Ich möchte hier ein Diskussionsbeitrag aus dem vorangehenden Jahr wiederaufnehmen, jedoch in einer etwas anderen Form.
Die Frage lautet:
Was konnte sich ein Mitarbeiter einer Eisenbahn- oder einer Strassenbahngesellschaft für sich oder seine Kinder an Spur 0 Modelleisenbahnen von Märklin um das Jahre 1935 leisten.
Dazu ein Link der Durchschnittslöhne und ein Bild aus einem alten Modelleisenbahnkatalog:
oder im Schnitt in den Jahren 1932 bis 1943 etwa 155,00 RM pro Monat
Dies entspricht der Tariflohn Entwicklung, dem Monatslohn pro Monat, dem Duchschnittslohn eines verheirateten Arbeiters mit 2 Kinder. 1 Reichsmark entspräche Heute ca. 3,50 bis 4,00 Euro. Die Reichsmark war offizielles Zahlungsmittel von 1924 bis 1948.
Ausschnitt aus dem Märklin Spur 0 Katalog von 1935, eine elektrische Lokomotive RS 66/12920 kostet 20,00 RM. Quelle: Print Screen von einem Kollegen zur Verfügung gestellt wohl GNU-Free, da Katalog aus dem Jahre 1935.
Gemäss Diskussionen mit einem Kollegen waren die Löhne im Deutschen Reich Mitte und Ende der 1930er Jahre mehr oder weniger stabil. Es soll damals und dies auch am Anfang es darauffolgenden Zweiten Weltkrieg, nicht zu grundlegenden Lohnerhöhungen gekommen sein.
Durchschnittslöhne sind immer ein bisschen schwierig zu Interpretieren. Um hier etwas handfesteres für den Start der Diskussion zu haben wäre mir folgendes dienlicher: Wie viel wurde einem Mitarbeiter einer Eisenbahn- oder einer Strassenbahngesellschaft Ende des Monats auch tatsächlich ausbezahlt. Beispielsweise einem Schaffner der Deutschen Reichsbahn oder einem Wagenführer der Berliner Strassenbahnen.
Wer hat Kenntnisse von solch konkreten Lohnzahlungen. Müsste doch möglich sein so etwas herauszufinden, wir wissen ja sonst alles über die Eisenbahn und Modelleisenbahn.
Ein schönes Wochenende wünscht
BBÖ 1280
Quelle des Bildes aus dem Märklin Katalog nachgetragen.
Wunderbar. Das war genau die Diskussion, die mich interessiert hat.
Eine vereinfachte Rechnung: Nimmt an an, dass der Monatslohn 160 RM war und die RS 66/12920 20 RM gekostet hat, dann sind das 12,5% des Monatslohns. Nehme ich jetzt z.B einen heutigen Monatslohn von 2.500 EUR und sage ich bekomme eine RS 66/12920 für 500 EUR, so sind das 20% des Monatslohns.
Mir persönlich zeigt diese Zahlenspielerei, dass man - in einem Segment, das hoffentlich vergleichbar ist - heutzutage "doppelt soviel" ausgeben muss, als vor 90 Jahren. Dafür bekommt man aber auch eine Antiquität, die immer noch einwandfrei funktioniert.
Schwieriger wird es, wenn man die Lebenshaltungskosten wie Miete, Lebensmittel ... hinzu nimmt.
Meinen Großvater hat 1935 meinem Vater eine R 66/12920 gekauft, mit der wir immer noch spielen. Nun überlege ich mir, wenn ich mir so manchen Wunsch erfülle, ob mein Großvater und ich wohl in einer vergleichbaren Situation waren/sind.
eine wirklich interessante Fragestellung. Über die Lohnhöhe habe ich leider keine Informationen, aber wie schon geschrieben wurde, sollte man die Lebenshaltungskosten und Wohnung mit berücksichtigen.
Meine Großeltern haben mitte der 30er Jahre ein 1000qm Grundstück auf Erbpacht mit einem ansehnlichen Häuschen für 3000 Reichsmark bebaut, für das sie in ungefähr der gleichen Höhe Eigenleistung eingebracht haben. Nehmen wir mal als Gesamtkosten vielleicht 5000 RM. Wohnfläche ungefähr 110qm zzgl. Wirtschaftsanbau, Hühnerstall und Schuppen. Also sagen wir mal Lok entspricht ~0,4% vom Häuschen.
Ich kenne jemanden, der gerade für eine 50qm Eigentumswohnung 240.000 EUR hingeblättert hat. Für 110qm liegen wir dann ungefähr bei 500.000 EUR. Selbst wenn die Lok heute 500 EUR kostet entspricht das nur ~0,1% von einer vergleichbaren Wohnfläche!
