1997: BR 91
@papa blech
Hallo Stefan,
hast Du aus Deiner Zeit im Modellbahnhandel noch ein paar Erinnerungen an verschiedene Fleischmann-Modelle (z. B. 1980er/1990er Jahre)? Welche wurden gut und gerne gekauft, welche lagen wie "Blei" in den Regalen? Wie wurden Neuerungen aufgenommen (FMZ, Profikupplung, usw.)?
Aus dem Fleischmann-Katalog 82/83:
IMG-20200625-WA0000.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Das Angebot war nur über den Fachhandel nutzbar. Wurden die Reparaturen bei Euch im Geschäft durchgeführt oder gingen sie zu Fleischmann?
Leider hat bei meinem Stammhändler schon längst der Generationswechsel stattgefunden und die "alte Garde" ist zerstreut. Darum hoffe ich, dass Du noch ein paar Eindrücke preisgeben kannst?
Gruß Martin
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Hallo Martin (und alle anderen),
zur Beantwortung dieser Fragen muss ich weeeeit ausholen:
Es gab bei Fleischmann- Modellen durchaus ein paar "Renner": so z. B. die BR 18 (.5 und .6), die BR 95, die BR 54 (bay. G 3/4), die BR 98 (bay. GtL 4/4), die BR 70 (maßstäbliche H0- Ausführung), aber auch die DR- E19 mit Hoheitszeichen(!), sowohl einzeln, als auch als Zugpackung.
Die Beliebtheit der Loks hing mit einigen Faktoren zusammen: Bekanntheit (Popularität) des Vorbilds, Ausführungsqualität und damit einhergehender Preis. Auch war von Bedeutung, ob (und wann) das Modell bereits von einem Mitbewerber herausgebracht wurde (eben z. B. die BRen 95 und 18, ebenso die BR 54).
Die BR 95 gabs ja bereits von Liliput Wien. Ohne Haftreifen, ohne DSS, ein Haufen Teile zum "dranpappen". Die BR 18.6 von Trix: unmaßstäblich, undetailliert, insgesamt "alt"(backen).
Der unbestreitbare Vorteil der Fleischmann- Fahrzeuge war (und ist) ja die Tatsache, dass keine Superdetaillierungsteile zum nachträglichen Dranbauen beiliegen! Alles kann so "frisch aus der Schachtel" eingesetzt werden. Das war auch ein Anliegen von Herrn Fleischmann.
Weitere "Renner" waren auch der Pendolino (BR 610) und der Schienenbus VT 95.
Es gab allerdings auch Loks, die sich nur schwer verkaufen ließen! Hierzu gehörten ALLE älteren Lokkonstruktionen (etwa die E 69, die E 44, aber auch der ICE "Marken des 20. Jahrhunderts"... - eine pure Lachnummer!). Zugpackungen, die nicht in Länderbahnfarben waren (außer der F- Zug Epoche 3a und der FD- Zug mit der E 19 Epoche 2c) waren ebenfalls nur schwer verkäuflich. Die Zahnradbahn im übrigen auch: es war nirgendwo eine "Anleitung" o. Ä. zu finden, wie die Schienen und/ oder die Zahnstange richtig zu verlegen waren und auch worauf für einen sicheren Betrieb zu achten sei!
Neuerungen wurden nur verhalten aufgenommen (mit Kommentaren wie: "so ein Schmarrn" (etwa bei der FMZ- Steuerung), oder "Da isses Zeit geworden" (Thema NEM- Kupplungsschacht & KK- Kinematik). Übrigens FMZ: noch so ein Ladenhüter! Die FMZ- Loks waren mit KEINER ANDEREN Digitalsteuerung kompatibel (gut - bei Märklin ist das auch so, aber da gibts auch ein anderes Stromübertragungssystem), und das System war insgesamt sauteuer (eine Zentrale mit "Alles- auf- einmal- Ausstattung": ca. 1000 DM, eine FMZ- Lok hatte auch einen saftigen Digitalisierungsaufschlag!). Da war z. B. Roco bereits weiter: da gabs eine DSS serienmäßig eingebaut! Decoder nach Wahl (Ausstattung, Geldbeutel, Hersteller), Kompatibilität mit anderen Geräteherstellern, usw.
