Möchte mal über den Tellerrand schauen und hier ein seltenes BING-Produkt vorstellen, das nicht unbedingt die Voraussetzungen zum Thema "Alte Modellbahnen" erfüllt, aber wegen der produktiven Vielseitigkeit der Firma in Sinne eines Seitenblickes erwähnt werden sollte. Ein früher 4,5 Volt Handscheinwerfer von Bing. Ein olivgrünes rundliches Gebilde mit der Prägung PERLUX als Schaufensterauslage bei einem Trödler weckte Interesse. Nach Befolgen des geprägten Hinweises über einem Verschlusshaken „Hier Öffnen“, im Scharnier beweglich geführt, ist es offensichtlich, dass es sich bei dem Stück um eine frühe Taschenlampe der Fa. Gebrüder Bing Nürnberg handelt. Die rückwärtig beweglich montierten Bügel, die für eine sichere Handführung und auch ein Einstecken in z.B. einen Gürtel ermöglichen, sowie die olivgrüne Lackierung und das Bing-Logo in der Raute legen den Schluss nahe, dass es sich um einen kleinen Handscheinwerfer aus der Zeit des ersten Weltkrieges handelt Nach Säuberung und Anfrischen der Kontakte ist es erstaunlich, dass die Birne, die auf einem beweglichen Bügel montiert ist, noch intakt ist. Die Blechbodenplatte, auf der der Bügel mit der Birnenfassung und der Birne umklappbar montiert ist, kann in 2 Positionen gebracht werden, eingesteckt in eine Führung am gerundeten Deckel, sodass das Birnchen im Brennpunkt des vernickelten Parabolspiegels steht und so paralleles Licht ausgesandt wird. Wenn der Laternendeckel geschlossen wird, kippt der bewegliche Bügel, der die Birne trägt um, wobei durch diesen Bewegungsablauf ein elektrischer Kontakt getrennt wird und das Licht so ausgeschaltet wird. Denkbar ist, dass sich dahinter der aufgedruckte Hinweis D.R.G.M. verbirgt. Die zweite Stellung der Lämpchen tragenden Bodenplatte in den Rahmen „Lampe hier einschieben“ ermöglicht ein z.B. blendfreies Schrift- oder Kartenlesen. Ich denke alles Gesagte kann durch die folgende Bildserie nachvollzogen werden.
Danke für den Blick übern Tellerrand! Bing hat wirklich ein riesiges und breitgefächertes Programm gehabt!
Mich würden die elektrophysikalischen Experimentierkästen interessieren. Da gab es sowas wie Leuchtstoffröhren (hab mal nach diesen Geißlerischen Röhren bei Wiki geschaut: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Geissler_tubes.jpg) in allen möglichen Formen. Ob die nach so langer Zeit noch funktionieren? Es gab ja sogar eine Röntgenröhre für den reiferen Jungen...
Hallo Caepsele! Hab mal in den Fundus geschaut und kann von Bing einige Bilder zum Thema Hochspannung liefern: Leider funktionieren die Induktionsapparate nicht, müssen noch überholt werden. Deshalb konnte die Geissler Röhre auch nicht auf Funktion geprüft werden. Gehe aber davon aus, dass das Edelgas bereits die Röhre verlassen hat.
Riera - ich glaubs nicht was ich da sehe! Unglaublicher Fundus! Jetzt fehlt nur noch der Funktelegraph, Bing-Badeofen und Kühlschrank...
Wikipedia: Die Geißlerröhre besteht aus zwei Elektroden (meist aus Aluminium), einer Kathode und einer Anode. Diese sind üblicherweise gleich geformt. Die beiden Elektrodendurchführungen in das Innere der Röhre bestehen bei alten Röhren aus dünnem Platindraht, da dieser einen sehr ähnlichen Wärmeausdehnungskoeffizient wie Glas hat. Die Elektroden sind in einer mit Gasen (z. B. Neon, Luft, Argon, Wasserstoff), Dämpfen (Wasser, Alkohol) oder Aerosolen gefüllten, teilevakuierten Glasröhre eingeschmolzen, die unterschiedlichste Formen haben kann. So gibt es auch schraubenförmige Röhren mit fluoreszierendem Flüssigkeitsmantel oder solche aus Uranglas. Unterschiedliche Gase führen zu unterschiedlichen Farben und Spektrallinien der zum Leuchten angeregten Füllungen.
