Korrektur einer „verschlimmbesserten" L.N.W.R. Bing "Black Prince" Spirituslok, Spur I, von 1904.
Hin und wieder gelangt man in den Besitz eines uralten Stückes, das die Sammlung bereichern soll. Dabei sind oft nicht nur die als normal einzustufenden Alterserscheinungen vorzufinden, nein, Fehlteile, schwere „Verwundungen“ und Farbverluste belegen hin und wieder den durchschrittenen Leidensweg des Stückes, vor allem, wenn (wahrscheinlich) durch gut gemeinte „Kinderhand“ eine Verbesserung, die manchmal einer optischen Vergewaltigung nahekommt, des Erscheinungsbildes durch neue Farbgebung, (Übermalung) angestrebt wurde. Ein Beispiel im Folgenden, auf das die genannten Veränderungen zutreffen, stellte sich als Herausforderung für den restaurativ tätigen Sammler dar.
Die erworbene, gut hundertjährige Spiritusdampflokomotive der Spurweite I mit patentierter Schiebersteuerung wurde vollständig mit schwarzer Farbe und Silberbronze übermalt, "verschlimmbessert", ein dem Alter und der Seltenheit der Maschine absolut unwürdiges Erscheinungsbild.
Die selbst vorgegebene Aufgabe lautete , die Maschine in den Zustand zurückzuversetzen, der offensichtlich Anlass war, die Lok farblich neu zu gestalten, und auch Fehlteile zu ergänzen, um die technische Betriebsfähigkeit wieder herzustellen.
Bei der Gesamtmaßnahme erwies sich die Rekonstruktion der Fehlteile im Vergleich zur Abtragung der aufgebrachten Farbschichten als relativ einfach.
So konnten die fehlende Treibstange mit Zyliderkolbenstangenscharnierlager links, die Pfeife, der Brenner mit Spiritustank und das Vorlaufgestell relativ zügig angefertigt werden, da ein baugleiches Vergleichsmodell vorlag.
Sehr ätzend und zeitlich aufwendig gestaltete sich die Abtragung der aufgebrachten schwarzen und silbrigen Farbschichten, doch die Mühe lohnte sich, konnten doch u. a. die aufgedruckte, verblasste Bing-Raute hinten, die Spurweitenangabe vorn unter der Rauchkammertür
und die rot-senfgelben Kesselringe freigelegt werden, die sich erstaunlicherweise auf der den Flammen ausgesetzten Kesselfläche noch gut erhalten darstellen ließen.
Vom Schriftzug BLACK PRINCE auf den Radkästen konnte lediglich links der orange Farbton und das P freigelegt werden.
Der Eingriff am Tender gestaltete sich einfacher, war dieser doch von der neuen Farbgebung verschont geblieben. Hier reichten die mechanische Entrostung der Räder und die Auffrischung der mit L.N.W.R. bedruckten Tenderwände aus.
Multiple Feinarbeiten, wie z.B. das Nachschneiden von Gewindebohrungen mit teilweise auszutauschenden Schrauben, Ergänzung von Fehlteilen usw. sowie der Pressluftprobelauf stellten den Abschluss der Maßnahme dar.
Da dem Forum der Ruf nach Bildern zu entnehmen ist, hier in logischer Reihenfolge die Bilddokumentation.
Zustand beim Erwerb:
Auch die Räder wie alle anderen vernickelten Teile waren silberbronzen überzogen worden.
Nach der Restauration,
Bildteil:
Rekonstruiertes Vorlaufrahmengestell
Ein jetzt erträglicher Anblick, vor allem, mit entsprechendem Druck im Kessel kann die Maschine wieder zum Leben erweckt werden.
Den Bing-Kennern folgender Hinweis:
Die Räder des Vorlaufgestells sind ein Provisorium, haben diese doch zu viele Speichen. Im Original sind nur 6 Speichen pro Rad vorhanden.
Das Ganze mal ein wenig in Szene gesetzt: