Gelegentlich findet man auf Flohmärkten und Börsen noch gesuchte Ersatzteile, hier einen frühen BING Spur I Uhrwerkmotor. Obwohl heutzutage unter einem „Fuffi“ oder „Hunni“ nichts mehr geht, wechselte der Motor den Besitzer, denn er fällt auf durch eine besondere „Zahnradschutzeinrichtung“ beim Umschalten der Fahrtrichtung. Querverweis auf Vorstellung 2er Spur I Bing-Uhrwerklokomotiven Zur Sache: Text ist den Bildern vorangestellt. Allgemein bekannt ist der frühe Spur I Uhrwerkmotor, der in vielen Loks in der Zeit um 1910 zu finden ist. Mit dem schwungvoll gestalteten, vernickelten Hand-Hebel (im Führerhaus) wird über eine gekoppelte Messingstange der Hebelweg auf eine drehbewegliche triangelförmige Platte mit dem Zahnrädersatz übertragen und die Laufrichtung der Zahnräder umgestellt. Der Rundstab mit der Kugel am Ende dient der Lösung der Bremse durch Zug.
Gefährlich für die Zähne der Zahnräder wird’s, wenn man die Lok in die Hand nimmt und bei laufendem Motor die Umschaltung vornimmt ohne die Bremse angelegt zu haben. Es gelingt zwar mit einer krachenden Geräuschkulisse die Laufrichtung umzupolen, aber wie oft mag das gut gehen, ohne dass die Zähne Schaden nehmen?
Die Bing.Techniker machten sich den im Patent Nr. 13256 von 1902 beschriebenen und verbauten, empfindlichen Hemmungsregler für Uhrwerke zu Nutze und erweiterten das Umschalthebelsystem durch Ergänzung eines in das System eingebauten, mechanisch gekoppelten „Messingfingers“ derart, dass dieser bei Ablauf des Umschaltvorganges kurz Kontaktberührung mit der Fläche der rotierenden Platte, die die Fliehkraft-Schwinggewichte trägt, bekommt und dadurch den Ablauf des Uhrwerkes bremst und stoppt. Während dieser Kontaktierung erfolgt im Ablauf des Vorbeistreichens bei dadurch bewirktem Stillstand des Motors die Umschaltung der Zahnräder, also bei Stillstand des Motors und erst nach Umschaltung gibt dieser „Finger“ nach Ende der Kontaktierung der Fliehkraftgewichtsplatte diese frei und der Ablauf des Uhrwerkes erfolgt weiter.
Versuch, das mal nachvollziehbar bildlich darzustellen.
Ausgangssituation: Stellung Vorwärtsfahrt: (Handhebelstellung oben, Fingerstellung nach unten gleiswärts gerichtet)
Der geschwungene Hand-Hebel wird in den folgenden Bildern nach unten bewegt mit gegenläufiger Bewegung des zwischen den Platinen gelegenen "Fingers" von unten nach oben mit Umschaltung der Zahnräder auf Rückwärtsfahrt.:
Der Finger kontaktiert die Fliehkaftreglergewichtsplatte und streicht an dieser vorbei. (Der Fliehkraftregler ist in dem Zahnradablaufkomplex das sensibelste Teil und reagiert schon auf leichte Druckausübung sehr empfindlich mit Stillstand des Uhrwerkablaufes).
Der Kontakt ist aufgehoben, die Fliehkraftreglerplatte wieder freigegeben.
Endstellung des Hebelsystems: Rückwärtsfahrt.
Beeindruckend, wie die Techniker das rechnerisch und konstruktionmäßig vor mehr als 100 Jahren umsetzten. Wunderbare Mechanik. Grüße, Rie