Hallo,
An dieser Stelle will ich das Uhrwerk für meine CER vorstellen. Das wird vermutlich etwas langatmig und ist sicher nicht jedermanns Interesse, aber gehört zu dieser Lok und ich bin da auch etwas besessen, das ist nunmal meine Welt.
Das Uhrwerk ansich ist speziell, es ist das grösste B-gekuppelte Werk, dass ich kenne, hat konstruktiv viel Gemeinsam mit den C-Kupplern der Zeit und nutzt auch die gleiche Federnummer /20 bei Märklin.
Vier Loks habe ich gefunden, in denen diese Art Werk verbaut wurde: die V1020, TMN 1020, die CS 1020 und eben die CER 1020.
Wichtig, es wurde nicht durchweg in diese Loks gebaut, es gab da jeweils auch Versionen mit anderen Uhrwerken, dass macht das nicht einfacher, aber es war nunmal so.
Es gab zwei Versionen, einmal eine mit manueller Regulierung (hier vorgestellt) und eine Version mit dem "normalen" Fliehkraftregler, den man in dieser Bauart von Märklin her kennt, hier ein Bild von dieser Version:
Jetzt wird es kompliziert, es gab die CER 1020 in zwei Versionen, sagen wir eine frühe und eine späte. Die frühe mit dem grossen Werk vom Bild (hier z.B. eine Lok beim Auktionshaus Lankes) und die späte, mit einem komplett anderen Uhrwerk, bei dem ein 2-Gang Getriebe verwendet wurde über das die Geschwindigkeit verändert werden konnte (hier wieder eine Beispiellok bei Lankes).
Die Versionen unterscheiden sich auch optisch, die kann man relativ leicht auseinander halten. Ich weiss nicht, wann der Wechsel erfolgte, ohne Gewähr würde ich behaupten im laufe 1929 oder 1930, beide Varianten sind nicht unbedingt häufig zu finden, subjektiv bin ich der Meinung, dass es ein paar späte mehr gibt als frühe.
Beiden Versionen wird allgemein nachgesagt, dass man die Geschwindigkeit verstellen kann, bei Märklin heisst das "langsam- und schnellfahrend".
Und jetzt wird es wirklich wild, weil ich jetzt darlegen möchte, warum ich das nichtmehr denke. Wichtig: das betrifft NUR die frühe Version, die Getriebe-CER ist ab jetzt aussen vor!
Weil ich ewig auch der Meinung war - eine CER muss ein manuell regulierbares Uhrwerk haben - habe ich, erstens, ein passendes gesucht und weil das
aussichtslos zu sein schien, zweitens und eigentlich hauptsächlich, ein Werk aus einer V1020, welches ich habe, einbauen wollen.
Voll begeistert hat mich dass nicht, das Werk passt so nicht in die CER: weil:
Pfeil 2: der Einsteller der Bremse der Regulierung ist aussen an der Platine befestigt. Der Schacht in der CER für das Werk ist so schmal,
dass das Werk selbst kaum herein passt, alles was aussen ist, stört. Selbst ein etwas herausstehender Schraubenkopf stört schon spürbar,
mit dem Einsteller passt es nie und nimmer. Der Hebel für die Umschaltung passt nur, weil dort generell im Gehäuse ein Stück herausgeschnitten wurde
und dann aussen ein "Kasten" aufgesetzt ist, bei der elektrischen Version ist dort die Bürstenbrücke.
Pfeil 2: die Vorderen Auflagenasen stören, bei der CER ist vorne eine Art Hilfsrahmen oder Stehbleche eingelötet, da stossen die Nasen an, sie sind zu lang.
Pfeil 3: der Umschalthebel ist oben zu lang, selbst mit biegen schrappt der oben/seitlich am Kessel
Das sind alles für mich lösbare Probleme, aber eines ist klar, gerade bei Punkt 1, so kann keine echte Uhrwerk-CER ausgesehen haben.
Lange, Lange Zeit bin ich davon ausgegangen, dass Märklin noch eine andere Art der manuellen Regulierung, extra für die CER, entwickelt hat,
vielleicht eine nach dem Prinzip der TK (hier eine Werkvorstelllung).
Solche Kleinigkeiten, wie der Fakt, dass man beim Auktionsangebot der CER bei Lankes im Führerhaus nur zwei Knäufe erkennen kann, als tragische Zufälle abgetan.
Ich habe dort Anfang 2023 sogar ein erspähtes Werk auf Verdacht gekauft und das sofort in die Kiste mit der Aufschrift "Märklin, Gammelwerke Schrott" getan, weil OK, dass Werk ist wirklich eine Ruine, aber in erster Linie habe ich auf die Regulierung geschaut und das Ding dann nicht mehr für voll genommen...
Vor kurzem habe ich es wieder heraus geholt, nachdem ich hier die CS 1020 von Forenkollege Michael (AG Tinplate Spur 1) erspäht habe, mhh, das grosse Werk, selbstregulierend, bei der damals "grossen" CS, OK, im Katalog steht tatsächlich auch nichts gegenteiliges.
Aber mein Werk war anders, bei genauerer Betrachtung, entscheidend anders. Ich habe es nie beachtet und nie etwas daran gemacht. Es ist eine Ruine, fest, Feder mehrfach gebrochen. ein Krampf, die da heraus zu bekommen, um etwas besser mit dem Brocken umgehen zu können. Positiv: es war komplett und glücklicherweise war sogar noch die Stange für die Umschaltung vorhanden.
Bei genauerer Betrachtung, gab es ein paar interessante Entdeckungen:
Pfeil 1: die vorderen Haltenasen waren gekürzt, ich war es nicht
Pfeil 2: durch den "Standartregler" ist logischerweise aussen nichts mehr im Weg für die CER
Pfeil 3: der Umschalthebel ist gekürzt
Pfeil 4: die Umschaltstange passt erstaunlich gut zur CER
Nachdem ich die Platinen grob gerichtet hatte, passte es so problemlos in die CER, die Stange mit Knauf versehen, hat einen neuen Arbeitsplatz in Aussicht:
Fazit: ich bin der Meinung, ich habe das Rätsel gelöst. Glück gehabt, durch einen Zufallsfund und es dann sogar irgendwann mal gemerkt. Da bin ich wirklich ein bisschen Stolz drauf, auch wenn es mich ein wenig nervt, dass "meine heilige Uhrwerk-CER" jetzt nur zwei Hebel bekommt. Dafür bekommt sie aber eine Werksspezifikation, ...die wieder einen Haufen Arbeit mit sich bringt, bevor aus dem Trümmer ein Uhrwerk wird, naja, ich habe es ja so gewollt.
Viele Grüsse, Daniel