Die Betriebsspannung der Röhren liegt bei ca. 0,5 bis 20 kV, sie hängt vom Innendruck, vom Elektrodenabstand und von der Gasfüllung ab. Abhängig von Betriebsspannung und Innendruck kann beim Betrieb Röntgenstrahlung entstehen. Serien solcher Röhren mit unterschiedlichem Innendruck dienen in der Physikausbildung zur Demonstration der Vorgänge bei einer Gasentladung. So verringert sich mit zunehmendem Druck der Querschnitt des Entladungskanales, bis dieser bei Normaldruck zur Funkenentladung wird.
Geißlerröhren werden meist mit einem Funkeninduktor gespeist.
Guten Abend! Freue mich, dass gefällt. Dank für die Fortbildung. Mit dem Badeofen klein kann ich auf die Schnelle dienen, obwohl nicht so sehr zur Modelleisenbahn passend. Würde in eine Rubrik "Bing-Varia" passen.
Die kleine Morsestation, nicht Funkentelegraphie, muss ich erst finden. Kommt dann mal demnächst. Liebe Grüße und Freude mit der Lieblichkeit des alten Spielzeugs, R.R.
Hallo lorbas! Das tut dem virtuellen Bing-Bilderbuch und Caepsele Harry gut. Neben dem Lehrmodell gab es auch das Modell des "richtig" elektrisch funktionierenden Telegraphen als Spielobjekt. Bing hatte sich offensichtlich auch verpflichtet gefühlt, das technisch-physikalische Verständnis und auch die Lust auf Bedienung dieses bedeutenden nachrichtentechnischen Kommunikationsmittels der RTV parallel zum sich etablierenden Fernsprechwesen in dieser Zeit bei den Jünglingen anregend zu wecken. Im Zugmeldedienst waren die Morseschreiber bei der DB und DR bis in die 1960er Jahre im Einsatz. Bing-Katalog 1912
Ein bayerischer Farbschreiber im Original der Fa. H. Wetzer, Pfronten im Allgäu, aus der Zeit, hier:
Einfach hoch interessant dieser Beitrag über BING - Produkte ! Besonders die Superfotos ! Da ist man als Tinplate-Spielzeugsammler schon etwas länger mit der Firma BING beschäftigt und sieht hier im Forum BING-Produkte, die einem nie zuvor im Original vor die Augen gekommen sind....... Das zeigt einem die Vielfalt an Produkten dieser Nürnberger Firma. Mein Dank für diese Informationen !
F.E. grüsst herzlich und wünscht allen einen sonnigen TAG DER DEUTSCHEN WIEDERVEREINIGUNG !
Hallo lorbas! Das tut dem virtuellen Bing-Bilderbuch und Caepsele Harry gut. Neben dem Lehrmodell gab es auch das Modell des "richtigen" Telegrafen. Bing hatte sich offensichtlich auch verpflichtet gefühlt, das technisch-physikalische Verständnis und auch die Lust auf Bedienung dieses bedeutenden nachrichtentechnischen Kommunikationsmittels der RTV parallel zum sich etablierenden Fernsprechwesen in dieser Zeit bei den Jünglingen anregend zu wecken. Im Zugmeldedienst waren die Morseschreiber bei der DB und DR bis in die 1960er Jahre im Einsatz.
Bing-Katalog 1912
Ein Farbschreiber im Original der Fa. H. Wetzer, Pfronten im Allgäu, aus der Zeit, hier:
Ich schweife für Fritz nochmal ab: Auch die Fa. Wiesenthal, Aachen hatte sich beim EisenbahnTelegraphenbau mit diesem Präzisionmodell um 1900 eingebracht.
Hab noch was ausgegraben, von dem ich nicht weiß, ob es der Elektrolyse dient oder ob es ein Batterieelement darstellt, wobei der "Wasserstoffapparat" ehr in Richtung Elektrolyse weist. Es wäre erstaunlich, denn in diesem Falle hätte das Modell die obligatorische Knallgasexplosion überlebt. Lampenhöhe 17 cm. Alles ungemarkt.
Ich kann "nur" einen Haushaltsgegenstand zeigen. Irgendwo in den Tiefen dieses Forums habe ich schon einmal Fotos für ein Bilderrätsel hochgeladen, das ich aber momentan und auf die Schnelle nicht wiederfinden konnte.
