ich bin der Neue und versuche es mal mit einer Anfrage.
Ich habe in der Bucht (warum darf man das Ding nicht beim offiziellen Namen nennen???) einen Bing-Zisternenwagen erbeutet. Meines Wissens hat auch Märklin welche gebaut, und wer weiß wer sonst noch. Es scheint mir, die Zisternenwagen sind auch beim Vorbild früh (1920???) ausgestorben.
Nun meine Frage: Was war die Verwendung des Zisternenwagens bei der "richtigen Bahn?" Ich kann mir nicht vorstellen, daß man den Wagen gefüllt verfahren konnte, das Wasser müß doch bei jedem größeren Stoß rausschwappen??
Hallo du namenloser Meister der Zerstörung (ist doch die richtige Deutung von mastermurkser ?) normalerweise antworte ich ja nicht auf Anfragen von Leutchen die sich hier im Forum nicht vorgestellt haben. Wenn es sich bei dem von dir erwähnten Wagen um solch einen handelt...
Kann ich nur sagen der gehört ins Reich der Fantasie. Das ist kein Zisternenwagen sondern eine rollend Viehtränke. Zisternenwagen sind Kesselwagen, also rundum dicht.
Zisternenwagen wurden zur Abfuhr der Fäkalien benutzt mit dem Ergebnis, dass sich beispielsweise Einwohner von Stuttgart bei der Reichsbahn über den bei der nächtlichen Abfuhr entstehenden Gestank dieser Zisternenzüge beschwert haben. Diese halbflüssigen Fäkalien wurden zur Entsorgung in diese Kesselwaggons gepumpt und weiterverwertet. Nach und nach wurden diese Waggons ausgemustert, weil massiv die Kanalisation und vor allem die Klärwerke ausgebaut wurden.
Übrigens, die meisten dieser Zisternenwagen hatten eine Personenbegleitung, um sicherzustellen, dass nichts passiert, denn ein umgekippter Zug, eventuell auch mitten in einer Stadt, wäre geruchsmäßig fatal gewesen.
Da die in den Klärgruben gesammelte "Scheiße" nach und nach verdickte, wurde diese spatengerecht abgestochen und auf Pferdewagen verladen, um dann schön verteilt auf den Feldern ausgebracht zu werden. Da es immer wieder vorkam, dass beim Abortgang Münzen, Schlüssel, Ringe usw. in die Grube fielen und diese dann mit den Fäkalien auf die Felder aufgebracht und danach untergepflügt wurden, kommen solche Objekte auch heutzutage durch das Pflügen wieder an die Oberfläche und werden nach einem starken Regenguß von der anhaftenden Erde befreit. Das sind die sogenannten "Funde auf Fäkalienfelder". Da gibt es Spezialisten, die solche Felder gezielt danach absuchen. Ich kannte einen Sammler aus Bad Wildungen, der solche Objekte schön sortiert in kleinen Leinensäckchen auf dem Dachboden seines Fachwerkhauses hortete. Das waren insgesamt einige Tonnen. Ich habe mich gewundert, dass das Haus noch stand, aber altes Holz scheint sehr stabil zu sein.
Vllt ist dieser von dir erworbene "Zisternenwagen" für feste Fäkalien gedacht, und der unten angebrachte Hahn hat dann die flüssigen Reste auslaufen lassen, vllt nach einer Reinigung oder so.
Wenn man bißchen rumgoogelt bietet sich ein anderes Bild. Was wir heute als Kesselwagen verstehen war wohl zuerst der Zisternenwagen. Beide Begriffe stehen parallel gleichwertig. Wäre auch verständlich, denn ein Kessel ist eher ein Druckbehälter. Eine Zisterne eher ein Gefäß zum Sammeln von Flüssigkeiten.
Guten Tag! Bing bietet im Verkaufskatalog von 1912 unter der Nummer6307/0 und /1an: "Cisternenwagen mit Bremsersitz und Abfüllhahn, in hochfeiner Handlackierung" . Hier in I:
Offene Zisternenwagen ohne Prallbleche wie der von Bing dürfte eher der Freiheit des Spielzeugmachers zuzuschreiben sein. Ich hätte da meine Bedenken. In der Praxis wird der Bremser bei der ersten Bremsung im Betrieb einen nassen Hintern bekommen haben. Vielleicht findet ja jemand ein Bild von einem Vorbild dieser offenen Wagen bei der großen Eisenbahn. Wäre spannend.
Interessant ist diese Aufstellung der Staatswagen von 1910. Da sind im Grunde keine Spezialwagen aufgeführt, keinerlei Kesselwagen usw. Offenbar waren diese alle im Privateigentum.
Zitat von joha30 im Beitrag #7 keinerlei Kesselwagen usw. Offenbar waren diese alle im Privateigentum.
Auch die Deutsche Bundesbahn hatte keine Kesselwagen im Eigentum. Die waren im Besitz von Privatfirmen/-Vermietern. Ob das bei der DB auch noch so ist, kann ich nicht sagen . . .
Besonderen Dank an Udo für die Geschichte über die Verwendung dieser Wagen. Ich hatte keinen Schimmer, aber Fäkalabfuhr aus den Städten klingt absolut einleuchtend. Ein kleines Detail unterstützt das noch: Alte Güterwagen haben oft ein Bremserhaus. Der Zisternenwagen hat nur einen offenen Bremsersitz. Der Hersteller (des Vorbildes) ging also davon aus, dieser Wagen wird nur auf kurzen Strecken eingesetzt-paßt genau! Interessant auch der Sammler, der "Fäkalfelder" abgrast und Tonnen(!!!) von Metallteilen erbeutet hat. Da mache ich mal eine Überschlagsrechnung: Eine Tonne Kacke mag 100 Gramm Metall enthalten. Wer nur 1 Tonne Metall findet, hat also die Hinterlassenschaften aus 10 000 Tonnen Kacke erbeutet! (Aber nur dann, wenn ER ALLEIN ALLES gefunden hat!) Daraus folgt, Der Fäkaltransport muß vor langer Zeit mal ein "Standbein" der Eisenbahn gewesen sein. Größenordnung 50 000 Tonnen(?) pro Jahr, und das aus jeder Großstadt..... Heute (fast, außer Udo) völlig vergessen! Das sind die Geschichten die das alte Blechspielzeug erzählen kann......
Und obendrein macht diese Geschiche süchtig. Einen so alten Zisternenwagen zu haben ist schön...... Aber eigentlich fühlt er sich ja nur im Ganzzug wohl (wegen der artgerechten Haltung) Dann noch eine altersgerechte Lok vorgespannt, und der Zug darf natürlich nur nachts verkehren.....
es gibt ordentich viele Sammler von Funden auf Fäkalfeldern. Die finden aber nicht nur Metallteile, sondern auch Schachfiguren, Bierflaschen-Porzellanköpfchen mit Brauereiaufdruck, vor allem aber auch Steinzeit-Pfeilspitzen, Feuersteine usw. Da gibt es eine riesige Bandbreite. Und eben eine Menge Sammler, die aber meistens "im Verborgenen" sammeln.
Ein Fäkalwagen von Märklin in Spur 1 wird hier angeboten: