Alte Leiterisolierung auch in Replikas ?

#1 von Flugente , 24.09.2011 21:39

Hallo !
Ich habe auf einem Markt eine RV 66/12920 erstanden. Ganz geringe Spielspuren, Gold auf Schildern nicht abgegriffen, Cellonfenster erhalten wie auf meinen echten anderen alten, Schleifer leicht eingeschliffen.
Sie lief gut, obwohl eine HO-Kohle sich eingeschliffen und verklemmt hatte und nur durch Ausbau entfernt und ersetzt werden konnte.

Frage 1: Die Räder sind mit einer Messingschraube befestigt, die nicht mit roter Farbe überlackiert ist. Da die Achse nicht sichtbar ist : Könnte es sein, daß Märklin sie daher serienmäßig nicht rot überlackiert ?

Frage 2: Die Leiterisolierung ist aus einer Art Gewebe, das mit Wachs oder Teer getränkt wurde und recht steif ist. Dieses Leitermaterial habe ich an Loks aus den frühen 30er Jahren und davor festgestellt. Gibt es Fälschungen/Nachbauten, die dies alte Material verwenden ? Ich konnte keine Nachlötungen feststellen und die innerhalb des Gehäuses verlegten Drähte "klebten" wie original verlegt.

Frage 3: Ich habe eine E aus eigenem Familienbesitz, die zwischen 1939 und 1942 gekauft wurde und bereits Plastikisolierung hat, wie sie später bis 1952 verwendet wurde.
Gibt es einen Zeitpunkt, an dem Märklin von Gewebe auf Plastik umstellte ? Und könnte man dieses Datum zu einer Datumsschätzung hinzufügen ?

Danke für Tipps !

Gert


 
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RE: Alte Leiterisolierung auch in Replikas ?

#2 von AW Augsburg , 25.09.2011 02:24

PVC als thermoplastischer Kunststoff wurde 1935 erfunden, davor musste man sich definitiv anders helfen. Das würde den Zeitraum für die Umstellung auf PVC-Isolation nach unten schonmal begrenzen.


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RE: Alte Leiterisolierung auch in Replikas ?

#3 von Flugente , 26.09.2011 13:23

Guter Hinweis ! Danke !
Dann wäre ja mindestens das Gehäuse von 1934 / 1935.

Oder wird das Gewebe nachgemacht ?
Der Pantograph hat mit den Pickelchen und Staubresten das gleiche Erscheinungsbild wie meine 2 echten alten E-Loks.
Dann müßte das Gehäuse ja echt lange "unter der Glashaube" gestanden haben.


 
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RE: Alte Leiterisolierung auch in Replikas ?

#4 von telefonbahner , 26.09.2011 14:31

Hallo Gert,
eventuell handelt es sich bei deinen "gewebeisolierten" Drähten um die sogenannten LSL-Drähte (Lack-Seide-Lack)-Isolation.
Diese Drähte wurden bis in die 60-ger Jahre noch in der Fernsprechtechnik verwendet.
Ich habe mit diesen Drähten in der Lehrzeit und ann noch bis zur "Wende" 89 zu tun gehabt. Das abisolieren war eine Kunst für sich, vor allem wenn die Isolierung schon etwas brüchig war. Vorteile waren allerdings das beim Löten die Isolierung nicht gleich geschmolzen ist und das der Gesamtdurchmesser geringer war als bei den PVC Drähten.
Ich nehme dieses Leitermaterial aus Altbeständen noch heute bei Lokreko's auf Grund dieser Vorteile.

Gruß Gerd aus Dresden


 
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RE: Alte Leiterisolierung auch in Replikas ?

#5 von t.horstmann , 27.09.2011 21:45

Hallo Gert,

zu Deiner Frage 3: Du hast eine E aus eigenem Familienbesitz von 1939-1942, bei der bereits Kunststoffisolation verwendet wurde. Ich besitze eine GR, ebenfalls aus eigenem Familienbesitz, die zwischen 1937 und 1941 gekauft worden sein muss (wahrscheinlich zu Weihnachten 1940). Diese hat noch die alte, schwarz getränkte Gewebeisolierung. Damit ließe sich der Übergang rel. gut auf Anfang der 40er Jahre eingrenzen. Allerdings muss man berücksichtigen, dass Märklin mit einer gewissen Überschneidung produziert haben dürfte. Außerdem werden wohl auch Händler noch längere Zeit Restbestände älteren Produktionsdatums verkauft haben.

Grundsätzlich vermutest Du bei deiner RV 66/12920 ja evtl. einen Nachbau bzw. eine Fälschung. - Davor dürftest Du bei diesem Loktyp aber relativ sicher sein, da die Verkaufspreise von Originalen niedrig genug sind, dass sich das Fälscherhandwerk ganz einfach nicht lohnt. - Es gibt genug Originale.

