Nachdem die Reparatur von alten Märklin 700er und 800er Loks trotz ihrer Vielfalt schon (fast) Allgemeinwissen geworden ist, gilt die Instandsetzung der in nur einer Grundtype vorhandenen Mignonlok bisher noch als "schwarze Kunst".
Widmen wir uns also diesem Thema:
Für meine Tests benutze ich bei Kurzversuchen einen NC Flugmodellakku mit 7-10V, für Fahrversuche den Märklin 280A, da die Sicherung des Mignontrafo schon bei kleinster Überlastung ausschaltet.
Zu dieser Dokumentation für das Forum habe ich die drei Loks zerlegt:
Darunter ist eine Lok (die obere) mit Radschleifern, die anderen, von denen eine als untere abgebildet ist, haben Federschleifer auf die zweite Schiene:
Falls einer sich wundert, warum die imitierten Treibstangen auf der Seite der isolierten Räder keinen Kurzschluss geben: Sie sind in ihrer Führung im Zylinder isoliert.
Neben der Art des Schleifers unterscheiden sich beide Loks in der Abdeckung der unteren Bürstenfeder. Bei der Lok mit Radschleifer ist das Deck- und Halteblech für die untere Bürstenfeder mit einer Schraube neben der Schraube, die die Radschleifer hält, befestigt. Bei der anderen ist das sehr kleine Blech in eine feine Nut geschoben. Demontage und Montage sind hier sehr "fummelig".
Auf dem folgenden Bild sind die Haltebleche bei beiden Typen demontiert und mit Bürste und Feder jeweils neben die Lok gelegt. Man hat schon einen Eindruck von der Länge von Bürsten und Federn:
Die obere Bürste ist unter der Schraube auf dem Kessel direkt vor dem Führerhaus. Hier ist der Abstand zum Kollektor länger, daher sind auch Bürste und Feder länger:
Nachdem das Halteplättchen unten sowie die Schraube oben nebst Federn entfernt sind (die Bürsten fallen nicht immer leicht heraus, können manchmal erst nach dem Anker entfernt werden), kann an die Bergung des Ankers gegangen werden. Dazu werden die beiden seitlichen Schrauben an der Führerhausrückwand entfernt (die mittlere kann unberührt bleiben) und die Rückwand abgenommen. Jetzt kann der Anker ggf. mit Drehen der Antriebräder entsprechend Fahrt rückwärts herausgezogen werden:
Oft zeigt der Kollektor erhebliche Abnutzungserscheinungen:
...die meist durch einfaches Polieren mit der Polierscheibe zu beheben sind (Polierpaste grün):
Manchmal hilft nur (vorsichtiges!) Überdrehen auf der Drehbank (auf der Abbildung ist die originale Pinole im Reitstock gegen eine selbstgefertigte mit eingebauten Kugellagern getauscht, so dass das rechte Bohrfutter, welches als Gegenlager dient, mitdreht):
Jetzt glänzt der Kollektor wieder fast wie neu und kann mit Spiritus entfettet werden:
Danach sollten die Wellenenden und die Schnecke leicht geölt werden (kein Öl auf den Kollektor!). Danach kann der Anker mit seinen Teilen wieder eingebaut und die Führerhausrückwand verschraubt werden.
Die Rückwand hat fast immer etwas Spiel, damit ist auch innerhalb dieses Spiels das Ankergegenlager veränderlich. Je nachdem wie man die Rückwand innerhalb dieses Spiels verschiebt, verbessert oder verschlechtert sich die Laufeigenschaft. Bei mir geht es bei einer Lok so weit, dass in der einen Extremstellung die Lok gar nicht läuft, in der anderen optimal!
Wenn - wie oft - die originalen Bürstenfedern fehlen, eignen sich die Märklinfedern für die 700er und 800er Serie vorzüglich. Sie sollten auf eine Länge gebracht werden, dass sie oben und unten (mit Bürsten) 2-3mm überstehen.
Auch als Bürsten eignen sich die alten Märklin-Bürsten. Bei mir haben sich oben um etwa die Hälfte gekürzte (in Märklin-Loks abgefahrene) Kupfer- und unten noch etwas stärker gekürzte Kohlebürsten am besten bewährt, wobei ich die Kupferbürsten durch Abwickeln von ca 3mm von der Kupfergeweberolle etwas verdünne.
Wenn Jetzt Bürstenschrauben und -halteplättchen (unten wie schon gesagt oft recht "fummelig") montiert sind, müsste der Motor wieder voll betriebsfähig sein. D.h. die Lok sollte bei 8V Wechselstrom (z.B. Märklin 280A in langsamster Stellung, geht aber auch mit Gleichstrom) schon recht flott fahren. Wenn sie nicht gleich losfährt nur leicht hin und her ruckeln, damit der Anker etwas in Bewegung gerät und Kontakt mit den Bürsten bekommt. Auf keinen Fall die Lok mit Gewalt schieben, das nimmt das Schneckengetriebe übel!
Jetzt kommt der kniffligere Teil, der die Reparatur der Mignon-Loks in Verruf gebracht hat, an den sich nur jemand mit Fingerspitzengefühl und technischem Geschick wagen sollte:
Es geht um Einstellung und Reparatur des Umschalters, der durch Umdrehen der Rauchfahne der Lok von vorwärts auf rückwärts gestellt wird - Rauchfahne nach hinten = Fahrt vorwärts, Rauchfahne nach vorne = Fahrt rückwärts.
Um an diesen Umschalter zu kommen, muss die Schraube im hinteren Dom entfernt werden - aber Vorsicht! Wenn die Lok funktioniert und man zwei linke Hände hat, Finger weg! Die Schraube ist gefährlich!
Nach Entfernen der Schraube ist der Kessel nach vorne, ggf. etwas schräg nach oben abzuziehen.
