01.12.+ 02.12.2024 Tag der Modellbahn im Binnenschifffahrtsmuseum in Duisburg - Ruhrort

Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#1 von Udo , 23.08.2016 18:57

Hallo,

zum Frankfurter Blechbahnstammtisch im Juni 2016 brachte Robert, schön im Rucksack verpackt, aus Italien ein Bauteil der Hochbahn von Carette mit. Als ich das Stück sah, sagte ich spontan "Das ist ja ein Gleis von Kraus-Fandor". "Nein, das ist ein Carette-Gleis". Seltsam, das Gleis sah identisch aus wie eines von Kraus.



Der Durchbruch kam von Wolfgang (wolko), der beim Durchsuchen seiner Alt-Gleise-Kisten nach BUB-Gleisen in Spur 1 auf zwei verrostete und stark verbogene elektrische Gleise in Spur 0 von Carette stieß. Die bekam ich von ihm, und ich machte mich dran, diese wieder zum Strahlen zu bringen.



Zuerst wurden die Schwellen gerichtet und die Schienen grob gerade gebogen. Danach habe ich etwas Öl in die Schienen eingeträufelt und mit einem Stahlstab die Schienen gerichtet. Die Schiene selber wurde mit einer umgebauten Zange festgehalten. Dann habe ich den Draht vorsichtig so in die Schiene geschlagen, dass sich der Schienenkopf richtete. Manchmal musste ich von oben mit dem Hammer korrigierend eingreifen und auch mit den Fingern entsprechend nachbiegen. Das klappte ganz gut.





So, nun hatte ich also zwei wieder schöne Stücke von Carette und damit die Möglichkeit, diese Gleise mit denen von Kraus zu vergleichen.











Hier das eingeschlagene Gebrauchsmuster für die Stromschiene



Die Befestigung der Schiene an der Schwelle ist hier gewölbt.





Das gerade Gleis hat eine Länge von 27,7 cm, das entspricht in etwa 11 inch und damit der damals üblichen Gleislänge in England. Die Schienenhöhe beträgt 11 mm und die Schwellen sind schräg.

Im nächsten Bild sehen wir zwei verschiedene Blechfederbügel, unten die alte mit dem Zapfen an der Rundung und oben ohne diesen Zapfen mit einem durchgehend länglichen Bogen.



Die Schienenverbindungsstücke sind gedreht und aufwändig hergestellt.



Nun habe ich alles mit ganz frühen Kraus-Fandor-Gleisen verglichen und festgestellt: Absolut identisch bis auf das in den Carette-Schwellen eingeschlagene "DRGM" (Deutsches Reich Gebrauchsmuster).

Alles identisch, die Länge 27,7 cm, die Schienen, die Schwellen, die Stifte, die Blechfederklammern. Es gibt aber ein Unterscheidungsmerkmal: Kraus-Fandor hat, von den ganz frühen Anfängen mal abgesehen, die Gleise nur mit einer Blechfederklammer ausgestattet, während es bei den Carettegleisen immer an beiden Enden eine solche Verbindungsklammer gibt. Nur eine Klammer hatte den Vorteil, nicht nur kostengünstiger zu sein, sondern die Schienen ließen sich leichter zusammenstecken und vor allem leichter trennen.

Wie ist das möglich ? Man kann erst einmal nur vermuten. Fest steht, dass Carette diese Gleisverbindung mit der Blechfederklammer schon in seinem Nachtragskatalog von 1905 gezeigt hat. Josef Kraus hat seine Firma aber erst 1910 gegründet und im gleichen Jahr diese Gleisverbindung zum Patent angemeldet. Hat Kraus auf diese Blechfederklammer schon vorher einen Gebrauchsmusterschutz gehabt, den Carette in Lizenz verwendete ? Das könnte so sein im Hinblick darauf, dass Kraus für seine Eisenbahnen auf von Carette gefertigten Gleisen laufen ließ. Und wir werden nachfolgend sehen, dass diese Schienen mit diesen alten 11-inch-Maßen bis in die Mitte der 20-er Jahre anscheinend irgendwie und irgendwo von Carette weiter gefertigt wurden, obwohl die Firma Carette & Co. bereits 1917 vom Deutschen Reich liquidiert wurde.

