diese Spur I Carette Storchenbeinlok dürfte um die 100 Jahre alt sein. Ich habe sie vor einem dreiviertel Jahr in einer Auktion erstanden. Leider war bisher keine Zeit dafür..und sie wurde erst einmal weggestellt. Am vorletzten Wochenende konnte ich die Maschine jedoch auf ihre Funktionsfähigkeit hin prüfen, denn sie soll am dritten Advent zu Plandiensten im Rahmen unserer nächsten öffentlichen Fahranlage (Sporthalle Ludwigslust, MV) eingesetzt werden.
So sieht die Lok nun aktuell aus:
Seitenansicht...... die Lok selber ist handlackiert (Originalzustand)
Ansicht von vorne mit den beiden "Schienenräumern"
Ansicht mit dem lithographierten Tender, im Führerstandshaus die "Umschaltstange"
Nun,..... die erste Druckluftprüfung fiel ernüchtend aus. Zwar bewegten sich die Kolbenstangen und auch sonst konnte alles von Hand durchgedreht werden, ein Rundlauf kam jedoch so gut wie nicht zustande.
Übrigens ist diese Maschine mit einem Umschaltblock zur Umsteuerung der Dampfzufuhr ausgestattet, es gibt sie auch noch in der einfacheren Bauart. Diese Technik mit oszillierenden Zylindern ist ja recht einfach und arbeitet eigentlich sehr zuverlässig. Dampfverluste können natürlich auch an anderer Stelle auftreten, zumal die Lötstellen ja schon 100 Jahre auf dem Buckel haben.
Nachdem nun "Einweichversuche" zur Lösung der alten Öl/Kalkrückstände ohne Erfolg blieben und auch sonst kein mechanischer Fehler (z.B. Fehlstellung der 2-fach verschraubten Schieberspiegel) erkennbar war , habe ich heute kurzerhand in unserer Werkstatt mit 2 Kollegen zusammen eine Instandsetzung vorgenommen...und in 3 Stunden war alles erledigt.
Zerlegung.......... wie schön, die vorderen Räder sind verschraubt und liessen sich sofort lösen.
hier die obligatorische "Menüschale".....
Richten der Treibräder (Rundlaufoptimierung) war schon letzte Woche erledigt; auch...Kolben /Zylinder zerlegt und auf Kompression geprüft. Flächen der Schieberspiegel bzw. der Zylinder gereinigt und etwas angeschliffen ebenfalls.
Nun ging es ans "Eingemachte".....Wir hatten einen dringenden Verdacht, der sich dann wohl auch als Ursache bestätigt hat. Das seht Ihr hier auf dem Bild:
Nun... die Lötung der oberhalb des Kessels liegenden "Dampfverteilung" , also Frischdampf/ Abdampf schien vor Jahrzehnten "nachbehandelt" worden zu sein. Diese Lötstellen waren sehr dick und unfachmännisch, ......wir vermuten, dass Lötzinn tw. in die Dampfleitungen hinnein gelaufen war und sich dort dann verewigt hatte.
Ein gerupftes "Huhn"
Und wenn man schon dabei ist, wird auch gleich der Umschaltblock gereinigt (ab damit in die Lösungsmittelwanne) und anschließend mit Pressluft ordentlich durchgeblasen...
Natürlich müssen die alten Lötrückstände oben an den Dampfleitungen entfernt werden. Ansonsten empfieht es sich nicht !!! irgendwelche Maßnahmen an den Lötstellen unten am Umschaltblock durchzuführen, vorausgesetzt dort war alles löttechnisch dicht bzw. dampflochmäßig offen.. was bei diesem Exemplar zum Glück der Fall war.
Hier der vorsichtig von Brennrückständen gereinigte Kessel.....
