01.12.+ 02.12.2024 Tag der Modellbahn im Binnenschifffahrtsmuseum in Duisburg - Ruhrort

Die (Spitzen-)Beleuchtung der Züge, Epoche I und II

#1 von Bayrische-Lokalbahn , 23.05.2023 22:55

Grüß Gott,
da es im Gespräch über die Roco E71 thematisiert wurde, wie die Beleuchtung der Züge zur Länder- und Reichsbahnzeit aussah, möchte ich hier einen kleinen historischen Überblick geben. Ich bitte bei Wissen um Ergänzungen.
Wer die entsprechenden oder weitere Auszüge aus den Dienstvorschriften zur Verfügung und eine Erlaubnis zum Veröffentlichen hat, würde mit einem Einstellen der Artikel allen einen großen Gefallen tun...

Spitzensignal
Ich möchte zuerst darauf hinweisen, dass in Epoche I und II grundsätzlich ein Zweilichtspitzensignal zur Verwendung kam. Dazu waren zwei Laternen an der Lokomotive angebracht, welche in der Lage sein mussten, auch außerhalb des tatsächlichen Fahrdienstes zu leuchten. Dies ist der Grund, warum ältere Elektrolokomotiven Petroleumlampen anstelle elektrischer Lampen, die, sofern kein Batteriebetriebener Schaltkreis vorhanden, bei Stromunterbrechungen in der Fahrleitung nicht vorschriftsmäßig funktionieren, besitzen.

Bei moderneren Elloks wie z.B. der E44 oder E17/E18 waren elektrische Lampen von vornherein zugelassen.



Schlusssignal
Die Lok hat zum Zug hin logischerweise kein Signal gezeigt. Am Zugschluss musste eine Schlussscheibe, bei Dunkelheit eine rot leuchtende Laterne angebracht werden, welche bei Wagen meist als Oberwagenlaternen ausgeführt waren, die zudem nach vorne grünes Licht zeigten, um dem Lokführer den Zugschluss zu signalisieren. War am letzten Wagen kein grünes Licht ersichtlich, ging wohl ein Wagen verloren. Sind an Lokomotiven sowieso Lampen vorhanden, kann eine dieser rot verblendet werden, wie hier am Beispiel der G4.3 gezeigt. (Sg16)

Dabei ist zu sagen, dass auch dieses Licht unabhängig vom technischen Zustand des Zuges zu zeigen war, sodass es bei Triebwagen der Epoche I üblich war, am Zugschluss eine separat angebrachte rote Laterne / Scheibe mitzuführen.
Bei moderneren Elloks wie z.B. der E44 oder E17/E18 waren elektrische Lampen von vornherein zugelassen, auch um Schlußlichter zu zeigen.



Das dritte Spitzenlicht
So, aber die Modellbahnindustrie füttert uns doch mit Modellen, die ein drittes Licht haben. Oft liegt es wohl daran, dass einfach DB-Modelle "eingereichsbahnt" werden, schließlich sind sowohl die Zeitzeugen als auch historisch interessierte Menschen nun mehr rar...
So ganz falsch ist das aber auch nicht: Ein Licht, welches oben mittig an der Front angebracht war, kennt die Signalordnung durchaus, in den Signalbüchern ist z.B. das Signal 18 aufgeführt, welches durch 3 weiße Lichter an der Zugspitze gezeigt wird und einen entgegenkommenden Sonderzug ankündigt. Das war wichtig, da nicht alle Wegübergänge oder Streckenposten mit am Netz der Reichsbahntelegraphie angeschlossen waren, aber bei eingelegtem Sonderzug die Schranken geschlossen bleiben mussten. Es erkannte der Diensthabende, der den Zug beobachtete, durch das dritte Licht also, dass ein weiterer Zug in Gegenrichtung die Stelle passieren wird. Sobald der Sonderzug dem Sg18 zeigenden Zug begegnet war, musste an der nächsten Station - bzw. unmittelbar, falls vom Führerstand möglich - Sg18 abgeschaltet, dafür das reguläre Spitzensigal eingeschaltet werden.

Folgte ein Sonderzug, so war zusätzlich zum Schlusssignal das obere Licht hinten zu zeigen (Sg17).
Dies gilt so auch für Züge der K.Bay.Sts.B., während in Preußen bis 1910 ein grünes drittes Licht zur Verwendung kam. Noch in den Dreißigerjahren ist das Licht gelistet, wobei es immer weniger Verwendung fand, da die Telegraphie/Telephontechnik stetig ausgebaut wurde.
Inwiefern die Lokomotiven also die dritte Lampe/Laterne besaßen vermag ich natürlich nicht zu sagen. Immerhin hatten sie die Vorrichtung, selbst die Einheitsloks, um sie anzubringen. Auf Strecken, auf denen Sonderzüge häufig waren, wurde bei ausreichend vorhandenen wohl durchaus ein drittes Licht mitgeführt. Bei der K.Bay.Sts.B. war es durchaus Üblich, dass die Lokomotiven ein drittes Licht mitführten.
In den 1950er Jahren führte die DB das Dreilichtsignal im Regelbetrieb ein, da Sg17 und Sg18 wegen möglicher Telekommunikation nicht mehr genutzt wurden und so der Unterschied zum aufkommenden Individualverkehr optisch bei Nacht deutlich verbessert wurde - gerade auf Nebenbahnen in Straßennähe.
Falsch ist es also, dass etliche H0-Modelle von DR-Loks immer ein Dreilichtsignal zeigen.

Weiteres
- Eine an der Lokfront mittig angebrachte, gelbe, kreisrunde Scheibe bedeutete, dass die Telekommunikation entlang der Strecke untersucht werden muss. (Sg19)
- Ein Auf- und Abschwenken einer Laterne bedeutete, dass die Strecke zu untersuchen sei (Sg20)
- Fährt ein Zug auf zweigleisiger Strecke mit Richtungsbetrieb auf dem Gleis der Gegenrichtung, so musste eine der beiden Stirnlampen rot verblendet werden. (Sg15)



Soweit, es ist schon spät, aber vielleicht habe ich einen kleinen Überblick gegeben.
Liebe Grüße


Ein herzliches Vergelt's Gott an alle für die Mitarbeit an diesem schönen Forum


 
Bayrische-Lokalbahn
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RE: Die (Spitzen-)Beleuchtung der Züge, Epoche I und II

#2 von aus_Kurhessen , 24.05.2023 01:13

Zitat von Bayrische-Lokalbahn im Beitrag #1
Noch in den Dreißigerjahren ist das Licht gelistet


Hallo,

im DRG Signalbuch von 1935 wird das beschriebene dritte Spitzenlicht als Zg 7 geführt.


Schöne Grüße
Jürgen

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Bayrische-Lokalbahn und Siegstrecke haben sich bedankt!
 
aus_Kurhessen
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RE: Die (Spitzen-)Beleuchtung der Züge, Epoche I und II

#3 von Siegstrecke , 24.05.2023 22:58

Hallo zusammen,

ich musste nun auch ein wenig die Netzseite Wikipedia bemühen, um mein Wissen ein wenig aufzufrischen. Trotzdem möchte ich betonen, dass es sich bei mir in der Thematik um "gefährliches Halbwissen" handeln könnte.

Es gab wohl in den Epochen I, II, und IIIa verschiedene Dreilichtspitzenbeleuchtungen, die allerdings nicht flächendeckend waren. Erst zum 01.09.1957 wurde die Dreilichtspitzenbeleuchtung in Deutschland Pflicht. Dies könnte auch durch internationale Vereinbarungen zur Pflicht geworden sein, da man diese Spitzenbeleuchtungen dann auch flächendeckend in anderen europäischen Ländern sah.
Zwar bin ich zu den genannten Zeitpunkten noch nicht auf der Welt gewesen, doch schaue ich mir gerne alte Filme an und dort waren oftmals Eisenbahnen im Bild. Sehr gerne schaue ich mir deutsche und französische Vor- und Nachkriegsproduktionen an (Frankreich hatte bis in die 1980er Jahre das spannendste Krimi-Genre, welches es weltweit gab - meine Meinung). Es war die Zeiten von Jean Gabin, André Raimbourg (Bourvil), Lino Ventura, Jean-Louis Trintignant, Alain Delon oder auch noch Gérard Depardieu (letzterer in jungen Jahren). Dort sah man so viele Züge (auch nichtfranzösische), so dass man sich ein Bild über die Veränderungen der Eisenbahn in betreffenden Jahrzehnten machen konnte. Ich erinnere mich an einen Film mit Hans Albers und Heinz Rühmann aus einer deutschen Vorkriegsproduktion mit großem Eisenbahnanteil (Filmtitel: "Der Mann, der Sherlock Holmes war"). Heinz Rühmann spielte auch mit dem unvergessenen Fernandel in einer französischen Nachkriegsprodution in einem Kriminalfilm mit ebenfalls großartigen Eisenbahnbildern (Filmtitel: "Geld oder Leben"). Zudem waren auch in Fernandels Don-Camillo-Filmen italienische Eisenbahnszenen aus direkter Nachkriegszeit.
Das Film-Metier habe ich nun erwähnt, um meine Thesen ein wenig zu untermauern, damit mein Halbwissen nicht ganz so "gefährlich" daherkommt (😁).
Jedenfalls kann man dort sehr gut die Veränderung der Spitzenbeleuchtung bei den Zügen beobachten.

Nun muss ich aber noch für die Modellbahnhersteller in die Bresche springen (in diesem Fall zumindest für die Firma Fleischmann). Dort sind sehr wohl viele Spitzenbeleuchtungen bei Dampflokomotiven epochengerecht umgesetzt worden. Fleischmann hat es sich auch nicht nehmen lassen, dies im Begleittext zum Modell kundzutun.


Aber echt klasse, dass das Thema mal behandelt wird und bildlich schön dargestellt wurde (👌).


Gruß Martin


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