Hallo Leute,
ich möchte nochmal auf die elektrischen Widerstände zurückkommen. Nach meinem letzten Beitrag #28 hatte ja Joachim (Ferrovia) in Beitrag #29 die Thomson-Messbrücke für hochpräzise Messungen extrem kleiner Widerstände genannt. Ganz so genau brauchen wir's hier aber nicht, weil ja immerhin der Widerstand der Messleitung und der Übergangswiderstand zum Messobjekt noch spürbar kleiner sind als der Widerstand des zu messenden Objekts selbst (unsere Gleisstrecke). Ich möchte jetzt auch niemanden weiter mit irgendwelchen Widerstandsmessergebnissen nerven sondern wieder etwas Praxis ins Spiel bringen.
Joachim hatte ja schon in seinem Beitrag #29 eine knappe Zusammenfassung der Ergebnisse unserer bisherigen Diskussionen unter Praxisaspekten gemacht, die ich hier noch folgendermaßen ergänzen möchte:
3. Voraussetzung für einen elektrisch gut leitenden Aufbau ist eine saubere Aufarbeitung der alten Gleise, egal ob man später galvanisieren lässt oder nicht.
4. Das Ergebnis der Galvanisierung kann über viele Jahre sehr gut sein, wenn der Galvanisierbetieb eine saubere Arbeit abliefert. Wenn man Pech hat, kann's aber heftige Probleme mit Korrosion geben.
So, und nun noch mehr Praxis, weil es nach meiner Erfahrung noch einige weitere Problemstellen gibt, die zu Ärger mit einem schlecht leitenden Aufbau führen können. Diese Problemstellen betreffen Weichen, Kreuzungen, Anschlussplatten und einige Spezialgleise, wie z.B. Drehscheiben. Leute, die Ihre Gleise galvanisieren lassen, werden damit eher keine Probleme haben, weil das Galvanisieren die zu nennenden Probleme von selbst 'übermetallisieren' dürfte.
(Bild 1 - Detail der beiden Abzweige einer 8er Rechtsweiche in unaufgearbeitetem aber sehr guten Zustand)
Ich habe mit den beiden roten Pfeilen 2 Problemstellen markiert. Hier wird nämlich von der Unterseite der Weiche kommend der Strom über die beiden markierten Klammern zu den Abzweigen geleitet. Leider kann es durch Korrosion dazu kommen, dass der Übergangswiderstand zwischen der Klammer und dem Mittelleiterstrang schlecht geworden ist. Da kommt man leider auch bei der Aufarbeitung nicht ran. Der Versuch, die Klammern mit Werkzeug fester zu pressen, hat bei mir auch keine nennenswerte Verbesserung gebracht.
(Bild 2 - Der Ursprung der gleichen Weiche)
An dieser Kontaktstelle 'taucht' der Strom sozusagen in die Tiefe ab. Zum Glück habe ich dort noch niemals einen schlechten Übergangswiderstand beobachtet. Theoretisch müsste es aber möglich sein. Eine Überprüfung ist also vor Inbetriebnahme sinnvoll.
(Bild 3 - Detail der Abzweige einer 12er Kreuzung in unaufgearbeitetem aber sehr guten Zustand)
Wie bereits in Bild 1 (der Weiche) habe ich hier die möglichen Schwachstellen mit Pfeilen markiert. Wieder kann der elektrische Übergang zwischen der Klammer und dem Mittelleiterstrang durch Korrosion schlecht geworden sein.
(Bild 4 - Die Unterseite der Weiche aus Bild 1 und 2
Die metallisch helle Platte stellt die Verbindung zwischen den beiden Klammern aus Bild 1 und dem Stift aus Bild 2 her. Über diese Platte wird der Strom sozusagen unter der Weiche 'durchgereicht'. Oben rechts habe ich mal einen Kreis punktiert dargestellt. In einem einzigen Falle habe ich bisher beobachtet, dass sich dort ein zirkulärer Haarriss in der Märklin-Lötung befand. Die dreiecksförmige Platte ließ sich an dieser Stelle hin und her bewegen. Der Übergangswiderstand war schlecht. Es dürfte sich wohl um eine sog. 'kalte Lötstelle' gehandelt haben, die dann irgendwann durch mechanische Spannung zu dem Haarriss geführt hatte. Da es offenbar eine Weichlötung ist, war die Reparatur einfach: 30W Lötkolben und etwas neues Lötzinn (bitte nur mit säurefreiem Flussmittel).
(Bild 5 - Die Unterseite der Kreuzung aus Bild 3)
An den 4 'Ecken' der hellen Metallplatte sind wie schon bei der Weiche die Lötstellen der Klammern aus Bild 3 zu erkennen. Prinzipiell könnte es hier zu dem gleichen Problem kommen, wie ich es soeben für die Weiche beschrieben hatte.