Interessant ist, wie die Gleise von Kraus später verändert wurden. In den Katalogen sieht man vor 1930 Gleise, jetzt aber in einer Länge von 26 cm, mit Buckel-Schwellen und einer Verbindung mit der alten Blechfederklammer mit dem Zapfen, wie im Bild oben gezeigt. Weiter scheint in dieser Zeit versuchsweise diese Blechfederklammer durch eine aus Federstahldraht gefertigtem Drahtfederklammer ersetzt worden zu sein. Dazu wurden die Schienenenden jeweils mit einem kleinen Loch und einem schmaleren Rechteckschlitz versehen. Solche Drahtfederklammern zeige ich im Bereich der Brücke.

In den Kraus-Katalogabbildungen bis 1931 sieht man nun die Gleise mit Buckelschwellen und der neueren Blechfederklammer mit durchgehenden länglichem Bogen. Ab 1932 wird in den Katalogen keine Gleisverbindung gezeigt, und ab 1935 gibt es die Drahtklammer, deren Ende einmal innerhalb der Schwelle als auch außerhalb der Schwelle liegt. Beide Ausführungen taugen nichts.





Ich versuche nun mal, die verschiedenen Arten von Gleisen von Carette und Kraus-Fandor, die ich habe, aufzulisten. Da gibt es sicherlich Ungenauigkeiten, die ich zu berichtigen bitte. Und es kann bei der Menge auch langweilig werden, aber so sind diese verschiedenen Produkte erst einmal aufgelistet, und man kann dann später immer wieder einmal nachsehen und vergleichen. Zuerst einmal alles von Spur 0. Bei einigen Gleisen von Kraus sind fehlende Schienenverbindungsstifte durch solche von Märklin ersetzt worden.

Die Gleise von Carette und Kraus



Carette, Spur 0, Uhrwerk, Schwellen schräg, Schwellenklammer flach, Schienenstuhl glatt, ältere Blechfederklammer mit Zapfen, Schienenhöhe 11 mm, Länge 27,7 cm = 11 inch, Schienenverbindungsstift gedreht









Gebrauchsmuster







Befstigung der Schiene an der Schwelle, hier flach





Kraus-Fandor, Spur 0, Uhrwerk, Schwellen schräg, Schwellenklammer flach, Schienenstuhl glatt, ältere Blechfederklammer mit Zapfen, hier mit der frühen Ausführung mit zwei Blechbügelfedern, Schienenhöhe 11 mm, Länge des Gleises 27,7 cm, Schienenverbindungsstift gedreht







Das gleiche Gleis von Kraus, aber hier nur mit einer Blechfederklammer.





Zwischendurch ein Blick in Spur 1 wegen der Drahtfederklammern. Diese Klammern aus Federstahl halten die Gleise wirksam fest. Es war also eine gute Erfindung.



















Kraus mit neuen Buckel-Schwellen. Ab jetzt sind die Gleise 26 cm lang. Auf dem nachfolgenden Bild sieht man unten ein Gleis ohne Schienenklammern (wohl für den Billigsektor hergestellt) und oben für die Drahtfederklammer; diese aber fehlt hier.



Hier die Löcher für die fehlende Drahtbügelklammer





senkrechte Stabilisierungsrippen, eingestanzt "Germany" und 3-Finger-Schienenklammer







Die neue Buckel-Schwelle





Kraus-Fandor, Spur 0, elektrisch, Buckelschwellen, 3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl senkrecht gerippt, neuere Blechfederklammer durchgehend gebogen, Schienenhöhe 9 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung









3-Finger-Befestigung der Schiene, senkrechte Stabilisierungsrippen





Kraus-Fandor, Spur 0, elektrisch, Buckelschwellen,3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl senkrecht gerippt, neue Drahtklammer, Schienenhöhe 9 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung, Prägestempel "JKCo"







Der Drahtbügel außen. Egal, ob der Drahtbügel innen montiert worden ist oder außen, beides ist Schrott und funktioniert sehr schlecht.



