Hallo zusammen,
dies ist eigentlich kein richtiger Workshop, sondern ein Bericht über eine (mehr oder weniger) gelungene Instandsetzung. Soll heißen: nicht alles, was jetzt kommt, kann als "Kochrezept" verwendet werden, es gelingt nicht immer, und ist auch nicht ganz ohne Risiko. Ich selbst hätte auch nicht an jeder Stelle gedacht, dass es funktioniert.
Aber seht selbst:
Zunächst eine Beschreibung der Ausgangssituation: Ich wollte endlich auch ein Fleischmann-Modell des amerikanischen "Road Switchers" vom Typ Baldwin VO 1000 haben, den es bei den Nürnbergern in den Fünfzigern in vielfachen Varianten (Lackierungen) gab. Endlich fand ich eine, die ich mit meinem kleinen Etat auch gut bezahlen konnte (kostete weniger als ein D-Zug-Wagenmodell der heute üblichen gehobenen Preisklasse). Die schwarze Lady sah so aus:
Bild 1
Pos.1: Frontlicht durch Sturzschaden beschädigt, Lampeneinsatz geborsten, "Reparatur" mit Flüssigmetall.
Pos.2, 3, 4: Alle Blechteile oberflächlich korrodiert
Pos. 4: Viele Stanzteile verbogen, wahrscheinlich auch durch "Plattenabsturz"
Pos. 5: Die lackierten Oberflächen mit Stockflecken übersät und stark verschmutzt/verstaubt
Pos.6: einige Kanten abgestoßen
Bild 2
Auch am Führerhaus ein paar kleinere Lackschäden an den Kanten (Pos.7),
Pos.8: Reste von einem Abziehbild (das gleiche auf der "Heizerseite")
Pos.9: Schraubenköpfe korrodiert und teilweise durch Schraubendreher "vermackt"
Zusätzlich wie zu sehen waren die erhabenen Beschriftungen an den ausgesetzten Kanten abgestoßen. Die Lok lief so gut wie gar nicht, hat nur leicht gezuckt und bei Spannungsanlage ungut gerochen (nach verbrannter Kohle).
Bild 3
Die linken Befestigungsaugen des Motorschilds waren ausgebrochen. Der Motor innen stark verdreckt. Über dem Motor klebte wohl mal ein Gewebeband, das aber original gewesen zu sein scheint, weil ich ähnliche "antike" Klebebänder auch bei anderen 1340 der Kollegen gesehen habe.
Interessant fand ich auch den Massekabelanschluss am antriebslosen Drehgestellrahmen (rechts im Bild), weil dies bei späteren Modellen stets anders verdrahtet war (Radkontaktschleifer mit direktem Kabelanschluss).
Bild 4: Also erst mal alles zerlegt. Dann den Motor gereinigt, Kohlenbürsten getauscht, Kollektorspalte vom Kohleabrieb befreit und Motor getestet - läuft. Ein Glück, keine Wicklungsschäden. Oben im Bild war der Motor bereits fertig.
Ungewohnt für mich auch die vielen Unterlegscheiben, die jeweils zwischen Rädern und Fahrgestellen und sogar auch hinter dem großen Metallzahnrad am Antriebsgestell zu finden waren. Für die Demontage habe ich natürlich meinen selbstgebauten und bewährten Zweiarm-Abzieher benutzt (siehe unten mittig im Bild).
Normalerweise ziehe ich die Räder nur ungern ab, weil das taumelfreie Aufpressen Sorgfalt erfordert und die Gefahr besteht, dass die Isoliernaben auf den Achsen nicht richtig fest werden. In diesem Fall blieb mir aber nichts anderes übrig, weil erstens die Radsatzinnenmaße nicht stimmten und zweitens die Achsen in den Achslagern (die hier in Messingbuchsen über die gesamte Breite bestehen und zwischen den Rahmenwangen für die Schmierung und Reinigung nicht zugänglich sind) sich kaum noch drehen ließen.
Anschließen wurden alle Teile gereinigt. Gehäuse, Drehgestellblenden, Tank in milder Seifenbrühe mit weicher Bürste, alle Metallteile in Spiritus, die Räder mit weicher Messingrundtopfbürste, die Zahnräder und Kunststoffteile in SR24. Griffstangen und deren Halterungen (Splinte) sowie Geländer mit Chrompolitur entrostet und poliert.
Kupplungen mit Messingbürste entzundert. Insgesamt 2 Abende Arbeit.
Bild 5: Der Lampeneinsatz musste ausgebohrt werden. Mit Handbohrmaschine schön langsam...erst mal nur Durchmesser 2,5mm, ...
Bild 6: ... und anschließend die Reste aufgefräst, bis der Einsatz lose saß bzw. sich in Bruchteilen herausholen ließ.
Bild 7: Der gelbe Pfeil zeigt auf ein noch vorhandenes Bruchstück des Lampeneinsatzes, die grünen Pfeile zeigen, wo es noch Arbeit am Zinkdruckgehäuse gab.
Bild 8: Die nach innen verbogene Kontur des Lampengehäuses aus Zinkdruckguss habe ich vorsichtig mit einem umgekehrt gehaltenen Bohrer 3mm (die Bohrung hat 3,5mm) "ausgebeult", also durch Verkanten des Bohrerschafts nach außen gedrückt. Das hat mich einiges an (Angst-)Schweiß gekostet, weil natürlich Bruchgefahr des gesamten Gehäuses besteht. Durch den zu kleinen Bohrerschaft wird jedoch starke Flächenpressung auf lokal sehr kleine Bereiche ausgeübt, so dass der Zinkdruckguss der Gewalt nachgab. Gleiches Vorgehen mit einem "passenden" Stift von 3,5mm Durchmesser hätte wahrscheinlich zum Ausbrechen des Lampengehäuses geführt.
Bild 9: Zum Schluss wurde der Lampenring vorne bzw. die Hutze oben noch etwas befeilt und mit 1000er Schleifpapier geglättet sowie die Bohrung mit einer Reibahle auf 3,5mm Durchmesser rundbearbeitet.
Bild 10: Der zerstörte Lampeneinsatz wurde auf der Drehbank aus einem kleinen Reststück Acrylglas neu gedreht (3,5mm x 4mm lang) und mit Chrompolitur an den Stirnseiten durchsichtig poliert. Hier sieht man die erste Paßprobe. Erst nach Fertigstellung des aufgearbeiteten Gehäuses wurde der Einsatz dann fertig montiert und mit einfachem klarem Alleskleber aus der gelben Tube fixiert (damit er auch noch mal demontiert werden kann).
Soweit für heute, Fortsetzung folgt.
Dennis