Danach sind die Umschaltkontakte sichtbar (hier die unreparierte funktionierende Originalansicht):
Die Umschaltkontakte (Kupferzungen) sind an einem Kunststoffklotz befestigt, der mit der isolierten Schleiferhalterung nach unten mit einer einzigen Schraube mit Mutter verschraubt ist. Durch Drehen der Rauchfahne wird die Polung der Sekundärspule umgepolt. Die untere Zunge Bekommt durch eine Verbindung nach unten Strom vom Schleifer. Die beiden oberen gehen hinten zu den beiden Enden der Sekundärspule.
Die untere Zunge hat immer Kontakt mit einem isolierten Messingzylinder, der nach oben halbiert ist. In der einen Stellung bekommt also z.B. die rechte Zunge Strom vom Schleifer durch die Verbindung mit der unteren Zunge und die untere dadurch, dass sie auf der Masse führenden dünnen Achse schleift, Masse. Wird die Rauchwolke gedreht geht es umgekehrt (in der erst genannten Stellung fährt die Lok übrigens rückwärts, in der zweiten vorwärts).
Wenn der Kunststoffklotz und die Zungen an sich heile sind, gibt es verschiedene Kontaktschwierigkeiten, wobei die Spielräume ausgesprochen klein sind (die Justierung ist eine erhebliche Geduldsprobe!): Die vorderen Biegungen der Zungen sind zu stak, so dass sie in dem engen Kessel an die Außenwand gedrückt werden, dann gibt es Kurzschluss; die Biegungen sind zu schwach, dann lassen sie sich beim Zusammenbau nicht mehr richtig "einfädeln", sie geraten an die falsche Seite, auch dann gibt es Kurzschluss. Wenn einer der oberen Kontakte (oder beide) nicht genügend zur Mitte reicht, bekommt er keinen Kontakt zur dünnen Achse und die Lok fährt nicht in die entsprechende Richtung. Wenn die Lok z.B. nur vorwärts fährt, muss die rechte ober Zunge etwas zur Mitte gebogen werden, bei nur rückwärts die linke.
Wichtig für den Zusammenbau ist, dass der Rauch zur Seite gestellt ist, weil sonst eine der Zungen unweigerlich zwischen Achse und Kupferkontakt gerät und bei ggf. auch noch angewandter Gewalt sich alles verbiegt. Der Kessel muss sich ganz leicht von vorne auf die Lok schieben lassen. Am besten die Rauchfahne nach rechts drehen, da dann die gewölbte Kupferseite vorne liegt, bei meinen Loks funktioniert es allerdings auch nach links gedreht.
Der häufigste Defekt dürfte in dem Kunststoffklotz liegen, bei dem oft die Halterungen für die Kontaktzungen abgebrochen oder gelockert sind und keinen Kontakt mehr geben. Abhilfe ist entweder Klebstoff oder wie hier gezeigt Aufschmelzen mit dem Lötkolben:
Wenn der Klotz völlig hin ist, kann er, wie ich es hier mit zwei Lagen Pertinax gemacht habe, ersetzt werden. Die Kontaktzungen sind mit sehr kurzen (damit sie sich nicht gegenseitig berühren und Kurzschluss verursachen) Schrauben in eingeschnittene Gewinden geschraubt. (Bilder oben und unten)
Hier die genannten Reparaturen nochmals in Einzelbildern (die Funktion bei beiden Loks wieder einwandfrei):
Man sieht auch gut, dass die Glühlampe bei der einen Lok ihren Massekontakt über eine Blechlasche erhält, die andere einfach von ihrer Lagerung.
Hier die zerlegte Umschaltmechanik mit der Rauchwolke:
Rechts die Schaltwalze, auf deren unterem Kupferzylinder die untere Schaltzunge schleift, die mit dem Stromschleifer zum Gleis Kontakt hat. Daran die Verlängerung, die je nach Stellung über eine der oberen Kontaktzungen mit einem der Wicklungsenden der Sekundärspulen Kontakt hat. Das andere Wicklungsende bekommt Masse über die andere obere Kontaktzunge, die die dünne masseführende Achse berührt. Wenn man dieses Teil betrachtet, wird klar, warum beim Zusammenbau die Rauchfahne unbedingt in seitlicher Stellung stehen muss.
In der Mitte die Rauchwolke mit der feinen leicht herausragenden Befestigungsschraube und links die Feder, die unter der Rauchwolke die ganze Einheit beweglich, aber spielfrei hält.
Jetzt noch die weitgehend zerlegte Lok, wobei ich die Räder, den Schienenschleifer und die Sekundärspule des Motors belassen habe (letzte schon, weil ich zum Entfernen die Drähte vom Umschaltklotz ablöten müsste, was diesem durch die Löthitze nicht unbedingt gut tut, zumal bei einer gut funktionierenden Lok):
Man sieht gut die zwei Grundteile unter dem Kessel, die jeweils mit einer der beiden Schienen Stromkontakt haben. Die einzige Isolierung zwischen den beiden Teilen ist die kleine Pappunterlegscheibe, die oberhalb des deutlich kleineren Teils über der Schraube, die alles incl. Umschaltklotz mit der Mutter oben zusammenhält, zu sehen ist. Die Schraube selbst ist weiter durch eine Isolierhülse im kleinen Unterteil isoliert.
Die kleine (hier vernickelte) Blechlasche hinter der Glühbirne, die unter dem Umschaltklotz eingeklemmt wird, gibt der Birne den Massekontakt, welcher auch bei Lackentfernung in anderer Ausführung einfach vom Gehäuse kommen kann.
Falls jetzt noch Fragen zu nicht fahrenden Mignon-Loks offen sind, bitte nachhaken.
Freundliche Grüße von elaphos