Hallo,
Ich möchte noch ein Werk vorstellen, dass man zwar nicht mehr Märklin selber zurechnen kann, aber das als "Märklin tuning" eines Veredlers sich trotzdem einen Namen im Tinplate-Universum gemacht hat: das Walker-Fenn Uhrwerk.
Die Marke ansich basiert auf den Resten der Firma Holtzapffel & Co. - ein damals schon alteingesessener Produzent (seit 1794) von Drehmaschinen und Werkzeugen. Allerdings musste der damalige Firmenchef John George Holtzapffel Budd in den 1920´iger Jahren einsehen, dass sich das Geschäftsmodell überlebt hat und so gab er es 1928 auf.
Die Firma wagte einen Neustart im Bereich Gross- und Einzelhandel, vermutlich nicht ganz zufällig stiess auch der Schwager Holtzapffel´s, Herr HAROLD EDWARD WALKER, zur Geschäftsleitung. Ein weiterer Name dieser Tage, Herr HUBERT HENRY FENN, machte mit seinem auftauchen in der Firma die Sache dann komplett.
Walker und Fenn liessen sich 1928 eine neuartige, verbesserte Regulierung für Spielzeuguhrwerke patentieren, die der Art der Regulierung von Grammophonen entsprach. >HIER ist das Patent zum nachlesen<
Als Umbaubasis entschied man sich für das im Beitrag darüber vorgestellte Triebwerk von Märklin:
Die originale Regulierung wurde entfernt, die Platinen beschnitten und ein eigens neu angefertigter Aggregatehalter aus Messingguss in das Werk eingepasst:
Die Regulierung übernahm ein Fliehkraftregler mit 3 Blattfedern und dazugehörigen dicken Gewichten. Es wird oft geschrieben, dass ein Regler AUS einem Grammophon verwendet wurde. Ich bin da anderer Meinung, ich finde, man sollte lieber sagen NACH ART eines Grammophonreglers, weil ich das alles für passend für den Einsatzzweck durchkonstruiert halte. Mit der Historie der Firma im Hintergrund, war es sicher kein Problem, einen Fliehkraftregler selber herzustellen:
Das Regelprinzip ist eigentlich simpel wie effektiv: mit steigender Drehzahl drückt die Zentrifugalkraft die Gewichte nach aussen und die Blattfedern wölben sich. Dadurch verkürzt sich ihre relative Länge und sie ziehen die - lose auf der Reglerwelle mitlaufende Bremsscheibe - mit nach "innen". Die Bremsscheibe trifft dann , früher oder später, auf die Bremse und wird so abgebremst. damit ist die Drehzahl und somit die Geschwindigkeit limitiert. Hinweis, dieses Werk ist da diesbezüglich nicht ganz OK, es fehlt das Lederstück, das als Bremsbelag dient:
Der Bremsschuh lässt sich, über eine Wippe, mit Hilfe der Regulierschraube einstellen.
Die "Verbindung" zum originalen Teil des Werkes stellt eine Schneckenradverbindung her, etwas eigenwillig konstruiert, ein halber Hyboid:
Hier eine kleine Animation des Reglers bei der Arbeit:
Wer sich dafür interessiert, ich habe hier noch eine etwas längere Version hinterlegt, Vorsicht das Gif hat 25 Megabyte, laden kann also einen Moment dauern: >Hier klicken<
Da Walker und Fenn nicht nur die Triebwerke von Märklin nutzten, sondern komplette Loks (z.B. die TM1020) nutzten, vermute ich, dass dieses Kapitel mit dem Ende der Produktion der TM 1020 schon wieder endete, wobei ich nicht weiss, ob sie sich die Loks bei Märklin selber, oder auf dem freien Markt beschafft haben. Bei ersterem könnten sie sich ja auch noch eine grössere Charge zum Abschluss gesichert haben.
Die Spur von Hubert Henry Fenn verliert sich nach diesem Abenteuer. Walker unternahm nach dem 2. Weltkrieg nochmals einen ähnlichen Versuch, John Van Riemsdijk vermarktete sein ähnlich konstruiertes Uhrwerk -er nutzte mutmaßlich Regler aus Nummernschaltern von Telefonen - zusammen mit Harold E. Walker bzw. der Firma Walkers & Holtzapffel.
Van Riemsdijk wandte sich allerdings 1954 anderen Betätigungsfeldern zu, er wurde letztendlich als treibende Kraft hinter der Entstehung des "National Railway Museum" einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.
Die grosse Zeit der Uhrwerkeisenbahnen war damals ja eh schon vorbei, kein Wunder, es herrschte ja auch immer verbreiteter das "Wunder der Elektrizität".
An dieser Stelle nochmals ein grosses Dankeschön an Rolf (Blechnullo), der mir auch hier die Möglichkeit gab, über dieses faszinierende Stück Modelleisenbahngeschichte zu berichten!
Viele Grüsse, Daniel