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TT-Historie: Die Anfänge beim TT-Pionier ROKAL

#1 von Klein_Elektro_Bahn , 29.01.2018 09:26

TT-Historie: Die Anfänge der TT-Modellbahn, Eugen Engelhardt trifft auf Robert Kahrmann

Der heimatvertriebene, arbeitslose Elektroingenieur Eugen Engelhardt aus Geneicken, einem kleinen Ort bei Mönchengladbach, hörte Anfang 1946 in einer Nachrichtenmeldung im Radio, dass in der britischen Besatzungszone die Herstellung von Spielzeug freigegeben wurde. Engelhardt hatte eine spontane Idee. „Ich baue eine Eisenbahn!“, rief er seiner Frau zu. Er setzte sich an den Küchentisch und erstellte seine erste Konstruktionszeichnung einer elektrisch angetriebenen Modelldampflok.

Seine Modelleisenbahn sollte an die beengten Wohnverhältnisse im Nachkriegsdeutschland angepasst sein. Darum musste sie kleiner als die bereits bekannten H0-Bahnen werden. Aber "Anpacken", wie Engelhardt es nannte, sollte man sie auch können. So wählte er eine 12 mm-Spur für seine Eisenbahn, die später als Spur TT ("Table Top" = Tischbahn) bekannt wurde.

Bereits im Frühjahr 1946 war nach seiner Konstruktionszeichnung ein funktionsfähiges Handmuster entstanden. Als Materialien für den Bau der Lok verwendete Engelhardt zurechtgefeilte Bleche einer Konservendose und den lackierten Wicklungsdraht einer elektrischen Türklingel für den Motor, die Zahnräder eines Weckers für das Getriebe und Stricknadeln für die Achsen der Räder. Die Räder ließ Engelhardt aus Messing in einer Schlosserei drehen. Handgeschnitzt entstand noch der Körper der Lok aus Holz, mit schwarzer Schuhcreme eingefärbt.



Die ROKAL-Urlok "Baby" von Eugen Engelhardt [Quelle]


Aus gebogenen Gardinenstangen entstanden die Gleise, die auf einem Brett befestigt wurden. Ein Klingeltrafo mit 8 Volt Wechselspannung diente der Stromversorgung. Damit konnte die Jungfernfahrt beginnen. Die kleine Lok fuhr auf Anhieb und ohne zu stottern. Der Anfang war gemacht.

Die Suche nach einem Unternehmen, das die kleine Bahn zur Serienreife bringen und produzieren konnte, führte Engelhardt nach Lobberich am Niederrhein zum Unternehmen von Robert Kahrmann, das Zinkspritzgussteile für Sanitärarmaturen fertigte und dafür auch die Formen baute.

Im Mai 1946 stand Engelhardt zum ersten Mal im Büro von Robert Kahrmann. Auf dessen Schreibtisch wurde das Gleisbrett platziert, die Lok darauf gestellt, der Stecker des Trafos in die Steckdose gesteckt - und wieder drehte Engelhardts Musterlok "Baby" emsig ihre Runden. Kahrmann sah der kleinen Lok interessiert zu und beschloss dann: „Herr Engelhardt, diese Bahn bauen wir zusammen, wenn Sie wollen!“ (gekürzter Text, Quelle: Wikipedia)



Das Treffen von Robert Kahrmann (li.) und Eugen Engelhardt (re.) [Karikatur von Hans Füsser]


Dies war der Beginn einer erfolgreichen, 22-jährigen industriellen Modelleisenbahnproduktion der ROKAL GmbH (ROKAL von Robert Kahrmann Lobberich) vom Produktionsstart 1948 bis zur Produktionseinstellung 1970 aus betriebswirtschaftlichen Gründen.

Damals war ROKAL-TT die kleinste Modellbahn am Markt. Heute sind ROKAL-TT Modelleisenbahnen begehrte Sammlerstücke.