Kraus-Fandor, Spur 0, Uhrwerk, Buckelschwellen,3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl senkrecht gerippt, neue Drahtklammer ähnlich wie früher bei Märklin, Schienenhöhe 9 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung, Prägestempel "JKCo", Stempel auf der Buckelschwelle mehr rechtsseitig, Drahtbügel innen











Kraus-Fandor, Spur 0, Uhrwerk, Buckelschwellen,3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl senkrecht gerippt, neue Drahtklammer, Schienenhöhe 9 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung, Prägestempel "JKCo", Stempel auf der Buckelschwelle mittig, mit Nachrüstung E-Strang (etwas verschoben)







Jetzt kommen die runden Schienen:

Carette und Kraus



Carette, Spur 0, Uhrwerk, 6-er-Kreis, Schwellen schräg, Schwellenklammer flach, Schienenstuhl glatt, zwei ältere Blechfederklammern mit Zapfen, Schienenhöhe 11 mm, Schienenverbindungsstift gedreht











Gebrauchsmuster-Einprägung



Kraus-Fandor, Spur 0, Uhrwerk, 8-er-Kreis, Buckelschwellen,3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl senkrecht gerippt, neue Blechfederklammer mit länglicher Biegung, Schienenhöhe 9 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung



Kraus-Fandor, Spur 0, elektrisch, 8-er-Kreis, Buckelschwellen,3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl senkrecht gerippt, Blechfederklammer, Schienenhöhe 9 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung




















Kraus-Fandor, Spur 0, elektrisch, Buckelschwellen,3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl senkrecht gerippt, Außenschiene ohne Rippen, ohne Klammereinrichtung, Schienenhöhe 9 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung, Prägestempel "JKCo"











Kraus-Fandor, Hybrid: Außenschiene länger






Kraus-Fandor, Spur 0, 12-er Kreis, elektrisch, Buckelschwellen,3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl senkrecht gerippt, neue Drahtklammer, Schienenhöhe 9 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung, Prägestempel "JKCo"









Hier die Weiche für Spur 0 aus den 30-er Jahren. Entweder in den USA bei DORFAN hergestellt oder aus Teilen von DORFAN gebaut.







Jetzt kommt die Spur 1

Carette und Kraus



Carette, Blechfederklammern fehlen, gedrehte Schienenverbindungsstifte, schräge Schwellen, Schienenhöhe 11 mm, Schienenstuhl glatt. Die Löcher an den äußeren Schwellen wurden später reingebohrt.





die gebogenen Schienenklammern





Kraus-Fandor, Spur 1, elektrisch, 3 Drahtstifte auf einer Seite, Exportausführung nach iwo, wo es noch solche Schienenverbindungen gab, Buckelschwellen, 3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl glatt, neue Drahtklammer, Schienenhöhe 9-10 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung, Drahtfederklammer fehlt.







eingeprägt "Germany"







Kraus-Fandor, Spur 1, Uhrwerk, Buckelschwellen,3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl senkrecht gerippt, neue länglich gebogene Blechfederklammer, Schienenhöhe 9 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung









Eine absolute Rarität. Ganz zum Schluss der Fertigung der Spur 1 hat Kraus wegen der Trittfestigkeit Gleise mit vier Schwellen gebaut.













Jetzt kommt die Spur 1 mit runden Gleisen

Carette und Kraus



Carette Uhrwerk, 8-er Kreis, aber etwas kürzer wie normal, die Löcher wurden später gebohrt, schräge Schwellen, gedrehte Schienenstifte, Blechfederklammern fehlen, Schienenklammern rund, Schienenstuhl glatt, Schienenhöhe 11 mm.













Kraus-Fandor, Spur 1, 8-er Kreis, elektrisch, 3 Drahtstifte auf einer Seite, Buckelschwellen, 3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl senkrecht gerippt, Schienenhöhe 9 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung, Drahtfederklammer fehlt.














Kraus-Fandor, Spur 1, Uhrwerk, 12-er Kreis, Buckelschwellen,3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl senkrecht gerippt, neue länglich gebogene Blechfederklammer, Schienenhöhe 9 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung











Kraus-Fandor, Spur 1, Uhrwerk, 12-er Kreis, aber hier eine halbe Schiene, Buckelschwellen,3-Finger-Schwellenklammer, Schienenstuhl senkrecht gerippt, neue länglich gebogene Blechfederklammer, Schienenhöhe 9 mm, Schienenverbindungsstift wie Nagelausführung





Und hier noch eine Weiche für Spur 1, die auch alle Anzeichen aufweist, dass sie nach amerikanischen Vorgaben von DORFAN gebaut wurde oder aus Teilen von DORFAN errichtet wurde.







Ich vermute, dass Carette nach der Auflösung seiner Firma mit alten Werkzeugen weitergemacht hat und zumindest die Gleise mit den 11 mm hohen Schienen und glattem Schienenstuhl für Kraus produziert hat. Schließlich war die Auflösung seiner Firma durch das Deutsche Reich rechtswidrig; vllt hat er ja in England bei Bassett-Lowke weitergemacht.

