Zitat von Ralf0815
... Ich habe vorsichtig die Laschen weggebogen in der Absicht, die durchsichtige Plastik-Kappe runterzuziehen. Zerstöre ich damit das Plastik? Gibt es einen anderen Ansatzpunkt?...
Ralf,
Du müßtest auch das Zahnrad auf der anderen Seite vorher von der Welle abziehen. Doch der Reihe nach.
Bei dem Distler-Motor gibt es nichts zu reinigen. Daher eine Frage vorweg: läßt sich die Ankerwelle am Zahnrad leicht drehen, oder geht sie etwas schwer (und Du vermutest daher Schmutz im Innern des Motors)? Oder kommen beim Drehen mit der Hand kratzende Geräusche aus dem Motor. Oder sitzt die Welle sogar ganz fest?
Im Gegensatz zu anderen Modellbahnmotoren läßt sich die Ankerwelle des Distler-Motors ganz leicht drehen und der Motor hat auch ohne Schwungscheibe einen großen Schwungscheibeneffekt. Wenn sich die Welle des Motors nicht leicht drehen läßt, beim Drehen der Welle kratzende Geräusche auftreten oder die heraus ragende Welle sich gar nicht drehen läßt, kannst Du jeden Reparaturversuch aufgeben.
Die einzige Möglichkeit an das Innere des Motors zu kommen, ohne den Motor zu zerstören sind die quadratischen Öffnungen für die Schleifkohlen. Das hast Du ja schon probiert. Und da kann man mit einem Streichholz mal versuchen, ob man den Kollektor sauber bekommt. Ist der etwa schwarz? Mehr kann man, außer durch Biegen den richtigen Anpreßdruck der Schleifkohlen herstellen, nicht machen. Vielleicht noch etws Öl auf die Lager.
Der Distler-Motor ist an sich vollkommen geschlossen, so daß kein Schmutz in den Motor gelangen kann. Die einzigen Öffnungen des Motors sind die erwähnten Öffnungen für die Kohlen und darüber befinden sind Messingkappen. Es kann somit kein Schmutz in den Motor gelangen. Umgekehrt kann der Motor wegen fehlender Öffnungen schlecht Wärme abführen. In den 1950ern (der Bauzeit des Distler-Motors) waren normale Modellbahnmotore noch offen und der sich drehende Anker erzeugt einen Luftstrom, der den Anker kühlt.
Ich habe den Verdacht, daß der von Dir vermutete Schmutz auf eine defekte Motorwicklung hindeutet. (Den Verdacht hat Dieter ja auch schon geäußert.)
Der Distler-Motor ist kein herkömmlicher Motor, sondern eine frühe Form eines Glockenankermotors, wie er heute von der Firma Faulhaber angeboten wird. D. h. die Motorwicklung des Distler-Motors ist eisenlos, freitragend, kreuzförmig gewickelt und wird durch Kleber in einer glockenförmigen Form zusammengehalten. Die Glocke dreht sich außen um den im Zentrum des Motors befindlichen Magnetkern.
Wie Dieter schon geschrieben hat, ist der Motor für 4,5 Volt aus einer Flachbatterie ausgelegt. Er verträgt zwar kurzzeitig mal einen höheren Spannungsstoß aus dem normalen Fahrpult. Aber wenn der Motor zu lange mit einer zu hohen Spannung betrieben wird, wird die Wicklung, die nur durch den Kleber in der Glockenform gehalten wird, zu heiß. Der Kleber verliert seine Bindewirkung und in Verbindung mit der durch die hohe Spannung bedingten hohen Drehzahl fliegt die vergleichsweise große Wicklung (deshalb ist der Motor ja so groß) fliehkraftbedingt buchstäblich auseinander. Wenn die durch die Fliehkraft auseinanderstrebende Wicklung dabei andere Teile berührt, wird der im Vergleich zu anderen Motoren haardünne Draht der Wicklung schnellstens durchgescheuert. Die dadurch entstehenden Drahtenden können beim "Handbetrieb" kratzende Geräusche verursachen. Oder man spürt beim Drehen mit der Hand einen Widerstand. Der Motor ist dann unrettbar verloren. Du kannst nur Dieters Rat befolgen und Dir eine Lok mit zerbrochenem Gehäuse beschaffen.
Wenn Du erkannt hast, das Dein Motor defekt ist, kannst Du ja mal auf "Entdeckungsreise" gehen. Aber gebe Dich nicht der Hoffnung hin, da etwa retten zu können. Auf der Zahnradseite muß mit einem dafür geeigneten Abzieher das Zahnrad abgezogen werden. Wenn man "nur so" mit einem Werkzeug an dem Zahnrad zieht, hält das die empfindliche Wicklung nicht aus und wird schon dabei zerstört, selbst wenn sie bis dahin noch intakt war. Wenn das Zahnrad abgezogen ist, kannst man die Plastikkappe auf der Motorkohlenseite nach dem Aufbiegen der Laschen abziehen. Dann kann man die Welle mit dem Glockenanker heraus ziehen. - Wärst Du denn in der Lage, die einmal aufgebogenen Laschen, die die Platikkappe halten, wieder so fest zu bekommen, daß das Lager in der Plastikkappe wieder genauso fluchtet wie vor dem Zerlegen? Und dann muß Du wieder das Zahnrad aufpressen. . Glaube Dieter und mir, beschaffte Dir einen Motor aus einer Schrottlok.
Viele Grüße Georg