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RE: TT-Historie: Die Anfänge beim TT-Pionier ROKAL

#2 von Klein_Elektro_Bahn , 29.01.2018 09:32

TT-Historie: 12 mm-Spur-Bahnen der Nachkriegszeit

Im frühen Nachkriegsdeutschland nach 1945 hatten die Menschen anfangs andere Probleme als sich mit Modelleisenbahnen beschäftigen zu können. Millionen Ostvertriebene waren mehr schlecht als recht in provisorischen Auffangslagern untergebracht und begaben sich gemeinsam mit den vielen Heimkehrern und der ausgebombten einheimischen Bevölkerung auf die Suche nach beheizbarem, winterfestem Wohnraum. Die westdeutsche Infrastruktur war kriegsbedingt stark beschädigt, Mietangebote auf dem Wohnungsmarkt rar. Lebensmittel und Brennstoffe waren rationiert und wurden nur auf Bezugsschein ausgegeben. Viele Bundesbürger hungerten. Mit der Reichsmark stand keine vertrauenswürdige, stabile Währung zur Verfügung. Die Märkte lagen am Boden, es fehlten die Warenangebote in den Handelsgeschäften und die nötigen finanziellen Mittel bei der Kundschaft. Es florierte allein der Tausch- und Schwarzmarkt, ein unkontrollierbarer Handel von Waren gegen Waren und Dienstleistungen.

Mit der Währungsreform und der Einführung der D-Mark änderte sich die Situation schlagartig. Jeder Bundesbürger erhielt am 20. Juli 1948 40 D-Mark als Startgeld, einen Monat später nochmals 20 D-Mark, jeweils im Tausch gegen Reichsmark. Sparguthaben wurden offiziell im Verhältnis 10 Reichsmark zu 1 DM umgetauscht. Am Tag nach der Währungsreform standen die Deutschen staunend vor gefüllten Schaufenstern, die Märkte boten plötzlich wieder allerlei Waren des täglichen Lebensbedarfes und Lebensmittel. Noch wichtiger: Das Leben fing an, wieder in geregelten Bahnen zu verlaufen.

In diesem wirtschaftlichen Umfeld begannen die altbekannten und einige neue Unternehmen wieder Modelleisenbahnen herzustellen. Die westdeutschen "Platzhirsche" der Branche reanimierten die Produktion ihrer Vorkriegs- und Kriegsware in der Nenngröße 0 (Null, Maßstab 1:45, Spurbreite 32 mm) sowie in der kleineren Nenngröße H0 (Halb-Null, Maßstab 1:87, Spurbreite 16,5 mm).

Einige Unternehmen entwickelten neue, noch kleinere Modelleisenbahnen mit einer Spurbreite von oder um 12 mm. Wegen der beengten Wohnverhältnisse und den neuen technischen Möglichkeiten zu Beginn der "Wirtschaftswunder-Ära" war die Zeit einfach reif für eine kleinere Bahn. Unabhängig voneinander entwickelten und vermarkteten einige kleinere Unternehmen ihre neuen Modellbahnprodukte unter den schwierigen Bedingungen der westdeutschen Nachkriegszeit ...

- Lytax-Comet-Bahn der Fa. Lytax / Freiburg, produziert von 1946 bis 1949, nur ca. 50 Zugpackungen wurden ausgeliefert.

- Löhmann-Präzix-Bahn der Fa. Löhmann, produziert 1947/48. (Link)

Hier wird die Deckel-Innenseite einer Löhmann-Präxiz-Bahn-Packung gezeigt, auf der eine "Gebrauchs-Anweisung für die Löhmann'sche elektrische Kleineisenbahn Spur TT 12 mm" eingeklebt ist.

- Das Lytax-Nachfolgeprodukt Europa-Bahn der Europa Technische Spielwaren GmbH / Stuttgart, produziert 1950/51.


Titel eines Europa-Prospektes von 1950 mit einem Hinweis auf die "Weltspur TT - 12 mm"

- Taifun-Bahn der Rheinisch-Westfälische Kunststoffwerke GmbH / Kettwig/Ruhr, produziert 1949, als OTO-Bahn 1948 angekündigt.


Triebwagen einer Taifun-Bahn, ausgestellt auf der Total ROKAL 2014 [Foto: Axel Goeke]

- Die kleinspurigere Mignon-Bahn (10 mm) der Fa. Staiger / St. Georgen, produziert von 1947 bis 1951.