So, das war's. Vllt kann der eine oder andere User diesen Beitrag noch ergänzen.

Schönen Gruß
Udo


Fritz Erckens findet das Top
 
Udo
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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#2 von Gelöschtes Mitglied , 23.08.2016 23:59

Lieber Udo,
einfach grandios! Ich bin begeistert! Getreu dem alten Motto: so kann man auch mit kleinen (verrosteten) Sachen, anderen Leuten eine Freude machen! Ich freu' mich sehr, dass meine alten Lagerbestände doch noch nützlich sind und Dir zwar einerseits Arbeit, aber andererseits auch Freude bereitet haben. Manchmal hat das Aufbewahren auch seine guten Seiten, nicht immer - aber immer öfter! Wenn das meine Frau liest...
Besonders freut mich, dass Du die Profile mit dem Stahldraht gerade bekommen hast. Eigentlich so, wie Du mir das schon vorausgesagt hast.
Wenn ich jetzt nur wüsste, wo die Spur 1-Schienen von Carette geblieben sind.
Viele Grüße
Wolfgang



RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#3 von Udo , 24.08.2016 01:00

Wolfgang - einfach weiter suchen. Die mache ich dann auch noch gerade.

Schönen Gruß
Udo


 
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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#4 von Blech , 24.08.2016 09:24

Udo,
zu Georges Carette habe ich Unterlagen aus dem persönlichen Bereich,
erhalten von der Enkelin, Frau Gertrude Gregoire.
Sie besuchte auf Einladung unseren Spielzeugmarkt GTM in Mühlheim im Jahr 1990.

Lassen wir mal die Verbindungen Bing/Hopf/Lederer weg. Die Frühzeit ist ja weitgehend bekannt.
Aus den Papieren ergibt sich ein scheinbar reger Warenaustausch zwischen Carette, Bing, Bub, Issmayer und Schoenner.
Dann kam der WK I und die Familie Carette verließ am 3. August 1914 Deutschland.
Beide Söhne dienten dann in der franz. Armee als Leutnant.
Georges arbeitete für die Firma Fabre (Spielzeug) in Gaillac als Zulieferant (Puppenköpfe?), später auch Sohn Theophile.
Seine Werkstatt war an der Rue du Pontauchon in Paris.
Das Nürnberger Unternehmen ging zwischenzeitlich am 1. Oktober 1917 an Bing.
Nicht aber alle Warenbestände oder Halbfabrikate, Werkzeuge.
Georges kam zwischen 1919 und 1921 mehrfach nach Deutschland.
Das zeigen die Stempel in seinem Pass.
Er war mehrfach(!) in Köln (warum, privat?), während sich Reisen nach Nürnberg und Leipzig erklären.
Er blieb aber immer in Frankreich wohnhaft und hatte keine Werkstatt in Deutschland.
Sohn Jean arbeitete nach dem Krieg bis etwa 1923 in Luxemburg für AEG.
Zu dieser Zeit machte Sohn Theophile in England eine Ausbildung als Kaufmann.
Später arbeiteten beide in Paris anteilig bei einer Firma für "Bleiklette" Fabricat. d'oxydes de plomb.
Das Geschäft lief gut und wurde am 22.10.1926 umbenannt in SARL Gamichon-Carette et Cie.
Jean blieb Geschäftsführer und wurde zudem Bürgermeister.
Im Jahr 1955 erlitt er einen tödlichen Unfall.
Theophile führte dann ab 1956 den Betrieb weiter.

Okay, damit haben wir die für uns interessante Zeit beleuchtet.
Mir liegen viele Seiten vor, auch mit vielen Details vor 1917.
Diese Unterlagen habe ich vor Jahren schon der Stadt Nürnberg zur Verfügung gestellt.
Aber auch dort hat man gute Unterlagen durch Peter Fuchs in Zirndorf,
auch mit der von Frau Kröger geschriebenen Firmengeschichte,
während meine Daten dann auch die Zeit nach der Flucht ansprechen.

Schöne Grüße aus Hessen
Botho


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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#5 von Udo , 24.08.2016 09:40

Hallo, Botho,

danke für diese Informationen.

Es gab ja bei den Nürnberger Spielzeugherstellern schon immer Zusammenarbeiten. Nach den Informationen von dir wäre nun denkbar, dass Carette bis 1917 Kraus-Fandor mit Gleisen belieferte und danach nach Übernahme der Firma Carette durch BING die Gleise von BING einfach weiter an Kraus geliefert wurden.

