in den nächsten Wochen berichte ich über die Aufarbeitung dieses LIONEL-Sets aus den 30'er Jahren. Es ist ein Börsenfund von Anfang 2019. Durch meinen Umbau/Anbau/Umzug fehlte bisher die Zeit für die Aufarbeitung. Aber jetzt ist wieder etwas Zeit übrig um das Projekt anzugehen. Der Zustand ist auf den ersten Blick durchwachsen. Die Wagen sehen deutlich schlechter aus als die Lok. Verglichen mit dem Titelbild des Buches von Gerry and Janet Souter "America's Favorite Toy Trains" ist der Lackzustand meiner Lok jedoch deutlich besser. Ich habe mich entschlossen, keine große Restaurierung vorzunehmen, sondern nur wenige Ausbesserungen vorzunehmen um möglichst viel originale Substanz zu erhalten. Leider gibt es einige Fehlteile, so dass ich auf Replikateile zurückgreifen muss. Es ist selbst in den USA ein seltenes und begehrtes Set. In Europa taucht so etwas so gut wie nie auf. In dreißig Jahren sammeln habe ich es in Europa noch nie gesehen. Auf jeden Fall ist die Substanz gut, das Set ist selten und begehrt und hat auch seinen Preis - also verdient es auf jeden Fall eine fahrbereite Aufarbeitung. In den nächsten Tagen werde ich zuerst meine Hausaufgaben machen und recherchieren. Dann steht die Bestandsaufnahme und Ersatzteilbeschaffung an. Reinigung, Einbau, Aufarbeitung, Reparatur erfolgt in den nächsten Wochen. Die folgenden Fotos zeigen den Fundzustand. Ich werde weiter berichten...
Ein sehr interessantes Restaurierungsprojekt. Ich werde dem folgen, um die Ergebnisse zu sehen.
Die zwischen 1935 und 1942 produzierte Hiawatha wurde 1988 von Lionel mit den Originalwerkzeugen und -formen neu aufgelegt. Meine Hiawatha ist die Version von 1988 mit der Katalognummer # 6-51000.
in den letzten Tagen habe ich meine Hausaufgaben gemacht... Hier mein Bericht:
Zum Modell: LIONEL brachte das Hiawatha-Set 1935 als top-of-the line Modell zeitgleich zu dem originalen Luxuszug auf den Markt. Es ziert das Titelbild des 35'er Katalogs. Es gab neben dem Personenzug auch ein Güterzugset. Der Güterzug blieb ein Jahr länger im Programm. 1941 lief der Personenzug aus, 1942 der Güterzug. 1988 gab es dann die Neuauflage. Diesen Zug hat Fred ja gezeigt. Mein gezeigter Zug lässt sich durch konstruktive Details auf die Zeitspanne 1937-1939 datieren.
Das Vorbild: Es handelt sich um einen Luxuszug der Milwaukee Road. Er lief etwa von Mitte der 30'er Jahre bis zur Ablösung durch Dieseltraktion in den 50'ern. Er markiert einen Höhepunkt im Bau stromlinienverkleideter Lokomotiven. Der Name Hiawatha (sprich Hei-ä-woffa) stammt von einem legendären Indianerhäuptling. Angeblich konnte er einen selbst abgeschossenen Pfeil rennend einholen. Eine weitere Besonderheit war die Achsfolge 4-4-2 / Atlantic.
Wer dieses Thema vertiefen möchte, sollte mal bei youtube schauen. Es gibt ein paar schöne Vorbild- und Modellvideos.
weiter geht es mit Infos zum Thema Ersatzteilversorgung: Schon beim Kauf fiel mir auf (sehr offensichtlich), dass der komplette Nachläufer fehlt. Dieses Teil ist im LIONEL-Universum einzigartig und nur bei dieser Lok verbaut. Ersatz muss her... Zum Glück gab es ja die Neuauflage von 1988 und die Ersatzteilversorgung sollte in den USA also kein Problem sein. Tja - denkste... Ich habe fast ein Vierteljahr in den USA nach diesem Teil gesucht. Es war bei keinem Händler lieferbar. Ich habe etwa acht Wochen täglich das amerikanische ebay durchsucht bis es endlich auftauchte. Sofortkauf 33 Dollar. Porto, Gebühren und ein paar andere Nebengeräusche summierten sich dann auf rund 70 Euro. Auch wenn viele Käufer auf das "Global-Shipping" von ebay schimpfen... Es hat prima funktioniert und das Teil wurde binnen weniger Tage direkt an meine Haustür geliefert.