- Die großspurigere WESA-Bahn (13 mm) der WESA AG / Oberaargau (Kanton Bern) aus der Schweiz, produziert von 1945 bis 1966.

Die meisten der genannten Kleinhersteller waren gegen Anfang der 1950er Jahren wieder vom Markt verschwunden. Als einziger Großserien-Hersteller verteilte ROKAL zum Weihnachtsfest 1948 die ersten Zugpackungen seiner "Klein-Elektrobahn" an Freunde und Geschäftskunden des Hauses. Tri-ang (GB) begann erst 1957 mit der Produktion einer TT-Modellbahn, im selben Jahr dann auch Zeuke & Wegwerth in Ost-Berlin.

Mehr zu den Anfängen der TT-Geschichte ist hier nachzulesen.

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RE: TT-Historie: Die Anfänge beim TT-Pionier ROKAL

#3 von Klein_Elektro_Bahn , 29.01.2018 09:44

TT-Historie: Die Einführung der Bezeichnung "TT" in die Modellbahnwelt

Die "Erfindung" des englischen Begriffs "Table Top" (Tischbahn) wird nachweislich dem US-amerikanischen Kleinserienhersteller Harold L. Joyce zugesprochen, der ab 1945 Bausätze (Kits) für vorbildgerechte Modellbahnen im Maßstab 1:120 herstellte und vertrieb. Joyce produzierte seine Modellbausätze unter der Marke Harold Precision Products Inc in Hartford, Indiana, handwerklich in Kleinserie (Link). Seine Produkte blieben in Europa weitgehend unbekannt.

Der TT-Modellbahn selbst kann dagegen kein "Erfinder" zugeordnet werden. Gegen Mitte bis Ende der 1940er Jahre war die Zeit einfach reif für eine kleinspurigere Modelleisenbahn. Mehrere Unternehmen arbeiteten zu dieser Zeit in Deutschland parallel und unabhängig voneinander an einer kleinspurigen Modellbahn mit 12 mm Spurweite und produzierten diese über einen mal kürzeren, mal längeren Zeitraum. Hier kann kein "Vater der TT-Bahn" eindeutig benannt werden.

Die im vorstehenden Beitrag erwähnten Kleinspur-Hersteller bewarben ihren Produkte fast ausnahmslos mit der Bezeichnung "12 mm-Spur-Modelleisenbahn". Der vereinfachende Begriff "TT" hatte sich in der Modellbahnwelt für die 12 mm-Spur noch nicht herumgesprochen oder gar durchgesetzt und wurde nur in Drucksachen der Löhmann-Präzix-Bahn und deren Nachfolger Europa-Bahn mehr am Rande verwendet. ROKAL nannte seine ersten Wechselstrom- und späteren Gleichstrom-Modellzüge anfangs "Klein-Elektrobahn Spurweite 12 mm" ...



Die erste Ausgabe (Nr. 1/1948) der neuen Modellbahn-Zeitschrift "Miniaturbahnen" informierte im September 1948 die Leserschaft über die zukünftige Ausrichtung der Beiträge und gab eine Übersicht über den aktuellen Stand der Modellbahnerei in diesen schweren Zeiten. Unter dem Titel "Modellbahnen im Ausland" schrieb der Autor Heinz Bingel über Amerika: "Der Amerikaner unterscheidet zwischen "Spielzeugbahnen" und "Modelleisenbahnen". (...) Es gibt in den Vereinigten Staaten 5 Modellspurweiten, die eine Rolle spielen: Die TT-Spur = 12 mm, H0 (halb Null) = 16,5 mm, 00 = 19 mm, S-Spur = 22,5 mm und 0 = 32 mm. Nach einer amerikanischen Statistik ziehen 55% der Eisenbahnliebhaber die H0-Spur (also unsere 00-Spur) vor. 40% arbeiten mit Spur 0 und nur 5% entfallen auf die anderen Spurweiten. (...) Niemand käme dort auf die Idee, diesen Modellbahnsport, der unter dem Sammelbegriff "hobby" (Liebhaberei oder Steckenpferd) fällt, als "Wissenschaft" aufzubauschen. Es bleibt das Ganze, was es an sich ist: Ein "Steckenpferd", eine große Leidenschaft, ein ernsthaftes, begeistertes Spiel mit den Wundern und Möglichkeiten der Technik, das im geregelten Fahrplanbetrieb großer Club-Anlagen seinen Höhepunkt findet."

