die Bahn verändert sich und verliert immer mehr den Charme der früheren klassischen Eisenbahn. Im Zuge der Modernisierung, Rationalierung und Digitalisierung verschwinden immer mehr Güter- und Nebengleise, Stellwerke, Bahnhöfe, Bahnübergänge, Dienststellen und Arbeitsplätze der einstigen großen Eisenbahnerfamilie. Was bleibt ist eine kalte sterile und immer mehr unzuverlässige Beförderungsmöglichkeit und auch diese ist nur noch gegeben, wenn die Züge nicht wegen Fahrzeug- oder Personalmangel, technischer Probleme oder Baustellen ausfallen, wie es mir bei meinen letzten Bahnreisen passiert ist.
Zur früheren klassischen analogen Eisenbahn gehören neben besetzten Stellwerken, Schrankenposten und Blockstellen, ganz typisch vor allem auch Formsignale und Telegrafenmasten. Wer erinnert sich nicht noch gerne daran, an einem schönen Sommertag an einem Bahndamm im Gras zu liegen und auf einen Zug zu warten. Über sich die leise im Wind summende Telegrafenleitung und dann in der Ferne das Klappern eines Formsignals, das den nächsten Zug ankündigt. Ich habe über fast 50 Jahre unzählige Lokomotiven und Züge fotografiert, aber die erwähnten Details waren meist nur zufälliges Beiwerk, weil sie halt so selbstverständlich waren. Erst spät traten sie in den Vordergrund, doch da war es schon fast zu spät. Heute bin ich froh, früher wenigstens manchmal auch die zu den Zügen gehörenden Bahnanlagen ins Visier genommen zu haben, z.B. hier: Sonnenaufgang am Block Bashaide
Ein regelmäßiges beliebtes klassisches Motiv war seit etwa 20 Jahren das Einfahrsignal aus Richtung Alsfeld des Bahnhofes Ehringhausen in Hessen. Ehringhausen liegt genau auf der Hälfte meiner häufig befahrenen Strecke von Hildesheim in meine ehemalige Karlsruher Heimat und ein Autobahnparkplatz nahe der Bahn war deshalb häufiger Pausenort. Von dort endeckte ich eines Tages in der Nähe ein altes Bahnwärterhaus und bei dessen Erkundung auch, dass der nahegelegene kleine Bahnhof Ehringhausen noch mit Formsignalen und die Strecke mit Telegrafenleitungen ausgestattet war. Seitdem gehörte die Pause dort am Einfahrsignal zum festen Ritual jeder Fahrt in den Süden. Hier einige Eindrücke:
Mit diesem von der Autobahn aus zu sehenden Bahnwärterhaus fing alles an. Hier am 22.12.2006
14.01.2005: Ein klassisches Ensemble, das Einfahrsignal des Bahnhofes Ehringhausen
04.06.2005
Wenn ich mich von der alten Heimat mal wieder nicht zeitig losreisen konnte, wurde es bis zu Halbzeitpause auf der Autobahn oft spät, hier am 18.06.2005
13.01.2006
Vollmond am gleichen Abend, im Hintergrund die Lichter der A5. Leider war es wegen der nahen Autobahn mit ihren Geräuschen selten so ruhig und idyllisch, wie es auf den Bildern wirkt. Deshalb war ich auch oft sehr spät dort, wenn es auf der A5 ruhiger wurde und wenn man wegen der nächtlichen Betriebsruhe auch mal gefahrlos die Gleise betreten konnte
Der letzte Zug nach Alsfeld am Abend des 13.01.2006
11.01.2008
20.12.2008
09.01.2009
29.05.2009
15.03.2013, die Telegrafendrähte sind schon teilweise gekappt und moderne Triebwagen haben Einzug gehalten. Die wohlriechenden Holschwellen wurden durch kalten Beton ersetzt
19.03.2013
Vor einigen Tagen wäre ich normalerweise sogar extra die 2 Stunden bis Ehringhausen gefahren, weil dort mit 58 311 Dampfzugfahrten angekündigt waren. Ich wusste aber nicht, ob das Formsignal überhaupt noch steht, da die Strecke dieses Jahr auf EStw umgestellt wird. Letztlich verhinderte aber eine bevorstehende Augen-OP den Ausflug. Sollte ich nach der OP im Herbst wieder Autofahren können, wird wohl auch dieses klassische Signalensemble der Vergangenheit angehören und man wird bei zukünftigen Vorbeifahrten auf der A 5 nur noch wehmütig an frühere schöne Pausen zurückdenken können.