Hallo an alle Kenner der großen Spuren, nachdem ich hier im Forum auch mal bei den großen Spuren mitgelesen haben, kam die Erinnerung an eine merkwürdige Lok zurück, die mein Vater vor langer, langer Zeit mal zu einer elektrisch zu betreibenden Spur 1 Lok umbauen wollte. Da ich an den Feiertagen auch bei meinen Eltern war, habe ich sie mal gesucht - und gefunden. Hier ein paar Bilder vom Fundzustand: (Wenn man auf die Bilder klickt, kann man sie noch vergrößern) BEW Fundzustand-1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Die Lok ist 245mm lang und hat eine schlichte, irgendwie merkwürdige Form. Kennt jemand ein Vorbild?
BEW Fundzustand-2.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Auf der einen Seite steht AEG, auf der anderen steht (in der gleichen Type) BEW.
BEW Fundzustand-3.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Die Achslager haben eine Geradewegfederung, leider fehlt eine Feder sowie ein (vernickeltes?) Rechteckprofil, um das Herausfallen zu verhindern.
BEW Fundzustand-5.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Die für den Umbau verwendeten Achsen passen nur mit Verformung in die Achsaufnahmen, glücklicherweise sind diese aber nicht weiter bearbeitet worden. Die Herkunft dieser Achsen ist unbekannt. Sie haben einen Guss-Stern und "Radreifen" aus (ehemals verchromtem) Blech, die darauf gebördelt sind. Das Antriebszahnrad ist größer, als der Duchmesser des Spurkranzes.
BEW Originalachsen.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Die Originalachsen haben sehr viel kleinere Räder mit einem seltsamen Profil. Vielleicht saßen hier mal O-Ring-förmige Vollgummireifen drauf.
BEW mit Originalachsen Unterseite.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Ich habe die Originalachsen mal eingesetzt. Auf diesem Bild sieht man, dass die Großen Räder mehr Platz brauchten, als zur Verfügung stand - und dass die Lok aus Messing hergestellt ist. Die Lötstelle an der Unterkante des seitlichen Blechs lässt vermuten, dass die Lok ursprünglich unten geschlossen war.
BEW mit Originalachsen-1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) So sieht die Lok mit den originalen Achsen aus. Ich habe auch den Stromabnehmer eingesteckt. Durch Druck auf den kleinen Knopf auf der rechten Seite öffnet sich der federbelastete Deckel. Darunter kann man die im Hintergrund liegende Schale einsetzen - das ganze Ding ist wohl eher für den Schreibtisch gedacht, um darin Süßigkeiten, Zigarren oder meinetwegen Büroklammern aufzubewahren...
BEW mit Originalachsen Führerstand.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Zuletzt ein Bild vom Führerstand. Dieser ist recht detailliert.
Die saubere Verarbeitung, die Gußteile, die Brünierung (?), das alles lässt darauf schließen, dass es kein Eigenbau ist. Auch an den Kanten der Bleche sieht man keinen Feilenstrich oder andere Werkzeugspuren.
Wer könnte die Lok hergestellt haben? Gibt es ein Vorbild?
Ich weiß nicht, wie lange die Lok schon im Besitz meines Vaters ist. Er stammt aus dem Sauerland, es kann auch einen Bezug ins Siegerland geben, wo ich auf die Welt gekommen bin und wo wir bis zu meinem dritten Lebensjahr gewohnt haben. (nicht nur) Deswegen vermute ich einen Bezug zur Montanindustrie.
Ich bin für jede Info dankbar.
Viele Grüße
Heiner
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Angefügte Bilder:
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Pate stand in der Tat die AEG BEW Grubenlok, produziert wurde dieses Teil um 1920 und das Modell dient als Zigarettenspender. Vielleicht ist irgendwo auch noch ein Feuerzeug versteckt.
die etwas anders profilierten Räder stellen sogenannte Doppelflanschräder da. Wurden in der Frühzeit der Feldbahn gerne bei Gutsfeldbahnen verwendet, im Bergbau eher weniger. Die Lok stellt eine AEG Grubenlok da.
Vielen Dank für die zahlreichen, schnellen Antworten! Also fasse ich mal zusammen: Bauzeit un 1920, Verwendung als Zigarettenspender, Vorbild ist eine AEG / BEW Grubenlok. Die Modelle tauchen gelegentlich bei Ebay auf, also kann als gesichert gelten, dass es sich nicht um einen Eigenbau handelt. Wegen der industriellen Anmutung der Verarbeitung sind die auftauchenden Exemplare wohl auch keine Gesellenstücke, die nach einheitlichen Mustern hergestellt wurden. Das bringt mich doch schon mal weiter.
Als Elektrolok wegen der Gefahr von Schlagwetterexplosionen wurde das Vorbild m.E. eher nicht im Kohlebergbau eingesetzt, aber es gibt ja auch genug Erz hierzulande.