Bei Fleischmann: Starrsinn - bis Twin- Digital kam! Aber das kam m. E. nach zu spät! Was die Verkäuflichkeit des damit ausgestatteten Fahrzeugs betrifft: siehe Artikel Popularität. Bei FMZ waren ja auch (bis Twin- Digital) keine Soundloks erhältlich! Da hatte der treue Fleischmann- Kunde eindeutig das Nachsehen...- eben, bis Twin- Digital kam..., aber da machte Fleischmann auch die gleichen Fehler: Fleischmann- Decoder waren hochpreisig (ESU- Decoder kosteten weniger & paßten in dieselbe Schnittstelle...), die Steuergeräte ebenfalls (das Twin- Center war ja eigentlich die Uhlenbrock Intellibox - zu deftigerem Preis!). Denn ein weiterer Fehler war: Fleischmann hielt bei seinen Digital- Komponenten zu lange am Althergebrachten fest: warum ein (an sich) totes Digitalsystem noch "mitschleppen", wenn ein Umbau der betreffenden Fahrzeuge und ein radikaler Ausstieg aus dem FMZ deutlich billiger zu haben wäre?
Zum Thema Reparaturen: das Meiste erledigten wir selbst (oder zeigten - bei relativ einfachen Handgriffen wie z. B. abölen oder Haftreifentausch - den Kunden, wies gemacht wird). Es gab jedoch auch Reparaturen, die wir nicht ausführen durften (etwa Reklamationen, Reparaturen an Digital- Komponenten (Steuergeräte, Fleischmann- eigene Decoder), oder Trafos. Das ließen wir dann den Fleischmann- Kundendienst erledigen (und, als Fleischmann noch seinerzeit in Nürnberg ansässig war, brachten wir das auch selber ins Werk hin). Ich muss allerdings auch dazu sagen: Werks- Reklamationen kamen nur äußerst selten vor, Serienfehler waren bei Fleischmann nahezu ausgeschlossen! Das war bei Roco manchmal anders! Reparaturen wurden demzufolge fast ausschließlich bei Kundenware fällig (die üblichen Verdachtsmomente: beim Ölen hat mans zu gut gemeint und/ oder die falschen Stellen geölt, beim Lokzerlegen (zwecks Motorkohlen- oder Haftreifentausch) entweder die Lok nicht auseinander- oder wieder zusammengekriegt, und noch viele Anekdoten mehr! Auf einen gewissen "Einsendeschluß" (etwa x Tage vor Weihnachten) brauchte hierbei kaum Rücksicht genommen zu werden - so schlau (oder das Gegenstück hiervon) waren die Kunden schon selber...!
So, das war ein Teil meiner Memoiren. Wie ich bereits eingangs schilderte: ich mußte weeeeit ausholen...
Sollten noch Fragen übrig sein: lasst mich bloß in Ruhe damit , nee... immer her damit!
Viele Grüße aus Nürnberg
Stefan
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Hallo Stefan,
das war wirklich eine äußerst ausführliche Antwort mit tollen und interessanten Eindrücken der damaligen Zeit! Vielen Dank!
Mich hat das mit dem "weit" ausholen nicht gestört. Im Gegenteil!
Gruß Martin
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Hallo Stefan,
absolut interessant, das mal aus der Sicht von hinter der Ladentheke zu erfahren!
Deshalb gleich die nächste Frage: Eine meiner "neueren" Fleischmann Loks ist die Br 53 mit dem "Duschvorhang". Bis auf dieses unorthodoxe Detail finde ich die Maschine auch richtig gut, aber sie soll bei den Fleischmännern selbst recht unbeliebt gewesen sein. Weißt du, warum?