Noch zu klären wäre auch noch, wieso Carette mindestens seit 1905 die Blechfederklammer zum Verbinden der Gleise verwendete, Josef Kraus aber erst 1910 darauf ein Patent anmeldete. Das kann man nur, wenn vorher schon ein Schutz wie hier DRGM (Gebrauchsmuster) bestand, und zwar vom Patentanmelder. Leider weiß man von Josef Kraus aus der Zeit vor 1910 (noch) nichts. Vllt ändert sich das mal. Ich habe mit diesem Beitrag nun einen Anstoß gegeben.

Schönen Gruß
Udo


 
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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#6 von Blech , 24.08.2016 09:46

Okay, Udo,
ich schaue mal nach in meinen Papieren.
Aber solche Details wurden ja meist in den Firmengeschichten
als unerhebliche Randthemen behandelt. Schwierig!
Aber wie gesagt, es gibt in Nürnberg noch Firmengeschichten
bei Peter Fuchs(!) und von der ehemaligen Mitarbeiterin, Frau Kröger. Vielleicht...Zufälle gibts ja immer wieder.
Aber was wollte der Herr Carette in Köln? Kölsch bestimmt nicht.
Interessant -denn dort war er ja mehrmals.
Das ist dein Jagdgebiet!
Botho


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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#7 von kablech , 24.08.2016 10:18

Hallo,
hier eine Doppelseite aus dem "Model Railway Handbook" von Bassett-Lowke, 8. Ausgabe (leider ist nicht angegeben, aus welchem Jahr diese Ausgabe stammt, ich schätze von 1930). Bassett-Lowke hat nach dem Firmenende von Carette Werkzeuge von dort erworben. Ob das auch Werkzeuge für die Herstellung von Blechschienen waren, weiß ich nicht. Bisher habe ich nur von Werkzeugen zur Herstellung von Rollmaterial gelesen.

Die Befestigungsfedern, der "Schwalbenschwanz" am Mittelleiter, die Befestigungsart des Mittelleiters an der Schwelle sehen doch sehr nach Carette aus.



Viele Grüße aus dem Südschwarzwald
Karl


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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#8 von kablech , 24.08.2016 10:31

Auch im Katalog von 1934 tauchen diese Gleise auf:



Viele Grüße aus dem Südschwarzwald
Karl


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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#9 von Udo , 24.08.2016 10:31

Hallo, Karl,

sehr interessantes Material aus der Zeit um 1930. Man kann das nun schlecht lesen, aber ich habe den Eindruck, hier geht es um Gleisaufbau, und dabei bedient man sich Abbildungen mit Gleisen und Weichen von Carette: Die Stromschiene mit den Fischmaulenden und die Blechbügelklammern an beiden Seiten der Gleise.

Wäre es auch denkbar, dass Bassett-Lowke, wie ich schon vorher erwähnt hatte, nach Carette die Werkzeuge für die Gleise erworben hat und danach auch für Kraus-Fandor produziert hat ?

Also, ich gehe in Bezug auf die Gleislänge von 27,7 cm = 11 inch davon aus, dass nach 1917 Kraus diese Gleise nicht produziert hat. Erst später änderte Kraus die Gleislänge auf 26 cm, um kompatibel mit den anderen Herstellern zu sein.

Wer könnte es gewesen sein: BING oder Bassett-Lowke ? Oder noch ein Dritter ?

Schönen Gruß
Udo


 
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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#10 von Blech , 24.08.2016 10:35

Udo,
ich hatte diesen Verdacht schon einmal:
Gab es vielleicht richtige "Gleisbaufirmen",
die für alle denkbaren Bahnhersteller als Zulieferer dienten?
Wer zog die Blechschienen -war da mehr?
Ich hatte diese Diskussion schon mal mit Dieter Beckh begonnen,
aber dann aus den Augen verloren.
Botho


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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#11 von Eugen & Karl , 24.08.2016 11:40

Hallo,

einen ersten Überblick zur Abfolge der erteilten Gebrauchsmuster kann man sich im "Lexikon der deutschen Blechspielzeug-Industrie" von Jürgen & Marianne Cieslik (Jülich 2014) verschaffen.

Der senkrechte Blechstreifen als Mittelleiter wurde beispielsweise 1901 in die Rolle eingetragen.


