Hallo Leute,
Nun mal wieder zum eigentlichen Thema...
Fortsetzung 3
Stationen - Meilensteine - Weiterentwicklung
Schon in allerfrühester Jugend, als ich noch nicht einmal richtig sprechen konnte, waren mir die damals üblichen Automarken bekannt. Ich verblüffte die Leute immer damit, dass ich die Marken der am Straßenrand geparkte Fahrzeuge benennen konnte. Das erkannte ich jedoch zuerst hauptsächlich an den unverwechselbaren Markenzeichen, die mir mein Vater beibrachte (VW, Mercedes, Opel, Ford, Borgward, BMW, Lloyd, Goliath, DKW).
Wenn ich mit meiner Mutter damals auf den Wochenmarkt zum Einkaufen ging, faszinierten mich die vielen verschiedenen Lieferwagen, die entweder in den Seitenstraßen, oder direkt am Marktplatz geparkt waren. Da gab es Tempo Wiking, Rapid und Matador, die Goliath Express und GV 800, der DKW-Schnelllaster, die Ford Transit und die unterschiedlichen Dreiräder von Goliath und Tempo zu bewundern. Natürlich fehlten auch die unvermeidlichen VW Bulli nicht.
Goliath Express 1100 und Tempo Hanseat Tiefpritsche (Fotos Erhard Zhorzel) - den Tempo gab es damals unverglast von Wiking (schon nicht mehr), den Goliath gar nicht
Natürlich musste ich damals versuchen, in jedes Auto hineinzuschauen, um das Armaturenbrett und die Komfort-Ausstattung bestaunen zu können.
Da musste ich mir anfangs ganz schön den Hals recken und bei vielen Fahrzeugen war das noch gar nicht möglich - das Seitenfenster war zu hoch.
Irgendwie faszinierten mich damals vor allem die unterschiedlichen Dreirad-Lieferwagen, die eine irgendwie "urige" Ausstrahlung hatten.
Links mein eigener Tempo Hanseat, fotografiert 1982 neben einem Goliath F200 - daneben ein Foto aus Indien, das um das Jahr 2000 herum von meinem Cousin geschossen wurde. Der indische Tempo war noch in Betrieb (siehe auch die Rechtslenkung).
Immer, wenn ich gefragt wurde, was ich mir wünschte, dann war die Antwort: "Ein Auto".
Ebenso faszinierten mich Eisenbahnen (eher noch mehr), aber die waren zu teuer, um mal eben nebenbei eine neue Lokomotive zu bekommen.
Selbst 40-60 Pfg. für ein Wiking-Modellauto waren damals sehr viel Geld.
So gab es dann anfangs eben die Margarine-Modelle vom Kiosk. Allerdings wurde ich bei älteren Jungs, die bereits Wikinger besaßen, mit diesen kleinen Plastikautos schief angesehen.
Erst, als ich zur Schule ging und eine Modelleisenbahn besaß, gab es dann "richtige" Modellautos von Wiking. Zu diesem Zeitpunkt (1962) waren die unverglasten Wikinger bereits nicht mehr zu bekommen. Lediglich der Post-VW war noch "ohne Fenster" im Programm.
Durch Tausch oder den Kauf von Ladenhütern bekam ich dann jedoch auch einige der Wikinger ohne Fenster in meine Sammlung.
1. Eigenbau-Station - ein Papp-Hanomag von Tante Hampe gebastelt
Je uriger ein Auto war, desto schöner für mich. Opa erzählte mir von einem sehr kleinen ovalen Auto, das in Hannover gebaut wurde und damals so etwas wie ein Volkswagen werden sollte - aber nie wirklich wurde.
Er meinte dieses:
Den Hanomag 2/10 PS "Kommissbrot".
Meine liebe Nachbarin, Tante Hampe, baute mir gleich ein sehr liebevoll gestaltetes Modell des kleinen Hanomag aus Pappe im annähernden H0-Maßstab, beklebt mit Buntpapier - sehr ordentlich gemacht.
Das war sicherlich die "Initialzündung" für meine späteren H0-Automodell-Projekte ("Oh! ...es geht ja, der Eigenbau...").
Das war in der Zeit um 1961. Die Hanomag konnte man dann und wann noch mal sehen - die wurden meistens von Studenten verschlissen.
