Hallo Leute,
Achtung:
Dies ist kein spezielles Fleischmann-Thema, sondern allgemein technischer Art und kann auf alle Hersteller - incl. Märklin (mit Einschränkungen) - übertragen werden.
Aus aktuellem Anlass hier ein technisches Thema, das ich Euch nicht vorenthalten möchte.
Wer meine Berichte hier im Forum kennt, vermisst vielleicht die Fortsetzungen in der einen oder anderen Rubrik.
Ich sage ja immer wieder, dass ich keine Modelleisenbahn-Marke bevorzuge, sondern bestimmte Modelle der verschiedensten Hersteller, die mir am Herzen liegen - allerdings bleibe ich bei H0.
Also restauriere ich derzeit diverse Maschinen gleichzeitig.
Viele unter uns Bastlern werden sich schon oft geärgert haben, wenn ein Motor keinen Mucks mehr von sich gibt, oder nur widerwillig seinen Dienst versieht.
Genau dieses Problem hatte ich aktuell bei meiner GFN 1360 (01 1952), an der ich u. a. derzeit gerade arbeite.
Die Lok ist m. E. optisch wunderschön geraten, ich stelle sie Euch noch vor - sie ist jedoch eine Patchwork-Lok - 1360-1/2/3/4/5/XXX - aus 1360-Resten zusammengesetzt.
Das dicke Ende jedoch kam zuletzt.
Der Motor machte immer schon Mucken, mal lief er stockend, lief nicht an, oder lief gar nicht. Diese Reparatur wollte ich mir bis zuletzt aufheben - habe ich auch getan.
Ich hatte die Hoffnung, in der Bucht evtl. einen neuen Motor zu einem Preis zu finden, der mir genehm ist - PUSTEKUCHEN!
Also her mit dem störrischen Ding und zerlegen:
Es handelt sich um die erste GFN-Version, den Motor Typ 47, der schon immer als ziemlich zickig eingestuft wurde - mit Recht.
Er ist rein technisch gesehen schon ein wirklicher Klapperatismus und wenig solide konstruiert!
Ein bereits ziemlich abgewirtschaftetes Exemplar zu wirklicher Zuverlässigkeit zu bewegen, ist schon eine echte Herausforderung.
So sieht die Quelle allen Übels aus - der unzuverlässige GFN-Motor vom Typ 47
Die Prüfung, ob ein Motor vernünftig läuft, ist keine Herausforderung. Entweder er tut seinen Dienst - oder er tut seinen Dienst eben nicht...
...aber Achtung! Auch ein oder mehrere defekte Getriebe-Zahnräder könnten den Verdacht auf einen "unschuldigen" Motor lenken...
Die Herausforderung ist, den Fehler zu suchen - und möglichst auch zu finden.
Bevor ich große Klimmzüge mache, prüfe ich natürlich zuerst einmal, ob der ausgebaute Motor von Hand frei drehen kann. Dazu ist es sinnvoll, die Kohlen bzw. Bürsten und das evtl. angeflanschte Getriebe auszubauen.
Beim Ausbauen der Kohlen/Bürsten kann ich auch gleich prüfen, ob diese überhaupt vorhanden sind, ob sie noch genügend "Fleisch" haben, ob sie sauber sind und ob die Federn noch Spannung haben.
Eine Reinigung ist auf jeden Fall sinnvoll und sollte bei dieser Gelegenheit immer durchgeführt werden.
Nun drehe ich am Motorritzel den Motor von Hand durch. Der Anker muss sich frei und leicht drehen lassen. Es darf kein Kratzen, kein Widerstand spürbar sein. Lediglich ein ganz leichter, an Gummibänder erinnernder Widerstand durch den Feldmagneten und die Eisenkerne der Anker verursacht, könnte möglich sein.
Bei meinem Motor machte sich ein leichtes Kratzen durch ein ausgeschlagenes Rotorlager (so kann man den Anker auch nennen) bemerkbar. Also war das Original-GFN-Lager auf der Pertinax-Seite defekt.
Ich habe dieses alte Lager ersetzt, in dem Bewusstsein, dass das noch nicht alles sein könne.
Dazu habe ich ein passendes Messing-Rohr mit Uhu-Plus (2K-Kleber) eingeklebt. Danach war zumindest dieses Problem beseitigt. Wer mehr machen will, besorgt sich Mini-Kugellager. Die werden in der Bucht angeboten.
Allerdings ist die GFN-Achse ca. 2,2-2,3 mm stark. Diese Kugellager sind jedoch normalerweise in 2,0 oder 2,5 mm Standard-Abmessungen von der Stange lieferbar, vielleicht auch noch andere, die mir nicht bekannt sind.
Hier seht Ihr die wichtigsten Einzelteile des GFN-Motors im Bild - das alte GFN-Lager auf der Kollektor/Pertinax-Seite ist bereits totgelegt (weggedreht) und durch das genannte Messinglager ersetzt.
1=Der Anker (Rotor) mit 3 Segmenten und Kollektor.
2=Motorplatte, Getriebeseite
3=Feldmagnete (einfach aus nicht magnetisiertem Eisen - die Magetisierung erfolgt durch den
4=Blockmagnet (Achtung! Richtig herum einbauen - sonst läuft alles verkehrt herum)
5=Motorplatte, Kollektorseite aus Pertinax mit dem alten Original-Lager und neuem Messing-Lager
Da - wie gesagt - das Problem noch nicht gelöst ist und der Motor noch immer nicht läuft, muss nun der Anker geprüft werden.