Ich habe auch mal im Urlaub einen Fleischmann- Mitarbeiter kennengelernt, der war in Nürnberg Schichtleiter oder in solch einer Position. Er äußerte sich damals recht negativ über die NL in Heilsbronn: Das seien alles nur Bauern, die man keine Lokomotiven zusammenschrauben lassen könne! Gab es da wohl eine Rivalität?
Mich würde auch noch interessieren, wie es mit Trix war. In meiner Jugend in den 70ern konnten sich meine Freunde alle nicht vorstellen, dass jemand diese damals schon völlig altmodische Bahn noch kauft. Gibt's da irgendwelche Erkenntnisse, wie sich das Geschäft mit dieser Marke gestaltete?
Willy
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Die BR 53 hat ein etwas unglückliches Antriebskonzept mit dem quer eingebauten Motor im Führerhaus, da hätte man besser den Mikromotor der T3 / Anna verwendet. Auch ist sie viel zu schnell unterwegs. Sie war die Ablösung des Phantasie-C-Kupplers der Anfängerpackungen und wurde als solche nie als "richtige" Lok angesehen.
Gruß von Tane
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Hallo Willy (und alle anderen,
ich muss dir, die BR 53 betreffend, beipflichen: die Kunden (vor allem die 110%igen Kenner!) bemängelten den Duschvorhang (da hat ja das Personal keinen Platz mehr...), das Antriebskonzept (Motor in der Lok? Ich wollte keine Märklin...) und das Fehlen von Haftreifen (wie soll DIE meine Steigung raufkommen...?).
Andererseits: Fleischmann war ja der einzige Großserien- Hersteller, welcher sich (wenigstens ein bißchen) auf die "Preußen" eingeschossen hatte, und wer als Anlagenthema halt "norddeutsches Flachland vor dem 1. Weltkrieg" oder "Vorkriegs- Reichsbahn" hatte, tja - dann führte fast kein Weg am Fleischmann- Sortiment vorbei!
Zur zweiten Frage: von einer - wie auch immer gearteten - "Rivalität" der einzelnen Fleischmann- Werke ist bis zu mir nix durchgedrungen. So kleine "Kabbeleien" gibt's ja hin & wieder mal (die Fürther mögen die Nürnberger ja auch nicht wirklich, nur so als Beispiel...). Deshalb war die Meinung dieses Fleischmann- Mitarbeiters wohl auch persönlicher Natur.
Viele Grüße aus Nürnberg
Stefan
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Hallo Willy (und alle anderen),
ich bin mal nachtragend: zu deiner dritten Frage - die beantwortet sich eigentlich von selbst, wenn du dir die entsprechenden Trix- Kataloge dieser Jahre mal zu gemüte führst. Trix Express war eindeutig in der Defensive gegenüber Minitrix (hatte am meisten Neuheiten & war hauptumsatzträger), sowie den restlichen Mitbewerbern.
Im Bereich Trix International konnte man noch ein gewisses Geschäft machen, denn Trix hatte einige Fahrzeuge (auch Wagen - vor allem ab Ende der 1970er Jahre die auch heute noch beeindruckenden bayerischen Wagen!) im Programm, die man woanders vergeblich suchte.
Damals sprach man sich über das Sortiment noch ab (hinter vorgehaltener Hand - entweder auf der Spielwarenmesse oder bei "zufälligen" Besuchen im örtlichen Fachhandel...). Deshalb hatte sich Fleischmann auch für die Realisierung preußischer Fahrzeuge entschieden (Trix hatte ja schon die Bayern im Programm).
Viele Grüße aus Nürnberg
Stefan
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Bei der 53:er wollte ich sagen: Nach der 1304/1309/4125 hat Fleischmann eine Schlepptenderlok als größer Anfängermodell gesucht - Anna sorgt für die kleine, preisgünstige Alternativ als Einsteigerlok. Das heißt, relativ großartig, jedoch nicht zu groß, mit Tender, aber ohne Laufachsen, damit sie für Kinder einfach auf der Gleisen setzen waren konnte, und auch robust, und preisgünstig. (En Preussiger Vorbild war vielleicht auch auf dem Tisch). Man hat dann in der BR 53 ihr Antwort gefunden. Die Ausführing war auf Einsteigermodell eingerichtet, deshalb das quer positionierten klassiche, robuste Rundmotor und sichtbare Zahnräder, aber trotzdem ein richtiges Modell, die auf einer Großanlage eingesetzbar ist, insbesondere in der unvereinfachte Einzelausführung 4124.