Im Verhältnis zur Lok sind die Wohnungskosten also um den Faktor 4 gestiegen!
"Food for thought", wie man heute auf Neudeutsch gerne sagt.
Erst einmal herzlichen Dank für die Antworten. Aber:
Sind das wirklich zu meiner Fragestellung passende Antworten? Ich bin mir da nicht so sicher.
Die Frage war (Zusammenfassung):
Was konnte sich ein Mitarbeiter einer Eisenbahn- oder einer Strassenbahngesellschaft für sich oder seine Kinder an Spur 0 Modelleisenbahnen von Märklin um das Jahre 1935 leisten.
Wie viel wurde einem Mitarbeiter einer Eisenbahn- oder einer Strassenbahngesellschaft Ende des Monats auch tatsächlich ausbezahlt. Beispielsweise einem Schaffner der Deutschen Reichsbahn oder einem Wagenführer der Berliner Strassenbahnen.
Aus der Diskussion entnehme ich, dass das mit den 160 RM pro Monat als Einkommen schon etwa passen könnte. Aber wie sah es denn aus so ein Budget einer vierköpfigen Familie im Jahre 1935 beispielsweise am Stadtrand einer grösseren Deutschen Stadt oder in einer kleineren Stadt? Viel Geld für ein Hobby wird da ja wohl nicht übrig geblieben sein. Zudem wurde sicherlich auch viel gebastelt, was selber gebaut werden konnte, Zubehör nicht einfach so aus dem Katalog gekauft.
als ich vor ein paar Tagen deine Fragen zum Einkommem bzw. den Lebenshaltungskosten eines Vierpersonenhaushalts gelesen habe ergaben sich bei mir zu dem Thema einige Gedanken, die aber wohl nicht repräsenativ für den Durchschnitt der damals arbeitenden Bevölkerung sein dürften.
Beim Durchschauen der Spielzeug-/Eisenbahnkataloge empfinde ich die früheren Preise als " niedrig ", was sie aber im Verhältnis zu den Löhnen, zumindest der von dir benannten Berufsgruppen, ganz sicher nicht gewesen sind.
Erkenntnisse über die bescheidenen Lebensumstände kann man auch Kinofilmen dieser Jahre entnehmen. Was damals als " Luxus " angesehen wurde ist heutzutage normales Verbraucherverhalten. Im Rückblick auf die selbst erlebten 50/60er im Vergleich mit der Gegenwart ist es ähnlich.
Mal so nebenbei bemerkt; heute kann man mit einem Einkommen in den angesprochenen Branchen sicher keine Familie mit zwei Kindern prickelnd unterhalten. Das liegt zum einen an den gestiegenen Ansprüchen, zum anderen an den fixen Kosten vom Wohnraum etc.. Was sicher billiger geworden ist, sind Lebensmittel und Unterhaltungselektronik. Unsere Hobbyartikel dagegen sind stets teurer geworden, Jahr für Jahr. Bei Loks mag man die bedeutend höhere Ausstattung mit Funktionen noch rechtfertigen, bei Gleisen und Wagen ist das allerdings in keinsterweise nachvollziehbar. Ob das nun an den geringeren Stückzahlen liegt, kann ich nicht beurteilen. Wir stöhnen gerne über zu hohe Preise; vielleicht sollte man die Ansprüche herunterschrauben. Eine Lok zu Weihnachten täte es ja auch. Die Freude darüber wäre sicher größer als über Nr. 20 im November. Nur unsere Hersteller fänden das vermutlich gar nicht lustig, wenn der kleinere Umsatz von heute noch kleiner würde. Nicht umsonst haben wir heute aus GP oder Salzburg eine jährliche Neuheitenflut, die vor einem halben Jahrhundert noch für 10 Jahre gereicht hätte.