Zitat von riera im Beitrag #10Ich schweife für Fritz nochmal ab: Auch die Fa. Wiesenthal, Aachen hatte sich beim EisenbahnTelegraphenbau mit diesem Präzisionmodell um 1900 eingebracht.
Nachtrag zum Thema Eisenbahntelegraphie, hier nicht Bing, sondern Siemens & Halske. Denke, interessiert vielleicht einige. Hab die Arbeit auf dem Rechner und stelle deshalb ein.
Aus Freude an der Restauration historisch-technischer Kulturgüter und einem erstellten Restaurationsbericht keimte der Gedanke, diesen Beitrag im Sinne eines kleinen Rückblickes zur historischen Nachrichtenübermittlung bei der Eisenbahn zu erstellen. Auf den Zugmeldedienst wird hier nicht eingegangen, da dies ein eigenes Thema ist.
Gelegentlich tauchen hin und wieder auch heute noch historische Betriebselemente, den Bahnsektor betreffend, auf Sammlerbörsen und Sammlermärkten, auch in Technikauktionshäusern auf, die, ob ihrer Eleganz und Aura bei Sammlern und Museen begehrt sind, legen sie doch Zeugnis ab über die Praxis der Kommunikation mehr als hundert Jahre zurückliegend. Es ist die Zeit ohne Handy und vor dem Durchbruch der Telefonie. Der Erwerb und die anschließende Überprüfung mit folgender Restauration eines eisenbahnhistorischen Objektes nach museal-restauratorischen Kriterien ist immer Anlass, sich mit der Thematik genauer zu beschäftigen, so aktuell bei einer Telegrafenstation, die bildlich am Ende des Beitrages vorgestellt werden soll, denn diese weist auf einen sehr seltenen Schreiber, der aus den 70er/80er Jahren des 19ten Jahrhunderts stammt, wobei daran zu erinnern ist, dass die wesentlichen Verdienste um die Telegraphie neben Anderen Werner von Siemens zuzuschreiben sind.
Dieses Riesenthema kann aber nur gestreift werden, es soll im Kern auf die erworbene Einrichtung zur telegrafischen Nachrichtenübermittlung eingegangen werden. Vorspann: Zunächst ist anzumerken, dass die Eisenbahntelegrafie, so, wie die Telegrafie bei der Reichstelegrafenverwaltung des Deutschen Kaiserreiches, zur Übermittlung von Telegrafendepeschen genutzt wurde. Die Eisenbahn hatte ein eigenes technisches telegrafisches Nachrichtensystem. Jedem bekannt sind aus historischen Bildern die neben dem Gleis laufenden Telegrafenleitungen, montiert an Porzellanisolatoren auf Stahlträgern an den Telegrafenmasten, die vereinzelt heute noch zur Nachrichtenübermittlung benutzt werden, aber mehr und mehr verschwinden, bzw. bereits verschwunden sind. In der Regel reichen 2 Telegrafenstationen zur Kommunikation aus. Eine Station, Bilder einer bereits vorhandenen Station, besteht im Wesentlichen aus der Morsetaste,
dem Galvanosskop
dem Blitzableiter, hier ein bahnidentisches Modell der Reichstelegrafenverwaltung, Messing massiv,
dem Verstärkerrelais
für die elektromechanische Schreibeinrichtung,
mit Uhrwerksfeder- und Zahnradpräzionssystem zum motorischen Antrieb,
mit der eingehende Nachrichten auf einem Papierstreifen und auch gesendete Nachrichten dokumentiert werden. Jeder bedruckte Streifenabschnitt wurde in Dokumentationsheften zu Nachweiszwecken eingeklebt.
Versuch das Prinzip der Technik mit eigenen Worten einfach zu beschrieben: Bei der Eisenbahn wurde das sogenannte Ruhestromprinzip angewendet, das heißt, durch das gesamte Leitungs-System fließt ständig ein Strom, angezeigt durch den Ausschlag des in das Betriebssystem eingeschalteten Galvanoskops. So kann der Bahnbedienstete sofort eine Störung in den Leitungen erkennen, wenn das Galvanoskop auf null steht, also keinen Ausschlag zeigt. Der Strom wird von der Linienbatterie geliefert. Jede Station hatte diese elektrischen Batterielemente, in der Regel die Meidingerelemente. Eine zweite Batterianordnung, die Batterie für den Ortsbatteriestromfluß, sorgt für den elektromechanischen Betrieb des Morseschreibapparates.
