Schönen juten Tach,
darf ich mich vorstellen, mein Name ist Heinz-Wilhelm Holthausen, in Lobberich besser bekannt als Willi Holthausen. Ne, nicht der Willi von der Marktstraße, ich wohnte in der Bruchstraße (nicht Burgstraße wie vorher geschrieben), da wo die große Fabrik für die Autoteile war. Heute heißt die Straße anders, nach meinem alten Chef, Robert Kahrmann. Ich bin Jahrgang 1932, wurde in Lobberich geboren und habe von 1949 bis 1952 eine Ausbildung zum Fahrdienstleiter gemacht.
Im Jahr 1953 habe ich meine langjährige Arbeit als Fahrdienstleiter angetreten. Jeder Zug, der hier in Lobberich auf die Reise ging, wurde von mir abgefertigt. Meist waren es natürlich eher unbedeutende Personen- und Güterzüge. Aber es gab auch den Rheingold, den ich hier regelmäßig in die weite Welt geschickt habe. Das waren noch Zeiten, als hier im Lobbericher Bahnhof bei ROKAL noch hunderte Lokomotiven und Waggons standen.
Meine Dienstkleidung war ein schwarzer Anzug mit silbernen Knöpfen, alle blank poliert versteht sich, dazu eine rote Schaffnermütze und natürlich eine grüne Kelle. Wochentags trug ich die Mütze mit der Aufschrift „ROKAL“, am Sonntag und an besonderen Tagen meine Festtagsmütze mit dem ROKAL-Symbol.
Durch mein freundliches Wesen war ich natürlich sehr beliebt und so erhielt ich manchen Spitznamen, so zum Beispiel das „ROKAL-Männchen“, wobei dieser Name natürlich denkbar unpassend für einen verantwortungsbewussten ROKAL-Fahrdienstleiter ist.
Ich war sogar so beliebt, dass mein Bild auf jede Zugpackung gedruckt wurde, die die Eisenbahnfabrik in Lobberich verlassen hat. In aller Bescheidenheit, ich war schon ein wenig stolz, dass mir eine solche Ehre zuteil geworden war.
Später dann wurde sogar eine kleine Figur nach meinem Ebenbild angefertigt, die dann vielen Zugpackungen beigelegt wurde.
Nach 17 Jahren, im Jahr 1970 war dann plötzlich Schluss, der ROKAL-Bahnhof in Lobberich wurde geschlossen und ich musste mir wie viele meiner ehemaligen Kollegen eine andere Beschäftigung suchen. Auch wenn ich mittlerweile im wohlverdienten Ruhestand bin und seit 40 Jahren nichts mehr mit Eisenbahn zu tun habe, gibt es immer noch Leute, die mich kennen und sich freuen, wenn ich bei ihnen in der Vitrine stehe oder ihnen von einer Zugpackung entgegenlächle.
Euer Willi