Leider existiert von diesem Hanomag-Modell kein Foto. Ich hielt es zwar lange in Ehren, aber irgendwann war es kaputt gespielt und wanderte wohl dann in den Ofen.
Die 2. Station kam dann ein paar Jahre später - Papp-Modelle von Dreirad-Lieferwagen mit Wiking-Rädern rollfähig gemacht
Modelle, die ich mir wünschte, die es aber in H0 nicht gab, baute ich mir schon damals aus Pappe selbst.
Es entstand eine ganze Flotte von Dreirad-Lieferwagen für die Spedition Co & Co. Diese Papp-Dreiräder bekamen sogar Wiking-Räder von mir spendiert.
Schade, dass von diesen "Modellen" keine Fotos existieren. Das war um 1965.
So ging das über viele Jahre, die für mich prägend waren.
Irgendwann verlor ich jedoch das Interesse an Autos und wandte mich voll und ganz den Schienenfahrzeugen zu.
Erst nach unserem Umzug in die Wedemark Ende der 1960er Jahre viel mir auf, dass die mir damals vertrauten frühen Fahrzeuge inzwischen fast ausgestorben waren. Die modernen kantigen Formen (man sprach von klarer Linienführung), interessierten mich überhaupt nicht.
Ich vermisste die Opel Olympia, die Ford-Weltkugel, die DKW's und die urigen Lieferwagen der Nachkriegszeit, die ich vor allem damals so zahlreich auf dem Wochenmärkten bewundert hatte.
Hier ein Foto meines verstorbenen Freundes und Auto-Fotografen Erhard Zhorzel. Erhard ging ab ca. 1964 mit seinem Vater auf Autopirsch und fotografierte jedes Auto, das ihm vor die Linse kam.
Da sind natürlich viele Raritäten und Kuriositäten auf Bild gebannt worden. Später gingen wir dann gemeinsam mit Fotoapparat bewaffnet auf die Pirsch. Erhard hatte damals natürlich schon eine gute Kodak-Kamera, ich hatte eine Agfa Box vor dem Bauch hängen.
Das Archiv von Erhard ist wohl heute in Besitz des Opel-Klubs Hannover, da ich das Erbe nicht angetreten habe (mir war es peinlich - es kam mir wie Erbschleicherei vor...).
Heute ärgere ich mich natürlich, das war ein Archiv von mehreren Tausend Fotos.
Wer Auto-Bücher u. a. von Werner Oswald u. Co. in seinem Besitz hat, wird u. U. im Fotonachweis den Namen Erhard Zhorzel finden.
Dieser DKW stand vor dem VW-Werk Hannover-Stöcken (Transporter-Werk) als Imbiss-Wagen. Reinhard Oestmann (Oestmodell) fertigte einen sehr schönen Eisverkaufswagen mit identischen Aufbau aus Resin, der heute nur noch antiquarisch erhältlich ist.
3. Station - Wiederaufnahme der "Experimente" mit Papier und Pappe
So fing ich um 1970 erneut an, mit Papier und Pappe zu experimentieren, um daraus H0-Automodelle anzufertigen (natürlich mit sehr mäßigem Erfolg).
Hier zwei Beispiele von H0-Modellen aus Papier und Pappe. Auch ein Tempo-Citroen-Lieferwagen existierte, den ich allerdings nicht auffinden konnte.
Der Papier-Tempo war mit Humbrol-Farben "stabilisiert", allerdings dadurch völlig verzogen. Er gesellte sich dann auch zu den Margarine-Autos (Fortsetzung 2) auf dem Autofriedhof.
Ein echtes und erstes Ganther-Modell, das überhaupt als solches existiert und bei mir als Erinnerung in der Sammlung bleibt.
Es entstand aus der Erinnerung, da es Unterlagen oder Fotos von Tempos so gut wie gar nicht gab - ich konnte als 15-jähriger jedenfalls nichts auftreiben.
Enttäuscht von meinen Ganther-Modellen? Ich habe es Euch ja gesagt - heute ist ALLES besser!
Hier noch ein Bild von dem Papp-Tempo-Hanseat (Christel von der Post), den ich nach dem ärgerlichen Verziehen des Papier-Modells nochmals aus Pappe gebaut habe:
4. Station und 1. Meilenstein für mich - Eigenbau-Modelle aus Kunststoff-Vollmaterial, Hartholz und Fiber
Ein Pick-Up?
