Vielleicht muss ich erst einmal erklären, was ich unter dem "Märklin-Stil" verstehe (auch darüber kann man gerne diskutieren): - Goldene Fensterumrahmungen - Bei den Dampfloks goldene Kesselringe - Vernickelte/verchromte Puffer - Geprägte Nietenreihen - Die Fix-Kupplung
Hab ich was vergessen? Was hatten andere Hersteller schon vorher bzw. was haben sie übernommen?
einen richtigen "Märklin-Stil" kann ich bei den meisten der aufgeführten Kriterien nicht erkennen.
Goldene Fensterumrahmungen und goldene Kesselringe sind eher noch Spielzeughaftigkeit im Sinne einer "hübschen" Bemalung. Das haben ganz viele andere Hersteller auch gemacht. Und es dürfte sehr schwer herauszufinden sein, welcher Hersteller dabei der erste war.
Vernickelte Puffer und geprägte Nietenreihen (statt früherer Bemalung) sind ein Schritt zu mehr Modellhaftigkeit. Bei den Puffern ist natürlich gar nicht die Vernickelung eine Verbesserung der Modellhaftigkeit sondern eher die immer besser werdende Ausgestaltung der Puffer bis hin zu den Federpuffern. Auch diese Schritte sind viele Hersteller gegangen. Und auch hier dürfte es kaum möglich sein, herauszufinden, wer denn nun zuerst war. Bekannt ist jedoch, dass man in England sehr viel früher als in anderen Ländern modellhaft hergestellt hat, weil mit erwachsener Kundschaft bereits früh eine ganz andere Klientel bedient wurde.
Wirklich typisch für Märklin in Deiner Aufzählung ist nur die Fixkupplung. Im Bereich der Kupplungen musste sich nahezu jeder Hersteller sein eigenes System ausdenken, weil viele der erdachten Konstruktionen damals als patentwürdig erachtet wurden. Heute würde man sicherlich teilweise den Kopf darüber schütteln, welch geringe geistige Schöpfungstiefe man damals als schutzwürdig ansah.
Gerade die Fixkupplung würde ich auch nicht als den allergrößten Wurf von Märklin bezeichnen. Zum Glück heißt sie auch nicht Fixkupplung, weil sie womöglich schnell zu bedienen wäre, sondern lediglich deshalb, weil die geschaffene Verbindung mechanisch einigermaßen stabil ist. Aus irgendwelchen Gründen ist Märklin dieser Kupplung sehr treu geblieben. Es gab nur den größeren Versuch einer automatischen Kupplung, die aber dermaßen unvorteilhaft war, dass sie sich überhaupt nicht durchgesetzt hat. Immerhin hätten damit die Rangiermöglichkeiten erheblich verbessert werden können. Andere Hersteller haben auf diesem Sektor vorgemacht, dass es möglich war.
In Schlussfolgerung würde ich behaupten, dass es den Märklin-Stil überhaupt nicht gegeben hat. Jeder, der Märklin-Modelle gesehen und als solche wahrgenommen hat, wird sie natürlich wiedererkennen. Und wenn man sich einmal nicht ganz sicher sein sollte, hilft das Erkennen der Fixkupplung, der Mittelschleifer, der typischen Bürstenbrücke, des Umschaltmechanismus für die Fahrtrichtung, der häufig verwendeten Kurzkopfbirnchen mit E10-Gewinde oder von mir aus noch des Stecksystems für die Wagenbeleuchtung weiter. (Aufzählung ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch ist keines der Kriterien absolut zu sehen.) Am ehesten kann man noch die generell recht hohe Fertigungsqualität und Funktionssicherheit als Märklin-Stil bezeichnen. So wurde eine zuverlässige Funktion über viele Jahrzehnte gewährleistet. Aber das haben andere Hersteller ebenfalls geleistet. - Letztlich ist auch die solide Fertigung dauerhaft zuverlässiger Produkte nur ein Kriterium, welches man in der heutigen schnelllebigen Zeit wohl kaum noch wiederfinden dürfte. (Heute wird China-Plastikplunder unter den Weihnachtsbaum geschmissen und ist spätestens nach einem Jahr schon am Wachstum der Müllberge beteiligt.)
ich verstehe, worauf Karl hinauswill, ich habe für den "Märklinstil" auch eine feste Vorstellung im Kopf. Ich wüsste jetzt aber auch nicht, wie ich das definieren oder zu Papier bringen sollte.