Viele Grüße


 
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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#12 von Udo , 24.08.2016 14:12

Hallo, Bodo,

vielen Dank für den Hinweis auf das Lexikon. Das habe ich mir gerade bei der Autorin bestellt. Mal sehen, was man da so alles findet.

Schönen Gruß
Udo


 
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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#13 von Udo , 24.08.2016 15:03

Hallo, Botho,

führe die Diskussion mit Dieter Beckh fort, denn er ist einer, der das fast hautnah miterlebt hat. Wer machte die Schienen, wer die Räder, wer die Kupplungen ? Dafür brauchte man Spezialmaschinen, und so ein Eisenbahnhersteller konnte Kosten sparen, wenn er die Arbeit außer Haus vergab. Und auch von dem Spezialwissen der einzelnen Hersteller für Zubehör profitieren.

Leute wie den Wilhelm Wendler, der fast 3,5 Kilometer Draht durch seine Maschine jagte, um den Draht in Schienenprofile umzuwandeln, gab es nicht allzuoft. Und auch nach 1946, als in den Zeitschriften immer wieder kleine und kleinste Anbieter in winzigen Anzeigen meterweise Profilschienen anboten, haben diese sie wohl selten selber gezogen, sondern kannten einen Hersteller, vllt in Nürnberg oder Umgebung, der sie damit belieferte.

Schönen Gruß
Udo


 
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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#14 von Blech , 24.08.2016 17:38

Liebe Freunde,
meinen Bericht (#4) zur Carette-Lebensgeschichte
will ich doch noch um einige Daten ergänzen:

Die Flucht (er war 52 Jahre alt) ging zuerst in die Schweiz und er hoffte,
dass der Krieg in letzter Minuten noch vermieden werden könnte.
Bei Kriegsausbruch ging er nach Frankreich.
Tochter Kunigunde blieb mit Ehemann und drei Kindern in Nürnberg.

Anfangs der Zwanziger zog Georges Carette mit seiner Ehefrau Pauline, geborene Lederer (Nürnberger Brauerei),
von Paris nach Suey en Brie, später dann, 1933 (34?) nach Chantilly (Oise).
Dort starb Pauline am 23. Dezember 1940.
Im Jahr 1948 besuchte ihn Bassett-Lowke(!),
gemeinsam fuhren sie zur Fabrik der Söhne in Rieuy.

Nach dem WK II war Carette nochmals in Nürnberg und er erhielt eine Abfindung für seinen Grundbesitz.
George Carette starb 93jährig am 8. Januar 1954 in Chantilliy.

So, nun denke ich, dass weiter keine wesentlichen Daten mehr fehlen.
Notfalls liefere ich nach.

Schöne Grüße aus Hessen
Botho


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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#15 von Gelöschtes Mitglied , 24.08.2016 18:14

Udo, Du machst einem echt Sorgen. Nun muss ich in den Keller und Gleise sortieren.... Hatte nie gedacht, dass sich mal jemand so ernsthaft diesem Thema annimmt.



RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#16 von kablech , 24.08.2016 19:01

Hallo,
Bothos Informationen über Georges Carette kann ich noch aus dem Buch von Roland Fuller "The Bassett-Lowke Story" ergänzen, ich zitiere:
The other main German supplier, G. Carette, had a rather unhappy ending. The proprietor was of French origin and in the early months of the war gave as much assistance as possible to his countrymen in difficulty with the authorities. This eventually put him in such a precarious and perhaps dangerous situation that he returned to France via Switzerland leaving the business in the capable hands of his partner, Paul Josephtal. However, conditions were so difficult that when in 1917 Josephtal was called up for the service, the business was closed down. Immediately after the war Josephtal and Whynne (Anm. Bassett-Lowke) made contact and it was arranged that the press tools used for making Bassett-Lowke goods should go to Northampton, the purchase being partly funded by the transfer of some Bassett-Lowke shares to G. Carette. In this way, some of the items hitherto made in Nuremberg could now be made at Northampton.

Gruß
Karl


Viele Grüße aus dem Südschwarzwald


 
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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#17 von Udo , 24.08.2016 20:03

Hallo, Karl,

hochinteressant. Vllt stammen die Gleise für Kraus-Fandor nach 1918 aus Northampton. Das wäre ja was !