Das Ganze ist so zu verstehen, dass beim Absetzten einer Nachricht mit der jeweiligen Betätigung der Morsetaste entsprechend dem Morsealphabet, Punkt, Strich, (kurz lang) der Stromkreis der untereinander verbundenen Stationen jeweils unterbrochen wird. Eine Unterbrechung durch Drücken der Morsetaste hat zur Folge, dass das jeweils in den Stromkreis eingeschaltete Relais, dessen Anker durch den in Ruhe fließenden Strom angezogen ist, durch die Stromunterbrechung in der Linie abfällt und dadurch den Ortsstrombatteriekreis im Takt der Morsetastenbedienung (kurz lang) schließt.
In diesen Ortsbatteriekreis ist eingeschaltet der Morseschreiber, der nun im Takt der gesendeten Unterbrechungen durch das durch dessen Spulen fließenden Strom aus der Ortsbatterie wirksam werdenden Magnetfeldes den Anker des Schreibers, eben im Takt der Meldung, anzieht. Dieser Anker ist über ein Hebelsystem, das an Ende des Hebelarmes, die Vorrichtung zum Erstellen der Schrift trägt und die Buchstaben (Punkt-Strich des Morsecods) der Meldung auf den Papierstreifen überträgt. Dazu muss die starke Feder des Uhrwerksrädersystems aufgezogen sein und der Beamte, sobald er akustisch eine eingehende Meldung wahrnimmt, den Apparat einschaltet, damit sich der Papierstreifen bewegt. Dies geschieht über ein Uhrwerkfeder angetriebenes Präzisionszahnrad-Rollensystem, das den zu beschreibenden Streifen von der großen Papierrolle einziehend abwickelt und über eine Messingplatte und Rolle führt, die das Widerlager für den Schriftdruck bildet.
Verdeutlichende Bilder: Zum Leitungssystem. (1)
Zur Morsestation: Hierzu muss ein wenig ausgeholt werden: Grundsätzlich sind bei einer Eisenbahnmorsestation alle oben aufgeführten Betriebselemente auf einem „Grundbrett “ montiert. Materialien: Edelholz, z. B. schellackpoliertes Mahagoni, Nussbaum, und zapponlackierte Massivmessingaggregate. Anmerkung: Diese harmonischen Kombinationen sind edel und ansprechend, sodass historische Objekte dieser Ausführung nicht nur in Museen sondern auch in privaten Wohnungen im Sinne eines „Möbelstückes“ als Eyecatcher für den Laien, als technisch historisches Relikt des 19 ten Jahrhunderts für den Fachmann, aufgestellt zu finden sind. Beispiel einer schon lange vorhandenen frühen Stationseinrichtung um 1880:
Hier sind abgebildet die auf Mahagonibrett montierten und verdrahteten Betriebselemente auf einem eichenholzgeschreinerten Tisch ( die Platte und Zarge mit aufgenageltem Küchenwachstuch wurde vor mehr als 20 Jahren aus dem Entsorgungsfeuer eines Bw bei einem privaten Urlaub in Meck pomm unter mitleidigem Lächeln der Entsorger, gezogen, gelöscht, geborgen und später aufwändig rekonstruiert, da zwei Holzbeine bereits verkohlt waren und neu gedrechselt werden mussten. Der Heimtransport im PKW führte zu familiären Unstimmigkeiten.) Eine passende Morsestation fand sich als Angebot einer Saalauktion in Bayreuth und musste natürlich erworben werden. Diese sieht in der Übersicht so aus:
Ein besonderes Augenmerk ist der elektromechanischen Schreibeinrichtung zu widmen, denn es handelt sich hier um eine sehr frühe Ausführung, dem Relief oder Stiftschreiber. Siemens stellt dieses Schreibermodell im Verkaufskatalog von 1881 als „Reliefschreiber Modell 1872“ vor.