Fakt ist, daß man als Blechbahner Märklinmodelle meist auf den ersten Blick erkennen und zuordnen kann, auch wenn man sie vorher noch nie gesehen hat.
Es muß also an Bauart, Lackierung und der allgemeinen Werigkeit liegen.
Zu den vernickelten Teilen: Das war (auch bei anderen Herstellern) wohl reiner Pragmatismus. Es sollten "metallisch" aussehende Teile sein: Das Messing, aus dem die Puffer überwiegend waren, ist bekanntlich gelb, das sähe komisch aus. Da sich Stahl auf den Drehautomaten wesentlich schwerer bearbeiten lässt und die Standzeit der Werkzeuge wesentlich verkürzt, hat man die Messingdrehteile einfach vernickelt und schon waren sie silbern. Abgesehen davon rostet Stahl im Spielbetrieb zwangsläufig irgendwann, wodurch z.B. die Griffstangen aus vernickeltem Draht erklärt sind.
Gruß,
Felix
"Das Land steckt in einer Krise, Johnny!" "Wir latschen von einer Krise in die nächste..."
Zitat von ElwoodJayBlues im Beitrag #3Fakt ist, daß man als Blechbahner Märklinmodelle meist auf den ersten Blick erkennen und zuordnen kann, auch wenn man sie vorher noch nie gesehen hat.
Eben, das ist es. Man stelle sich vor, man kommt auf eine Ausstellung oder ein Spielertreffen mit Spur 0 Blechbahnen, 100 Loks oder mehr sind zu sehen. Der Blechbahner kann die Märklin Loks alle aufzählen: HR, TK, TCE, .... und er kennt sie alle. Dann sind da noch andere Loks von Eigenbauern und Kleinserienherstellern. Da gibt es vielleicht die gewollte Nähe zu Märklin oder eben nicht. Also müsste es doch einen Märklin-Stil geben?
Sind die Loks von Mundhenke im Märklin-Stil? Ich meine, nur zum Teil.
Märklin konnte auch anders. Man betrachte die Loks, die Märklin für Bassett-Lowke gemacht hat, zum Beispiel die Merchant Taylors, von denen Felix 2 Stück restauriert hat bzw. noch in Arbeit hat. Hier gibt es keine E10-Lampen, keine Nietenreihen, die Pufferfüße sind schwarz, die Kesselringe sind entsprechend dem übrigen Lining, also nicht goldfarben (allerdings ist das einzige Fenster im Führerhaus goldumrandet).... Würde man diese Lok, wenn man sie zum ersten Mal sieht, treffsicher der Fa. Märklin zuordnen?
Märklin konnte auch anders. Man betrachte die Loks, die Märklin für Bassett-Lowke gemacht hat, zum Beispiel die Merchant Taylors, von denen Felix 2 Stück restauriert hat bzw. noch in Arbeit hat. Hier gibt es keine E10-Lampen, keine Nietenreihen, die Pufferfüße sind schwarz.... Würde man diese Lok, wenn man sie zum ersten Mal sieht, treffsicher der Fa. Märklin zuordnen?
Viele Grüße Karl
Da hast Du einen guten Punkt getroffen!
Die Merchant lässt sich nur aufgrund der Zylinder, Treibräder, Steuerung, der Puffer und des Sicherheitsventils zu Märklin zuordnen. Alles andere ist vollkommen anders, auch die Bauweise. Die Lok ist durchweg aus wesentlich dickerem Blech gefertigt! Und die drei anderen Modelle, die Märklin für B-L gefertigt hat, lasssen sich meiner Meinung nach gar nicht als Märklinloks erkennen.
Gruß,
Felix
"Das Land steckt in einer Krise, Johnny!" "Wir latschen von einer Krise in die nächste..."
