Servus,
jede Modellbahn hat ihre ganz besonderen Modelle. Meist sind es Lokomotiven, manchmal aber auch Wagen. Zusätzlich gibt es eine Vielzahl Loks und Wagen, die man für einen vernünftigen Zugbetrieb auf der Anlage oder zum Füllen der Vitrine braucht. Und dann gibt es die Mauerblümchen, Modelle von denen eigentlich keiner Notiz nimmt, die aber durchaus einen ganz besonderen Stellenwert haben können. Ein solches ROKAL-Mauerblümchen möchte ich hier vorstellen.
Am Anfang gab es von ROKAL nur eine Phantasie-Dampflok, einen D-Zug- und einen Packwagen. Dies änderte sich im Oktober 1951, als ROKAL fürs Weihnachtsgeschäft die ersten Güterwagen auf den Markt brachte. Grundlage für diese ersten offenen und geschlossenen Güterwagen der Bauart „Essen“ und „Kassel“ war ein Tafelwagen, also nicht mehr als eine Plattform mit Rädern und Kupplungen. Für dieses Chassis wurden in den kommenden Jahren diverse Aufbauten konstruiert, z.B. die Kühl-, Niederbord- und Kesselwagen.
Dieses einfache Wagenchassis wurde aber auch einzeln als Tafelwagen angeboten und war vorrangig dafür gedacht, dass der Modellbahner selbst Aufbauten konstruieren konnte. Keine schlechte Idee, da ja zu dieser Zeit der Wagenpark noch recht spärlich war.
Der erste Tafelwagen aus Metall-Druckguss erschien Ende 1951 mit der ROKAL-Nummer „G 201“ und kostete DM 3,30. Er hatte eine LüP von 74mm und war mit schwarzen Trolitulrädern (Kunststoffrädern aus Celluloseacetat) ausgestattet. Zusätzlich verfügte er wie alle ROKAL-Wagen über Entkupplungsstifte sowie vernickelte Puffer und Kupplungen.
Eine technische Weiterentwicklung ermöglichte den Einsatz von Metallrädern, die voneinander elektrisch isoliert waren. Diese wurden ab 1955 als Metall-Speichenräder und ab 1959 als Metall-Scheibenräder verbaut. Zudem wurde auf die Entkupplungsstifte verzichtet, da diese eine recht aufwändige Konstruktion darstellten. In der letzten Metallaufführung wurden Puffer und Kupplungen zudem schwarz lackiert.
Man mag sich jetzt fragen, warum ich dies so ausführlich schreibe. Der Grund ist ganz einfach. Da der Tafelwagen Grundlage für alle zweiachsigen ROKAL-Güterwagen war, kann man anhand seiner Bauformen auf den Produktionszeitraum aller anderen Wagen schließen, die auf diesem Modell basieren. Das folgende Bild zeigt die drei unterschiedlichen Räder der Metall-Ausführung: oben Trolitul-, darunter Metall-Speichen- und unten Metall-Scheibenräder.
Das Jahr 1962 brachte bei ROKAL eine kleine Revolution, da das Untergestell der zweiachsigen Güterwagen nun aus Kunststoff hergestellt wurde. Der Tafelwagen erhielt bei gleicher Länge ein leicht verändertes Aussehen und die neue ROKAL-Nummer „00201“. Das Bild zeigt den Wagen in der letzten Ausführung als (5)00201 mit erhöhten Kupplungsköpfen.
Der Vorteil der Kunststoffwagen lag auf der Hand. Sie waren billiger in der Herstellung und leichter, wodurch man mehr Wagen mit einer kleinen Lok wie der 89er ziehen konnte. Allerdings waren sie auch weniger robust als die Metallwagen, was sich heute darin zeigt, dass es kaum noch Modelle gibt, bei denen nicht mindestens eine der vier Trittstufen abgebrochen ist.
Zusätzlich zum kurzen Tafelwagen gab es langen Tafelwagen. Er bildete die Grundlage für die Güterwagen mit Bremserhaus und Bremserbühne, hat eine LüP von 81mm und wurde von 1953 bis 1961 unter der Nummer "G 226" angeboten. Er entspricht optisch weitgehend dem kurzen Tafelwagen, daher habe ich kein Foto eingefügt.
Eine erste Variante des Tafelwagens war der Drehschemelwagen, der von ROKAL bereits ab 1951 als Langholzwagen unter der Nummer "G 202" angeboten wurde. Ab 1953 war der Drehschemelwagen auch einzeln unter der ROKAL-Nummer „G 209“ erhältlich.
Im Jahr 1962 erfolgte die Umstellung auf Kunststoff und der Langholzwagen erhielt die ROKAL-Nummer "00202". Er blieb mit dem Drehschemelwagen "00209" als Einzelmodell bis 1969 im Sortiment.
Als zusätzliche Variante der Drehschemel-Doppeleinheit wurde von 1953 bis 1961 der Stammholzwagen mit der ROKAL-Nummer "G 204" produziert. Als Holz wurde vermutlich Hasel verwendet, die man heute noch im gut sortierten Garten findet.
Eine weitere 'offizielle' Variante des Tafelwagens sind die Autotransporter. ROKAL hat die Tafelwagen mit kleinen, sehr einfach gehaltenen Automodellen mit angedeuteten Rädern bestückt. Im ROKAL-Katalog von 1958 wird das Modell "G 257" erstmals mit einem roten KFZ vorgestellt, möglicherweise ein 39er Opel-Kapitän.
