Guten Tag zusammen!
Und ja, Ihr habt euch nicht verhört, es geht hier wie beim Vorbild um eine denkmalgerechte Instandsetzung von alter Bausubstanz. Doch warum das Ganze?
Jedem Kenner der Materie ist klar, dass sich die Modellwaren der vergangenen Tage in der Regel nicht vermehren, im Gegenteil sogar - durch begabte Bastlerhände werden laufend mehr und mehr alter Modelle "verschlimmbessert", oder gar entstellt. Aber auch das Lagern auf dem Dachboden mit wechselhaften Temperaturen, oder in dem feuchten Keller, tragen nicht zur Erhaltung alter Modelle bei. Und selbst in der Sammlervitrine nagt der Zahn der Zeit an den Modellen. Also: Unterm Strich werden sie immer weniger. Daher macht es in meinen Augen schon Sinn, nach einer originalgetreuen Erhaltung von alten Modellen zu streben.
Gesagt, getan: Die letzten Tage und Wochen habe ich viel Zeit damit verbracht, das Forum nach brauchbarem Wissen darüber zu durchforsten. Und dabei sind mir auch einige Dinge aufgefallen: Sehr gut finde ich zum Beispiel, dass timmi68 sich die Mühe gemacht hat, und sämtliche Beiträge zu dem Thema systematisch verlinkt hat. Auch an dieser Stelle möchte ich ein Dankeschön an alle Beitragsersteller zu dem Thema aussprechen, die sich die Mühe gemacht haben und ihr Wissen fleißig geteilt haben. Aber eine Sache habe ich trotzdem vermisst: Einen übersichtlichen Leitfaden zur denkmalgerechten Instandsetzung alter Bausubstanz.
Hier und da ist natürlich viel brauchbares Wissen mit dabei, allerdings muss der mögliche Restaurator sich dieses Wissen mühselig aus den ganzen Beiträgen herauslesen und dabei noch unterscheiden, ob das Wissen jetzt wirklich zu einer originalgetreuen Instandsetzung beiträgt oder eher einem subjektiven Geschmack geschuldet sei. Um mich jetzt nicht falsch zu verstehen: Es soll hier nicht um eine Instandsetzung nach dem subjektiven Geschmack gehen, sondern wirklich um eine Instandsetzung nach dem Original! Und gerade die Unwissenheit zu diesem Thema hält viele davon ab, sich mal an eine denkmalgerechte Instandsetzung heranzuwagen. Ein übersichtlicher Leitfaden jedoch könnte hier für Abhilfe sorgen, Wissen systematisch zu ordnen, und auch dazu beitragen, dass uns viele alte Modelle auf möglichst lange Zeit erhalten bleiben.
Erklärtes Ziel dieses Beitrags ist also, gemeinschaftlich einen solchen Leitfaden zu schaffen. Dazu habe ich mir natürlich auch schon einige Gedanken gemacht und etliche Fragen, die es dafür zu klären gibt, in eine systematisch sinnvolle Reihenfolge gebracht.
1. Bestandsaufnahme: Was habe ich vor mir und was ist zu tun? Das ist der erste Punkt, der vor einer möglichen Instandsetzung ausführlich geklärt werden muss.
1.2. Welche Version habe ich von diesem Modell?
1.3. In welchem Zustand befindet sich das Modell? Eine Wichtige Frage für den Maßnahmenplan!
1.4. Beschaffung von allen Informationen zum Original: Bilder, Beschreibungen, Materialbeschreibung, etc. Wo bekommt man so etwas her?
1.5. Feststellung von möglichen Veränderungen durch einen Bastler. Wie können diese wieder zurückgebaut werden?
1.6. Feststellung der Fehlteile. Was fehlt? Was muss neu beschafft oder neu angefertigt werden?
1.7. Anfertigung eines Maßnahmenplans für die Instandsetzung.
2. Inwiefern ist eine Aufwertung möglich? Dieser Punkt ist optionaler Natur und richtet sich hauptsächlich an die, die ihr Modell denkmalgerecht aufwerten wollen.