Es ist nun naheliegend, dass eine Wicklung defekt ist.
Auf dem oberen Bild seht Ihr den Anker in Nahaufnahme. Der alte GFN-Motor hat einen dreiteiligen Anker (dreipolig). Diese Bronze-Segmente nennt man Kollektor. Wichtig ist, dass die "Fugen" zwischen den Segmenten sauber und isoliert sind, sonst ist schon das erste Problem vorprogrammiert.
Also sollte man den Kollektor gut mit Waschbenzin, Alkohol oder Spiritus reinigen.
Lösungsmittel sind auf jeden Fall zu meiden, da diese die Isolierungen des Lackdrahtes (Wicklung) zerstören würden!!!
Grün=Zwei nebeneinander liegende Segmente (NEBENEINANDER!)
Rot=Die dazu gehörenden Segmentkerne aus Eisen mit ihren Wicklungen aus Lackdraht - es sind die Segment-Magnete (Elektromagnete)
Schwarz=Eine Schraube aus Eisen, die zum Testen dient
Die einzelnen Segmente sind einzelne Elektromagnete (drei), die bei laufendem Motor über Bürsten und den Kollektor automatisch angesteuert (aktiviert) werden. Die Segmente und Bürsten sind so angeordnet, dass immer zwei Segmente gleichzeitig zum Leben erweckt werden.
Das heisst:
Wenn ich die Motorfunktion mit einfachen Drähten simuliere, müssen diese magnetisch werden und die kleine schwarze Eisenschraube anziehen.
Dazu setzte ich zwei der Segmente unter Strom - die Schraube muss bei einem heilen Segment von diesem angezogen werden. Es sind natürlich immer zwei Segmente, die magnetisch werden. Diese müssen natürlich auch getrennt getestet werden!
Funktionieren beide Segmente?
Wird die Schraube von beiden Elektromagete angezogen?
Diesen Test führe ich insgesamt 3x durch, immer mit den nächsten beiden Segmenten.
Wird die Schraube schnell, fest und zuverlässig angezogen (mit hörbarem "Klick"), dann sollten die Segmente in Ordnung sein (rosa Pfeil)
Bei meinem Anker hat nur ein einziges Segment den Test klar erfüllen können.
Zwei Segmente sind (waren) also defekt!
Dazu kann es verschiedene Ursachen geben:
- Ein Lackdraht ist vom Kollektor abgerissen
- Ein Draht ist an anderer Stelle durchgebrannt
- Die Isolierung des Lackdrahtes ist durchgeschmort (die schlimmste Variante).
Bei einem Segment fand ich die Ursache unter der Lupe sehr schnell:
Der Anschluss am Kollektor war abgerissen.
Nach dem Anlöten funktionierte der Elektromagnet dieses Segmentes wieder wie neu (blauer Pfeil).
Bei dem zweiten defekten Segment war ebenfalls der Lackdraht vom Kollektor abgerissen. Jedoch war unter der Lupe noch ein weiterer loser Draht erkennbar, den ich nicht zuordnen konnte.
Die Abbildung oben zeigt dieses Segment bereits teilrepariert.
Kurz: Ich fand tatsächlich mit der Lupe noch an anderer Stelle einen weiteren freiliegenden Draht.
Diese beiden Enden mussten nun miteinander verbunden (gelötet) werden (grüner und roter Pfeil mit dem Bypass).
Da jedoch das fehlende Stück weggeschmort war, musste ich eine Verlängerung einlöten. Lackdraht hatte ich nicht, also habe ich sehr feine Litze verwendet. Isolierung erfolgte nachträglich durch sehr feines Auftragen von Klarlack.
Bei dieser letzten Abbildung unten seht Ihr den angelöteten Bypass. Die beiden roten Pfeile zeigen auf die noch freiliegende Enden, die miteinander verbunden werden müssen.
Gott sei Dank war kein Segment komplett durchgebrannt. In diesem Fall wäre man nicht um eine völlige Neuwicklung herumgekommen.
Zum Löten von solch feinen Drähten eignet sich m. E. am besten Flüssiglot.
Noch etwas:
Manche Stabmagnete und Blockmagnete haben je nach Werkstoff die Neigung, bei längerer Nichtbenutzung die Magnetisierung zu verlieren. Wenn man es nicht 100%ig Original haben will, kann man die Magnete durch den Einbau von vielen kleinen z. B. Neodym-Magneten ersetzen. Die Magnetisierung ist wesentlich dauerhafter und auch stärker.
Will man den Original-Magneten wieder aktivieren, so muss man ihn neu magnetisieren lassen. Früher haben so etwas die Bosch-Werkstätten (Auto-Elektrik) durchführen können. Heute wird man da schon ziemlich nach einem geeigneten Dienstleister suchen müssen, der die geeigneten Geräte zur Verfügung hat.
Hoffentlich konnte ich Euch mit meinen Ausführungen für die Reparatur Eurer eigenen Problemkinder etwas weiter helfen.
Mein reparierter Motor zieht nun wieder kraftvoll durch - wie in alten Zeiten - und der alte Blockmagnet ist noch sehr kraftvoll.
Gruß
Uwe Ganther
Wichtig: Ich suche nun dringend noch das Motor-Ritzel mit 7 (in Worten - Sieben) Zähnen! Modul 0,5 mm - wer hat so etwas in der Bastelkiste?