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Restaurierung des Bing-Aufzugsmechanismus

#1 von P.Y. , 05.04.2024 20:44

Grüße Freunde! Ich beschloss, den Mechanismus der Bing-Lokomotive zu restaurieren. Der Mechanismus ist in einem schlechten Zustand, da einzelne Teile verloren gegangen sind. Vielleicht haben einige von Ihnen ein Diagramm des Mechanismus oder Bilder, die zum Verständnis des Designs beitragen könnten. Ich wäre für jede Hilfe dankbar. Grüße, Yuri.


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RE: Restaurierung des Bing-Aufzugsmechanismus

#2 von P.Y. , 05.04.2024 21:09

Ich plane, einen neuen Mechanismus (Nachbau) herzustellen. Ich verstehe, dass die vorhandenen Zahnräder nicht wiederhergestellt werden können.


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RE: Restaurierung des Bing-Aufzugsmechanismus

#3 von t.horstmann , 05.04.2024 23:28

Hallo Yuri,

ich fürchte, dass Du Dein Ansinnen vergessen kannst. - Das dürfte leider wirklich nichts werden.

Selbst dann, wenn es nur darauf ankäme: Wo willst Du die im Durchmesser und in der Zahnanzahl passenden Zahnräder herbekommen? Beachte bitte zusätzlich, dass Du für Uhrwerksmechanismen (genauso wie für Uhren) zwingend Zahnräder mit Zykloiden-Verzahnung benötigst. Handelsübliche Zahnräder haben leider fast immer eine Evolventen-Verzahnung, die jedoch in Uhrwerksmechanismen zu viel Reibung erzeugt. Die Form der beiden genannten Zahntypen wird nach einer jeweils exakt definierten mathematischen Funktion industriell mit speziell dafür hergestellten Fräsern gefertigt. Die Kosten solcher Fräser und dafür geeigneter Maschinen sind für den Eigengebrauch absolut nicht vertretbar!

Hinzu kommt, dass man die beiden Zahntypen bei gekauften Zahnrädern meistens nicht mit dem Auge treffend unterscheiden kann. Wenn man für ein gekauftes Zahnrad also keine Angabe über den Zahntyp hat, lässt er sich folglich auch nicht mehr bestimmen. Wie bereits angedeutet, sollte man jedoch bei industrieller Massenware davon ausgehen, dass es sich um Evolventen-Verzahnung handelt, die für Deinen Zweck ungeeignet ist.

Die von Dir gezeigte Lok ist ein ganz einfaches Modell, welches man im Internet mit einem brauchbar erhaltenen Federwerk für sehr kleines Geld erwerben kann. Selbst ein Reparaturversuch lohnt sich mithin wirklich nicht!

Viele Grüße

Thomas


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RE: Restaurierung des Bing-Aufzugsmechanismus

#4 von P.Y. , 05.04.2024 23:51

Grüße! Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.


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RE: Restaurierung des Bing-Aufzugsmechanismus

#5 von t.horstmann , 06.04.2024 00:35

Hallo Yuri,

ich habe inzwischen nachgesehen, welche Teile bei Deinem Federwerk fehlen:

Das letzte Beisatzrad (*), welches eine letzte Übersetzung zum Schnellen bewirkt, fehlt ebenso wie der Fliehkraftregler, welcher von diesem Beisatzrad angetrieben wird. Damit dreht sich der geschwindigkeitsbegrenzende Fliehkraftregler deutlich schneller als die Antriebsachse der Lok. (Nur dann, wenn der Fliehkraftregler das am schnellsten drehende Teil ist, kann er seine Wirkung ausreichend entfalten.)

Außerdem fehlt noch der Mechanismus, welcher in diesen Fliehkraftregler eingreifen kann und so als Bremse einen Stillstand der Lok bewirken kann. Der genannte Mechanismus wird von einem speziellen Gleis aus gesteuert und ist bei Deiner Lok noch zu einem kleinen Teil erhalten.

