Manchmal stellt man sich als Modellbahner schon fast philosophische Fragen. Mir ging es neulich so, als ich meine alte E10 470 von Konrad Dressler auf ein Diorama stellte.
Ich habe mir überlegt, ob es heute einen legitimen Nachfolger der Kaufhausbahn gibt. Auf die Gefahr hin, jetzt eine größere Diskussion auszulösen, lautet meine Antwort trotzdem: Ja, es gibt sie.
Das „Vertriebssystem Kaufhausbahn“ aus den 50er/60er Jahren existiert freilich nicht mehr: Deutsche Spielwarenhersteller produzierten vereinfachte Modellbahnen und verkauften sie in Kauf- und Versandhäusern. Die wenigen Vollsortiment-Kaufhäuser, die es noch gibt, haben ganz andere Sorgen, als günstige Eisenbahnen im Sortiment zu führen und den noch verbliebenen klassischen Versandhäusern geht es nicht anders.
Aber wie ging es weiter, nachdem die einschlägigen Hersteller wie Dressler, Grötsch und Co. die Produktion einstellten? In den 70ern und 80ern waren die günstigeren Modellbahnhersteller wie Lima und Jouef die Thronfolger im Versandhandel, bei Quelle auch DDR-Modellbahnen in H0 und TT. Um die Jahrtausendwende verschwanden viele Versandhäuser und die meisten Kaufhäuser dünnten ihr Spielwarensortiment in der Regel zu Lasten der Modellbahn gewaltig aus.
Der Internethandel war auf dem Vormarsch.
Im weitesten Sinne, auch wenn es Definitionssache ist, gab es weiterhin einige Eisenbahnsets, die schon den Zweck einer Kaufhausbahn erfüllten.
(1) Um die Jahrtausendwende ließ Quelle für ihre Spielwarenmarke „Goodplay“ den „Train Cargo“ produzieren, einen Batteriezug mit Schienen in eigener, zu anderen Bahnen inkompatibler Spurweite, bestehend aus einer der V160 nachempfundenen Diesellok und drei Güterwagen.
Wer sich für diesen Bereich der Spielwarengeschichte interessiert, findet das Komplettset des öfteren für unter 25,-- Euro in den gängigen Internetauktionshäusern.
(2) Das andere Set stammt von Dickie aus Fürth und besteht aus einer ebenfalls batteriebetriebenen Ellok, für die offensichtlich die Baureihe 101 Modell gestanden hat und zwei stark verkürzten IC-Waggons. Lok und Wagen kann man auf H0 Gleis stellen, aber nicht dort fahren, da die Radsätze die Schwellen berühren. Dieses Set wird nach wie vor im Handel angeboten.
Für den Geschmack des Modellbahners etwas befremdlich sind bei beiden Loks die Antriebe. Statt eines Drehgestells gibt es nur eine Antriebsachse, der Platz für die zweite Achse ist leer, vermutlich für bessere Kurvenläufigkeit.
Wie verhält es sich im Jahr 2020?
Der Onlinehandel hat längst die Rolle des klassischen Versandhauses eingenommen.
Spielwaren im günstigen Preisbereich kommen meist aus Fernost und werden in den typischen Ramschläden angeboten. Batteriebahnen finden sich dort auch; teilweise in Anlehnung an reale Vorbilder, aber lange nicht mehr in Qualität einer richtigen Kaufhausbahn.
Trotzdem habe ich vor einiger Zeit bei Amazon ein interessantes Angebot gefunden.
Es handelt sich um eine unmotorisierte Elektrolok aus China. Sie ist dem Vectron nachempfunden und dürfte in etwa im Maßstab 1:87 sein. Auf den Bildern macht sie einen recht soliden Eindruck.
Ich habe mir ein Modell bestellt, das demnächst eintreffen sollte.
Falls Interesse besteht, stelle ich es dann kurz vor.
Wer das Angebot sehen will, gebt die Schlagworte „ 1 32 Alloy Lokomotive“ ein.
In diesem Sinne noch einen schönen Abend,
Gruß Wolfgang