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Beitrag zu den technischen Varianten der Fahrtrichtungsänderung früher BING-Elektromotore

#1 von riera , 15.03.2019 13:53

Beitrag zu den technischen Varianten der Fahrtrichtungsänderung früher BING-Elektromotore
Guten Tag!
Bei den frühen Bing-Lokomotiven wurde die Umschaltung bei den Uhrwerkmotoren zur Änderung der Fahrtrichtung der Lokomotiven mittels Einbau weiterer Zahnradkombinationen bewerkstelligt, siehe auch dazu: Bings Zahnradschutz beim Uhrwerk-Umschaltvorgang vorwärts-rückwärts. Bei den Elektromotoren ist es naheliegend, sich zur Fahrtrichtungsänderung des elektrischen Stromes zu bedienen. Um so erstaunlicher ist es, dass Bing, offensichtlich auf dem Weg zur elektrischen Fernumschaltung, die Zahnradumschaltung zur Fahrtrichtungsänderung auch bei einem Starkstrommotor anwandte.
Bings frühe elektrische Umschaltung und die technische Neuerung ab 1924

Ein jüngst vorgelegter Starkstrommotor, bei dem, wegen stattgehabter Umbauveränderungen, mittels rekonstruktiver Maßnahmen die Stromaufnahme in einen annähernd ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden soll, wird quasi als Nebenbefund das Vorhandensein einer mechanischen Zahnradeinrichtung zur Drehrichtungsumschaltung vorgefunden, sodass auf diese bisher nicht bekannte Vorrichtung eingegangen werden soll.
Der Grund des vorgesehenen Eingriffs liegt in der Aufgabenstellung: Eine veränderte, grob montierte Schleiferstromaufnahme ist technisch zurückzubauen, um der ursprünglichen Originalausführung nahezukommen. Bei der Ausführung der Stromabnahme von Starkstrommotoren wurden zu dieser Zeit Rollenstromabnehmer verwendet. Dabei handelt es sich um einen frühen Bing-Starkstrommotor der Spurweite I, wie diese Bauart in den Lokmodellen180/523 und 181/569 in dem Händler-Spielwarenkatalog des Jahres 1908 zu finden sind.
Der zu bearbeitende Motor wurde, unter Montage einer Bing-Kunststoffplatte, die von einem späteren Motormodell stammt, mit Schleifern umgerüstet.



Typisch für diese Zeit ist jedoch, dass die Strom Aufnahme mittels Rollenkontakt zum Mittelleiter erfolgte. Beispiele davon gibt es in genügender Zahl.







Nach Ausbau der Platte mit den Schleifern erfolgt die Anfertigung eines „Ebonit-Isolationsbalkens“, auf den die Rollen aus der Ersatzteilkiste montiert und verdrahtet werden.
Das sieht dann so aus:

















Bei den Bing-Starkstrommotoren ist zur Drehrichtungsumschaltung die elektrische Fernsteuerungseinrichtung mit elektromagnetischer Bedienung des mechanischen Polwenders bekannt, wie z.B. bei der Schnellbahnlokomotive 201/2561 von 1912. Prof. Dr. U. Becher und W. Reiche erläutern das in ihrem Buch „Bodenläufer, Spielbahn, Supermodell“, Alba-Verlag 1981 auf Seite160 in Form einer „Explosionszeichnung“. Repräsentative Bilder dazu:




















Das Besondere bei dem zu behandelnden Motor jedoch ist die vorgefundene Ausführung, zeitlich wahrscheinlich vor der Ausrüstung mit der elektromechanischen Fernumsteuerung einzuordnen, die Fahrtrichtungsumsteuerung mittels Umstellung eigens dazu zusätzlich montierterder Zahnräder. Auf einem Messinghebel sind 2 Zahnräder derart aufgebracht, dass die " Zahnradkaskade" jeweils nach Schwenkung des Hebels zur Folge hat, dass wechselnd das obere oder untere Zahnrad auf ein weiteres mit dem Achsenspeichenrad verbundenes Zahnrad eingreift und so die Drehrichtung umgekehrt wird, also Vorwärts- oder Rückwärtsfahrt erfolgt.
Dazu einige Bilder, die die Zahnradeingriffe wiedergeben:













Auch die Motorfunktion konnte wieder hergestellt werden. Gleichstrombetrieb bei 34 Volt und 0, 4 Ampere: Ruhiger, konstanter Lauf, wobei die mechanische Richtungsumstellung fixiert werden muss, da andernfalls eine Trennung der Zahnradeingriffe einen Leerlauf zur Folge hat. Perfekte Funktion auch bei Anwendung des „Hochspannungspultes“ mit zwei 16 cd Kohlenfadenbirnen.
Es wurde mal gefragt, ob eine Funktion mit „modernen“ Wolframwendelbirnen auch möglich sei, so kann das bejaht werden: Mit zwei 60 Watt Birnen und auch zwei 100 Watt Birnen flotter, zügiger, kraftvolle Lauf des Motors.
Gedanken zum Bing-Starkstrombetrieb mit Darlegung des spezifischen, chakteristischen Widerstandsverhaltens der Kohlenfaden Birnen wurden vor Jahren publiziert.
Bing und der " Starkstrombetrieb" mit Bildanhang Starkstromloks

15. 03. 2019
R. R.


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zuletzt bearbeitet 15.03.2019 | Top

RE: Beitrag zu den technischen Varianten der Fahrtrichtungsänderung früher BING-Elektromotore

#2 von Gelöschtes Mitglied , 15.03.2019 14:08

Hallo riera,

besten Dank für diesen Beitrag, die tollen Fotos und die damit verbundenen exklusiven Einblicke in diese historische Technik! Könntest du mal ein Video von der Lok im Fahrbetrieb sowie des Hochspannungspultes in Aktion drehen? Das würde sicher nicht nur mich extrem interessieren.

Viele Grüße aus dem hohen Norden!
Thomas



RE: Beitrag zu den technischen Varianten der Fahrtrichtungsänderung früher BING-Elektromotore

#3 von caepsele , 15.03.2019 20:49

Hallo Riera,
vielen Dank für den mal wieder tollen Bericht!

Was mir bei der Tunnellok aufgefallen ist: Sind die Kohlenführungen am Trommel-Kollektor Orginal? Du kennst meine Versuche an der kleinen Spur 0 Schwester mit dem 4V Motor. Hatte diesen von Kontaktzungen auf Kohlen umgebaut. Allerdings ist wohl der Strom doch recht hoch und die Federn werden sehr heiß und dadurch weich. Dachte schon an eine extra Zuleitung mittels hochflexibler Litze an die Kohlen. Dadurch wären die Federn stromlos. Größere Kohlen gibt es mit Litze, meist in elektrischen Handwerkzeumaschinen mit Allstrommotoren (Winkelschleifer, Hankreissägen usw.) Für die benötigten 4mm Rundkohlen habe solche Ausführungen noch nicht gesehen.

Eine griffige Idee ist mir aber bisher nicht dazu eingefallen.

Grüße
Harry


Udo hat sich bedankt!
 
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RE: Beitrag zu den technischen Varianten der Fahrtrichtungsänderung früher BING-Elektromotore

#4 von riera , 20.03.2019 17:09

Zitat von caepsele im Beitrag #3
Hallo Riera,
vielen Dank für den mal wieder tollen Bericht!

Was mir bei der Tunnellok aufgefallen ist: Sind die Kohlenführungen am Trommel-Kollektor Orginal? JA. Du kennst meine Versuche an der kleinen Spur 0 Schwester mit dem 4V Motor. Hatte diesen von Kontaktzungen auf Kohlen umgebaut. Allerdings ist wohl der Strom doch recht hoch und die Federn werden sehr heiß und dadurch weich. Dachte schon an eine extra Zuleitung mittels hochflexibler Litze an die Kohlen. Dadurch wären die Federn stromlos. Größere Kohlen gibt es mit Litze, meist in elektrischen Handwerkzeumaschinen mit Allstrommotoren (Winkelschleifer, Hankreissägen usw.) Für die benötigten 4mm Rundkohlen habe solche Ausführungen noch nicht gesehen.

Eine griffige Idee ist mir aber bisher nicht dazu eingefallen.

Grüße
Harry


Dann müssten ja die Spiralfedern noch isoliert werden, denn das wäre ja somnst eine Parallelschaltung.
Übergangwiderstände klein machen oder niedrig halten.
Die Kollektorkohle auf z. B. 3,9 mm runterdrehen, zum Spannen in Drehmaschine 2 mm Gewindw einbringen und mit 2mm Schraube einspannen.
An mitlaufenden Körnerszentrierspitze denken. Extrem vorsichtig arbeiten, denn die Kohle ist spröde und springt leicht. Hab mal vor Jahren fürs MfK in FfM ein Kohlewalzenmikrofon hergestellt und mußte Lehrgeld bezahlen.
Viel Erfolg,
R.R.


caepsele und Knolle haben sich bedankt!
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RE: Beitrag zu den technischen Varianten der Fahrtrichtungsänderung früher BING-Elektromotore

#5 von caepsele , 20.03.2019 20:33

Hallo Riera,

ich habe in der Lehrzeit Kohlen runtergedreht. Hohe Drehzahl, geringer Vorschub und scharfen Drehstahl.

