Die Lok habe ich ca. 2013 bei e... gekauft. Zum Kauf hat mich verleitet: Es ist ein Storchbein, und sehr alt. Obendrein war erkennbar, die Lok hat eine Richtungsumschaltung über Schieber- sie ist also schon komplizierter und damit seltener. Der Zustand ist übel, aber die Lok ist noch zu retten.
Der üble Zustand verspricht einen günstigen Preis- bekomme ich die Lok nicht zum Laufen, habe ich wenigstens nicht zuviel Geld in den Sand gesetzt. Bezahlt habe ich 160 Euro.
Der fehlende Tender hat mich nicht gestört, damals wurden die Tender ohnehin einzeln verkauft.
Nach Erhalt habe ich mir die Lok genauer angesehen. Ich bin sicher, sie ist von Schoenner, das Baujahr vermute ich zwischen 1895 und 1905.
[img]http://up.picr.de/30697378fk.jpg[/img
]Damit ist es meine älteste Lok.
2014 gab es bei e... den passenden Güterzug, 2 offene und ein gedeckter Wagen. Nun war das Ziel klar: diesen Zug soll sie ziehen.
2016 habe ich mit der Reparatur begonnen. Den braun gebeizten Kessel wollte ich so lassen und auch alles andere vorhandene erhalten. Zunächst habe ich die Lok zerlegt, denn sie war "schlimm verbogen" Dabei blieben nur die Rahmenbleche und die Pufferbohle zusammen. Die Rahmenbleche habe ich gerichtet, und dann innen 2 mm Messingbleche eingelötet. Damit wird der Rahmen versteift, und die Achsen sind im Messing „gelagert für die Ewigkeit“.
Auch das Führerhaus und den Brennerhalter wollte ich ausbeulen und erhalten (die alte Lady darf ihre Falten mit Stolz tragen ). Das scheiterte aber daran, daß auf dem Weißblech kein Zinn mehr war. Es ließ sich nicht mehr vernünftig löten. Also habe ich alle diese Teile neu angefertigt. Die „Kotflügel“ über der Treibachse wurden auch erneuert.
Dann ging es an den Brenner. Der war undicht- löten auch hier unmöglich. Also habe ich auch den Brenner erneuert, original ist nur noch die Einfüllschraube.
Der fehlende Schieber für die Richtungsverstellung wurde neu angefertigt. Da das Unterteil erhalten war, war das kein großes Problem.
Nun die ersten Fahrversuche.
(Da diese auf der bestehenden Anlage stattfinden, sollte man vorbereitet sein: Ich habe einen Baueimer halb voll Wasser parat und ein feuchtes Handtuch. Gerät der Brenner außer Kontrolle, wird die Lok im Eimer versenkt. Das klingt pingelig- aber mir ist der Brenner mal übergekocht. Sofort seht ein Keis von 40 cm Durchmesser 30 cm hoch in Flammen!)
Zuerst habe ich die Lok am Kompressor ausprobiert Druck 0,1 bar, winziger Kompressor- sah vielversprechend aus.
Hier habe ich etwas gelernt: Wenn eine Lok mit Kompressor funktioniert, bedeutet das nahezu nichts!!
Mit Dampf lief sie nämlich „fast“ nicht. Mit großer Flamme ging sie vorwärts geradeso, sie brachte kaum sich selbst von der Stelle. Rückwärtsfahrt ging noch schlechter.
Ich habe alles mögliche versucht, und viel Zeit aufgewendet, mit wenig Erfolg.
Dann habe ich herausgefunden, der Kessel ist undicht. (Untere Längsnaht und Rauchkammerdeckel, jeweils mehrere Stellen). Optisch war der Kessel OK, auch beim Probebetrieb fiel nichts auf! Erst mit Druck vom Kompressor und bepinseln mit Spülmittellösung zeigte sich der Fehler.
Ein optisch dichter Kessel kann durchaus (selten) undicht sein.
Nach dem Nachlöten der Leckstellen, weiterer Probebetrieb.
Langsam wurden die Ergebnisse besser.Vorwärtsfahrt ging schon mal recht gut, Rückwärtsfahrt schlecht.