Aufmerksame Leser des Textes waren damit schon im Herbst 1948 über die englischsprachige Maßstabsbezeichnung "TT" für die 12 mm-Spur informiert, nicht jedoch über die Ableitung dieses Kürzels von "Table Top". Ebenso interessant: Die TT-Bahn konnte in Amerika damals (als auch später) nicht mehr als marginale Marktanteile erreichen. Und der "Modellbahnsport" in Übersee wurde im Allgemeinen nicht "verwissenschaftlicht", sondern zumeist als locker betriebenes Steckenpferd angesehen.

Weiterhin ist im ersten Miniaturbahnen-Heft an anderer Stelle zu lesen: "Sehr aussichtsreich dürfte die ebenfalls von Herrn Ing. Thorey vorgeschlagene 12 mm-Spur sein, Maßstab 1:125, aussichtsreich deshalb, weil der Aufbau einer 12 mm-Bahn weit weniger Platz erfordert als derjenige einer 00-Bahn (Anmerk.: heute H0-Bahn!), ein für die heutigen beschränkten Wohnverhältnisse nicht zu unterschätzender Vorteil. (...) Während für den Durchschnittsbastler eine Selbstkonstruktion von Lokomotiven für 12 mm-Spur infolge der erhöhten Präzisionsansprüche wohl völlig ausgeschlossen erscheint, kann der Waggonbau auch noch in diesem Verkleinerungsmaßstab geführt werden."

Die Quintessenz aus diesen Ausführungen: Der Miniaturbahnen-Redakteur erkannte 1948 zwar das Potenzial der 12 mm-Bahn, sah aber wegen des "unmöglichen Selbstbaus" von Lokomotiven die Zeit noch nicht reif für die kleinspurige Bahn.


ROKAL erwähnte die "Internationale Bezeichnung TT" erstmals im Katalog Herbst 1949 zur Einführung der Gleichstrom-Lokomotive ...




In den folgenden Jahren machte ROKAL das "TT" zu einem festen Bestandteil seines Markennamens, der für die Modelleisenbahn dann "ROKAL-TT" lautete ...

_


_ Mitte der 1960er Jahre hatte sich die Bezeichnung "TT" für den Maßstab 1:120 etabliert.


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zuletzt bearbeitet 29.01.2018 | Top

RE: TT-Historie: Die Anfänge bei Zeuke-TT

#4 von Klein_Elektro_Bahn , 29.01.2018 09:58

TT-Historie: Der TT-Einstieg der Fa. Zeuke in Ost-Berlin

Der westdeutsche Ingenieur Hans Thorey ging schon vor dem 2. Weltkrieg mit dem Gedanken schwanger, eine Modelleisenbahn auf 12 mm Spur zu konstruieren und zu bauen. Diese Idee war aber in den 1930er Jahren noch nicht realisierbar. Der Modellbahn-Fachmann Thorey unterstützte die Fa. ROKAL in den Anfangsjahren der Lobbericher Modelleisenbahn als Berater. In der Ausgabe November 1955 der ostdeutschen Zeitschrift "Modelleisenbahner" verfasste er einen Artikel mit dem Titel "Eine Fahrt auf Spur TT". Thorey brachte darin den ostdeutschen Lesern die ROKAL-Bahn näher, attesttierte der TT-Modellbahn eine große Zukunft und bewertete die kleinspurige Bahn als Exportartikel und Devisenbringer ersten Ranges. [Quelle: hier als auch "Die TT-Bahn" von Autor A. M. Ränztzsch]

Mit staatlicher finanzieller Beteiligung entwickelte daraufhin die Fa. Zeuke & Wegwerth in Ost-Berlin 1956 ein neues, kleinspuriges TT-Programm, das auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1957 der überraschten Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Anfang 1958 startete die Serienproduktion und Auslieferung der ersten TT-Modelle und des dazugehörenden Gleisssystems. Andere DDR-Hersteller lieferten nur kurz darauf auch das passende Zubehör.