BTW: Ich kaufe auch zu viel. Und MOBA war immer teuer, sehr teuer.
um Deine Frage, was sich ein Mitarbeiter einer Straßenbahngesellschaft an Spur 0 1935 leisten konnte direkt zu beantworten: Gar nichts! Ich bin mir ziemlich sicher, dass zu der Zeit in einer Arbeiterfamilie (dazu zähle ich die angesprochene Berufsgruppe) kein Geld für große Spielzeuge übrig war. Selbst 20 Jahre später gab es in unserer Familie (Opa war Tischlermeister, Oma hat in Heimarbeit Zigarren gedreht) für meine Mutter (Jahrgang 1940) höchstens ein neues Kleid für ihre eine Puppe. Mein Onkel (Jahrgang 1948) hatte immerhin eine Märklin Dampfmaschine). Urlaub? Fehlanzeige! 1935 wird das meiste Geld für Lebensmittel draufgegangen sein. Spielzeugeisenbahnen in der Spur 0 dürften eher in Haushalten von höheren Beamten, Ärzten oder Fabrikanten zu finden gewesen sein. Die hatten auch den nötigen Platz in ihren Häusern.
da gebe ich Jörg vollkommen recht . So wird es gewesen sein . Märklin war in dieser Zeit , bestenfalls etwas für " Begüterte Kreise " der Gesellschaft , neben dem von Jörg erwähnten Personen Kreis gehörten dazu aber auch gefestigte Selbstständige Kaufleute ,Optiker und höhere Angestellte .
Selbst eine einfache Uhrwerkbahn dürfte schon etwas seltenes unter Arbeiter Familien gewesen sein .
Gruß Andreas
Modellbahn der 60er Jahre,Werbemittel,Gleispläne,Schauanlagen...und FALLER/Vollmer/WIAD Modelle ; https://gleis3601.tumblr.com/
Danke denjenigen die Ihre Bemerkung eingebracht haben.
Ich fasse die Diskussionen hier im Forumsbeitrag und unter Kollegen in den vergangenen Tagen einmal so zusammen:
In den 1930er und 1940er Jahren konnte sich ein Grossteil der Bevölkerung nicht wirklich eine elektrische Modelleisenbahn leisten, dies unabhängig vom zweiten Weltkrieg.
Selbst, wenn bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen von etwa 160.00 Reichsmark in den 1930er Jahren, eine elektrische Lokomotive von Märklin "nur" etwa 20.00 Reichsmark gekostet hätte, musste in den Budgets der Familie andere Prioritäten gesetzt werden. Wenn schon Geld vorhanden war, Beispielsweise für einen Radio. Dies kostete zu dieser Zeit einen Monatslohn, wenn einmal vom Volksempfänger, dem Modell VE 301 abgesehen wird, das noch für einen uneingeschränkten Langwellen und Mittelwellenempfang bestimmt war und damals 76.00 Reichsmark kostete. Aber auch das war etwa ein halber Monatslohn.
Damit bleibt die folgende Feststellung für den Moment im Raum stehen:
Wenn denn unsere Vorfahren mit einem mittleren Einkommen von rund 160.00 Reichsmark in den 1930er Jahren Zuhause technisches Spielzeug besassen, dann waren diese in den 1930er und auch in den 1940er Jahren wohl eher Objekte die weniger kosteten als eine elektrische Lokomotive die bei Märklin "nur" etwa 20.00 Reichsmarkt gekostet hätte.
Konkret könnten dies gewesen sein: - Dampfmaschinen mit Zubehör - Uhrwerkeisenbahn mit einem Oval und mit verschiedenem Zubehör - Metallbaukasten
Märklin Dampfmaschine aus den 1930er Jahren. Bild von einem Kollegen, absichtlich in schwarzweiss zur Verfügung gestellt.
Bleibt aber immer noch eine Frage aus meinen obigen Beiträgen offen:
Was wurde denn einem Schaffner bei der Deutschen Reichsbahn und einem Strassenbahn-Wagenführer einer grösseren Stadt in den 1930er Jahren tatsächlich ausbezahlt. Irgendein Lohnausweis oder so etwas Ähnliches müsste doch irgendwo zu finden sein. Wir wissen doch sonst alles über diese Unternehmen. Wenn nun sowas nicht auf die Schnelle gefunden würde, wo könnten wir denn das mit einem verhältnismässigen Aufwand finden?
BBÖ 1280
Kleiner Nachtrag zu Thema ob unser Hobby heute teuer ist:
Die Antwort ist klar: Nein, unser Hobby Modelleisenbahn ist nicht wirklich teuer.
Warum? Weil wir uns nicht bewusst sind, das andre Hobby auch nicht gerade kostengünstig sind. Skifahren Beispielsweise, oder ein Motorrad. Beides übrigens Hobbys die wie bei einer (Digitalen-) Modelleisenbahn auch eine höhere Anfangsinvestition bedingen. In Form einer Skiausrüstung oder eben eines Motorrades. Das Hobby Modelleisenbahn kann auch kostengünstig ausgeübt werden, wenn man nicht glaubt alles haben zu müssen, oder sich auch auf dem Gebrauchtwarenmarkt eindeckt.