Ein eigentlich vielversprechender Bilderlink führt mich zu Ebay in die Rubrik "Antike Toaster", so gesehen eine Sackgasse, aber ich werde in der Bucht aber mal weiter Ausschau halten.
Meine Sammlergene habe ich offensichtlich von meinem Vater geerbt, denn er will das Ding nicht hergeben, andererseits sind die Chancen, dass er den geplanten Umbau noch vollendet, als gering einzuschätzen. Vielleicht kann ich ihm die Lok "entsteißen", wenn ich ihm verspreche, sie nach bestem Wissen zu vervollständigen - von restaurieren will ich hier garnicht sprechen. Zur Vervollständigung müssten die beiden fehlenden Teile der Radaufhängung ergänzt werden, ein paar Bleche sauber eingelötet und vllt. die Schlitze für die großen Räder geschlossen werden. Ob und wie man allerdings die Brünierung hinbekommt, muss zunächst mal offen bleiben.
Vielen Dank und viele Grüße
Heiner
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auf diesem Foto sieht es so aus, als ob die Lok weiße Reifen hätte, vielleicht, damit sie auch auf einem glatten Möbelstück mal hin und her gerollt werden kann.
Zitat von Alvaro im Beitrag #7Wegen der industriellen Anmutung der Verarbeitung sind die auftauchenden Exemplare wohl auch keine Gesellenstücke, die nach einheitlichen Mustern hergestellt wurden.
Da irrst du dich. Bei den Ford-Werken werden seit Jahrzehnten zum Ende des ersten Lehrjahres Ambosse, auf einer geschabten Grundplatte befestigt, angefertigt. Tausende und abertausende Stücke. Alle absolut gleich. Und so eine Lok bzw. so einen Zigarettenspender bauen nach entsprechenden Vorgaben verschiedene Leute absolut gleich. Da sieht man einen Feilstrich nur mit der Lupe, wenn überhaupt.
ich würde die Maschine nie und nimmer umbauen; mit dem Einsetzen der falschen Radsätze ist dem Modell ja schon ziemlich zugesetzt worden.
Nehme an diese Maschinchen waren Geschenke an treue Kunden des Herstellers als Schreibtischdeko, Handwerker/Feinmechanniker dazu gab es doch in den Betrieben, die da auh kleine Serien bauen konnten.
Möglicherweise ist das Design der Lok auch von Peter Behrens, dazu habe ich als Linzer auch einen Bezug, Behrens war Architekt der Tabakfabrik in Linz.
Tabakfabrik Linz .... und schon schließt sich der Kreis zur Zigarettendose .... :-)
Ein interessantes Stück! Eindeutig eine Feldbahn- oder Grubenlok. Gebastelt ist dieses Teil nicht. Könnte es eine Art Werksmodell sein? So eine Art Kundengeschenk?
Gerade nochmal das Bild angeschaut. Das Ausstellungsstück in Oberhausen hat einen kleinen Knopf auf der Seite, wahrscheinlich springt damit der Deckel auf und man kann sich eine Zigarre herausnehmen. Für mich ist das ein Gadget auf dem Unternehmerschreibtisch um 1930. Damit das Möbelstück keine Kratzer bekommt, hat das Teil Gummireifen, was die Nut in den Rädern erklärt. Nach 90 Jahren sind die Reifen natürlich längst zerbröselt.
das ist ganz sicher ein Werksgeschenk oder ein Messemodell der AEG, Peter-Behrens war ein erfolgreicher Architekt/Grafiker/Designer/Industriedesigner mit dem sich das Museum in Oberhausen u.a. auseinadersetzt.
Kann gut sein, dass das Design dieserr Bergwerkslokomotive auf einen seiner Entwürfe zurückgeht und mit dieser "Zigarrenkiste" beworben wurde, kein billiges "give away" sondern ein Geschenk für gute Kunden. Sowas konnte man in den Betrieben der AEG mit Leichtigkeit selbst herstellen, Feinwerker waren da ja genug beschäftigt.
Die Logos /Schriftzüge/heute würde man sagen "Corporate identity" von AEG und auch MAN sind ja u.a. auch Berhrents´sche Kreationen.
Behrens´ Bauten waren in den 1930-ern revolutionär was die Funktionalität betrifft und vor allem auch was die Qualität des Arbeitsplatzes und Aufenthaltsbedingungen der Arbeiter in den Werken betraf. Viele seiner Industriebauten und Siedlungs-/Stadtbauten stehen heute unter Denkmalschutz.
Funktionalitäten von denen heutige Stadtplaner und Stadtentwickler oft meilenweit entfernt sind.
Die glatte funktionelle Lok paßt da genau in die Ideen und Formensprache von Behrens. Tolles Stück Industriegeschichte, gehört retauriert nicht motorisiert.
in welchem Museum in Oberhausen steht die Lok? Im Industriemuseum im ehem. Altenberg- Gelände? Von Behrens kenne ich in Oberhausen nur das alte GHH- Lagerhaus.