Hallo,
heute gibt es von mir einen (kleinen?) Beitrag über die S-Bahn Baureihe 420, wie sie noch in den S-Bahn Netzen um Stuttgart und Frankfurt zu finden ist.
Seit 1969 sind die ersten 420er unterwegs in den großen deutschen S-Bahn Netzen. Die fast 500 Einheiten wurden bis weit in die neunziger Jahre hinein gebaut, ein Beweiß für die gelungene Konstruktion. Natürlich wurden die Fahrzeuge während der langen Einsatzzeit immer wieder modernisiert. Dies betraf in erster Linie den Innenraum sowie die Lackierung.
Bereits kurz nach dem Erscheinen der Prototypen legte Röwa ein Modell dieser Baurheihe auf. Gebaut wurden drei Varainten: Der 420 001 in orange-kieselgrau, so, wie er immer noch in München als Museumsfahrzeug steht, 420 003 in der rot-kieselgrauen Lackierung, die jedoch keine weitere Verwendung fand, und 420 047 in der typischen Münchner Fabrgebung in blau-kieselgrau. So wurden die ersten Einheiten zu Eröffnung der Olympischen Spiele ausgeliefert.
Alle 3 Farbgebungen gab es für das verbreitete 2-Leiter Gleichstromsystem sowie für das Märklin-System. Auch wurden die Züge für das Trix Express System angeboten, diese sind allerdings recht selten. Von Vorteil war, dass man keine typischen Trix-Express Kupplungen montieren musste, die das Modell "verschandeln" würden. Für die Verbindung zweier Einheiten gibt es passende Kupplungsadapter.
Doch nun zu den Bildern. Hier sind alle drei Treibzüge vor Betriebsbeginn im heimatlichen Bw abgestellt:
Die Konstrukion des Röwa-Modells ist bis auf wenige Ausnahmen gelungen. Nach dem Konkurs von Röwa 1974 gingen die Formen an die Firma Roco, die den Zug überarbeitet noch heute im Programm hat. Aus diesem Grund gibt es eine kleine Gegenüberstellung zwischen dem Röwa-Ausgangsmodells und der Roco-Version um 1997:
Schon in den Siebziger Jahren war die Formgestaltung der Front gut gelungen, unter Roco-Regie fanden trotzdem einige Veränderungen, wie zum Beispiel die getönten und eingefassten Scheiben, statt:
(Ich weiß, der Zugzielanzeiger muss dringend erneuert werden. Dies war eines meiner ersten Eisenbahnmodelle und zeigt ein paar Gebrauchsspuren.)
Die Treibköfe sind ebenfalls gut gelungen. Natürlich ist die Beschriftung des 420 003 von Röwa nicht ganz so scharf, aber dennoch gut und sauber:
Hier gibt es ein zusätzliches Detail zu entdecken. Neben der farblichen Hervorhebung einer Details, die bei Röwa zwar vorhanden, aber überlackiert sind, fällt der gelbe Zierstreifen unterhalb des orangefarbenen Fensterbandes auf. Dieser wurde von der DB in den 90er Jahren angebracht, zudem wurde das Ende des Streifens verändert. Aber natürlich gibt es von Roco auch typische Epoche 4 Versionen...
Und noch ein Detailfoto der Türen und Beschriftungen. Bei 420 001 steht noch kein Revisionsdatum angeschrieben, offensichtlich ist er noch auf Probefahrt.
Rocos Modell dagegen hat seine Untersuchung am 10. 10. 89 gehabt, zudem ist das Schriftfeld schärfer ausgeführt. Auch die Türen sind ein optischer Genuss.
Kommen wir nun zu den Stromabnehmern. Der des Röwa Modells ist für damalige Zeiten gut gelungen. Trotzdem kippt das Schleifstück im gesenkten Zustand ab und an nach vorne, das kann man aber noch durch Zurückdrehen verhindern. Angesichts der Tatsache, dass alle Röwa Modelle mit 2 Stromabnehmern ausgerüstet sind, ist immer einer gesenkt. Ohne Oberleitung kippt das Schleifstück auch im gehobenen Zustand gerne nach hinten.
Nun ein Blick in den Innenraum. Nach Abnehmen des Dachses liegt dieser jedoch nicht frei, sondern ist durch die Innenbeleuchtung und deren Halter verbaut. Diese wird wiederrum durch 2 Sofitten-Lämpchen pro Wagen realisiert, die Ihr Licht gut im gesamten Innenraum verteilen. Über Lichtleiter kommt das Lickt auch in den Zugzielanzeiger, das Spitzenlicht bekommt kaum etwas ab
Erst nach Entfernen der "Lichtverteiler", die zwar leicht unterschiedlich, aber dennoch austauschbar sind, wird der Blick auf die Inneneinrichtung frei. Hier hat sich bis auf die Farbe wenig verändert. Appropos Farbe, bei Röwa hat man die Sitze im 1.-Klasse Bereich des 421 blau eingefärbt. Da ich von Roco kein Modell mit einem solchen Bereich habe, kann ich nicht sagen, ob das bei Roco auch der Fall ist, ausgehen würde ich aber davon. Hier jedoch ein Blick in den Endwagen:
Nun noch ein paar Worte zur Technik.
Der Röwa-Treibzug besticht bereits durch gute Laufeigenschaften, wenngleich der Motor etwas laut arbeitet. Einerseits stört das den Eindruck des gelungenen Modells, andererseits kommt noch das Gefühl auf, mit einer "alten Modellbahn" zu spielen, was auch Freude bereitet. Außerdem hat das Geräusch auch etwas vom Original-Ton der 420er. Der Zug von Roco fährt dagegen fast geräuschlos und seidenweich über die Strecke, auch die Zugkraft ist größer. Da es weder von Roco noch von Röwa Dummys gibt, macht sich das nur in starken Steigungen bemerkbar.
Von Roco wurde auch eine Platine mit 8 poliger Digitalschnittstelle nach NEM 652 eingebaut, der Decodereinbau ist also kinderleicht. Zur Zeit des Röwa-Modells war digital natürlich noch ein Fremdwort, und so sind weder Platine noch Schnittstelle zu finden. Ein paar Kabel finden den Weg zwischen dem Kardanantrieb zu stromführenden Kupplung. Ein möglicher Digitaldecoder muss mitten in der Inneneinrichtung platziert werden, bei Roco kann man ihn zumindest auf der Platine befestigen.
Doch es gibt eine weitere Hürde zu überwinden, ehe man überhaupt soweit kommt. Das Öffnen des Gehäuses. Hierzu wurden am Rahmen kleine Rastnasen angebracht, die nur schwer, mit viel Geschick und am besten zu zweit zu lösen sind. Bei Roco sind nur noch zwei Rastnasen pro Gehäuseseite zu finden (gilt nur für den Mittelwagen), stattdessen wurde je eine Schraube eingebaut. Dazu ist im Gehäuse unter dem Dach ein kleines Loch gebohrt worden. Passend ragt ein kleiner Stift mit Innengewinde hinein, um die Schraube aufzunehmen. Dieser wurde geschickt hinter dem Fenster versteckt und ist somit bei aufgesetztem Gehäuse praktisch unsichtbar.
Da bei Roco die Aufnahmen der Rastnasen im Gehäuse belassen wurde (Teil des Fensterspritzlings), könnte man theoretisch ein Röwa-Modell mit neuen Gehäusen versehen, z. B. mit Werbeaufdrucken.. Umgekehrt ist das nicht möglich, da im Gehäuse die Löcher für die Befestigungsschrauben fehlen.
Das Kuppeln mehrerer Einheiten ist über Spezialkupplungen möglich. Jedem Roco-Zug liegen diese in zwei verschiedenen Abständen bei, diese sind einfach zu montieren. Bei Röwa ist die Montage nicht ganz so einfach, bekommt man aber hin, wenn man denn eine Verbindungskupplung hat. Ich habe keine und suche noch immer verzweifelt. Zwischen den einzelnen Wagen kommen stromführende Kurzkupplungen zum Einsatz. Diese damals als "Röwa-Matic" bezeichneten Vorrichtungen waren Röwa-typische Neuheit und sind auch bei den Reisezugwagen zu finden. Zunächst waren sie starr gekuppelt, wodurch das Modell unhandlich wurde. Auch die lange Verpackung ist hinderlich. So wurde beschlossen, die Kupplungen teilbar zu machen. Mit einiger Übung sind die dreipoligen Verbindungen auch gut einzurasten, nur sollte man nicht allzu grob vorgehen. So wurde zwar die Kiste handlicher, trotzdem muss der Zug vor dem Aufgleisen "auf dem Kopf" zusammengekuppelt werden. Das Aufsetzen auf die Schiene ist also nach wie vor schwierig.
