Hallo,
um mal kurz auf "Bings" zurückzukommen, weil das interessant sein könnte. Genau wurde diese Firma mit sächsischem Genitiv geschrieben, also "Bing's". Und an diese Bahn und auch an die Uhrwerk-Progress-Gleise bin ich so gekommen:
Ende der 80-er Jahre lernte ich auf einer Tauschbörse einen französichen Sammler kennen, der nicht nur Bierdeckel, sondern auch Eisenbahnen sammelte. Ich bin dann seiner Einladung gefolgt und habe ihn besucht, mitten in den Vogesen. Es gibt ja Gegenden, wo sich Fuchs und Hase "Gute Nacht" sagen. Aber hier gab es noch nicht mal Fuchs und Hase. Eigentlich unentwegt Millionen von Bäumen, und irgendwo in dieser Einsamkeit ein Dorf, deren Einwohner fast ausschließlich im Forstwirtschaftsbetrieb beschäftigt waren.
Dieser Eisenbahnsammler stammte ursprünglich aus Kanada, aus Quebec, und nach dem Krieg ist er mit seinen Eltern, weil sein Vater eine bedeutende Stellung in der Forstwirtschaft angeboten bekommen hat, nach Frankreich ausgewandert, mitten in diese grüne "Hölle". Mitgenommen hatten sie unter anderem die Eisenbahnanlage, die sie dort in größeren Räumlichkeiten wieder aufgebaut haben.
Die Eisenbahn wurde teilweise elektrisch und teilweise als Uhrwerkbahn betrieben. Für diese Uhrwerkbahn hatten sie bereits bei einem Spielwarenhändler in Quebec, dessen Name ihm jetzt nicht mehr einfällt (er war ja damals Kind und hat dem wohl keine Bedeutung beigemessen) etliches Gleismaterial für die Uhrwerkbahn gekauft, die dieser Händler in einer Werkstatt hinter seinem Laden aus Märklinteilen als Uhrwerk-Progressgleise produzierte. Die von Märklin gelieferten dreischwelligen Gleise wurden auf entsprechenden Prägestanzen mit weiteren von Märklin gelieferten losen Schwellen zu Progress-Gleisen umgebaut.
Nach dem Umzug nach Frankreich fiel diese Quelle aus, aber man brauchte wegen der nun größer auszubauenden Anlage noch mehr Gleise. So entwickelten Vater und Sohn bzw. Söhne entsprechendes Werkzeug und Einrichtungen (aus Buchenholz), um solche Gleise selber herzustellen. Diese Methode habe ich mir angeschaut und entsprechende Werkzeuge nachgebaut, so dass ich jetzt elektrische und Uhrwerk-Gleise als Progressgleise bauen kann. Iwann werde ich diese Werkzeuge und die Arbeitsmethoden hier im Forum vorstellen.
Jetzt aber zu "Bing's". Der Sammler verkaufte mir eine E-Lok und drei Waggons von BING, die seinerzeit bei diesem Händler in Quebec erworben worden waren. Sein Vater hätte ihm erzählt, dass diese Fahrzeuge in den 20-er Jahren aus zolltechnischen Gründen nicht komplett nach Nordamerika geliefert worden wären, sondern als Einzelteile, die dann am Bestimmungsort mit nordamerikanischen Teilen zu kompletten Loks und Waggons zusammengebaut wurden. So sparte man erheblich an den Zollabgaben. Zu diesem Zweck gab es die Firma "Bing's Miniature Railroad System" Ob das nun direkt eine Firma von BING war oder sie diesem Händler gehörte oder ob der Händler im Auftrag von BING diese Arbeiten erledigte, weiß er nicht.
Die Lok und die Waggons haben die typisch amerikanische Kupplung. Im Jahre 1962 gab es in den USA 60 verschiedene Hersteller von Modelleisenbahnen, und alle waren sich einig, ausschließlich diese Hakenkupplung zu verwenden. Es war seinerzeit nicht möglich, die Bing-Kupplung mit sonstigen amerikanischen Kupplungen zusammen zu kuppeln.
Hier sind zwei Bilder vom gesamten kanadischen Zug. Zusätzlich zu diesen Hakenkupplungen besitzt die E-Lok ein französisches Uhrwerk, das diese Lok etwa 48 Meter weit befördert, was eine außerordentliche Leistung ist. Der Zug steht auf der noch immer nicht gestrahlten Bogenkreuzungsweiche. Demnächst wird sie aber glänzen.
Hier die Bilder der Lok mit dem Uhrwerk.
Zu den Waggons. Diese haben auch die Hakenkupplung, aber andere Puffer wie die sonst üblichen Waggons von BING. Allerdings scheinen das Puffer zu sein, die BING vor 1920 an seinen Wagen anbrachte. Dabei sei bemerkt, dass Spielzeug-Waggons in Nordamerika selten Puffer hatten, es sei denn, es waren besonders teure Wagen. Diese beiden hier gezeigten Waggons dürften aber um 1930 hergestellt worden sein.
Diese Achsen mit den besonders gut ausgebildeten Quetschflügeln haben eine Länge von 2 1/8'' (BING-Achsen in der Regel 54-55 mm) und die Räder sind außen silbernfarbig.
Und hier als Vergleich ein normaler Personenwagen von BING:
Und zum Schluß der Waggon der "Canadian Pacific Rochelle".
Die letzten zwei Bilder zeigen die Firmenbezeichnung.
Schönen Gruß
Udo