Ich versuche morgen mal Bilder meiner sehr ähnlich aufgebauten Bing-Lok zu machen, um Dir das alles verdeutlichen zu können. Auch wenn eine Reparatur Deiner Lok keinesfalls sinnvoll ist, hilft Dir das vielleicht zum besseren Verständnis. (Ich möchte fürs Fotografieren jedoch das Federwerk nicht aus der Lok ausbauen, weil es verlascht ist. Leider brechen diese Laschen nämlich sehr gerne ab. Man sollte sie daher niemals unnötigerweise auf und wieder zu biegen.)

Viele Grüße

Thomas

(*) Beisatzrad = 2 Zahnräder unterschiedlicher Größe auf einer gemeinsamen Achse. - Mit einem Beisatzrad wird eine Getriebeübersetzung zum Schnellen oder Langsamen bewirkt.


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RE: Restaurierung des Bing-Aufzugsmechanismus

#6 von t.horstmann , 06.04.2024 21:37

Hallo Yuri,

hier die versprochene Beschreibung eines sehr ähnlichen, hier vollständigen Bing-Uhrwerkes:

S ist eine Schub- und Zugstange, mit der die Bremse per Hand betätigt werden kann. Bei hereingedrückter Stange ist das Uhrwerk freigegeben, bei gezogener Stange blockiert.
H1 ist der Hebel für die Richtungsumschaltung. In der gezeigten Position läuft die Lok vorwärts. Wenn der Hebel H1 etwa 2 cm nach unten gedrückt ist, läuft die Lok rückwärts. Dieser Hebel befindet sich bei Deiner Lok offenbar nicht im Führerstand sondern an der rechten Lokseite.




Die Komplettansicht der Lok von unten:

F ist die Feder mit dem Aufzugsmechanismus, wobei der Aufzugsdorn bei dieser Lok auf deren rechter Seite liegt. Bei Deiner Lok liegt dieser Dorn offenbar auf der linken Seite. Ansonsten unterscheiden sich beide Uhrwerke aber nicht weiter.
Z1 ist das erste große Zahnrad, welches sich dreht, wenn die Feder abläuft. Es ist auf meinem Bild leider etwas durch die Feder verdeckt.
B1 ist das erste Beisatzrad, dessen kleines Zahnrad etwas unscheinbar in der Tiefe liegt. Das oben beschriebene Zahnrad Z1 greift in dieses kleine Zahnrad. Das große Zahnrad von B1 treibt nun noch das kleine Zahnrad des Beisatzrades B2 an.
H1 ist wieder der bei dieser Lok aus dem Führerstand kommende Hebel für die Richtungsumschaltung. Er ist schwenkbar um die Antriebsachse mit dem Zahnrad Z3. Auf dem Hebel sind außerdem noch die Zahnräder Z2 und Z4 montiert.

Wenn der Hebel H1 im Führerstand oben steht, greift das Zahnrad Z2 in das große Zahnrad des Beisatzrades B1. Wenn er hingegen unten steht, ist Zahnrad Z2 freigegeben, während nun Zahnrad Z4 in das kleine Zahnrad von Beisatzrad B2 greift. Die Lok läuft damit jetzt rückwärts. An dieser Stelle funktioniert das Beisatzrad B2 nicht zur Getriebeübersetzung zum Schnellen.