Und... "Tadaa... hier isses!"
Es ist kein Originalteil aus den 30'ern sondern ein Reproteil aus den 80'ern. Der Einbau ist unproblematisch. Es wird nur aufgesteckt und mit einem Federring gesichert. Es fehlen noch die "Markerlights", ein paar Achsen und Räder (einige alte Räder sind rissig und bröseln). Diese Teile sind nicht selten und die Beschaffung geht zügig. Räder und Achsen habe ich evtl. noch in meinem Fundus. Am Wochenende gehe ich mal meine Ersatzteilkisten durch.
heute habe ich mal eine Funktionsprobe gemacht....
Die Räder sitzen nicht fest und lassen sich manuell problemlos drehen. Die LIONEL-Motoren sind sehr robust. Ich habe in solchen Fällen keine Skrupel und lege vorsichtig Spannung an... und siehe da - die Lok setzt sich ruckelnd in Bewegung. Auch die "reversing unit" (Fahrtrichtungsumschalter) funktioniert. Natürlich zickt das Ding und schaltet nicht sauber, aber ohne Reinigung und Service nach Jahrzehnten Stillstand darf er das auch. Im Grunde ist die Technik komplett in Ordnung. Eine Reinigung, etwas Fett (!) und Öl sollte für einen sauberen Lauf genügen. Die Rollenschleifer zeigen kaum Verschleiß. Ein Zeichen dafür, dass die Lok nicht viel gefahren ist. Allerdings sind die Laufeigenschaften konstruktionsbedingt eher abenteuerlich. In der Literatur wird beschrieben, dass durch den kurzen Achsstand die Lok schlingert, wippt, schaukelt, rappelt und wackelt. Von einem ruhigen Lauf ist die Lok Lichtjahre entfernt. Das könnte die Begründung für die geringe Laufleistung sein...
Danach kam die "Anprobe" des Nachläufers dran. Der Federring ist schnell aufgeklipst. Den Nachläufer lackiere ich später noch farblich passend zum Rahmen. In den nächsten Tagen widme ich mich aber erstmal der Reinigung von Gehäuse und Technik.
Zitat von FlandersIn der Literatur wird beschrieben, dass durch den kurzen Achsstand die Lok schlingert, wippt, schaukelt, rappelt und wackelt. Von einem ruhigen Lauf ist die Lok Lichtjahre entfernt.
Hallo Frank,
Meine (Replika) Hiawatha macht viel Lärm, läuft aber ziemlich gut (und natürlich läuft es schnell).
sieht sehr gut aus... Ich wünschte, dass ich mit meinem Set auch schon so weit wäre. Aus eigener Erfahrung kann ich noch nichts zum Fahrverhalten sagen. Ich vermute aber, dass die Fertigung in den 80'er Jahren exakter war als in den 30'ern. Auch waren die Schienen qualitativ nicht so gut wie deine verlegten Schienen. Ich bin mal gespannt, wie meine Lok über zeitgenössische Schienen und Weichen und engere Radien hoppelt... Ich werde darüber natürlich berichten, aber das wird noch dauern...
heute habe ich der Lok mal unter's Kleid geschaut, das Kleid wurde gewaschen und das hohe Laufwerk bewundert...