Im Tillig-Clubmagazin 1/97 ist der erste Teil eines "Interviews mit Herrn Zeuke in Berlin" abgedruckt. Befragt nach der Geburt der TT-Spur im Hause Zeuke & Wegwerth, antwortete der 1997 80-jährige Werner Zeuke: "... Die damals [Anm.: 1957] kleinste Spur war die TT. Rokal hatte schon einige Jahre produziert, jedoch war uns die Gußtechnik und die fehlende Maßstäblichkeit der Modelle fremd. Wir mußten auf der Technik aufbauen, die wir zu beherrschen glaubten und die Maßstäblichkeit der Modelle war von Anbeginn eiserner Grundsatz. In dieser Zeit habe ich mich sehr um den TT-Rundmotor gekümmert, der in allen Modellen eingesetzt werden mußte, um eine rentable Fertigung des Motors im Werk zu gewährleisten. ..."

Diese Sätze lassen sich so verstehen, dass sich Werner Zeuke am westdeutschen TT-Pionier ROKAL orientierte. Zeuke wollte die Chancen des "kleineren Maßstabes" nutzen, aber den aus seiner Sicht großen "Fehler" der ROKAL-Modelle - die Unmaßstäblichkeit - bei den Zeuke-TT-Modellen vermeiden.

Die Unmaßstäblichkeit der ROKAL-Modelle rührte, wie schon erwähnt, aus der anfänglichen Metalldruckgusskonzeption und dem Produktionsbeginn in der frühen Nachkriegszeit mit der vorherrschenden Mangelwirtschaft. Der zehn Jahre spätere Produktionsstart von Zeuke-TT hatte ganz andere technologische Startbedingungen. Werner Zeuke setzte von Beginn an auf eine feindetaillierte Kunststoffspritztechnik und eine vorbildgerechte Maßstäblichkeit von ziemlich genau 1:120. Die Zeuke-Modelle waren in dieser Hinsicht den zeitgleichen ROKAL-Modellen überlegen. Den fehlenden TT-Rundmotor konstruierte Zeuke selbst, wie schon 10 Jahre zuvor ROKAL die kleinen Motoren für seine Modelllokomotiven.

Der im Jahr 1917 geborene Werner Zeuke verstarb im Februar 2001 nach langer, schwerer Krankheit.

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RE: TT-Historie: Die kurze Kooperation ROKAL/Zeuke

#5 von Klein_Elektro_Bahn , 29.01.2018 10:05

TT-Historie: Die Zeuke-TT-Modelle im ROKAL-Programm

Im Frühjahr 1968 fuhren zwei leitende Angestellte der ROKAL-Modellbahnabteilung nach Ost-Berlin. Ziel war die Fa. Zeuke & Wegwerth. Einige TT-Modelle aus dem Zeuke-Programm wurden ausgesucht und gekauft. Der Handel war eine Win-Win-Situation: ROKAL erhielt die Modelle für die nächste Neuheiten-Ankündigung und Zeuke wichtige Devisen. Eine Kooperation oder eine Fortsetzung der Geschäftsverbindung wurden nicht vereinbart (Quelle).

Im letzten Neuheiten-Prospekt (zweiseitig DIN-A4, Vielfarbendruck) der Fa. ROKAL vom zweiten Halbjahr 1969 bot der Lobbericher TT-Hersteller die inzwischen mit ROKAL-Einheitskupplungen und -Radsätzen ausgestatteten Zeuke-Modelle unter eigener Marke an ...


Titelseite des Neuheitenblattes 1969 mit den zugekauften Zeuke-Modellen

Für diesen Umbau wurden die Wagenböden von Zeuke extra an die ROKAL-Wünsche angepasst. In der Kupplungs- und der Achsaufnahme unterscheiden sich die Exportmodelle von den Original-Modellen. Die Exportmodelle waren zudem als DB-Wagen beschriftet.