Der von Dir beschriebene sehr gute Zustand des Gehäuses ist natürlich augenfällig. Hierbei könnte es sich evtl. um ein restauriertes Gehäuse handeln. Früher hat Märklin das noch selbst gemacht. Später traten dann Firmen wie Ritter auf. Finanziell "gelohnt" hat sich das aber zu keiner Zeit. Eine Erklärung könnte natürlich ein Familienstück in schlechtem Zustand gewesen sein, an dem für den Vorbesitzer Erinnerungen hingen. Dagegen sprechen aber folgende Überlegungen:

Grundsätzlich fällt der stark unterschiedliche Zustand zwischen Gehäuse (sehr gut) und Fahrwerk (eher schlechter) Deiner RV 66/12920 auf. Zum Fahrwerk: Unlackierte Befestigungsmuttern für die Räder (die meintest Du doch wohl mit "Messingschraube"?) habe ich noch nicht gesehen. Das spricht eher dafür, dass abgefahrene oder von "Zinkpest" zerfallene Räder ausgetauscht wurden. Der leicht eingeschliffene Schleifer könnte ja auch schon ein Ersatzteil sein. Ein völlig ungeeignetes Ersatzteil hattest Du ja bereits mit der H0-Kohle beschrieben. Damit hat zumindest das Fahrwerk "richtig" Laufleistung hinter sich, während Deine Beschreibung des Gehäuses auf eine eher ungenutzte Lok hinweist. Früher war das Kinderspielzeug. Und bei einer "bespielten" Lok sähe auch das Gehäuse entspr. aus.

Evtl. sind da mal zwischen 2 verschiedenen Loks Fahrwerk und Gehäuse vertauscht worden. Die unlackierten Muttern könnten ein Hinweis darauf sein, dass sich z.B. ein Sammler über die hässliche Sichtbarkeit der Messingmuttern nach Radtausch bei z.B. seiner RS 66/12920 geärgert hat und daher diese Muttern (nebst Fahrwerk) unter dem Gehäuse seiner sonst viel besser erhaltenen RV hat "verschwinden" lassen. Die RS wäre dann auf diese Weise zu einem viel besseren Fahrwerk gekommen. - Aber das ist natürlich reine Spekulation.

Viele Grüße

Thomas


 
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RE: Alte Leiterisolierung auch in Replikas ?

#6 von alteeisenbahn , 10.10.2011 20:20

Hallo,

guck mal hier: Alte Spur 0

Beste Grüße
Peter


 
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RE: Alte Leiterisolierung auch in Replikas ?

#7 von Flugente , 12.10.2011 22:20

Hallo !
Herzlichen Dank für die vielen Tips und Anregungen.

Telephonbahner Gerd aus Dresden: Wenn die Leiter echt genau gleich aussehen, dann könnte ja doch einer damit nachbauen. Aber wie Thomas sagt: Es lohnt bei diesem Typ nicht, vielleicht aber woanders ????
Thomas, Deinen Ideen kann ich gut folgen, also: ich freuemich mal über den guten "Außenzustand" , eine Restauration kann ich nicht erkennen, auch wegen der minimalsten "Griff-" oder (nochweniger) Spielspuren, und lasse das Fahrwerk, weil es ja eben auch wieder gut fährt, geistig verschwinden.
Für das Herstelljahr manifestiert sich aus allen Beiträgen Anfang der 40er Jahre.


Peter: Deiner Darstellung müßten einige Korrekturen zugefügt werden, Z.B. es ist eine "B" , also ohne die kleinen Vorlaufräder, beide Achsen sind über das Getriebe angetrieben etc. (s. Schiffmann)
trotzdem Danke für die schönen Bilder, es ist ja genau das gleiche Fahrgestell. Von der grünen Farbe her ist sie von der Mitte der 30er Jahre und im Zustand 2 + so 700 € Wert ( s. Schiffmann-Katalog)

Nochmals vielen Dank für die Beiträge, vielleicht ist es ja mal ein Anstoß für die Experten, was über die "Verdrahtung" als Echtheitsnachweis zu schreiben.

Grüße
Gert


 
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zuletzt bearbeitet 12.10.2011 | Top

RE: Alte Leiterisolierung auch in Replikas ?

#8 von alteeisenbahn , 12.10.2011 22:29

Hallo Gert,

danke, wenn die Texte auch mal einer liest!
;-)
... da war was falsch kopiert!

Dank!

Beste Grüße
Peter


 
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zuletzt bearbeitet 12.10.2011 | Top

RE: Alte Leiterisolierung auch in Replikas ?

#9 von danclorix , 13.10.2011 09:28

Soweit ich weiß, ist ein Indikator der Altersbestimmung, der Werkstoff der Seitenplatten des Motors. Durch die Rohstoffknappheit im zweiten Weltkrieg verabschiedete sich Märklin von den Messingplatten. Daraus folgt. Ältere Vorkriegs-Modelle sollten einen "Messingmotor" besitzen. Vielleicht ein weiteres Indiz zur Altersbestimmung neben der Leiterisolierung. Grüsse


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