Die Schieberspiegel können im Schraubenspiel ziemlich weit geschwenkt werden, bei Schoenner hatte man damals vermutlich eine Lehre für die korrekte Position. Es gibt Einstellungen, die für eine Richtung sehr gut funktionieren, für die andere aber ganz schlecht. Bei einer nur vorwärts fahrenden Lok mag das die Arbeit erleichtern. Hier mußte ich an beiden Zylindern die optimale Einstellung für beide Richtungen finden. Ich habe mir eine Blindflanschplatte hergestellt. Damit war es möglich, jede Seite einzeln (mit Druck vom Kompressor) zu justieren.
Dabei die Kolben und Zylinder markieren, um sicherzusellen, daß sie immer an gleicher Stelle und Position verbaut werden!
Noch eine Fehlerquelle: Der Schieberspiegel muß genau parallel zum Rahmen stehen. Tut er das nicht, wandert der Angriffspunkt der Kolbenstange am Kurbelzapfen bei jeder Umdrehung von innen nach außen- und wäre es nur um 1mm. Beim Durchdrehen von Hand glaubt man, man kann das ignorieren. Kann man nicht! Unter Dampfdruck wandert der Angiffspunkt nicht, stattdessen hebt sich der Zylinder vom Schieberspiegel ab. Nur eine Winzigkeit- aber es geht Dampf verloren.
Nach vielen Versuchen lief die Lok irgendwann zufriedenstellend.
Nun mußte sie zum Lackieren wieder zerlegt werden.
Und es war an der Zeit, einen Tender anzufertigen.
Der Tender ist ein Fantasieprodukt. Einen möglichst originalen Tender nach Fotos zu erstellen, habe ich mir nicht zugetraut. Ich habe ein Wagenfahrgestell meines Güterzuges nachgebaut. Darauf einen Tenderkasten gesetzt, den ich für 1900- Großbetrieb für stimmig halte.
Dann ging es ans Lackieren. Alles mit Pinsel. Das Ergebnis finde ich zufriedenstellend- original waren Lok und Tender auch handbemalt. Daß ich dem Handmaler von Schoenner von damals nicht das Wasser reiche, gestehe ich zu.
Am Zug habe ich nur den Lack der Fahrgestelle erneuert. Der war nur noch zu 10% vorhanden. Ansonsten bleibt der Zug so wie er ist, man darf ihm sein Alter ansehen.
Nun Zusammenbau und Optikfinish. Der Dampfdom ist ein Drehteil, die Schornsteinkrone auch. Vernickeln lassen wollte ich die Teile nicht, auch die anderen original vernickelten Teile haben die Nickelschicht (fast) nicht mehr. Es gab nur Zaponlack, ich finde es so stimmiger.
Und nun: RAW- Abnahmefahrt. Mit 60 ml Wasser und 14 ml Spiritus zieht die Lok ihren Zug ca. 17 Minuten lang. Dann geht der Brenner aus, und im Kessel sind noch 15 ml Wasser übrig.
(Ich habe Injektionsspritzen zum Abmessen der Mengen. Macht sich gut)
Noch etwas habe ich gelernt. Bei der ersten Testfahrt blieb die Lok immer an der gleichen Stelle stehen. Kurz zuvor drehte die Treibachse 2-3 halbe Umdrehungen durch. Also- Dampfverbrauch ohne den Zug zu bewegen. Testweise habe ich ein Metallteil (33 Gramm) als Ballast ins Führerhaus gelegt.
Das war der letzte Fortschritt! Bei der zweiten Testfahrt blieb das Durchdrehen aus, der Zug überwand die Problemstelle mit knapper Not (aber ganz stabil, bei jeder von 20 Runden) und nahm auf der anschließenden Geraden wieder Fahrt auf.
Nun habe ich noch ein Ballststück zum Einlegen in das Führerhaus gebastelt (68 Gramm).
Mein Fazit: technisch leistet die Lok, was man erwarten kann, soweit ist sie perfekt. Optisch kann man sie zumindest gelten lassen.
Diese Lok entläßt den Abdampf durch den Schornstein. Im Gegenlicht sieht man sie sehr schön "abdampfen".
Der Text ist vor allem für Neueinsteiger ins Dampfhobby. Er soll Mut machen- Bleibe "stur in der Spur", gib nicht auf, dann wird das alte Eisen irgendwann laufen!
An die Profis: Kann jemand meine Einschätzung über das Baujahr der Lok (des Zuges) eingrenzen?
Hat jemand eine passende Dampfpfeife herumliegen, die er nicht selber braucht? Die darf er mir gern anbieten unter mastermurkser@hotmail.com.