Hallo Charles,
provokante Thesen sind bekanntlich deine Stärke.....
Zitat von Charles im Beitrag #5
Ich sehe auch die Rolle des Alkohols im Straßenverkehr etwas differenzierter. Klar, es passieren entsetzliche Unfälle im Vollrausch aber die passieren völlig unabhängig von irgendwelchen Promillegrenzen oder Alkoholverboten. Und es gibt auch jede Menge Autofahrer, die nach moderatem Alkoholgenuß besonders umsichtig und vorsichtig fahren. Die Horrorzahlen von Alkohol als Unfallursache relativieren sich wenn man ein bißchen nachdenkt. Der Alkoholanteil von Unfallursachen liegt bei 14% . Nach meiner Lebenserfahrung stehen aber mindestens 30% meiner Mitmenschen ständig unter Alkoholeinfluß. Selbst wenn man unterstellt, dass in allen Fällen der festgestellte Alkoholanteil auch tatsächlich die Unfallursache war kann man der Statistik eigentlich nur entnehmen, dass moderater Alkoholgenuß das Unfallrisiko anscheinend halbiert. Ernsthaft, die Zahl kann man erst dann vernünftig bewerten wenn man auch weiß wie hoch der Alkoholanteil der unfallfreien Autofahrer ist. Das will aber anscheinend niemand wissen, der könnte ja höher sein. Mittlerweile ist allerdings die häufigste Unfallursache, dass sich jemand im 27. Untermenü seines Smartphones verheddert hat oder er das Ladekabel im Handschuhfach sucht.
....doch hier irrst du!
Zunächst zu deiner statistischen Auswertung; du verdrehst in meinen Augen den Blickwinkel auf die Zahlen. 1/3 steht ständig unter Alkoholeinwirkung? Respekt, bist du Inhaber einer Kneipe? Spaß beiseite. Es mag regelmäßige Trinker geben und dazu gehören viele die es gar nicht wissen das sie einer sind, aber die meine Lebenserfahrung sagt da doch etwas anderes aus und ich halte deine Zahl für reichlich zu hoch gegriffen.
Im Weiteren ist es erwiesen welche physiologische Wirkung auch bereits kleine Mengen Alkohol auf den menschlichen Organismus hat:
-Die Blendempfindlichkeit des Auges ist heraufgesetzt, weil sich die Pupillen der Augen bei plötzlichem Lichteinfall („entgegenkommendes“ Scheinwerferlicht) zu langsam schließt. Die meisten Alkoholfahrten finden nachts statt. Dies erhöht das Unfallrisiko erheblich.
-Die Entfernungsschätzung wird unzuverlässig, weil die Augenlinse unter Alkoholeinfluss nicht mehr schnell genug von nah auf fern umschaltet und umgekehrt. Der alkoholisierte Kraftfahrer fährt häufig zu dicht auf.
-Die Geschwindigkeitsschätzung wird infolge der schlechten Entfernungsschätzung ebenfalls unzuverlässig, da die Geschwindigkeit vom Gehirn aus der wahrgenommenen Entfernungsveränderung und der verstrichenen Zeit errechnet wird.
-Das Blickfeld wird eingeengt, der so genannte Tunnelblick tritt auf. Informationen von den Rändern des Sehfeldes (Fußgänger, seitlich herankommende Fahrzeuge) werden sehr viel schlechter wahrgenommen.
-Unter Alkoholeinfluss dauert die Informationsverarbeitung (Nerven/Gehirn) länger, beispielsweise bis ein wahrgenommener Sachverhalt als Gefahr erkannt wird.
-Die Reaktionsgeschwindigkeit verlangsamt sich bereits bei kleinen Mengen, der Effekt verstärkt sich bei höheren Mengen. Bei Wahrnehmung der Gefahr ist die Reaktion verzögert.
-Die sichere Ausführung der notwendigen Reaktion ist – wenn sie schließlich erfolgt – erheblich schlechter. Betrunkene bremsen zum Beispiel deutlich härter, lenken ruckartiger, und das Gegensteuern gelingt nicht.
-Zu guter letzt, Alkohol entspannt und enthemmt. Beim Fahren steigen das Selbstvertrauen und die Risikobereitschaft. Erhöhtes Selbstvertrauen bei herabgesetzter Leistungsfähigkeit führt zu mehr Fahrfehlern.
Und auch der regelmäßig Trinkende hat all diese Erscheinungen, nur hat er diese relativiert. Getreu dem Motto "ich bin das gewohnt und habe da Training!"
Die Heftigkeit der Unfälle mit Beteiligung alkoholisierter Fahrer (auch im innerstädtischen Verkehr!) kann ich dir gerne anhand meiner beruflich bedingten Erfahrungen aufzeigen. Im Rahmen von Präventionsvorträgen zu dem Thema bin ich regelmäßig vor Publikum jeden Alters tätig und zeige die folgen anhand meiner Einsatzerlebnisse auf. Ich zeige hierfür keine Bilder von den Unfallstellen, sondern erzähle meine Eindrücke. Beginnend bei dem was ich an solchen Stellen als Einsatzkraft höre, sehe, rieche und schmecke, bis hin zu dem was ich fühle wenn jemand mit dem alkoholgeschwängerten letzten Atemzug nur wenige Zentimeter neben mir stirbt und mich belastet.
Ich glaube du verstehst jetzt, dass ich alleine aus meinen gemachten Erfahrung niemals eine Verharmlosung des Themas Alkohol und Straßenverkehr toleriere.
Ich selber trinke Bier, auch gerne mal eines mehr als...... aber eine Teilnahme am Straßenverkehr findet dann nur noch als Fahrgast im Taxi oder dem ÖPNV statt.
Gruss Norbert