Hallo zusammen, um etwas der Frühlingsmüdigkeit hier zu entgegnen, mal die Frage an die Uralt-Bing-Experten. „Riera“ hatte mal eine Abhandlung von Läutebuden hier eingestellt. Allerdings keine in der folgenden Art. Jetzt ist mir dieses alte Monstrum zugelaufen:
Zum Vergleich mit einem jüngeren Modell nebeneinander gestellt.
Verstellbare Schiene für Spur 0 und 1 passend, von der Größe eher 3 und 4…
Das Gehäuse ist aufgesteckt, kann also einfach abgezogen werden - wenn es nicht angerostet ist...
Es ist GBN gemarkt und aufwendig gearbeitet, auch das Uhrwerk ist mit Luftschaufeln geregelt. Was nicht so in das hochwertige Gesamtbild paßt ist die Ansteuerung von der Schiene zur Aktivierung und Abstellung. Es ist aus dünnem Draht „gebastelt“. Abgestellt wird brachial in dem der Draht in die eine Luftschaufel reingreift. Frage nun, ist dies Original oder nachträglich gebastelt oder repariert?
Gestern ist in der Bucht ein vergleichbares Teil für kleines Geld gegangen. Leider verpasst... Aber evtl. ist hier der neue Besitzer und kann das Innenleben zeigen?
Das ist ja hochinteressant. In der Zeit der mechanischen Federantriebswerke war es stets wichtig, für einen gleichmäßigen Ablauf des Federtriebwerkes zu sorgen. Denken wir an die frühe Bing-Lok von vor 1900, die ich mal vorgestellt hatte, so fehlt hier ein Regulatorium zum gleichmäßigen Ablauf des Werkes. Bei dieser Maschine z. B. ist das so:
Wenn die aufgezogen losgelassen wird, so zumindest bei mir, rast die los und spätestens in der ersten Kurve fliegt sie aus der Spur. Blick über den Tellerrand: In der Realität, um bei den Läutewerken zu bleiben, verwendeten die großen elektrotechnischen Firmen, die den Eisenbahnsektor belieferten, Siemens, Lorenz, Gurlt usw. bei den Läutewerken in groß und auch bei den kleinen Zimmer- und Tischläutewerken für den Zugmeldedienst für den Gleichlauf ein schnell laufendes Windrad, das je nach Drehzahl des Windbleches mehr oder weniger Widerstand im Luftkontakt erfährt. Wird auch bei Uhrenwerken so angewendet. Stichwort Schwarzwälder (Kuckucks)-Uhr, Schwarzwälder Schlagwerk.
Bei den Dampfmaschinenregulatoren, Fliehkraftregulatoren, wird die Geschwindigkeit der Maschine ja durch die Drosselung bzw. Erhöhung der Dampfzufuhr gesteuert. Ich kann im Folgenden bei 2 frühen Eisenbahn-Zimmerläutewerken diesen regulierenden Windfang zeigen: Lorenz-Wandläutewerk:
Und beim Groos & Graf Berlin Tischmodell mit Doppelschlag:
wo hier rechts das Windfangblech erkennbar ist.
Höchste Präzisionsmechanik, die immer wieder erstaunen lässt, wie perfekt die alten Mechaniker ihr Handwerk beherrschten. Bei Deinem vorgestellten Läutewerk wäre es wissenswert interessant, ob Bing diese Regulierung einfach wegen des Vorbildes in der Realität umgesetzt hat, ober ob es tatsächlich für den gleichmäßigen Ablauf des Werkes konstruiert wurde. Denke, das wird sich nicht mehr klären lassen..
Hallo , grüßt euch. Was da eben eigestellt worden ist übersteigt schon meine Phantasie, in dieser Größenordnung. Das muß doch feinste Uhrmacher Arbeit sein. Die Erklärung von rie ist ja sehr anschaulich. Vielleicht kann hier Botho mal was dazu sagen
in der 2. Auflage von Gustav Reder "Mit Uhrwerk, Dampf und Strom" wird auf Seite 93 die Luftregulierung einer Märklin-Lok von 1909 so beschrieben:
"Fahrtgeschwindigkeit 5fach abgestuft, regulierbar durch Ventilschieber des Luftzylinders. Letzterer ist als Luftbremse ausgebildet und mit verschiedenen großen Luftkanälen versehen, durch welche die Fahrt reguliert wird. Kein Umschalten des Zahngetriebes, sondern bequemes Verschieben des Ventilschiebers."