Mir scheint, Märklin hat einen hohen Aufwand betrieben, um die Loks für Bassett-Lowke zu fertigen. An einer E zum Beispiel (habe gerade ein demontiertes Gehäuse da liegen) habe ich auf die Schnelle keine Lötarbeiten entdecken können. Alles ist gelascht bzw. genietet z.B. Zylinderblock, Gewichte unter dem Führerhaus, der runde Zapfen für den Vorläufer, die Dampfpfeife. Währenddessen, ich kann es nur auf den Bildern einigermaßen ablesen, sind bei den Loks für B-L wohl einige Lötarbeiten angefallen. Auch die Lackierung mit dem feinen Lining ist sehr aufwändig.
Im Umkehrschluss würde das für die traditionellen Loks von Märklin bedeuten: Rationelle Fertigungsmethoden, d.h. Verlappungstechnik, Vernieten. Verwendung von Gleichteilen, z.B. wird aus einem 3-Achsen-Laufwerk ein Laufwerk für die CCS, die mittlere Achse wird mit der Blindwelle bestückt. Ein 4-Achsen-Laufwerk entsteht durch das Anstücken eines 3-Achsen-Laufwerks. Es gibt wenige verschiedene Raddurchmesser. Wir Blechbahner akzeptieren das, weil trotzdem das Vorbild einigermaßen wiedergegeben wird. Ich glaube, darin liegt das Können der Märklin Entwerfer.
Märklin-stil ist nach meiner auffassung die schöpferische leistung aus materialwahl- immer hochwertig. farben und bemalung- immer vorzüglich und sehr elegant . zuletzt das künstlerische gespür durch weglassen oder übertreiben das vorbild genau zu treffen obwohl es überhaubt nicht masstäblich war.
ich würde aus meiner Sichtweise, die sich bis vor kurzem auf Katalog- und Literaturstudium stützte, den " Märklin - Stil " in drei Epochen einteilen, wobei ich in der frühen Produktionszeit ab 1891 bis vor dem Ersten Weltkrieg noch keine herausragenden Eigenschaften bei der Modellgestaltung erkennen kann.
Die Loks und Wagen der " Storchenbein " - Epoche weisen, egal ob Planck, Schoenner, Bing u.a., m.E. wenig Unterschiede auf, den Hersteller auf den ersten Blick zu erkennen. Allerdings lässt sich bei Märklin bereits um die Jahrhundertwende die qualitative Wertigkeit nicht übersehen.
In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, in der Literatur teils als " Märklin,s Erwachen " bezeichnet, tritt die für Märklin typische Gestaltung spürbar in den Vordergrund. Die Annäherung an reale Vorbilder ist nicht zu übersehen.
Die ersten Wagen in Modellgestaltung (Modellform) kamen um 1930 ins Programm und läuteten die sogenannte von Chefentwickler Otto Bang-Kaupp favorisierte " Märklin Reichsbahnzeit " ein, deren frühes Ende durch den unsäglichen Zweiten Weltkrieg, aber auch das Erscheinen der damals neuen 00-Spur besiegelt wurde.
Die Modelle der Dreissiger Jahre stellen für mich den Höhepunkt der " Blechbahn " - Fertigung dar, was die grosse Beliebtheit unter Tinplate-Sammlern erklärt.
Zitat von *3029* im Beitrag #9wobei ich in der frühen Produktionszeit ab 1891 bis vor dem Ersten Weltkrieg noch keine herausragenden Eigenschaften bei der Modellgestaltung erkennen kann.
Hallo zusammen,
die Geschichte der Pacific-Lokomotiven begann bei Märklin schon vor dem Ersten Weltkrieg (1909). Für mich sind die ersten Pacific-Lokomotiven nach deutschem und französischem Vorbild absolute Glanzstücke aus dem Märklin Programm, die ein Vorbild klar erkennen lassen und sich nicht hinter den Lokomotiven aus der Modellzeit verstecken müssen.
Wenn ich entscheiden müsste, welche Modelle für mich den Märklin-Stil insbesondere verkörpern, lande ich allerdings sofort bei diesem Zug. Märklin, das sind für mich Modelle in prächtiger Ausführung, leuchtende Farben, feine Bemalung und gefällige Proportionen. Solche Modelle "packen" mich auf eine Weise, wie die Modelle anderer Hersteller es nicht vermögen.