(Bild 6 - Eine Anschlussplatte von unten)
Die beiden roten Pfeile markieren die beiden Laschen der Klemme für den Mittelleiteranschluss. Letztlich muss der Strom sauber von dem geraden Metallstrang (grüner Pfeil) zu den beiden Laschen übertragen werden. Durch Korrosion ist das bei mir recht häufig (!) nicht der Fall gewesen. Wenn eine oder beide Muttern der Anschluss-Stifte hingegen nicht fest genug sind, beseitigt ein festeres Anziehen einen schlechten Kontakt an dieser Stelle garantiert.
Die 3 mit Pfeilen markierten Stellen lassen sich jedoch kaum durch festeres Anpressen der Laschen verbessern. Ich habe dann eine Weichlötung mit einem 30W Lötkolben durchgeführt. Zuvor mussten die zu lötenden Stellen aber metallisch 'frisch' aufgearbeitet werden (siehe weiter unten), weil anderenfalls eine Lötung so gut wie unmöglich ist.
(Bild 7 - Unterseite einer weichgelöteten Anschlussplatte)
Die so aufgearbeitete Anschlussplatte leitet wieder perfekt. Die bräunliche Substanz um das Lot herum ist kein Rost. Es ist ledigl. das hart gewordene (säurefreie!) Flussmittel.
(Bild 8 - Vergrößertes Detail einer durch Weichlötung wiederhergestellten Weiche)
Vor Aufarbeitung war diese Weiche in einem rel. schlechten Zustand (viel Rost). Man erkennt in dieser deutlichen Vergrößerung noch ganz gut eine Reihe von Lakunen an der Oberfläche vor allem des oberen Außenleiters. Diese hatte der Rost gefressen. Sie ließen sich auch nicht vollständig mit Sandpapier einebnen. Der Funktion tut's aber keinen Abbruch. Die Lötstelle ist etwa in Bildmitte. Sie verbindet die Klammer und den Mittelleiterstrang.
Die Lötstelle sieht auf dem Bild nicht ganz so gut aus - die schwarzen Flecken. Das ist aber keine Korrosion! In Wirklichkeit ist alles schön metallisch glänzend. Die schwarzen Flecken sind Lichtreflexe auf der Oberfläche. Ich habe das leider beim Fotografiern nicht besser hingekriegt. Das Braune drumrum sind wieder Flussmittelrückstände. Ich war zu faul, die auch noch zu beseitigen.
Damit die Weichlötung an der nicht ganz einfach zugänglichen Stelle auch gut klappt, muss v.a. im Übergangsbereich zwischen der Klammer und dem Mittelleiter die Metalloberfläche 'frisch' sein. Anderenfalls müsste das rel. schlecht leitende Lot eine zu große Distanz überwinden. Und ewige 'Braterei' mit dem Lötkolben macht auch keinen Spaß. Das 'Anfrischen' der Metalloberfläche führe ich mit einer Nylon-Trennscheibe im Dremel (Schutzbrille!) durch. Damit kommt man am besten in den Spaltbereich zwischen der Klammer und dem Mittelleiter. Auf der so vorbereiteten Oberfläche verteilt sich dann das Lot so gut, dass es eine wahre Freude ist! Ob sich der Stift in Bild 2 (dort Pfeil) allerdings auch so gut bearbeiten ließe, weiß ich nicht. Zum Glück hat sich bei mir dieses Problem noch nie gestellt.
Wer in Bild 8 oben genauer hinsieht, erkennt evtl., dass ich die Radführung mit Tesafilm abgeklebt habe. Ich habe nämlich festgestellt, dass einige Loks beim Überfahren von Weichen an dieser Führung ganz kurzfristige Kurzschlüsse verursachen. Darunter leidet natürlich v.a. die Lok.
Ich hatte eingangs auch noch Drehscheiben als Problemkanditaten angesprochen. Dafür habe ich leider keine Bilder gemacht. Aber, wer einmal das Prinzip verstanden hat, welches hinter den oben dargestellten Problemen steckt, sollte auch dort in der Lage sein, entsprechende Reparaturen durchzuführen.
Zusammenfassung: Neben den in vorangegangenen Beiträgen bereits ausführlich dargestellten Kontaktproblemen am Mittelleiter 'normaler' Gleise (Geraden und Bögen) können auch Weichen, Kreuzungen, Anschlussplatten und einige Spezialgleise v.a. am Mittelleiter subtile weitere Kontaktprobleme verursachen. Es ist also außerordentlich sinnvoll, nach einer Aufarbeitung der genannten 'Kanditaten' eine Überprüfung mit einem Ohmmeter durchzuführen, um ggf. einschreiten zu können. Eine Galvanisierung dürfte die genannten Probleme mit hoher Wahrscheinlichkeit 'von selbst' beseitigen.
Puh! Zum Thema 'elektrische Kontaktprobleme' bei alten Blechgleisen fällt mir nun nichts Weiteres mehr ein. - Dem Fahrspaß sollte nichts mehr im Wege stehen!
Viele Grüße
Thomas