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Hallo Stefan,
diese Absprachen auf den Messen usw. hat es sicherlich gegeben. Es war ohnehin schon ungünstig genug, dass es in den 70ern von Fleischmann und Märklin z.B. die 50er gab, die auch noch für beide Systeme geordert werden konnte oder die allgegenwärtige 24, die beim Vorbild nicht wirklich eine große Rolle spielte, während andere, wichtige Modelle einfach gefehlt haben. Dieser Fleischmann- Rentner damals erzählte, dass in Nürnberg wohl auch viel Info über die Azubis gelaufen ist, weil die nämlich in den selben Berufsschulklassen saßen und im Betrieb gesehen haben, was gerade neu entwickelt wurde. Der sagte mir auch, dass die Fleischmänner immer einen in die Nürnberger Geschäfte geschickt haben, wenn Märklin oder Trix eine Neuigkeit hatten. In Heilsbronn gab es bestimmt so eine Art Giftschrank mit einer ansehnlichen Märklinsammlung... Die Trixer werden das nicht viel anders gemacht haben.
Hallo Ricard,
die 4124 habe ich, denn diese abgemagerte Einsteigervariante ist in der Tat nicht herausragend.
Willy
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Hallo Stefan,
danke für die interessanten Einblicke.
Zitat von papa blech im Beitrag #28
(...)
Die Zahnradbahn im übrigen auch: es war nirgendwo eine "Anleitung" o. Ä. zu finden, wie die Schienen und/ oder die Zahnstange richtig zu verlegen waren und auch worauf für einen sicheren Betrieb zu achten sei!
(...)
Zitat von papa blech im Beitrag #28
(...)
Übrigens FMZ: noch so ein Ladenhüter! Die FMZ- Loks waren mit KEINER ANDEREN Digitalsteuerung kompatibel (gut - bei Märklin ist das auch so, aber da gibts auch ein anderes Stromübertragungssystem), und das System war insgesamt sauteuer (eine Zentrale mit "Alles- auf- einmal- Ausstattung": ca. 1000 DM, eine FMZ- Lok hatte auch einen saftigen Digitalisierungsaufschlag!). Da war z. B. Roco bereits weiter: da gabs eine DSS serienmäßig eingebaut! Decoder nach Wahl (Ausstattung, Geldbeutel, Hersteller), Kompatibilität mit anderen Geräteherstellern, usw.
(...)
Zitat von papa blech im Beitrag #28
(...)
Bei FMZ waren ja auch (bis Twin- Digital) keine Soundloks erhältlich!
(...)
Zitat von papa blech im Beitrag #28
(...)
Fleischmann- Decoder waren hochpreisig (ESU- Decoder kosteten weniger & paßten in dieselbe Schnittstelle...), die Steuergeräte ebenfalls (das Twin- Center war ja eigentlich die Uhlenbrock Intellibox - zu deftigerem Preis!).
(...)
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Hallo zusammen,
im Vergleich der Digitalsysteme von Fleischmann und Märklin sollte nicht unerwähnt bleiben,
dass die Göppinger einen Grossteil des entstandenen Aufwands dem Handel aufgebürdet haben,
indem die Belieferung von Mä-Digital an kostspielige Auflagen bei der Erstausstattung gebunden waren,
Beträge, die sich häufig nicht amortisiert - und für nicht wenige Händler " aus dem Fenster geschmissenes Geld " war.
Fleischmann hatte diesbezüglich wesentliche fairere Bedingungen für FMZ-Händler,
wie überhaupt der Umgang mit den Händlerkunden ungezwungen und auf Augenhöhe ablief.
Viele Grüsse
Hermann
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