Damit Zusatzkonstruktionen, oder gar eigene Neuschöpfungen, auch zu den Modellen der bekannten Hersteller passen, muss hierbei ein Maßstab von 1:100 oder 1:110 gewählt werden. Laut Erfahrungswerten entspricht das in etwa den angewandten Maßstäben älterer Modelle.
2.2. Eine weitere Aufwertungsmöglichkeit kann allerdings auch eine nachhaltige Veränderung am Modell selbst sein. Beispiel: Faller hat seinen Rauputzeffekt mit feinem Sand und Farbe erzielt, der allerdings durch die generelle und unvermeidliche Alterung häufig seine Haltbarkeit verliert. Originalgetreu wäre jetzt per Definition eine Instandsetzung mit genau den selben Materialien und Methoden, doch sind die wirklich sinnig und nachhaltig? Können nicht auch andere Materialien und Methoden den selben Effekt zu einer höheren Langlebigkeit erzielen? -Mehr dazu unter Punkt 5.
2.3. Einbindung der Aufwertungen in den Maßnahmenplan.
3. Behebung von Wasserschäden. Ein wirklich schwieriges Thema, aber häufig anzutreffen und besonders schwerwiegend, wenn Grundplatten mit originalen Herstellermarken betroffen sind oder das Bauwerk total verzogen ist.
3.2. Wie behandle ich Wasserschäden an Papp-/Kartonteilen?
3.3. Wie behandle ich üble Gerüche?
3.4. Gibt es eine Möglichkeit, um originale Herstellermarken zu retten?
4. Neuanfertigung von Bauteilen aus Holz, Pappe oder Karton.
4.2. Materialkunde; Welches Holz ist für welchen Zweck zu verwenden? Welche/r Pappe/Karton eignet sich für Instandsetzungsarbeiten?
-2mm Karton
4.3. Anfertigung von Teilen aus Holz.
4.4. Anfertigung von Teilen aus Pappe/Karton.
Werkzeuge:
-Stahllineal
-Skalpell
-Anschlagwinkel
-Minenbleistift
-Teppichmesser
-Schneideunterlage
-Schleifpapier
4.5. Anfertigung komplizierter Formen, Dachteile zum Beispiel.
4.6. Alles eine Frage des Klebers. Welcher Kleber ist für welchen Zweck besonders gut geeignet?
5. Rauputzeffekte und deren Haltbarkeit. Andere Effekte.
Erstellung von Rauputz bei Faller Modellen:
Die zu verputzenden Fassadenteile werden vorab mit einem Kleber bestrichen. Anschließend wird das Putzmaterial draufgestreut. Als Putz eignet sich hervorragend Hartweizengries.
Erstellung von Rauputz bei Vau-Pe Modellen:
Die zu verputzenden Fassadenteile werden vorab mit einem Kleber bestrichen. Anschließend wird das Putzmaterial draufgestreut. Als Putz eignet sich hervorragend Hartholzsägemehl.
5.2. Mit welchem Klebstoff wird der Rauputz aufgetragen?
5.3. Wie wird Rauputz farblich behandelt?
5.4. Welche Materialien eignen sich für Dacheffekte? Wie wende ich diese Materialien an?
Für Dacheffekte sollen sich alte Toilettenpapiere ganz gut eignen, hat jemand welche Rollenweise gehortet?
5.5. Wie erschaffe ich Holzeffekte/Holzfassaden/Blockhauseffekte? Welche Materialien eignen sich?
5.6. Wie bekomme ich eine bestmögliche Mauersteinfassade hin?
5.7. Wie erhalte/erneuere ich Natursteinmauern?
6. Wahrung der Farbharmonie. Dieser Punkt ist meines Erachtens nach viel zu unterschätzt! Die Farbe muss dem Original möglichst nahe kommen, um seinen ganzen Charakter nicht zu verfälschen. Häufig sehe ich gute Instandsetzungen, die leider alle an einem Punkt scheitern: Der Farbharmonie! Das ist mir selbst schon passiert, bei meinem Vau-Pe Bahnhof, den ich vor einiger Zeit instandgesetzt habe. Zum Beispiel sind die Grüntöne der am Markt erhältlichen Streumaterialien viel zu "giftig" und entsprechen im weitesten Sinne nicht denen, die seinerzeit verwendet wurden. Auch Dach- und Putzfarben sind nicht so einfach abzustimmen. Farben dürfen grundsätzlich nicht zu "knallig" sein! Der Kontrast darf nicht zu scharf sein.
6.2. Welche Art von Farben verwendet man am besten?
6.3. Wie beschaffe ich mir diese Farben? Wie mische ich sie mir an? Gibt es gute Produkte auf dem Markt?
6.4. Wie bemale ich das Modell richtig?
6.5. Wie erschaffe ich Alterungseffekte, sodass ein Modell nicht all zu sehr nach "Wie aus dem Ei gepellt" ausschaut? Die Modelle sind alt, und dürfen auch zu Recht alt aussehen, denn das macht ja ihren Charakter aus. Jedoch kommt man bei beschädigten Modellen nicht um eine Instandsetzung herum, was die Modelle meist zu neu aussehen lässt. Besonders auffällig ist es dort, wo nur Einzelteile instandgesetzt werden. Um diesen Kontrast etwas anzugleichen gibt es Mittel und Wege. Bei einer denkmalgerechten Instandsetzung geht es nicht nur darum, marode Substanzen zu erneuern, sondern es geht auch darum, einen Charakter, ein geschichtlich gewachsenes Erscheinungsbild zu wahren. Helfen kann dabei schon ein seichter Farbauftrag, der frische Farben etwas abtönt, oder den Schmutz der Zeit nachahmt. Aber auch nicht falsch verstehen: Es geht nicht um die Alterung im klassischen Sinne mit Ruß und Wettereffekten!
7. Erneuerung von Fenstern und Türen aus Pappe/Karton/Papier.
7.2. Materialkunde: Welches Material eignet sich für Fenster, Türen, oder sonstige kleine Details?
Ein heißer Tipp für Fensterläden: Alte Kabelbinder in Stücke schneiden, anmalen und mit der glatten Seite aufkleben.
7.3. Welches Werkzeug nutze ich, um diese filigranen Teile anzufertigen?
7.4. Wie erschaffe ich Holzeffekte bei Papp-/Kartontüren?
7.5. Worauf ist bei der Bemalung zu achten?
7.6. Was eignet sich als Fensterglasersatz? Welche Materialien wurden am Original verwendet?
Nachbau von Cellonscheiben:
Fenster können aus transparenter Folie hergestellt werden. Besonders eignet sich Mobilefolie, da diese eine entsprechende Dicke aufweist. Ein „Milchglaseffekt“ kann durch das einseitige Auftragen von mattem Klarlack erzielt werden.
Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit mit dem Produkt „Micro Kristall Klear“ kleinere Fensteröffnungen zu verglasen.
8. Behandlung/Beschaffung von alten Kunststoffteilen.
8.2. Welcher Kleber eignet sich für Kunststoffteile?
8.3. Wie kann ich Kunststoffteile instandsetzen, ggf. auch neu lackieren?
8.4. Wie behandle ich die Verfärbung von weißen Kunststoffteilen?
8.5. Wie behandle ich verformte Kunststoffteile?
8.6. Wie gehe ich mit brüchigen Kunststoffteilen um?
9. Vorbildgerechte Begrünung. Auch immer wieder ein heißes Thema mit dem wohl größten Effekt am fertig instandgesetzten Modell.
Das lässt sich ganz gut an Originalaufnahmen aus alten Katalogen oder an Bildern von gut erhaltenen Modellen festmachen. Sofern das Modell vor einer Instandsetzung aber noch recht vollständig ist, sollten unbedingt Bilder angefertigt werden. So kann die Begrünung nachher möglichst originalgetreu wiederhergestellt werden.
9.2. Welches Material kann ich verwenden? Gibt es gutes Material auf dem Markt, oder muss es selbst hergestellt werden? Meines Erachtens nach eignet sich das auf dem Markt erhältliche Streumaterial nicht für eine denkmalgerechte Instandsetzung, da die Farben viel zu stark von den originalen Farbharmonien abweichen. Helfen kann da nur die eigene Herstellung! Jedoch geht es dann um das Wie, und mit welchen Mitteln?
Material für die Begrünung von Faller Modellen:
Zum Begrünen eignet sich am besten natürlich das Originalmaterial der Zeit. Wer hier über Restbestände verfügt, kann sich wahrlich glücklich schätzen. Andernfalls muss das Grünzeug aus Sägemehlstreu selbst hergestellt werden, da die Farben der aktuell am Markt erhältlichen Streumaterialien sehr unharmonisch sind und nicht jenen des Originals entsprechen.
Selbstherstellung?
Recycling von Originalgrünzeugs?
Material für die Begrünung von Auhagen Modellen:
Für die Nachbildung von Blumen an Fensterbänken wurden am Original Sandstrohblumen verwendet. Erwerben kann man diese in einer Apotheke als „Katzenpfötchen“. Zur Färbung gibt es zwei Hinweise: Einmal soll sich Wasserfarbentunke als nützlich erwiesen haben und zum anderen wäre eine Färbung mit Rote Beete Saft denkbar. Allerdings ist dabei um Vorsicht geboten, denn die Blumen verschließen sich beim Kontakt mit Feuchtigkeit und öffnen sich beim Trocknen wieder nur sehr geringfügig.
Für die Nachbildung von kleineren Bodengewächsen wurde am Original langfaseriges Moos verwendet. Beim Waldspaziergang kann man sich damit ordentlich eindecken.
9.3. Welcher Klebstoff eignet sich und wie wird ein originalgetreuer Effekt erzielt?
Klebstoff für die Begrünung von Faller Modellen:
Gute Ergebnisse wurden bereits mit Holzleim erzielt. Dazu wurde das entsprechende Streumaterial mit dem Holzleim zu einer Formmasse vermengt und anschließend aufgetragen. So lassen sich auch hervorragend die üppigen Formen des Originalgrünzeugs nachbilden.
Besondere Techniken?
9.4. Wie muss die Begrünung nachbehandelt werden?
Nachbehandlung für die Begrünung von Faller Modellen:
Nach dem Trocknen der Formmasse können noch kleinere Details, wie zum Beispiel Blüten, mit Acrylfarben aufgetragen werden. Im Falle der Blüten werden ganz feine Punkte mit einem feinen Pinsel aufgetupft.
Das waren jetzt ersteinmal alle Fragen, die mir so eingefallen sind. Viele Fragen müssen vom Restaurator selbst beantwortet werden, nach dem Modell und dessen Zustand. Aber bei den ganzen Fachfragen über das Wie und mit welchen Mitteln, seid Ihr gefragt! Gerne nehme ich auch neue Fragen mit auf, und/oder nehme Änderungen an den bestehenden Fragen/Punkten und deren Sortierung vor. Jetzt soll zuerst das ganze Wissen dazu gesammelt werden. Wer Antworten auf Fachfragen hat, kann diese mit der jeweiligen Nummer versehen, um einen klaren Bezug zu schaffen. Auch bei Sortierungsvorschlägen helfen die Nummern weiter. Ich werde diese Zusammenstellung nach den neuen Erkenntnissen aus den einzelnen Beiträgen immer wieder bearbeiten. Wenn zu den einzelnen Punkten viel Wissen zusammengetragen wurde, kann die Frage in Angriff genommen werden, welche von den Antworten einer denkmalgerechten Instandsetzung am nächsten kommt. Generell ist Eure Meinung dazu gefragt. Was ist für Euch eine denkmalgerechte Instandsetzung?
Ich bin gespannt auf Eure angeregten Beiträge, und hoffe am Ende den Modellbahnfreunden einen Leitfaden zur denkmalgerechten Instandsetzung von alten Modellhäuschen und deren Zubehör aus gemeinschaftlicher Arbeit mit an die Hand geben zu können. Wer zu bestimmten Fällen auch Bildbeiträge hat, und damit einverstanden ist, dass diese mit dem Leitfaden im Forum veröffentlicht werden, kann diese auch gerne mit beisteuern!
Beste Grüße,
Jonathan