Nee, der Botho kann dazu nix sagen. In Sachen Uhrwerk bin ich Laie. Hilfe finde ich beim FAM- bekannten Oberuhrmacher Felix in der Schlappeseppel-Stand am untersten Rand des Freistaates. Schöne Woche, den Herren! Botho
ich habe nur Reder zitiert, der in seinem Buch vom Katalog von 1909 schreibt, in dem die Lok angeführt wird. Die Lok wird auch abgebildet, und wenn ich mir die äußere Gestaltung ansehe, neige ich auch dazu, dass sie später gebaut wurde. Aber man kann sich eventuell täuschen. Ich bin kein Märklin-Fachmann.
Hallo, riera, hallo, Harry, zunächst mein Kompliment an Riera wegen der tollen Bilder und der sehr informativen Abhandlung. Zum Vergleich für das von Harry gezeigte Läutwerk habe ich 2 Referenzen eingestellt, die in etwa zur gleichen Zeit von Bing gefertigt wurden, lt. Schiffmann ab 1902. Die Prägung des Harry-Läutwerks ist anders platziert als auf dem nun nachfolgend gezeigten Exemplar.
Das ausziehbare Gleisteil, hier mit Spur III-Gleis, also 67 mm
Das 2. Läutwerk wurde wohl etwas später gebaut, da hier auf der Unterseite ein Schiebebild angebracht wurde. Diese Läutewerke liefen bei Bing unter der Nr. 13403/1 und konnten für die Spurweiten I bis IV verwendet werden, deshalb die relativ üppig dimensionierten Ausmaße. Für Spur 0 wurde ein Exemplar unter der Nr. 13403/0 angeboten. Hier war kein verschiebbares Gleisteil vorhanden. Siehe auch hierzu Bing Katal.cog von 1906. Harry: Irgendjemand hat Dein Exemplar durch Bastelei für elektrischen Betrieb "umgerüstet". Zur damaligen Zeit gab es das nicht in dieser Form, das kam erst später bei Nachfolgemodellen. Ich habe meine Läutwerke nicht geöffnet, da beide funktionieren. Ich denke aber, dass bei Deinem Modell der rausstehende Draht nicht original ist. Zum Vergleich hier noch ein Modell, wie von Bing als erstes gefertigt wurde, und zwar nur schienengebunden in den Spurweiten 0, I und II. Das nachfolgende Bild zeigt die Spur II-Version und hat die Bezeichnung 8353/2. Siehe auch hierzu Bing-Katalog von 1898. unter der Nr. 8353/2
Vielen Dank, E & K, ergänzend noch der Hinweis , daß diese Erst-Version ohne Uhrwerk ausgestattet ist und nur durch mechanische Zugauslösung funktioniert. Noch einen schönen Sonntag Wolfgang
Zitat von Wolko im Beitrag #10Vielen Dank, E & K, ergänzend noch der Hinweis , daß diese Erst-Version ohne Uhrwerk ausgestattet ist und nur durch mechanische Zugauslösung funktioniert. Noch einen schönen Sonntag Wolfgang
Hallo! Ein Läutewerk dieser frühen Ausführung hab ich gerade in Arbeit. Dieses Modell trägt kein Firmenlogo, es war ein Mittelleiter grob nachgerüstet worden Das von Wolfgang nachgewiesene DRGM konnte ich ausfindig machen. Im Patentblatt des Kaiserlichen Patentamtes Berlin ist unter "Bekanntmachung ……von Gebrauchsmustern" am Mittwoch den 21. Juli 1897 das Gebrauchsmuster unter 77.77714 dokumentiert, angemeldet am 19.6.97.
Im Patentblatt vom Mittwoch, 4. Juli 1900 wird mitgeteilt: In Folge Ablaufs der dreijährigen Schutzfrist sind die unter nachstehenden Nummern eingetragenen Gebrauchsmuster in der Zeit vom 20. bis 26. Juni 1900 erloschen.
In dem Nummernblock ist die Nummer 77714 aufgeführt.