Ebenfalls in der Metallausführung "G 257" gab es den Tafelwagen mit einer amerikanischen Limousine. Es könnte sich hierbei um einen Studebaker President von 1955-1958 handeln. Über die Hersteller dieser beiden PKW-Modelle, die wohl auch als Groschenautos im Umlauf waren, ist mir nichts bekannt.
Etwas besser sieht es beim Porsche 356 aus. Dieses Modell stammt von KoHo bzw Manurba und wurde auch auf dem Tafelwagen verwendet, obwohl es keine offizielle Katalog-Darstellung gibt. Die Kunststoffvariante des Tafelwagens mit PKW wurde nur 1962 unter der Nummer "00257" hergestellt und ist somit deutlich seltener vertreten als die Metall-Version.
Etwas anders sieht es beim Tafelwagen mit zwei PKW-Modellen aus. Hier bildet das Chassis der Donnerbüchse die Grundlage. Es hat eine LüP von 93mm und bietet somit Platz für zwei kleine Autos. Angeboten wurde dieses Modell mit der ROKAL-Nummer "G 242" von 1955 bis 1961. Es gab den Wagen mit Metall-Speichen- und Metall-Scheibenrädern. Im Katalog ist der Wagen mit einem roten und grünen PKW Modell dargestellt, aber die ROKAL-Welt war ja bekanntlich bunt.
Hier noch einmal eine Übersicht der verschiedenen Varianten des offenen Güterwagens.
Sobald sich neue Erkenntnisse ergeben, wird diese Liste überarbeitet.
Nummer Baujahr Mat LüP Ladung Räder Kupplung Anmerkung
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G 201 1951-55 M 74 ohne Trolitul vernickelt
G 201 1955-59 M 74 ohne Speichen vernickelt
G 201 1959-60 M 74 ohne Scheiben vernickelt
G 201 1960-61 M 74 ohne Scheiben schwarz
00201 1962-64 K 74 ohne Scheiben geschraubt
00201 1964-67 K 74 ohne Scheiben eingehängt
500201 1968-69 K 74 ohne Scheiben KopfGewicht
G 226 1953-55 M 81 ohne Trolitul vernickelt
G 226 1955-59 M 81 ohne Speichen vernickelt
G 226 1959-60 M 81 ohne Scheiben vernickelt
G 226 1960-61 M 81 ohne Scheiben schwarz
G 202 1951-55 M 155 Langholz Trolitul vernickelt Langholzwagen
G 202 1955-59 M 155 Langholz Speichen vernickelt Langholzwagen
G 202 1959-60 M 155 Langholz Scheiben vernickelt Langholzwagen
G 202 1960-61 M 155 Langholz Scheiben schwarz Langholzwagen
00202 1962-64 K 155 Langholz Scheiben geschraubt Langholzwagen
00202 1964-67 K 155 Langholz Scheiben eingehängt Langholzwagen
500202 1968-69 K 155 Langholz Scheiben KopfGewicht Langholzwagen
G 204 1953-61 M, 155 Stammholz Trolitul vernickelt Stammholzwagen
G 204 1955-59 M, 155 Stammholz Speichen vernickelt Stammholzwagen
G 204 1959-60 M, 155 Stammholz Scheiben vernickelt Stammholzwagen
G 204 1960-61 M, 155 Stammholz Scheiben schwarz Stammholzwagen
G 209 1951-55 M 74 ohne Trolitul vernickelt Drehschemelwagen
G 209 1955-59 M 74 ohne Speichen vernickelt Drehschemelwagen
G 209 1959-60 M 74 ohne Scheiben vernickelt Drehschemelwagen
G 209 1960-61 M 74 ohne Scheiben schwarz Drehschemelwagen
00209 1962-64 K 74 ohne Scheiben geschraubt Drehschemelwagen
00209 1964-67 K 74 ohne Scheiben eingehängt Drehschemelwagen
500209 1968-69 K 74 ohne Scheiben KopfGewicht Drehschemelwagen
G 257 1958-60 M 74 1 x PKW Scheiben vernickelt
G 257 1961 M 74 1 x PKW Scheiben schwarz
00257 1962 K 74 1 x PKW Scheiben geschraubt
G 242 1953-59 M 93 2 x PKW Speichen vernickelt
G 242 1959-60 M 93 2 x PKW Scheiben vernickelt
G 242 1961 M 93 2 x PKW Scheiben schwarz
Spalte Nummer : ROKAL-Katalog-Nummer
Spalte Baujahr : Produktionszeitraum mit Übergangsbereich bei Ausstattungswechsel
Spalte Mat : M=Metallausführung, K=Kunststoffausführung, M/K=Metall-Oberteil/Kunststoff-Unterteil, K/M=Kunststoff-Oberteil/Metall-Unterteil
Spalte LüP : Länge über Puffer in Millimeter
Spalte Räder : Trolitul=Trolitul-Kunststoffräder, Speichen=Metall-Speichenräder, Scheiben=Metall-Scheibenräder
Spalte Kupplung: vernickelt =Kupplungen geschraubt mit Niederhaltefeder, Kupplung und Puffer vernickelt
schwarz =Kupplungen geschraubt mit Federplättchen, Kupplung und Puffer schwarz lackiert
geschraubt =Kupplungen geschraubt mit Federplättchen, Puffer Teil des Chassis
eingehängt =Kupplungen in Plastikhalter am Boden eingehängt, Puffer Teil des Chassis
KopfGewicht=Kupplungskopf mit Aufsatz und Zusatzgewicht, Puffer Teil des Chassis
Gabi: Text angepasst und Übersicht erweitert