Zitat von czfrosch im Beitrag #13
ein ganz besonderes Hamo-Modell moechte ich noch ergaenzen - den ICE-Experimental fuer 3-Leiter-Gleichstrom mit der Nummer 3871. Ein weiteres 3-Leiter-Gleichstrommodell ist mir nicht bekannt (abgesehen von den Trix-Express-Sondermodellen, die aber technisch und mechanisch nichts mit damit zu tun haben).
Hallo,
die beiden Varianten hatten sehr viel und nicht nur technisch und mechanisch miteinander zu tun und das kam so :
Der ICE -Experimental hatte zwei Faulhabermotoren als Antrieb und der jeweils vorn liegende Triebkopf diente der Stromabnahme. Bei Märklin Punktkontakten tauchte das Problem auf, dass es vorkommen konnte, dass der stromzuführende Triebkopf in einem Stromkreis stand und der zweite stromzuführende Triebkopf in einem anderen. Wurde nun in letzterem Stromkreis die Fahrtrichtung umgeschaltet so gab die Elektronik beim Umschalten des Schleifers gerne ihren Geist auf.
Märklin war das Problem frühzeitig bekannt aber man entschied sich für "Augen zu und durch" und "wird ja nicht so oft vorkommen". Es passierte aber erstaunlich oft und es gab deshalb später noch eine Rückrufaktion und die Elektronik wurde nachgebessert.
Bei Gleichstrom war die Situation noch verfahrener. Hier verbinden ja nicht zwei Schleifer sondern Räder die beiden Stromkreise. Da war es praktisch unmöglich im Zug die beiden Stromkreise elektrisch zu trennen. Man umging das Problem in dem man den Zug nur für den Gleichstromantrieb auf Pukogleisen anbot. Da hatten die Räder ja immer eine einheitliche Polarität.
Die Fahrtrichtungsproblematik bei Betrieb auf Zweileitergleisen ohne Pukos war damit vom Tisch. Damals haben sich alle gewundert, dass Märklin einen ICE für ein Modellbahnsystem herausbrachte das kein Hersteller anbot. Der Gleichstromfahrbetrieb auf Pukogleisen hat ja einige Vorteile aber auch einige Nachteile. Der Vorteil des AC Systems mit der sich nicht ändernden Polarität bei Kehrschleifen Drehscheiben und Gleisdreiecken ist z.B. nur noch eingeschränkt gewährleistet. Es wurde auch nur von Bastlern gepflegt da bei dieser Betriebsart alle Lokomotiven umgepfriemelt werden müssen. Wechselstromfahrzeuge müssen auf Gleichstrombetrieb umgestellt werden, Gleichstromtriebfahrzeuge benötigen einen Skischleifer und eine Änderung der Verdrahtung. Es entfällt aber der Zwang die Radsätze elektrisch isolieren zu müssen und es braucht für die DC-Loks keine Umschaltbausteine.
Die Dinger kamen jedenfalls in den Handel und lagen wie Blei in den Regalen. Fleischmann-, Lima-, Peco-, Roco- und Trix Internationalfahrer konnten mangels Pukos damit nichts anfangen und die Kunden, die mit Gleichstrom auf Pukogleisen fuhren bekamen gar nicht mit, dass es in den Läden ein Modell "ready-to-run" zu kaufen gab. Das hatte es bisher (und aus anderen Gründen) nur lange Jahre vorher und bei ganz wenigen Modellen von Trix gegeben.
Monate vergingen und keiner kaufte diese Variante. Nun sind Märklin Händler ja extrem leidensfähig aber manchmal wird es ihnen doch zu bunt. Das Murren der Opfer wurde bald unüberhörbar, die Göppinger nahmen die Züge zurück.
Märklin entschloss sich die Retouren auf Trix Express umzurüsten. Dazu brauchte es nur eine Neuverdrahrung, Trix Express Räder und Schleifer und einen Packungsaufkleber.
Und so kam es, dass Arbeiterinnen in Göppingen an Holztischen auf sehr archaische Weise die Triebzüge auseinandernahmen, Räder und Schleifer wechselten und ein bisschen herumlöteten.
Ein Augenzeuge sagte mir damals :
"Wenn ich es nicht selbst gesehen hätte würde ich es nicht glauben. Arbeitsabläufe und -techniken wie in einem Hobbykeller und das bei einem westdeutschem Marktführer."
So, jetzt wisst Ihr warum die Express Version anfangs gar nicht angekündigt worden war und warum sie erst so viel später in die Läden kam.
Noch etwas aus der Besserwisserkiste : Der Zug hieß damals "Inter City E-xperimental", abgekürzt ICE und dieser Name war ursprünglich nur für diese Testzüge vorgesehen. Da aber die Kurzform ICE bei den Medien und Bürgern sehr gut ankam und auch im Englischen als ICE-Train sehr werbewirksam war hat man dann namenstechnisch aus dem IC E(xperimental) den ICE(xpress) gemacht und das Kürzel ICE auch für die Folgebaureihen beibehalten.