Naja, es hat sich auch nicht um eine der hochwertigsten technischen Erfindungen gehandelt, bei dem einfachen mechanischen Prinzip: Der Spurkranz des Triebfahrzeugs fährt über einen neben der Fahrschiene befindlichen Druckknopf; das dadurch bewirkte Niederdrücken des Druckknopfes wird über einen langen Hebelarm, der über eine Spiralfeder läuft, die durch diese Bewegung komprimiert und so gespannt wird, weiter über eine Lochösenverbindung und einer zweiten Hebelstange auf den drehbar gelagerten Schlagarm des Klöppel dahingehend übertragen, dass der Klöppel sich von der Glockenschale entfernt. Sobald der Radspurkranz durch Überfahren den Druckknopf wieder freigegeben hat, bewirkt die gespannte Spiralfeder durch Freiwerden der gespeicherten Energie eine Rückführung des langen Hebel in die Ausgangslage und bewirkt durch den Impuls ein Anschlagen des Klöppels an die Glocke. Gleiches läuft bei dem parallel angeordneten Hebelsystem ab. Das geöffnete Modell kann den Vorgang etwas verdeutlichen:
Hallo Riera, vielen Dank für die tollen Bilder mit der Wiedergabe der Patentschrift. Interessanterweise ist unter Punkt 12 F 9615 jene Gesellschaft aufgeführt, die heute leider nicht mehr existiert, aber von deren Pensionskasse ich monatlich partizipiere. Du hast ein Exemplar mit typischem Bing uralt-Sockel aber schon mit ausziehbarem Gleis für variable Spurbreiten. Die seitlichen Hülsen sind auf den Bildern deutlich sichtbar. Viel Spaß noch beim Zusammenbauen bzw. Löten. Viele Grüße Wolfgang
Guten Tag! Wer A sagt sollte auch B sagen. Tue dies hiermit, als ich die Fertigstellung des oben angesprochenen Läutewerkes vorstelle. Zum Restaurationsablauf: - Überprüfung und Reparatur der Mechanik einschließlich der Lötarbeiten. - Da der originale Lack unansehnlich zerstört ist, visuell Feststellung der Farbklassifizierung nach RAL durch Farbmusterkartenvergleich, es handelt sich um „Maigrün“, Farbnr.: 6017, RAL 840 - Glücklicherweise kann man sich diesen Farbton im Baumarkt als Kunstharzfarbe mischen lassen, Nachteil, dass die kleinste Menge 375 ml beträgt und kostet. - Da das originale Blau des Läutwerkturmes und das originale Schwarz der Basisplatte unten
- erhalten werden soll, abkleben dieser Strukturen, einschließlich der Schienen und der „Druckknöpfe“ . - Ex post: Es ist zu beachten, dass alle Flächen entfettet werden müssen, z.B. mit Waschbenzin abwaschen, sonst treten beim Lackauftragen die störenden „Targets“ auf. - Dünne Universalgrundierung und dann die Endlackierung mehrmals nach jeweiligem Durchtrocknen und Zwischenschliff. Das Auftragen erfolgt im Airbrushverfahren. - Abschließend auftragen der hergestellten rotbraunen Farbmischung auf die Ränder der Grundplatte mittels Pinsel. - Bräunung der Schwellen mittels Pinselfarbauftragung.. - Brechen des störenden Hochglanzes. - Zusammenbau der Glockenschalen , des Dächleins und Einstellen der Hämmer. - Die mechanische Auslösung funktioniert, die Glockenklänge sind leise, aber wahrnehmbar.
Einige Bilder dazu: Bing-Katalog 1912: (Claude Jeanmaire, Archiv Nr. 29)
Ein weiteres zerlegtes Läutewerk dieer Art wartet noch auf Behandlung
Interessant für mich war, dass du nach den verschiedenen Lackaufträgen zwischengeschliffen hast. Das habe ich bisher noch nie gemacht, aber natürlich ist so etwas besser, und ich werde meine Vorgehensweise beim Lackieren ändern.
Noch etwas zur Mattierung des Hochglanzes: Ich mache das so, dass ich nach dem völligen Durchtrocknen etwas Scheuermittel auf ein feuchtes Tuch verteile und damit über den Lack reibe. Bei Ausbesserungen auf Lithografien mache ich das an den winzigen Ausbesserungsstellen auch so, aber ich nehme dann ein trockenes Wattestäbchen, denn wenn man so etwas feucht auf einer Lithografie macht, kann es passieren, dass sich ein Teil der Farbe löst (ist mir 1x passiert - mache ich nie wieder. Wenn ich an die langwierigen Nacharbeiten denke - es war schrecklich!).
Was mir besonders gefällt, ist, dass die grüne Lackierung iwie alt aussieht, so leicht fleckig. Richtig gut gemacht !