Reliefschreiber Modell 1872
Festzustellen ist im vorliegenden Fall, dass alle Kabelverbindungen bei diesem frühen Modell mittels Kontaktverschraubung hergestellt wurden. Dies hatte zur Folge, dass im Falle einer Unterbrechung der Leitung, angezeigt durch die Nullstellung des Galvanoskops, also Leitungsausfall“, zur Eingrenzung der Lokalisation der Leitungsunterbrechung vor Ort zeitaufwändig die verschraubten Kabelverbindungen gelöst werden mussten und mit einem neuen Ersatzgerät zu verbinden waren. In dieser Zeit war das Kommunikationssystem nicht verfügbar. Diesem Nachteil wurde begegnet mit einer neu konstruierten Morse Tischstationskombination.
Die Morsestation auf dem Grundbrett wurde mit einem Rahmen versehen. Die Drahtleitungsführung erfolgte nun nicht mehr durch Fixierung der Leitungsdrähte auf den Grundbrett unten, sondern sie endeten in speziellen Messingblöcken und gefederten Hebeln, die beim einsetzten der Grundplatte mit Rahmen in die Tischaussparung in Kontaktverbindung mit kongruent angeordneten Gegenblöcken und Federarmen, die mit den Linien-, OB-Stromquellen sowie den Leitungen verschraubt angeschlossen sind. Bereits etwas früher entwickelt, wurde der Stiftschreiber ersetzt durch den nun eingeführten Farbscheiber, mit dem die „Punkt-Strichmeldung“ nicht durch Reliefdruck aufs Papier gebracht wird, sondern mit einem in einen Tintenbehälter eintauchenden Rädchen des Ankerhebelendes anstelle des Stiftes.
Vorteil ist die bessere Lesbarkeit und die bessere Erhaltung des Schriftbildes, das durch Pressen und Falten des Papierstreifens beim Reliefbild oft negativ nicht mehr lesbar verändert wurde. Siemens beschreibt das System so: (2) „ Der Normalfarbschreiber mit seinen Hülfsapparaten ist zu einem Apparatesystem ausgebildet, welches auf einem gemeinsamen Grundbrett montiert ist. Das gesamte System besteht dabei aus dem bereits genannten Normalfarbschreiber, einem Plattenblitzableiter mit Stöpselumschaltung, einem Dosenrelais, einem Stromanzeiger und einem Taster. Alle diese Teile sind auf einem Grundbrett befestigt und bilden mit diesem die sogenannte Tischmontage. Die Leitungen dieser Montage endigen unter dem Grundbrett in passenden Kontaktfedern, denen Federn im Tische entsprechen. Setzt man daher solche Montage in irgendeinen Eisenbahntelegraphentisch, so ist sie auch sofort richtig in die Leitung eingeschaltet. Hebt man sie heraus, so schnappen die Tischfedern zusammen, und die Fernleitung fährt ohne Unterbrechung durch den Tisch hindurch“(2). Die Einrichtung im Bild: Verkaufskatalog um 1910
Real:
Die Tischaussparung mit den Kontakten:
Das Grundbrett mit Rahmen von unten:
Tische gab es nach Siemens-Verkaufs-Katalog auch als „Doppeltische mit 2 Ausschnitten“
Allen gemeinsam: „4 gußeiserne Tischbeine, grün lackiert mit bronzierten Füßen und polierter Eichenholzplatte“. Die Kgl. Sächs. Eisenbahn hatte eine andere Tischausführung, komplett aus Holz bei technisch gleichem Grundkonzept, wie bei den „Preußen“. Eine Sächsische Station:
Tischeinsatzöffnung sächsisch:
Kontaktanordnung, standardisiert, hier bei einem Lorenzgerät, wie bei den Einrichtungen von S&H
Ende des Einleitungsvorspanns.
