Hallo zusammen, hallo Bart,
jetzt muss ich zunächst wohl erklären, warum ich den Tenderantrieb "verflucht" habe.
Zunächst war ich wie viele skeptisch, allein die Tatsache, dass das Schleudern der Antriebsräder beim Anfahren eines schweren Zuges unterblieb bzw. nicht sichtbar ist (weil die Tenderräder durchdrehen) war für mich als "Halbstarken" in den Sechziger Jahren sehr ungewohnt. Dagegen war die Zugkraft der 1351 wirklich der Wahnsinn, da sie meinen damaligen kompletten Güterwagenpark von ca. 50 Wagen problemlos über eine lange Steigung schaffte. Das konnte die viel wuchtiger aussehende 50er (4177) niemals, weil sie einen wichtigen Konstruktionsmangel hat: im Gegensatz zur 55er, die quasi Allradantrieb besitzt (6 von 6 Räder angetrieben, alle mit Haftreifen), wurden bei den damaligen Vierachstendern der 4175, 4177, 4170 immer nur 6 von 8 Rädern angetrieben. Der letzte Radsatz war zwar sinnigerweise mit Haftreifen belegt (!), aber nicht angetrieben. Zusätzlich ist dieser letzte Radsatz seiten- und höhenverschiebbar, und damit der nicht beim Rückwärtsfahren ständig entgleist, mit einer Metallblattfeder relativ stark angedrückt. Dadurch reduziert sich der Anteil des Reibungsgewichts, der auf die tatsächlich angetriebenen 6 vorderen Räder wirkt, um einen deutlichen Anteil (ich habe das noch nicht exakt gemessen, schätze aber, dass ca. 20-30% des Tendergewichtes der Reibungsmasse verloren gehen. Zusätzlich bewirkt die Kraftangriffposition (Vortrieb liegt in Schienenoberkantenhöhe, Zugkraft aber in Kupplungshöhe) ein Drehmoment, dass den Tender "auf die Hinterbeine stellt", vgl. hierzu die Bleistiftskizze im folgenden älteren Beitrag von mir:
In dieser Skizze fehlt noch die Haftreibungskraft im Punkt "D", die entgegen Schub- und Zugkräften in Schienenhöhe angreift und das "Kippmoment" bewirkt.
Den kompletten Beitrag findet ihr hier:
hier: Problembeschreibung
Dadurch ist die Zugkraft besonders bei Vorwärtsfahrt reduziert, bei Rückwärtsfahrt merkt man es nicht so schlimm. Dummerweise fahren Dampfloks in der Regel vorwärts... Gut, bei der 01 (4170) ist das Zugkraftproblem eher nachrangig, denn so ein paar superleichte Drehgestell-D-Zugwagen der 1500er Reihe packt sie immer...
Fleischmann hat das beschriebene Problem später selbst erkannt und bei neueren Vierachstendern die jeweils erste und die letzte Achse angetrieben, die mittleren beiden Achsen federn sehr leicht nach oben weg und entgleisen wegen des langen geführten Achststands auch nicht.
Besonders bei älteren Loks, bei denen die Haftreifen verhärtet sind, führt das beschriebene Problem dazu, dass so eine große E-gekuppelte Güterzuglok wie die 50er schon bei leichter Steigung bzw. in einer Kehre mit 10 Zweiachsern überfordert ist. Ich habe das Problem der Haftreifen zwar erkannt, versuche aber seit nunmehr einem Jahr verzweifelt neue Haftreifen für die 4175, 4177, 4170, 4145ff zu bekommen, was mir bis jetzt nicht gelungen ist (Aussage Fleischmann Nachf.: vorübergehend(?) nicht lieferbar). Frust...
Bei se wäi: Warum Fleischmann nicht auch bei vierachsigen Tendern den Allradantrieb beibehalten hat, ist mir nicht so ganz klar: Am Beispiel des 2`2`T21,5 (preuß. P8-Tender) hab ich selbst mal einen solchen unter Verwendung von ausschließlich Fleischmann-Teilen (mit selbstgebautem Fahrgestell aus Messing) hergestellt:
Wie man sieht, ist die erste Achse (rechts) zwar seitenverschieblich, aber trotzdem angetrieben. Dadurch geht auch nichts an Zugkraft verloren, wenn bei hohl liegendem Gleis (am Anfang einer Steigung z.B.) nur die erste und die letzte Achse auf den Schienen stehen).
Und der funktioniert sehr gut, siehe folgenden Beitrag aus dem Roco-Unterforum:
Roco58 mit Eigenbautenderantrieb
Noch ein Wort zur neueren Generation der 55er bei Fleischmann:
Als die neue 55er (4155) rauskam, war ich als G8-Fan zunächst begeistert. Hab mir dann sofort eine zugelegt, die dann von der Technik her etwas enttäuschte:
Während die alten 1351er immer seidenweich, ruhig und kraftvoll liefen, macht zumindest meine neue 55er ein etwas jammerndes, kratziges Antriebsgeräusch, was ich auch nach kompletter Zerlegung und sorgfältiger Schmierung nicht richtig abstellen konnte. Ferner ist die Zugkraft etwas geringer wegen weniger Tendergewicht (das geht wohl auch kaum anders, da diese jetzt im richtigen Maßstab 1:87 gebaut ist, und nicht mehr in 1:85 wie der Vorgänger. Dadurch fehlen ein paar Kubikzentimeter Blei).
Die Optik dagegen ist toll. Aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten.
So, ich hoffe ich habe niemanden gelangweilt und auch keinem die Freude an den alten Modellen verdorben.
Heute seh ich die Sache auch nicht mehr ganz so sportlich wie früher und fahr den Güterzug wie die Amis wenn´s sein muss halt mit drei 50ern (grins).
Liege Grüße an alle
Dennis
P.S.: Wenn Fragen sind, tut Euch keinen Zwang an, ich freue mich über jede technische Diskussion und über jeden guten Tip oder Ersatzteilbezugsadresse.