In diese Zeit fiel auch der Umbau eines Margarine-Modells, aus dem ich einen Behelfslieferwagen bastelte, wie er in den frühen 1950ern oft anzutreffen war. Diese Fahrzeuge wurden aus Vorkriegs-PKW zu Kleinlieferwagen umgebaut. Auch dieses Modell bereicherte meinen Auto-Friedhof.
Selbst unzufrieden mit den Ergebnissen suchte ich nach neuen Lösungen und geeigneten Materialien. Im Badezimmer fiel mir eine Haarbürste mit einem Griff aus Plastik-Vollmaterial in die Finger.
Ich betrachtete den Griff und mir ging ein Licht auf...
Das war dann ca. 1972/73
Schlüsselfeilen, kleine feine Werkzeuge etc. waren ja vorhanden, ich bastelte damals ja viel an der Eisenbahn.
Es dauerte nur wenige Tage, dann stand mein Messerschmitt-Kabinenroller in H0 auf Rädern, die ein Wikinger opfern musste.
Mein Bürstengriff-Messerschmitt mit Bleistift-Haube - nach einem alten Wiking-Vorschlag für die Unverglasten
Die Räder drehte ich auf einen passenden Durchmesser ab.
Erstmals war ich mit einem Eigenbau-Modell halbwegs zufrieden.
Es war annähernd wie die unverglasten Wikinger gestaltet, allerdings noch etwas zu pummelig geraten.
So, wie Wiking es in alten Katalogen empfahl, färbte ich das "Glas" (also den Schneewittchen-Sarg-Deckel) mit weichem Bleistift ein.
Es folgten dann gleich ein Fuldamobil S7 in gleicher Bürsten-Bauweise von vorn:
und hinten:
Leider ist diesem Bürstengriff-Fuldamobil die Vorderachse abhanden gekommen
Die Fotos, nach denen ich diese Modell gefeilt habe, seht Ihr oben im Teil 2. Diese stammen auch von Erhard Zhorzel.
Einen Goliath GV 800-Kombinationswagen mit Holz-Fachwerk-Aufbau (Woody) entstand als 3. Modell. Hier war nur die Kabine aus Bürstengriff. Der Aufbau hinten war aus Vollmer-Mauersteinplatten und aufgeklebtem Tesafilmstreifen. Die Mauersteine natürlich innen. Das Modell hatte Radsätze der Borgward Arabella von Wiking, die leider verloren gegangen sind.
Der Goliath GV800 als Kombinationswagen/Woody mit Bürstengriff-Kabine
Dieses Modell entsprach schon recht deutlich dem Original.
Ein Goliath GD 750 (Dreirad-Pritsche) in ähnlicher Bauweise ging verloren, war aber auch völlig daneben geraten.
Ein Lloyd LT 600 Bus aus Hartholz geschnitzt
Als letztes Modell dieser Ära der Versuch eines Goggomobils aus Fiber. Fiber ließ sich viel zu schwer bearbeiten - war ungeeignet.
Alle diese ersten echten Ganther-Modelle waren ziemlich primitiv und an den Stil der unverglasten Wikinger angelehnt.
Aber endlich konnte ich auch Kleinstwagen auf meiner Modellbahn "fahren lassen". Und Lieferwagen, die mir gefielen, hatte ich nun auch.
Irgendwie hat mich nun auch der Wiking-Virus ergriffen und ich reiste viel zu den damals aufgekommenen Tauschbörsen, um meine Sammlung mit noch fehlenden Modellen zu ergänzen.
1979 fand in Walldorf (bei Frankfurt/Main) die größte Tauschbörse Deutschlands, veranstaltet von Duve statt. Dort stellte ich meine Eigenbauten aus. Obwohl sehr primitiv geraten, fanden sie trotzdem positive Beachtung.
Niemals dachte ich jemals daran, eine Kleinserie zu beginnen, bis...
...ich über einen weiteren Meilenstein stolperte
Schnitt
Ich bin froh, dass ich viele der Modelle aus meiner Bastel-Frühzeit aufgehoben habe - sie sind als Erinnerung und als Dokumentation der Entwicklung sehr gut geeignet.
Fortsetzung 4 folgt
Gruß
Uwe Ganther
Schwarz=Fließtext
Blau=Bildüberschriften, Bildunterschriften, Kommentar