Anlass für den erstellten Beitrag ist ein jüngst restaurierter Einsatz, der insofern auffällt, als dieser die Neuerung des schnell austauschbaren S&H-Einsatzes aufweist, bestückt aber mit dem seltenen frühen S&H Stiftschreiber (Modell 1872), der somit der Übergangszeit zum Farbschreiber, so um 1900, zuzuordnen ist. Restaurationsergebnis: Alle elektromechanischen Teile funktionieren wieder, Linienruhestromfluß mit der Galvanosskopanzeige, Verstärkerrelais mit arbeitenden Reliefschreiber, Holzflächen gereinigt und auffrischend schellackpoliert, Messingteile gesäubert und unter Belassung der Patina aufgefrischt. Zeitaufwand: 32 Std. Interessanter weise konnte bei der Diagnostik festgestellt werden, dass es sich bei dem Grundbrett um ein "rückgebautes" handelt. Dieses Grundbrett hatte ursprünglich die Papierrolle in einem Schubfach unter dem Grundbrett montiert. Aus diesem Schubfach wurde der Papierstreifen in das Schreibgerät eingezogen. Alle Öffnungen im Holz, durch die der Papierstreifen von der Rolle zum Morsefarbschreiber transportiert wurde, sind fachmännisch verschlossen worden. Lediglich ein rundes verglastes Schaufenster, durch das der Papiervorrat auf der Rolle beurteilt werden kann, ist belassen. Diese Konstruktion löste eigentlich die Ausführung der Papierrollen auf dem Morseschreiber ab. Warum auch immer, der Schreibapparat, Reliefschreiber ist das Modell 1872. Dazu einige Bilder: Restauriert 1: Übersicht
Restauriert 2: Übersicht
Restauriert 3: Reliefschreibeinrichtung, Stift am Ankerende
Restauriert 4: Räderwerk
Restauriert 5: Galvanosskop
Restauriert 6: Stationsnummer
Restauriert 7: Der Morsepapierrollenträger Hier ist interessant, dass immer zwei Rollen auf die Messingträgersäule aufgesteckt waren. Diese Messingsäule, die die beiden Achsen für die Papierrollen trägt, ist so konstruiert, dass im Falle der leeren Morsepapierrolle vorn der Messingständer um 180 Grad gedreht werden kann und so sehr schnell die hintere volle Papierrolle nach vorn zum Einführen des Papierstreifens in den „Schreibweg“ gedreht werden kann, ohne wesentlichen Zeitverlust einer Unterbrechung der Bereitschaft, Nachrichten aufzuzeichnen.
Verwendete und weiterführende Literatur: 1. Schubert-Roudolf, Die Sicherungswerke im Eisenbahnbetrieb, Berlin und Wiesbaden, C. W. Kreidel`s Verlag, 1921. 2. Hans Dominik, Das Wernerwerk von Siemens & Halske AG, Berlin – Nonnendamm, 1910. -Adolf Prasch, Handbuch des Telegraphendienstes der Eisenbahnen, Wien, Pest, Leipzig, A. Hertleben`s Verlag, 1900. -E. Gollmer, Über Störungen in den Telegraphenanlagen, Verlag von Otto Elsner, Berlin 1909. - Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Dr. Freiherr von Röll, Urban & Schwarzenberg, Berlin, Wien 1921. -Siemens & Halske Verkaufskataloge 1881, 1908, 1910. -Telegraph und Fernsprecher von S. Schreiber, Handbuch der Ingenieurwissenschaften, Fünfter Teil: Der Eisenbahnbau, Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann 1908 -150 Jahre Siemens, Das Unternehmen von 1847 bis 1997.
danke für den interessanten und informativen Beitrag. Ob unsere Telekommunikationsmittel in 150 Jahren noch funktionieren? Wohl eher nicht. Handelt es sich bei dem von Dir aus dem Feuer geborgenen Tisch um einen speziellen Telegrafentisch oder ist nur anzunehmen, dass er für einen Telegrafen verwendet wurde?
danke für den interessanten und informativen Beitrag. Ob unsere Telekommunikationsmittel in 150 Jahren noch funktionieren? Wohl eher nicht. Handelt es sich bei dem von Dir aus dem Feuer geborgenen Tisch um einen speziellen Telegrafentisch oder ist nur anzunehmen, dass er für einen Telegrafen verwendet wurde?