Nach der Reinigung habe ich die beiden roten Markerlights ersetzt. Sie werden später zusammen mit der Frontlampe von innen beleuchtet. In den nächsten Tagen werde ich das Fahrwerk reinigen und die Laufeigenschaften optimieren.
heute ging es mit der Aufarbeitung der Lok in die Endrunde:
Das erste Bild zeigt deutlich den Farbunterschied zwischen dem Replika Nachlaufgestell und den Lokrädern.
Dieses Bild zeigt den Zustand nach der Reinigung. Der Farbunterschied ist kaum noch zu erkennen. Ich werden den Nachläufer nicht lackieren und farblich verändern. Es kann so bleiben. Im montierten Zustand fällt das gar nicht mehr auf.
Leider hat ein Rad vom Vorläufer Gusspest - schade... Hier muss ich noch Ersatz in den USA bestellen. In meinem Fundus habe ich die Größe leider nicht mehr. Bei der kompletten Reinigung verwende ich einen knapp abgeschnittenen Borstenpinsel und Reinigungsöl. Klappt prima! Laufflächen reinige ich mit einer Messingbürste.
Dann habe ich die Fensterfolie ersetzt. Mattierte Folie gibt es natürlich als Ersatzteil in den USA. Ein normaler mattierter Schnellhefter tut's aber auch.
Nicht lachen - ich fixiere die Scheiben mit Weißleim. Im Bedarfsfall ist der ohne Rückstände zu entfernen.
Alles abgeschmiert, zusammengebaut und auf die Schiene gestellt. Licht brennt - Fahrprobe erfolgreich. Leider nur auf gerader Strecke. Meine Radien sind zu eng. Da entgleist die Lok leider. Ich muss mir mal den großen 72inch Radius besorgen. Aber dann geht nur noch Teppichbahning oder ich muss es wie Fred im Garten aufständern. Gute Anregung Fred, ich denke da ernsthaft drüber nach, aber wie überzeuge ich meine Frau...
So, noch mal eine Seitenansicht...
...und die andere Seite. Fertig!!! Die Lok ist schon ein dicker Brummer, sie bringt 2,8 Kilo auf die Waage.
Demnächst geht es hier mit dem Tender und den Wagen weiter.
heute geht es nur um die Bestandsaufnahme des Tenders.
Der Gesamtzustand des Tenders entspricht dem der Lok. Durch Reinigung und Politur geht da noch etwas...
Bis auf eine Achse gibt es keine Fehlteile. Die Verkabelung der whistle (Pfeife) fehlt. Der Stempel 250W irritiert mich. Laut Fachliteratur sollte er 250 TW lauten. Dabei steht das T für Tender und das W für whistle.
Im geöffneten Zustand erkennt man den Motor und den Magnetschalter für die whistle.
Auf dieser Seite sieht man das Gebläse und den Luftaustritt. Die Zuleitungskabel sind sehr bröselig. Die werden demnächst erneuert. Bin gespannt, ob die whistle dann schon wieder funktioniert.
heute erfolgte die Aufarbeitung des Tenders. Hier sind die entsprechenden Fotos mit Beschreibung:
Auf der Gebläseseite wurde die Lagerschale entfernt. Anschließend Reinigung und neue Fettfüllung.
Die Räder und Achsen zeigen wirklich viel Rost. Die Bearbeitung mit einer Messingbürste reichte jedoch schon aus. Die fehlende Achse konnte ich aus meinem Fundus ersetzen. Anschließender Rostschutz mit einem leichten Ölfilm.
Die Verkabelung wurde erneuert. Anschließender Testlauf war sofort erfolgreich.
Die Lok mit Tender ist eine imposante Erscheinung. Der Tender wiegt knapp ein Kilo, die Lok etwa 2,8Kilo - macht zusammen 3,8Kilo. Die Länge beträgt zusammen 57cm.