Bei der Modellauswahl handelte es sich um den vierachsigen Großraum-Kühl- und -Güterwagen, den Silo-, Klappdeckel- und Weinfasswagen sowie einen Personenwagen samt passendem Packwagen. Dazu kam noch das damalige Brückensortiment von Zeuke.

Die Zeuke-Modelle waren maßstäblicher und besser detailliert, dadurch passten sie eigentlich nicht so recht zu den massiger wirkenden ROKAL-Modellen. Eine weitere Zusammenarbeit zwischen ROKAL und Zeuke wurde dann vom Generaldirektor des Kombinats Spielwaren der DDR untersagt.

Für ROKAL sind die Produktionsmengen zumindest als Schätzungen eines ehemaligen involvierten Mitarbeiters in der ROKAL-TT Modell-Dokumentation der ROKAL GmbH aus dem Jahr 2002 verfügbar, bspw. ca. 50.000 Exemplare des ROKAL-Modells BR 89 in allen Varianten und über die gesamte Produktionszeit. Die ROKAL-TT Modell-Dokumentation gibt übrigens auch zu den zugekauften Zeuke-Modellen die Stückzahlen an, und zwar wie folgt ...

Modellbezeichnung / Artikelnummer / Stückzahl
Personenwagen / 501286 / 1.200 St.
Gepäckwagen / 501285 / 600 St.
Silowagen / 500270 / 1.600 St.
Klappdeckelwagen / 500271 / 1.600 St.
Weinfasswagen / 500272 / 1.600 St.
Großraum-Güterwagen / 500319 / 1.000 St.
Großraum-Kühlwagen / 500318 / 1.000 St.

Die von ROKAL vertriebenen Zeuke-Wagen mit ROKAL-Kupplungen und -Achsen werden übrigens in Sammlerkreisen deutlich teurer gehandelt als die originalen Zeuke-Modelle mit Zeuke-Kupplungen und -Rädern. Daher kommt es wiederholt vor, dass von diesen Wagen Umbauten mit nachgerüsteten ROKAL-Kupplungen und schlecht passenden ROKAL-Achsen angeboten werden. Man erkennt diese "Fälschungen" an den "klemmenden" Rädern und am "DR"-Druck.

ROKAL selbst wurde wegen teilweise "blockierter Vertriebswege im Einzelfachhandel" von 1959 bis 1965 in den Katalogen des Frankfurter Versandhändlers Neckermann geführt. Da es damals im Westen allgemein bekannt war, dass die im Versandhandel angebotene Ware zu einem großen Teil "made in GDR" war, und die Herkunft der ROKAL-Bahn in den Katalogen nicht explizit erläutert wurde, wurde ROKAL-TT von vielen Neckermann-Kunden und uninformierten H0-Bahnern als "Ost-Bahn" eingestuft, manches Mal sogar heute noch (siehe hier oder hier).

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zuletzt bearbeitet 30.01.2018 | Top

RE: TT-Historie: Die kurze Kooperation ROKAL/Zeuke

#6 von aus_Kurhessen , 29.01.2018 23:12

Hallo Ralf,

danke für die ausführliche Darstellung der TT-Geschichte.
Bei den Zeuke/ROKAL Personenwagen handelt es sich um Einheitspersonenwagen der DRG nicht um preußische Personenwagen (die gab es als Original-ROKAL-Modelle).
Hier mal ein Vergleich von Rädern und Kupplungsaufnahmen:


Links Zeuke/Rokal-Modell. Die Radlaufflächen der ROKAL-Radsätze sind etwas breiter.
Mitte links BTTB-Modell, etwa 90er Jahre. Kupplungsaufnahme ist die gleiche wie beim alten Zeuke/ROKAL-Modell.
Mitte rechts BTTB-Modell eines preußischen Personenwagens. Kupplungsaufnahme funktional gleich wie bei den anderen Wagen. ROKAL/Zeuke-Steckkupplung passt auch hier.
Rechts Zeuke Güterwagen. Kupplungen sind an ein schmales verbindendes Federblech gelötet.

Gruß
Jürgen


Schöne Grüße
Jürgen

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ROKAL - weißes Zeug auf Guss??? Zinkpest???
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