Gruß Jürgen[/quote
Hallo Jürgen! Was in 150 Jahren noch funktionieren wird, das weiß keiner. Ich tendiere aber zu Deiner Einschätzung. Der Tisch, es ist eine Ausführung, wie diese um 1900 bei vielen Behörden verwendet wurde. Ich hatte damals die Bilder aus dem Buch "Fünfundsiebzig Jahre Berliner Haupt-Telegraphenamt" vor dem geistigen Auge, wo auf 2 Bildern diese Ausführung zu sehen ist. Vor Ort ließen die Umstände darauf schließen, da auch Fernsprechliteratur und Braunsteinelemente entsorgt wurden. Telefonie und Telegrafie sind mein anderes Hobby. Wie allgemein üblich wurden Einrichtungen aus dem Betrieb nachdem diese nicht mehr unmittelbar gebraucht wurden, zweckentfremdet anderweitig eingesetzt. Hier beim Eichentisch im Küchen-Gemeinschaftsbereich, wegen des aufgenagelten Küchenwachstuches. Ähnlich der sächsische Morsetisch, der als Werkbank übelst verölt, verschmutzt beschädigt war. Der Tipp kam von einem Fahrdienstleiter, der mitteilte, dass nach Umstellung des Betriebes auf EST-Betrieb zwei Nebengebäude abgerissen werden. Aus der Entsorgungsmasse konnte ich den Tisch, wegen der Messinganschlüsse dem Telegrafenbereich zuordnen. Die Bergung was dann einfach. Sehr schwierig war die Aufarbeitung. Die Morseeinrichtung konnte ich bei Ebay erwerben. Viele Grüße, R.R.
die Tische der alten Morseapparate findet man noch häufig auf Stellwerken. Ich hatte selber auch einige für mein Museums Stw geborgen. Da ich das Projekt aufgegeben habe, habe ich alles inclusive der Morseapparate entsorgt. Was bei Deinen Morseapparaten noch fehlt, sind die Aufsteller mit dem Verzeichnis der Sprechstellen.
die Tische der alten Morseapparate findet man noch häufig auf Stellwerken. Ich hatte selber auch einige für mein Museums Stw geborgen. Da ich das Projekt aufgegeben habe, habe ich alles inclusive der Morseapparate entsorgt. Was bei Deinen Morseapparaten noch fehlt, sind die Aufsteller mit dem Verzeichnis der Sprechstellen.
MfG Lastra
Hallo Lastra, Dank für die interessanten Informationen. Ja, jeder Tisch hat eine eigene Geschichte. Mit den Stellwerken das kann ich bestätigen, ebenso Gebäude, z. B. Geräte- und Güterschuppen waren mit deren Abbruch vor der radikalem DB-Sanierung ebenso oft noch Fundgruben für historische Betriebsmaterialien, nicht zuletzt die Flohmärkte. Meine Sammlung "Rund um die Eisenbahn, Betriebstechnische Raritäten der Kögl. Bayerischen, Kögl. Sächsischen, Kögl. Württembergischen Eisenbahn habe ich ins Museum abgegeben: http://www.dampflokmuseum.de/das-museum/...ngen-im-museum/
Du schreibst, "entsorgt"? Hoffentlich nicht vernichtet. Das wäre sehr sehr schade. Entsorgung technisch-historischen Kulturgutes stimmt mich immer nachdenklich traurig. Dafür, besser dagegen hab ich mich neben beruflichen Stresses immer eingesetzt. Denke, noch ist es zu früh, die Bevölkerung für diese Kleinodien zu sensibilisieren. Selbst Museen tun sich damit noch schwer, u. A. auch wegen der chronisch finanziellen Schieflagen, fehlender Räumlichkeiten usw., warum auch immer. Aber oft kommt man zu spät und hat nur das Nachsehen. Wie bei den "Alten Modellbahnen" Wenn Aufsteller noch vorhanden, nicht entsorgen. Beste Eisenbahngrüße, R.R.
das Stw wird es noch einige Jahre geben. Der marode Zustand kommt daher, dass die Bahnhöfe verkauft werden und die Bahn sich dann nur noch einmietet.
MfG Lastra
Hallo Lastra, in der Regel ist es doch so, dass verkaufte Gebäude "leer, besenrein" an den Käufer übergeben werden, oder dass bei Mietung bis zur Inbetriebnahme des übergeordneten EST dann der Abriss erfolgt. So gibt es drei Wege für die Tische 1. Entsorgung 2.Abgabe ans DB-Museum Nbg. 3. anderweitige Verwendung durch Bahnbedienstete aus diesem Bereich, häufig werden diese stabilen Ausführungen zu Werkbänken degradiert. Dem Anschein nach wurden die beiden Tische ja bereits ihrer ursprünglichen Funktion beraubt und zu "banalen Tischen" unter Ersatz der Eichenholzplatte durch jeweils eine beschichtete Tischplatte umfunktioniert. MfG, Rie