Ich werde die Lok so belassen. Farbe austupfen hatte ich ursprünglich in Betracht gezogen, aber die Spielspuren und Macken halten sich in Grenzen. Da ist mir der gereinigte Originalzustand lieber. Ärgerlich ist nur, dass sich der Probelauf auf ein paar Metern gerader Gleise beschränkte. Aber die Lok läuft, die Fernschaltung tut's auch und die whistle trötet auch laut genug per Knopfdruck. Soweit: Alles gut!!!
ich brauche einen Durchmesser von 72inch. Das sind etwa 180cm. Üblicherweise wird in Witten nur der 12'er Kreis (Durchmesser etwa 120cm) verlegt. Das reicht noch nicht. Ein 16'er Kreis würde funktionieren. Ich muss da wohl demnächst mal im amerikanischen ebay auf die Suche gehen...
Ein interessanter Bericht über ein schönes und interessantes Zugset.
Aber-Warum zickt die Lok denn auf dem 12er Kreis?
Die mir bekannten Lionel- und Marx-Loks sind eigentlich alle sehr kurvenfreundlich. Erstaunlich, was da so alles noch durch den 8er Kreis läuft.
Am Vorlaufgestell kann es eigentlich nicht liegen, denn das scheint völlig frei ausschwenken zu können. Das B-Triebgestell schafft spielend einen 8er Kreis. Nur bei der Nachlaufachse scheint es etwas enger zu sein. Wie groß ist denn der gesamte Achstand der Lok und wie lang ist die Lok ohne Tender?
danke für den link! Tja, hätte ich 3Meter Durchmesser im Garten... Aber nun denn... Okay - Montag stelle ich die Lok mal in Witten auf den 12'er Kreis. Vielleicht läuft die Lok ja darauf. Der 054'er Durchmesser beträgt ja umgerechnet 137cm. Auch in der einschlägigen Literatur findet sich der Hinweis, dass der 072'er Kreis wegen der langen Wagen eingeführt wurde. Versuch macht klug - Bericht folgt Montag. Wenn es funktioniert kann ich auch Erfahrungswerte über das Laufverhalten des "schlabberig" konstruierten Fahrwerk liefern. Damals wurde das Fahrwerk allerdings sehr gelobt, da es sich eng am Vorbild orientierte und sehr modellmäßig wirkte.
Hallo Frank, wenn Horst am Montag nach Witten kommt, bringt er ja seine Modellgleise wieder mit. Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir auf den Tischen den 16er Radius aufbauen können. Aber: Versuch macht kluch. Bring doch die Lok mit. Vielleicht können wir ja testen.
Martin
Der Mensch ist nur dort ganz Mensch, wo er spielt (Schiller)
bei den Modellgleisen von Horst besteht noch ein weiteres Problem. Die Schienenprofile sind für die Lionel Spurkränze etwas zu flach. Dadurch setzen sie auf den Schwellen auf. Ich erinnere mich noch gut an das "Gerattere"... Ich bringe selber ein paar gerade Gleise von Lionel mit. Dann geht zumindest mal ein Meter vor und wieder zurück...
gestern war Stammtisch in Witten. Hier der LINK zum Foto-Bericht von Udo.
Die Ergebnisse in Kurzform: Die Lok läuft prima! Kein Ruckeln, Schaukeln, Schlabbern oder sonstiges Rumgezappel. Die Spurkränze setzen nicht auf die Schwellen der Modellgleise auf. Die Lok fährt auch problemlos durch den 12'er Kreis. Weichen stellen allerdings eine Herausforderung dar - das lassen wir lieber... Nach drei Runden quittierte der 30-Watt Trafo, den wir in Witten immer verwenden, seinen Dienst. Die Lok zieht einfach zuviel Strom. Der originale ZW-Trafo von LIONEL leistet dagegen satte 275 Watt. Nach wenigen Augenblicken meldete sich dann auch der "kleine" Trafo nach seiner Auszeit wieder zurück zum Dienst. Insgesamt eine erfolgreiche Probefahrt.
Danke nochmals an die Wittener-Truppe, die den Fahrbetrieb durch Bereitstellung und Aufbau von Gleisen und Trafo erst ermöglicht . Zuhause war mir nur eine Werkbank Erprobung möglich.