gestern kam aus dem günstigen Gebrauchtangebot meines Händlers in Großbritannien eine Lionel General Electric Diesellok GE U36B aus dem Jahr 1977 bei mir an. Grund genug, diese einmal kurz genauer zu betrachten.
Die U36B ist insofern signifikant, als sie 1974 die erste Neuentwicklung von Lionel nach der Übernahme durch General Mills war, also nach der "Post War Ära". Bis dahin hatte sich Lionel aus dem vorhandenen Formenfundus bedient. Die seinerzeit noch relativ moderne U36B sollte primär das junge Publikum ansprechen, bei dem durchaus der Wunsch nach zeitgenössischen Modellen vorhanden war. Die meisten bis dato produzierten Modelle stammten aus den späten 40er und den 50er Jahren, diese wirkten daher in den 70ern schon recht Antik. Lionel entwickelte hier aber nur ein neues Gehäuse, das auf das vorhandene Fahrgestell der GP-7/9 angepasst wurde. Daher war die Lok sichtbar zu kurz geraten. Nichtsdestotrotz war die Form recht gut getroffen, legt man Lionel-Maßstäbe an.
Meine Lok trägt die Loknummer 8771, das ist auch die Katalognummer, und ist in den Farben der Great Northern Railway lackiert.Typisch für die GE U-Serie (in ihrem Heimatland "U-Boats" genannt) ist die sehr kurze und niedrige Nase. Ab der U33 hatten die Loks einen prominenten Dachaufbau am rückwärtigen Ende für die dynamische Bremse. Auch den hat das Modell.
An der Nase befinden sich zwei Scheinwerfer, diese wurden ab 1978 aus der Form eliminiert. Auch zu sehen ist die etwas eigenwillige Befestigung des Frontgeländers mittels zweier riesiger Nieten am Fahrgestell aus Stanzblech.
Am Heck der Lok ist die erwähnte Dachhaube gut zu sehen, der über die Breite des Aufbaus hinausragt.
Hier eine Detailansicht des vorderen Drehgestells. Die Lok hat nur einen Motor der in der Kabine sitzt. Der Abstand zwischen der beweglichen Frontschürze ("Pilot") und dem Rahmen ist ziemlich groß.
In der Überschrift habe ich von einem Vergleich geschrieben. Der kommt jetzt. Ich hatte ja gesagt, daß die U36B auf der GP-9 aufgebaut ist. Von Lionel habe ich keine dieser Baureihe, aber ich habe eine von Williams. Und die ist als "Classic Reproduction" deklariert, was darauf hinweist, daß sie ein Replikat der entsprechenden Lionel Lok ist. Meine Williams GP-9 trägt die Loknummer 710 und ist ebenfalls für die Great Northern Railway unterwegs, allerdings in einer etwas älteren Farbvariante. Den Unterschied zwischen GP-7 und GP-9 definieren Lionel und auch Williams über den Dachaufbau für die Dynamische Bremse, den hat nur die GP-9. Ohne diesen Aufbau wird die Lok von den Modellbahnherstellern als GP-7 bezeichnet. Das ist natürlich Humbug, sowohl die GP-7, als auch die weitgehend baugleiche GP-9 gab es im Original mit und ohne dieser Bremse. Die Unterschiede liegen in der Motorisierung und in einigen Details an den Lüfteröffnungen.
Ganz unterschiedlich hat Williams den Rahmen mit den Geländern realisiert. Dieser ist aus einem Stück gefertigt, Rahmenblech und ausgestanzte Geländer U-förmig nach oben gebogen. Das sieht in meinen Augen etwas eleganter aus, als der nach unten gebogene Rahmen von Lionel, an den die Geländer angenietet sind.
Wegen der unterschiedlichen Ausführungen des Rahmens ist die Williams Lok etwas niedriger und wirkt gestreckter, als die zusätzlich verkürzte Lionel Lok.
Die Frontschürze ist bei Williams ebenfalls beweglich am Drehgestell angebracht, ist aber etwas höher ausgeführt. Zusammen mit dem niedrigeren, anders herum gebogenen Rahmen ergibt das einen wesentlich geringeren Spalt an der Front.
Die Williams GP-9 hat zwei Motoren, die Drehgestelle sind wie auch bei der Lionel Lok aus Metallguss.
Lionel spendierte der U36 ein paar Jahre später dreiachsige Drehgestelle und machte eine U36C daraus. Das sah dann nicht mehr wirklich gut aus. Auch Williams hatte eine U36C, die war aber keine Reproduktion eines Modells von einem anderen Hersteller, sondern eine weitgehend maßstäbliche lange Lok, die aber O-Gauge-like mit Blechrahmen und gestanzten Handläufen angeboten wurde (analog zu gezeigten GP-9).
Und damit ist die kleine Vorstellung schon vorbei! Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit, wieder was gelernt !
Zitat von martin67 im Beitrag #1Typisch für die GE U-Serie (in ihrem Heimatland "U-Boats" genannt) ist die sehr kurze und niedrige Nase. Ab der U33 hatten die Loks einen prominenten Dachaufbau am rückwärtigen Ende für die dynamische Bremse.
Hallo Martin ! Zwei kleine Korrekturen bez. des Vorbildes möchte ich anbringen:
1) Die Uboats konnten je nach Bahngesellschaftswunsch wahlweise mit hoher oder niedriger Nase bestellt werden wobei nur wenige Gesellschaften die Highnosevariante orderten.
2) Unter dem hinteren Dachaufbau verbirgt sich der Kühlwasserwärmetauscher samt Ventilator und die steigende Motorleistung war der Grund warum er bei U33, U36 und später dann auch den Super7 immer mehr in die Breite wuchs. Die Bremswiderstände befanden sich hingegen hinter Gittern an den seitlichen Kühllufteinlässen.
Grüße von Markus
Man muß im Leben für seine Erfahrungen bezahlen, wenn man Glück hat bekommt man manchmal Rabatt (Oskar Kokoschka)
mein Kommentar war eher auf die "Toy Train World" ausgerichtet, da war m.W. die hochnäsige GE kein Thema, auch die U25B mit langer, niedriger Nase gab es, glaube ich, nur von einem Modellbahnhersteller. Und bei den Hochnasen fällt mir auch nur die N&W (NS) ein, die noch solche Loks im Einsatz hatte (waren die nicht auch "Long Hood Forward" konfiguriert?). I.d.R. wurden dann doch eher die Loks mit niedrigem Vorbau geordert, das bot eine bessere Sicht auf die Strecke.
Aber Danke auch für den Hinweis mit dem Dachaufbau.
Meines Wissens nach war neben der NW nur die Southern noch so ein sturer "Highnosefreak"; aber beide fuhren wie Du anmerktest aus Gründen des Lokführerschutzes bei Unfällen auch long hood forward. Southern blieb bei Highhoods bis zum Zusammenschluß mit NW wogegen NW sich schon früher aus Kostengründen umorientierte. Amüsant ist nur, das einige Minenbetreiber ihre Loks trotz niedriger Nase long hood forward fuhren...
Grüße von Markus
Man muß im Leben für seine Erfahrungen bezahlen, wenn man Glück hat bekommt man manchmal Rabatt (Oskar Kokoschka)
Schau mal bitte das vierte Foto von <<< Lionel Dash 8 >>>. Lionel hatte den Lokführer trotz niedriger Nase in die Richtung "long hood forward" eingesetzt. VG, Sandor