Übrigens habe ich den von dir abgebildeten Katalogblättern von Bassett-Lowke entnommen, dass die Stromschiene á la Carette jetzt in Messing ausgeführt wurde. Die Sache mit der Stromschiene und der Verschränkung der beiden Enden muss die Engländer voll überzeugt haben. Wie lange wurden diese Schienen so gebaut ?

# Joha: Ja, gehe in den Keller und fange an, zu sortieren. Suche vor allem nach den vierschwelligen Gleisen in Spur 1. Die sind wirklich rar. Mehr noch als BUB in Spur 1.
Und schreibe hier, was du so alles gefunden hast.

Schönen Gruß
Udo


 
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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#18 von Gelöschtes Mitglied , 24.08.2016 21:29

Udo,
Bub hat in Spur 1 ähnliche Gleise gebaut, auch mit vier Schwellen. Dann habe ich noch verschiedene mit Holzschwellen.



RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#19 von Sammelwahn , 24.08.2016 22:44

Udo,
zum Vervollständigen der Carette Gleise hier noch ein Exot, ein Spur 1 Gleis 1089 R/48 von 1911 mit dem Halteblech für die Oberleitung ( leider ohne den Masten)





Gruß
Arne


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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#20 von Udo , 24.08.2016 23:11

Hallo, Arne,

danke für diesen Beitrag. Dieses Teil kannte ich nicht, obwohl ich weiß, dass Carette sehr früh schon Oberleitungsbetrieb angeboten hat.

Schönen Gruß
Udo


 
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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#21 von Gelöschtes Mitglied , 24.08.2016 23:38

Hallo Arne,
das ist nicht nur exotisch sondern zugleich Super-Klasse, das ist eine wirkliche Rarität. Habe ich auch so noch nie gesehen! Danke für die Fotos!
Das ist ja richtig spannend, was noch alles auftaucht!
Viele Grüße
Wolfgang


Eils Wolfgang Kaeppel hat sich bedankt!

RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#22 von Blech , 25.08.2016 08:00

Karl,
ich habe bewusst nur das Leben von Georges Carette nach seiner Flucht
bis zu seinem Tod beleuchtet.
Es ging ja um Udos Frage, ob Carette später nochmals möglicherweise Gleise gefertigt haben könnte.
Den Familiendaten nach kann man das ausschließen.
Aber!
Als Bing die Firma Carette übernahm, hat man sie ja umfirmiert, damit ja wohl auch die Fertigungsstruktur.
Die Firmenübernahme war nicht gleichbedeutend mit der Werkzeugübernahme oder der Warenbestände.
Also bleibt die Frage, wohin gingen die Gleiswerkzeuge?
Darüber geben meine Unterlagen keine Auskunft.
Es ist nicht anzunehmen, dass diese 1917 dann gleich nach England gingen -England war 1917 Kriegsgegner!
Aber dann, nach 1918?
Freundliche Grüße aus Hessen
Botho

-und dann hat Udo genug zu tun:
Was machte der Georges gleich mehrfach in seinem Köln?
Wegen Kölsch oder Karneval kam er ja wohl nicht aus Frankreich...
bgw


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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#23 von Udo , 25.08.2016 09:44

Hallo, Botho,

Carette war vorher in Frankfurt und hat den Äppelwoi probiert. Danach fuhr er nach Köln, probierte Kölsch und wusste, hierhin komme ich öfters. Vor allem in der fünften Jahreszeit, in der man Karneval feiert.

Herausfinden, was Carette in Köln gemacht hat, dürfte sehr schwierig sein. Das war ja in den 20-er Jahren. Ich vermute mal, dass er dort Handelsgeschäfte gemacht hat. Aber mit wem, ist die große Frage. So ein Besuch in Köln wurde doch von der Behörde nicht registriert. Trotzdem, ich kann mal nachfragen bei der Industrie-und Handelskammer als auch bei der Handwerkskammer. Soweit ich weiß, sind die Unterlagen aus den 20-er Jahren noch vorhanden.

Schönen Gruß
Udo


 
Udo
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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#24 von Lorbass , 25.08.2016 10:08

Botho,

vielleicht war er ja mit dem Herrn Windmüller befreundet,einen Großhändler aus Köln.

Schöne Grüße
Frank



 
Lorbass
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RE: Carette und Kraus-Fandor - die Gleise sind identisch !

#25 von Udo , 25.08.2016 10:50

Hallo, Frank,

gibt es weitere Hinweise auf Herrn Windmüller in Köln, also Branche, Adresse usw ?

Schönen Gruß
Udo


 
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