige Bilder aufgenommen. Die Arbeiten an der Lackierung habe ich fast ausschließlich mit dem Pinsel durchgeführt. Dabei habe ich Acrylfarben und einen Schellack als Decklack verwendet.
Erst nachdem die Blecharbeiten schon fast abgeschlossen waren, stand mir eine originale Spur II Lokomotive zur Verfügung, neben der meine Spur 0 Lokomotive plötzlich winzig wirkt:
Vielen Dank an Felix (ElwoodJayBlues), der mir viele wichtige Tipps für die Blecharbeiten gegeben hat, an Klaus (Eisenbahn-Manufaktur), der mir den Kessel gewickelt hat und an Michael (flowertrac), der mir wertvolle Ratschläge zur Lackierung gegeben hat.
Ich hatte weniger den Wunsch, eine Lokomotive zu bauen, sondern ich habe diese Lokomotive gebaut, weil ich sie mir gewünscht habe. Umso größer ist die Freude darüber, dass es gelungen ist.
Schön zu sehen, dass Du uns hier diese ganz besondere Facette von der kleinen Eisenbahn vorstellst! Eigenbau Spur 0 Bodenläufer, stimmig umgesetzt und wirklich feine Handarbeit, ein Stück zum Stolz drauf sein. Da kann man Dir nur zu gratulieren! Wie ich Dich kenne, hast Du jetzt grübel-graue Haare, aber es hat sich auch wirklich gelohnt.
Zitat von Rhombe im Beitrag #3Wie ich Dich kenne, hast Du jetzt grübel-graue Haare, aber es hat sich auch wirklich gelohnt.
So ist es. Nachdem ich die Laufräder eingesetzt hatte und ich festgestellt habe, dass ich glücklich mit dem Ergebnis bin, ist schon eine ordentliche Last von mir abgefallen.
im Hauptkatalog von 1895 sind bei den Sandzügen nur die Maße (Zuglänge, Wagenlänge, Wagenhöhe) angegeben. Unter den Nummern 1007, 1008 und 1009 sind drei Größen lieferbar. Aus dem Hauptkatalog von 1900-1902 ist im Band 1 der 15 Märklin-Bände leider nur die Abbildung des Sandzugs ohne Beschreibung abgedruckt. Neu ist die Nummer 1006, die der Spur 0 entspricht. Im Hauptkatalog von 1904 sind die Sandzüge ausführlich beschrieben. Aus der Beschreibung geht hervor, dass die Sandkippwagen 1811 den jeweiligen Wagen mit Radsätzen für den Betrieb auf Gleisen (1811/0 - 1811/III) entsprechen. Im Hauptkatalog L 9 (1909) ist dann bei den Bodenläufer-Zügen sogar die Spurweite (35 - 75 mm) ausdrücklich genannt. Die Sandzüge tragen die Nummer 1001/11 - 1003 /11.
Kurz gesagt: Die Sandzüge (und die meisten anderen Bodenläufer-Züge) entsprechen größenmäßig und damit auch in der Spurweite der Märklin Spur 0 - III. Die Wagen wurden meist aus dem "gewöhnlichen" Eisenbahn-Programm entliehen und lediglich mit Bodenläufer-Radsätzen ausgestattet. Auch im Märklin-Programm wurden die Züge entsprechend eingeordnet.
Die von mir nachempfundene frühe Bauart der Lokomotive habe ich in der Größe 0 bislang noch nicht gesehen. Darüber hinaus kenne ich in der Größe III bislang nur Lokmotiven mit separatem Tender. Einen ganz frühen Sandzug in der Größe II hat Fritz Erckens einmal hier gezeigt. Hier kann man erkennen, dass die Sandkippwagen der Spur II entsprechen. Hier ein weiteres Beispiel:
der in der Literatur auf "1895" datierte Katalog "D" erschien schon im zweiten Halbjahr 1893. Der in der Literatur auf "1900 - 1902" datierte Hauptkatalog "F" war eine Sammelmappe, die von 1897 bis 1903 gepflegt wurde.
(vergl. Dr. Fritz Rinderknecht, Die ersten Märklin-Eisenbahnen, Vortrag am 10. Tinplate Forum 1996 Bodo Schenck, Das ABC vor dem D - Märklins Katalogsystem der Jahre 1890-1920, Vortrag am 4. HTS- Forum 2024)
Das Thema Bodenläufer wurde zuletzt im Märklin Magazin 06/2022 angeschnitten.
(Bodo Schenck, Kinderzimmer im Wandel, Mythos Märklin Teil 8, Märklin Magazin 06/2022, S. 50/51)
"Die No. der Eisenbahnen, zu welchen diese Extra-Wagen gebraucht werden sollen, sind bei Bestellungen anzugeben" hießt es 1893 im Katalog. Noch 1897 sind die Wagen mit "Rollendes Ergänzungs-Material für Eisenbahnen mit und ohne Uhrwerk" überschrieben. Es war also anzugeben, ob die Wagen Räder mit oder ohne Spurkränze haben sollten. Über die Spurweiten der Wagen kann man die Bodenläufer den Spurweiten zuordnen.
Die Bodenläufer blieben bei Märklin noch bis 1927 im Katalogprogramm.