Hallo zusammen,
in Deutschland meckert man ja gern, aber es ist wirklich bemeckernswert, wenn man es in diesem Bereich mit England vergleicht. Gehe mal los und sammele Gelder für ein Projekt ein und du kommst mit zwei Händen voller 10 Cent Münzen wieder. Das ist doch der Normalzustand.
Finde mal Firmen, die spenden oder sponsern. Gehe mal zur lokalen Brauerei und du merkst sofort in welcher Konzernzentrale die Entscheidungen getroffen werden, ob für Fußball oder Tennis und nicht die Dampflok oder der Personenwagen (wo dann noch erwartet wird, du verkaufst auf Sonderfahrten das Bier von hier) vom lokalen Eisenbahnverein. Es ist extrem schwer. Die kleinen Handwerksfirmen kommen gerade so über die Runden, haben aber Aufträge bis zum Abwinken, aber keine Leute, da sie mit überbordender Bürokratie und Nachweisen eingedeckt werden. Die Zeiten, wo du anrufst und gesagt kriegst, bring das Teil vorbei, wir machen das und beim abholen kriegste statt einer Rechnung gesagt, wir bestellen gleichmal 10 Plätze für die nächste Fahrt als Mitarbeiterausflug, die sind noch nicht wieder gekommen.
Ohne jetzt ins Politische abzuschweifen, aber wenn Vaterlandliebe schon zum Kotzen gefunden wird, woher soll dann die Liebe zur historischen Eisenbahn kommen? Wenn ein örtlicher Landtagsabgeordneter mal vorbeischaut und einen Scheck mit einer kleinen dreistelligen Summe vorbeibringt, dann weiß man genau, dass er es selber bezahlt hat, da er keine Weichen stellen kann, da es keine Abzweigungen zu Förderprogrammen für mobile technische Denkmäler gibt. Das ist sehr sehr schwer, dort was zu bewegen.
In England fliegen die gebratenen Tauben auch nicht in den Mund, aber das Bewusstsein der Menschen zur eigenen Vergangenheit und Identität ist um ein vielfaches größer und ausgeprägter. Man ist stolz auf sich und das was die Vorfahren geschaffen haben. Damit öffnen sich manche Türen und Konten. Jeder Engländer fährt im Durchschnitt 2 1/2x im Jahr Museumsbahn! In Deutschland ist es im Nullkommabereich.
In einer deutschen Städte, wo am meisten Geld umgeschlagen wird, reichte das Geld nicht um eine Schnellzugdampflok aufzuarbeiten. Ein reicher Heizungsunternehmer kaufte sie und überließ sie noch ein paar Jahre dem örtlichen Eisenbahnverein und stellte sie dann in sein Privatmuseum. Schrecklich, wie das läuft.
Ein der immer der historischen Eisenbahn zugetanes Gleisbauunternehmen wurde an die Tochter übergeben. Sie befand, dass eine ganz besondere Diesellok sich nicht wirtschaftlich rechnen würde, wieder in Betrieb genommen zu werden, da man nicht genug Abschreibung in die Steuererklärung schreiben können. Der alte Herr, der die Firma mal aufgebaut hat, krämt sich, die Lok nicht vorher rausgelöst zu haben.
Gehe mal los und versuche was für eine 03.10 oder E94 Baujahr 1940. Sofort springt das eingehämmerte Gedächtnis los, wenn es um einen gewissen Zeitraum geht, wo die Loks nun unglücklicherweise das Licht der Welt erblickten. Bei einer 52er noch schwieriger, auch wenn sie 40 Jahre im Frieden gefahren sind und Mann und Maus mit dem nötigsten tagtäglich versorgt haben, was Brennstoff, Essen und Gebrauchsgüter betrifft.
Der viel zitierte Mangel an Mitmachern bräuchte nicht sein, wenn den Kindern ein gesundes Dazugehörigkeitsgefühl gegeben werden würde, aber wenn schon auf dem Schulausflug nach Schierke mit Fingern auf die Brockenbahn gezeigt wird, anstatt stolz mitzufahren und zu zeigen, was unsere Vorfahren geleistet haben, ob als Erdarbeiter oder die, die die schweren 1´E´1 Maschinen zusammengeschraubt und -geschweisst haben, dann ist es noch schlimmer.
Glücklich kann man sein, dass es ein paar private Eisenbahnunternehmen gibt, die die Fahne der Tradition hochhalten. Hoffentlich halten die durch. Ein Unternehmen im Norden wurde vom Inhaber kürzlich aus Altersgründen verkauft, hoffentlich macht der neue Eigentümer am Projekt der Dampflok weiter, die in Mansfeld begonnen ist.
Man hat fast keine WAHL mehr, um etwas zu wählen und zu bewegen.
Grüße vom Bahnhof Vollrathsruhe
PS: Wegen Schwerin könnt ihr beruhigt sein - das Gelände gehört dem Verein, es geht langsam aber sicher aufwärts.