Zuletzt ein Ausschnitt des Uhrwerkes, um auch den Fliehkraftregler erkennen zu können:

B1, H1, Z2, Z3, Z4 und B2 sind wieder die gleichen Bezeichnungen, wie im vorherigen Bild, wobei auf dem aktuellen Bild das kleine Zahnrad des Beisatzrades B2 stark von der angetriebenen Achse der Lok verdeckt wird.
Z5 ist ein zweigeteiltes Zahnrad auf der Achse des Fliehkraftreglers, angetrieben vom großen Zahnrad des Beisatzrades B2. Getrennt sind beide Anteile von Z5 durch eine im Bild rosa markierte Scheibe. Diese Scheibe dient aber nur dazu, dass sich das große Zahnrad von B2 und die unten beschriebene Sperrklinke K nicht in die Quere kommen können.
E ist ein Exzenter (wahrscheinlich aus Blei), der als Fliehkraftregelung wirkt, wenn er um seine mit Zahnrad Z5 gemeinsame Achse geschleudert wird. Diese Art der Fliehkraftregelung ist leider etwas primitiv, denn die extreme Unwucht des Exzenters dürfte einen hohen Verschleiß bewirken. Wahrscheinlich mit aus diesem Grunde fehlt bei Deiner Lok bereits das Beisatzrad B2 und der komplette Fliehkraftregler.

K ist die Sperrklinke der Bremse, welche ich auf dem Bild rot markiert habe. (Die Achse der Sperrklinke habe ich gelb markiert. Die Sperrklinke ist bei Deiner Lok noch erhalten.) Hoch oben im Kessel greift die Schub- und Zugstange S aus dem ersten Bild in die Sperrklinke und bewegt diese vor bzw. zurück. (Den Verlauf der Stange S kann man auf dem Bild überhaupt nicht erkennen. Man kann sie allerdings auch dann fast nicht erkennen, wenn man bei bester Beleuchtung mit bloßem Auge in das Uhrwerk schaut.) Die Sperrklinke K befindet sich im Bild in der freigebenden Position (Stange S gedrückt). Wenn die Stange hingegen gezogen ist, greift das rot markierte Ende der Sperrklinke in das Zahnrad Z5 und blockiert dieses.

H2 ist nun ein Hebel, der die Sperrklinke von einem speziellen Gleis aus in die Bremsposition bringen kann: Wenn Hebel H2 bei Vorwärtsfahrt um seine hellblau markierte Achse nach hinten geschlagen wird, greift die Sperrklinke K in das Zahnrad Z5 und blockiert das Uhrwerk. (Wegen der Relation der hellblauen Achse des Hebels H2 zu der gelben Achse der Sperrklinke K bewegen sich H2 und die Sperre in die gleiche Richtung.) Die vom Gleis ausgelöste Bremsung kann natürlich nur bei Vorwärtsfahrt funktionieren! Das Eingreifen der Sperrklinke in das Zahnrad Z5 ist bei voller Fahrt leider sehr ruppig, was neben dem unwuchtigen Fliehkraftregler leider zu hohem Verschleiß führt.


Viele Grüße

Thomas



Anmerkung zu einer nachträglichen Änderung:
Der letzte Satz unter dem 2. Bild lautete: "Nur weil das Zahnrad Z4 etwas größer ist als Z2, läuft die Lok rückwärts langsamer als vorwärts, und zwar genau im Zahnzahl-Verhältnis von Z2 zu Z4!" Das ist jedoch kompletter Unsinn, weil Z2 bzw. Z4 ebenfalls nur als Zwischenzahnräder genutzt werden und damit keinen Einfluss auf die Drehzahl der Antriebsachse haben. Die Lok läuft damit also doch vorwärts wie rückwärts gleich schnell!


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RE: Restaurierung des Bing-Aufzugsmechanismus

#7 von P.Y. , 07.04.2024 01:04

Hallo Thomas.
Vielen Dank für die ausführliche Anleitung und die detaillierten Bilder. Dieses Material wird mir bei der Restaurierung der Lokomotive sehr nützlich sein. Nach Abschluss der Arbeiten werde ich auf jeden Fall Fotos mit dem Ergebnis posten. Ich möchte Ihnen noch einmal meinen Dank für Ihre Aufmerksamkeit aussprechen.
Mit den besten Wünschen und Dankbarkeit, Yuri. 🤝


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Wiederaufbau einer Bing Expresslok S 3/6

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