Ich werde berichten...

Gruß
Harry


 
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RE: Beitrag zu den technischen Varianten der Fahrtrichtungsänderung früher BING-Elektromotore

#6 von Gelöschtes Mitglied , 20.03.2019 23:12

Harry, um den Durchmesser der Kohlen gings aber nicht vorrangig. Die hohen Ströme sind das Problem wenn man nur kurze Druckfedern einsetzen kann. Diese müssen weich sein, haben also einen dünnen Draht, und glühen schnell aus.
Ich habe mir folgendes zum Thema ausgedacht:
Kohlen an der Stirnseite mit dünnem Bohrer zentrisch anbohren. Dort hinein eine feine flexible Kupferlitze einpressen. Ich denke das kann man mit einer Nadel vorsichtig hinbekommen. Dann diese Litze so ablängen, dass sie die Länge der Feder im entspannten Zustand hat. Dann die Feder über die Litze fädeln, in einer Vorrichtig spannen und auf das freie Ende der Litze eine Scheibe Außendurchmesser 4 mm löten. Das darf alles nicht groß und dick sein, denn es darf im eingebauten Zustand die Bewegung der Kohle nicht behindern. Damit hat man eine elektrische Überbrückung der Feder, denn das Kupfer leitet wesentlich besser als die Stahlfeder.

Wenn das mit dem Einpressen in die Kohle zu schwierig ist muss man eben die Litze mit zwei Scheiben versehen und dazwischen die Feder setzen. Die Feder drückt dann innen an die Scheibe an der Kohlenseite. Auch damit hätte man eine sichere elektrische Überbrückung der Druckfeder. Bei der Variante könnte man die Feder auch unter Vorspannung zwischen die Scheiben einbauen, dann hat man nicht so viel Litzenlänge, die unterzubekommen ist.
Alles Theorie und wohl auch schwierig zu bauen, es ist ja nicht viel Platz.

Eigentlich müßte die Sache einfach durch ganz sauber geputzte Kohlenführungen hinzubekommen sein. Aber ich kenne die ausgeglühten Federn auch und habe oft schon verzweifelt da gestanden, besonders auf Spieltreffen, wenn dann kein Ersatz zur Hand ist.


Udo hat sich bedankt!

RE: Beitrag zu den technischen Varianten der Fahrtrichtungsänderung früher BING-Elektromotore

#7 von riera , 21.03.2019 15:29

Zitat von caepsele im Beitrag #5
Hallo Riera,

ich habe in der Lehrzeit Kohlen runtergedreht. Hohe Drehzahl, geringer Vorschub und scharfen Drehstahl.

Ich werde berichten...

Gruß
Harry


Hallo!

Hier müßte doch was zu finden sein, evtl. zum bearbeiten.

https://www.amazon.de/dp/B00Q1JXZ4M/ref=...=A1DFYOAV8W4YI5
https://www.amazon.de/Kohleb%C3%BCrsten-...F2GCVQ6RYPCGN60


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RE: Beitrag zu den technischen Varianten der Fahrtrichtungsänderung früher BING-Elektromotore

#8 von caepsele , 21.03.2019 21:31

Hallo zusammen,

bei meinem Umbau sind die Kohlenbürsten nicht horizontal, sondern vertikal angeordnet.
Ich hatte 4mm runde Kohlen verwendet. Die hatte ich da, das passende MS-Rohr mit innen 4mm ebenfalls.

Jetzt wären bei Trommelkollektoren rechteckige Kohlen eigentlich passender, oder? In der Bucht bietet aus Hongkong ein Gemischtwarenhändler 4x4 mit Litzenzuleitung und Feder an. Allerdings bräuchte ich dann passendes MS-Profil und eckige Löcher in der Pertinax-Bürstenhalterung.
4mm Rundkohle mit Litzenzuleitung habe ich bisher nicht gefunden.
@ Joha: Sind die Federn nicht aus Federbronze?
Gruß
Harry


 
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RE: Beitrag zu den technischen Varianten der Fahrtrichtungsänderung früher BING-Elektromotore

#9 von Gelöschtes Mitglied , 21.03.2019 22:19

Harry das weiß ich nicht. Ich habe darüber nie nachgedacht.



   

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