Nun kann wieder montiert /zusammengelötet werden (wir benutzen einen Lötkolben 200 Watt). Die beiden Dampfleitungen und das zum Schornstein führende Abdampfrohr vorsichtig wieder in die Verteilung oberhalb des Kessels einführen (leichte Vorspannung ist da hilfreich), möglichst auf waagerechte Ausrichtung achten.
Montage der Schieberspiegel und das ist wichtig: deren richtige Einstellung/Fixierung mittel der beiden Schrauben
so wie hier zu sehen, sollte das Ganze dann etwa aussehen (die Kolbebstange hat exakte "Flucht" zur Achsmitte des Treibrades):
Na.... dann noch die Zylinder montieren, ....kleinere Restarbeiten.. und der wie immer spannende Moment....
Jo.. die Lok läuft nun einwandfrei mit Druckluft, vorwärts - wie auch rückwärts...Klar.. Überraschungen kann es unter Dampf noch geben, ich bin da aber ganz otimistisch. Gelegentlich berichte ich noch kurz von der "Endabnahme" bzw. zeige dann noch bewegte Bilder (sofern daran Interesse besteht).
Das war's von mir auf die Schnelle... Viele Grüsse.. Michael...
Hallo Michael,wieder ein "super" Bericht ,wie ja alle Deine Erklärungen über das "alte Blechel". Bin schon wieder neugierig über Deine Fortsetzung. Mit "alten Blechle" Gruß Gunter
nun habe ich es heute endlich geschafft, die Lok mal probelaufen zu lassen. Denn am kommenden Wochenende ist ja schon die grosse Eisenbahnausstellung in der Sporthalle Ludwigslust, wo die Lok laufen soll.
Hier ist alles bereit auf dem Basteltisch....
Der Brenner in Nahansicht (noch mit den alten Dochten)
es brennt schon....
die alten Dochte habe ich übrigens gleich wieder "rausgeschmissen"..... dafür kamen dann diese Dochte in den Brenner, die natürlich noch zurechtgeschnitten wurden.
So die Lok abgeschmiert, ausreichend Spiritus befüllt und vor allem, genügen Wasser in den Kessel....... dann ging es los...
Zu meiner Freude war alles recht dicht, klar. hier und da zischt es immer....und die Lok war sehr schnell auf Betriebtemperatur..
freut mich..der Sound macht sich für dieses "kleine Feuerteufelchen" ja schon recht gut.. Beim Dampfablassen zum Schluss gab es übrigens ordentlich Krach (auch die Pfeiffe war gut zu hören).. na evtl. filme ich dann mal nächstes Wochenende beim Betrieb.
Gratulation zum erfolgreichen Dampfbetrieb der Carette Strochbeinlok ! Hätte mich sehr gewundert, wenn du das gute Stück nicht zum Leben erweckt hättest !!! Auch diese Loks vermittelt jedem Dampflok-Freund Musik in den Ohren. Schön auch wiederum dein Reparatur-Bericht. Wenn man dazu in der Lage ist, bereitet auch das viel Freude.
Dein Youtube-Video regt mich zu weiteren "Taten" an.....
danke für die Glückwünsche zum bestandenen Probelauf der Carette Stochenbeinlok und ebenfalls Euch allen einen schönen 2. Advent. Spiritusbetrieb kann ja sehr viel Freude bereiten, man muss sich nur ausreichend mit dem "Fahrobjekt" vertraut machen, jede Lok ist da etwas andes, einige sind gutmütig, andere manchmal eher zickig....mit viel Spucke und Ausdauer bekommt man das aber meistens in den Griff...
#9 von
Dampfmaschinenjoe 1967
(
gelöscht
)
, 05.12.2010 20:27
Hallo, Michael, Ich bin angetan davon wie zuverlässig die Loks aus der Frühzeit des Modellbahnwesens doch sind . Die alte Loki hat sich dank eures Einsatzes doch wieder bewegen lassen. Die alten Blechlokis sind den Einsatz immer wert! Toller Bericht und toller Film! Ob neues Spielzeug so lange hält ?