Roco überarbeitete auch die Kupplungen. Dabei wurde auf die Stromübertragung verzichtet, da nun jeder Wagen eigene Radschleifer für die Innenbeleuchtung hat. Die neue Kupplung kann auf der Schiene eingehakt werden, dabei werden die "Ösen" an den Endwagen in das Gegenstück im Mittelwagen eingehängt. Dieser Vorteil ist aber gleichzeitig auch ihr größter Nachteil, so kuppelt sie gerne auf nicht ausgerundeten Steigungsenden oder unsauber verlegten Schienen ab.
Alles in allem sind beide Fahrzeuge gute Modelle. Wohl allen Mitgliedern dieses Forums kann man den 420er von Röwa empfehlen. Er vereint solide, klassische Technik mit einer gelungenen Optik sowie ein paar interessante Details, wie z. B. der Kurzkupplung. Trotzdem hat man noch das Gefühl eines alten Modells, besonders im technischen Bereich. Auch wenn das Modell sorgsam zu behandels ist und ein paar Schwachstellen aufweist, ist es eigentlich ein Muss für jeden S-Bahn Fahrer in Epoche 4. Die Preise für ein gut erhaltenes Modell bewegen sich zwischen 70 und 120 Euro.
Roco hat aus dieser guten Basis ein immer noch zeitgemäßes Fahrzeug auf die Schienen gestellt. Puristen werden sich an einigen Details, wie der viel zu großen Bodenplatte der Stromabnehmer, der teilweise fehlenden Inneneinrichtung oder den angespritzten Grifstangen stören. Der gute Antrieb lässt allerdings wenig Grund zur Kritik. Und natürlich lässt sich mit Roco auch der bunte S-Bahn Alltag der Jahre bis 2002 gut darstellen, gibt es doch neben diversen Werbemodellen auch die typischen Werbezüge des neuen Münchner Flughafens oder verkehrsrote Einheiten für alle, die lieber den jetzigen Zustand nachstellen wollen. Allerdings hat das Neue auch seinen Preis von bis zu 200 Euro.
Für alle, denen das nun doch ein wenig zuviel Technik war, gibt es jetzt noch ein paar Impressionen von meiner Teppichbahn.
So habe ich die S-Bahn lange erlebt, ehe das große 420er-Sterben begann. Obwohl ich damals noch sehr klein war, kann ich mich gut an die typschen Zusammenstellungen erinnern. Neben dem München-blau der ersten Bauserien dominierte orange (natürlich nur noch mit gelbem Zierstreifen) und zunehmend auch verkehrsrot das Bild rund um den City-Tunnel:
Begegnungnen unter Strom auf den S-Bahn Linien rund um München, hier mit den beiden Vorstellungsfahrzeugen 420 003 und 171:
Auch wenn der rot-kieselgrauen Fabrgebung kein großer Erfolg beschieden war, so blieb das Einzige Fahrzeug in dieser Lackierung doch über 30 Jahre lang im Dienst. Erst mit dem verkehrsroten Farbkonzept fand rot wieder Einzug unter den S-Bahn Fahrzeugen, dieses Zeitalter erlebte 420 003 allerdings nicht mehr Zum Glück wurde das orientrote Farbschema der neunziger Jahre bei dieser Baureihe übersprungen, man stelle sich einen 420er mit Lätzchen vor.
Wenn ihr wollt, mache ich die Tage noch weitere Bilder von den Einsätzen des "Heiligen ET", wie dieser klassische S-Bahn Triebzug auch genannt wird. Aber ich denke, es waren auch so genug Bilder...
Viele Grüße, und noch eine schöne Woche,
Oli