Grüß Gott, die K.Bay.Sts.B. baute in die weniger dicht besiedelten und wirtschaftlich schwächeren Regionen sogenannte Sekundärbahnen, Vicinalbahnen und Lokalbahnen, wobei sich hinter diesen Begriffen das gleiche verbirgt: Eben eine Bahnstrecke, welche eine untergeordnete Bedeutung im Betriebswesen hatte. Dabei spielten diese Bahnen im regionalen Umfeld eine wesentliche Bedeutung, waren sie doch oftmals der einzige Anschluss an die große, weite Welt eines bestimmten Landstriches. Um die Kosten sehr gering zu halten, wurde oftmals auf Signalanlagen verzichtet, der Oberbau war einfach und somit die maximale Geschwindigkeit gering. Auch die Wagen waren sehr einfach, es gab nur die 3.Klasse, wobei zur DR-Zeit alle Lokalbahnwagen die in Bayern ursprünglich nicht existierende 4.Klasse bekamen. Ein solcher Wagen (ehemals Eigentum der Regentalbahn AG (RAG)) steht im Freigelände des BW Bayerisch Eisenstein an der Bahnstrecke Plattling - Zwiesel - Bayerisch Eisenstein (-Klattau), welches heute das Localbahnmuseum beherbergt:
Ich finde die einfache Ausstattung doch sehr eigentümlich und bestimmt ungemütlich. Aber mal ehrlich, die 423er, die heute hier im Münchner Raum fahren, haben auch bloß mit Stoff überzogene Holz- oder Metallsitze...
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Zitat von Bayrische-Lokalbahn im Beitrag #1Ich finde die einfache Ausstattung doch sehr eigentümlich und bestimmt ungemütlich.
Aus heutiger Sicht schon, aber in jedem Fall gemütlicher als Laufen
Wobei die Holzausstattung ästhetisch schon was zu bieten hat. Ich erinnere mich an die Holzausstattung der alten Straßenbahnwagen in meiner Heimatstadt. Als die durch die modernen Straßenbahnen mit ihren abwaschbaren Sitzen ersetzt wurden empfand ich das als Verlust.
Natürlich. Der Wagen hat schon was! Ich selbst könnte mir auch eine Reise darin vorstellen. Doch wie die Leute am Münchner Ostbahnhof dreinschauen würden, wenn der Zug nach Erding heutzutage aus so scheppernden holzbestuhlten Wagen gebildet wäre? Das gäbe ein Schimpfen und Granteln ohne Ende! Es war halt einfach, aber zweckmäßig. Und wenn man bedenkt, dass solche Wagen bis in die Epoche III eingesetzt wurden, dann muss man dazu sagen, dass die Wagen praktisch waren. Es ist eben eine Sache der Gewohnheit. Ludwig Thoma, ein sehr bekannter bayrischer Schriftsteller, schrieb ja in der "Altaicher heiteren Sommergeschichte", dass die Wagen bei jedem Halten und Anfahren derartig ruckten und mit den Puffern aneinanderschlugen, dass die Tochter des preußischen Reisenden auf den Schoß des Gegenübersitzenden gefallen ist.
Naja, aber ein bisserl Nostalgie hätte schon was, auch heut noch, gell!
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Zitat von Bayrische-Lokalbahn im Beitrag #3dass die Wagen bei jedem Halten und Anfahren derartig ruckten und mit den Puffern aneinanderschlugen, dass die Tochter des preußischen Reisenden auf den Schoß des Gegenübersitzenden gefallen ist.
... ob das jetzt von Ludwig Thoma als negativ oder positiv gemeint war, war sicher vom Alter und Aussehen besagter Tochter abhängig
Jajaja. Ich glaub aber, dass die Tochter noch ein Kind war. Der Mann aber lachte und nahm ihr das Missgeschick nicht übel und erzählte ihr etwas von den alten Wagen, aber die kleine konnte den alten Bayern sprachlich einfach nicht verstehen. So einen komischen Dialekt spricht in doch keiner! Mei geh, a Kreiz is's mit dn Bayern!
Wenn man so entlang der bayerischen Strecken fährt, sieht man natürlich auch typisch bayerische Kennzeichen: Maibäume, Marterln, Kirchen mit Zwiebeltürmen und so weiter. Und auch Wirtshäuser: Denn man ist ja nicht umsonst bekannt für das Bier. Ein Wirtshaus mit Biergarten ist eigentlich neben der Kirche (die Sonntags natürlich auch besucht wird) in jedem Dorf zu finden. Und wenn der Haltepunkt allzu weit vom Dorf weg ist, sodass der Fußmarsch nicht ohne Stärkung zu bewältigen sein wird, dann gibts eben ein Wirtshaus direkt am Haltepunkt. So mancher Lokführer wird sich da mal eine Stärkung geholt haben, auch wenn das natürlich keinesfalls der Vorsitzende wissen durfte. Man sagt sogar, dass die Bauherren der Maximiliansbahn südlich von München sich so üppig in der Kugleralm stärkten, dass dem Wirt das Bier ausging und dieses mit Zitronenlimonade gestreckt werden musste - daraus ist ja Radler geworden, wie man es eben kennt. Solche eingerichteten "Bahn=Restaurationen" gibt es zum Teil heute noch, zum Beispiel am Haltepunkt Grub der Hauptstrecke München - Mühldorf:
20220218_083413.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)20220218_083426.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Und man muss ehrlich zugeben, dass, auch wenn der "Ruhetag" schon etliche Jahre andauert, solch eine historische Eisenbahnwirtschaft eine gewisse Gemütlichkeit auch am täglichen Pendelweg daran vorbei ausstrahlt.
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